#Allgemeines

15. März 2014 | Versuchsanlage für sicherere Wiffen

Schaffhauser Nachrichten
(dj.)

Ab nächstem Dienstag, 18. März, wird eine neuartige Wiffe im Rhein getestet. Mit einem speziellen, drehbaren Aufsatz sollen Boote oder auch Schwimmer bei einer Kollision nicht an der Wiffe hängen bleiben, sondern von dieser abgewiesen werden. Damit soll die Unfallgefahr reduziert werden.
Wiffen sind für die Schifffahrt auf dem Rhein notwendige Navigationshilfen. «Wir haben vor Kurzem überprüft, ob es unnötige Wiffen im Rhein hat», sagte Jürg Schulthess, Chef Gewässer beim Tiefbauamt des Kantons Schaffhausen, gestern, «kamen aber zum Schluss, dass es jede einzelne Wiffe zur Signalisation wirklich braucht.»

**Wiffen: Notwendig und gefährlich**
Die seit vielen Jahrzehnten eingesetzten, starren Wiffen aus Eichenpfählen bergen jedoch ein beträchtliches Gefahrenpotenzial für den Freizeitverkehr auf dem Fluss. Verschiedentlich ist es schon zu Unfällen gekommen. Negativer Höhepunkt der letzten Zeit in dieser Hinsicht bildete das Jahr 2012, als die Schaffhauser Polizei acht und die Thurgauer Polizei fünf Wiffenkollisionen verzeichnete. Einer dieser Zwischenfälle endete gar mit einem Todesfall (siehe SN vom 6. August 2012).

**Projekt mit Studenten der ZHAW**
Das Baudepartement des Kantons Schaffhausen beauftragte das kantonale Tiefbauamt mit der Suche und der Evaluation einer neuen Fahrrinnenkennzeichnung, um Unfällen künftig besser vorbeugen zu können. Die Abteilung Gewässer liess daraufhin von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) konstruktive Konzepte für einen verbesserten Unfallschutz erstellen. In der ZHAW wurde diese Aufgabe im Schnittstellenbereich zwischen Bauingenieur- und Architektenwesen angesiedelt. Die Studierenden erarbeiteten, unter Anleitung eines Dozententeams, verschiedene Vorschläge für eine neue Signalisation der Fahrrinne zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen. Die Arbeiten der ZHAW-Studierenden dienten als wertvolle Grundlage. Eine Variante wurde von lokalen Ingenieuren und Metallbauern weiterentwickelt und als Prototyp hergestellt. Ab nächsten Dienstag wird im Bereich zwischen Schupfen und Bibermühle eine neuartige Wiffe getestet. Ein drehbarer Schwimmkörper an einem Pfosten aus Stahl soll verhindern, dass Weidlinge, Schlauchboote oder auch Schwimmer bei einer Kollision an der Wiffe hängen bleiben. Vielmehr sollen diese abgewiesen werden. Damit soll zukünftig die Gefahr von Unfällen verringert werden. Für den Versuch wird keine bestehende Wiffe mit Eichenpfosten entfernt. Die neue Wiffe wird also zusätzlich zum bisherigen Bestand eingefügt.

**Erster praktischer Test**
Dabei sind aber noch viele Fragen offen. Bereits der Rammvorgang des Stahlpfostens unterscheidet sich vom bisher üblichen Rammen der Holzpfosten. Noch ist unklar, ob der Schwimmkörper langfristig drehbar bleibt oder ob sich dort Verunreinigungen oder Bewuchs ansammeln werden. Im Bereich der Unfallreduktion muss erst noch herausgefunden werden, ob der Drehkörper die erwünschten Verbesserungen bringt. «Wir werden mit der Schaffhauser Polizei sicher auch einige Versuche mit Booten machen», erklärte Schulthess. Das Tiefbauamt sei aber auch froh über Erfahrungen und Beobachtungen, die Rheinbenutzer mit der neuen Anlage machen. Bei der Testanlage wird keine Kamera oder Überwachungsanlage installiert.

**Kosten von 35 000 Franken**
Dieser Versuch wird in Zusammenarbeit mit den zuständigen Thurgauer und deutschen Behörden durchgeführt. In die Planung wurde auch die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein mit einbezogen. Die voraussichtlichen Kosten belaufen sich auf rund 35 000 Franken. Sie werden zu gleichen Teilen vom Kanton Schaffhausen, dem Kanton Thurgau und dem Landratsamt Konstanz getragen. Der Versuch dauert voraussichtlich ein Jahr. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden.


**Die Wiffen im Rhein – Schiffahrtszeichen**

**Die Schifffahrt** auf dem Untersee und Rhein zwischen Konstanz und Schaffhausen und die entsprechende Signalisation der Schifffahrtsrinne ist zwischen der Schweiz und Deutschland mit einem Vertrag aus dem Jahr 1973 geregelt.
**Eine alte Übereinkunft** aus dem Jahr 1878 regelt die Art und Weise der Schifffahrtszeichen von Konstanz bis Schaffhausen. Gemäss dieser Übereinkunft übernimmt der Kanton Schaffhausen die «Verbaakung» (Signalisation mit Wiffen) und den Unterhalt auf der gesamten Rheinstrecke und verwendet dazu kräftige und leicht sichtbare Schifffahrtszeichen.
**Die Kosten** werden vom Land Baden-Württemberg, dem Kanton Thurgau und dem Kanton Schaffhausen zu je einem Drittel übernommen.
**Eine Wiffe** besteht aus einem Pfahl, auf welchem ein grün-weisses Signal (Schifffahrtszeichen D.2) montiert ist.
**Die grüne Seite** markiert die Fahrrinne der Kursschiffe. Boote mit wenig Tiefgang wie Weidlinge oder Schlauchboote sollten unbedingt auf der weissen Seite fahren und einen Sicherheitsabstand zu den Wiffen halten.



Fotomontage: Mit einem drehbaren Aufsatz sollen Boote oder Schwimmer bei einer Kollision nicht an der Wiffe hängen bleiben, sondern abgewiesen werden.
Visualisierung zvg



Der Schwimmkörper, der an der neuen Wiffe getestet werden soll, hat einen Durchmesser von 1,42 Meter und ist 1,25 Meter hoch.
Bild zvg

#Notizen zu Namen

10. März 2014 | Biodiversität und Natur liegen den Jägern am Herzen

Schaffhauser Nachrichten
(cm)

Auch wenn den Jägern von einigen Tierschützern mordlüsterne Absichten unterstellt werden, an der diesjährigen Generalversammlung im Hombergerhaus am Freitag zeigte sich die Gemeinschaft von einer ganz anderen Seite. Den Frauen und Männern liegt die Natur am Herzen, sie sorgen sich um die Biodiversität und ein ausgeglichenes ökologisches Gleichgewicht. Ebenfalls wird mit dem gezielten Abschuss von zum Beispiel Wildschweinen versucht, Landschäden zu verhindern. Dennoch kam im vergangenen Jahr eine Rekordsumme an Schäden zusammen. Rund 111 000 Franken betrug die Schätzung, wie der für die Jagd zuständige Departementssekretär, Andreas Vögeli, verriet. Verantwortlich für die zusammengekommene Summe ist der Präsident der Wildschaden-Schätzungskommission, Markus Gysel: «Bei uns sind 200 Schadensmeldungen eingegangen, davon wurden 194 entschädigt.» Dies, obschon mit 626 Stück geschossenem Schwarzwild mehr als Doppelte geschossen wurde als im Jahr zuvor. Insgesamt liefen den Jägern ebenfalls 1400 Stück Rehwild und 145 Stück Sikawild vor den Lauf. Diese Tiere würden in grosser Menge vor allem dem Forst Sorgen bereiten, indem sie frische Sprossen fressen würden. Jedoch bestätigte auch Kantonsförster Bruno Schmid die gute Zusammenarbeit zwischen Forst und Jagd im Kanton Schaffhausen.
Vögeli informierte auch über die neue Regelung betreffend den Treffsicherheitsnachweis, welcher jeder Jäger jährlich zu erlangen hat. Erst mit diesem Nachweis kann beim zuständigen Amt ein Jagdpass bezogen werden. Für Diskussionsstoff sorgt momentan die Anwendung von Nachtsichtzielgeräten, welche auf der Basis eines Restlichtverstärkers funktionieren. Während einige Jäger glauben, damit den Tieren eine reelle Fluchtchance zu verwehren, sind andere fest überzeugt, damit genauere Treffer erzielen zu können. Jedoch redet das Gesetz Klartext. Laut Bundesgesetz ist deren Einsatz nämlich verboten, nur in Ausnahmefällen können die Kantone einzelne Bewilligungen ausstellen. Wie dies nun in Schaffhausen gehandhabt werden solle, sei noch in Abklärung, wie Vögeli erklärte.

**Nachwuchs auf Kurs**
Die Versammlung stand aber auch ganz im Zeichen des scheidenden Präsidenten Dani Leu. Für die viele Arbeit in den letzten Jahren dankte Stadtrat Peter Neukomm mit dem neuen Schaffhauser Pin, und Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf als oberste Jagdherrin im Kanton lobte Leu als guten Mediator. Um Worte war auch der Präsident des Fischereiverbandes, Alfred Springmann, nicht verlegen: «Dani hat viel gemacht, ich danke dir für die geleistete Arbeit.» Gemeint hat er auch das Bestreben, die Jagd zusammen mit anderen Partnern der Öffentlichkeit näher zu bringen. Als Ersatz für Leu wählte die Versammlung einstimmig Silvio Lorenzetti. Weiter wurde Ernst Peter Gloor zum neuen Vizepräsidenten und Lukas Niedermann als neues Vorstandsmitglied gewählt. Erfreulicherweise sei in Schaffhausen der Nachwuchs kein Problem, freute sich Dani Leu und konnte mit Samuel Gründler, Beat Hartmann, Roman Lapierre, Alan Lüthi, Benjamin Merk, Kilian Ott, Sandro Schawalder und Oliver Truninger acht erfolgreichen Prüfungsabsolventen den Zinnbecher überreichen. Mit grossem Applaus wurde der ehemalige Obmann Hundewesen, Karl-Heinz Gysel, in den Stand der Ehrenmitglieder erhoben. Als letzte Amtshandlung liess es sich Leu nicht nehmen, auf dem Saxofon die Jagdhymne «Zum Aser» zu blasen und Werbung für die Jagdhornbläsergruppe zu betreiben, eines seiner grossen Anliegen, wie er betonte.

**Wo das Jagdfieber heftig grassiert**

*Vom Prüfling bis zum erfahrenen Schützen standen die Schaffhauser Jäger an der GV für ihr Hobby ein.*
Von Christoph Merki

Meist unsichtbar, die Büchse am Anschlag und dem nächsten Tier auflauernd, setzen sich die Jäger für die Natur ein. Betreffend das Auflauern kann Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf zwar kein Jägerlatein zum Besten geben: «Aber ich war auch schon als Treiberin im Einsatz, das war schweisstreibend.» Zu den jüngeren Gästen gehörte Nathalie Homberger. Als Frau stach sie aus der eher männerdominierten Gesellschaft heraus. Neue Ideen möchte Lukas Niedermann in den Vorstand einbringen: «Ich freue mich, für meine Leidenschaft einen Beitrag im Rahmen der Vorstandsarbeit erbringen zu können.»
Eigentlich haben Christa Gasser und Sandra Werda mit dem Jagen und Schiessen nicht viel am Hut. Als aktive Mitglieder der Jagdhornbläser Munot haben die Musikerinnen einfach Freude an der Jagdmusik, als Treiberinnen seien sie jedoch auch schon im Wald herumgerannt. Peter Fuchs kennt das Metier genau, ist er doch seit 22 Jahren als Jäger unterwegs. Naturschutz und Jäger müssen sich einander allem nicht unbedingt feindlich gesinnt sein. Dies bestätigte ebenso die Anwesenheit von Raphael Zahner als Vertreter von Pro Natura Schaffhausen: «Ich wollte mal einen Einblick ins Jagdgeschehen bekommen und erfahren, was JagdSchaffhausen das Jahr hindurch so macht.» Der Meinungsaustausch und mit ihrer Stimme etwas zu bewegen, waren die Gründe für den Besuch der Generalversammlung von Mario Ehrat und Peter Schwaninger der Jagdgesellschaft Neunkirch. Da er Forstwart gelernt hat und Bauer ist, wollte Kilian Ott auch die Seite der Jäger kennenlernen und bekam an der GV zur bestandenen Prüfung den Zinnbecher. Verschmitzt zog Herbert Winzeler mit Blick auf die verstärkte Reglementierung der Jagd nach der Versammlung Fazit: «Je gescheiter man werden will, desto dümmer kommt es raus.»


Präsidial vereint zeigte sich die Jagddirektorin, Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf (M.), mit dem neu gewählten Präsidenten von JagdSchaffhausen, Silvio Lorenzetti (r.), und dem neuen Vize, Ernst Peter Gloor.


Sie gelten als Jungspunds in der Schaffhauser Jagdszene: Die Prüflinge Marco Rieser (l.) und Andi Hunziker.
Bilder Simon Brühlmann

#Notizen zu Namen

3. März 2014 | Junge musikalische Talente verzauberten ihr Publikum

Schaffhauser Nachrichten
(rbi)

Unter der Leitung der Bandleiterin Christiane Mathé und des Gitarrenlehrers Jürg Meili präsentierten die jungen Musiker am Jazzkonzert 17 anspruchsvolle Songs. Der Andrang in der Mehrzweckhalle der Kantonsschule war so gross, dass die Organisatoren zusätzliche Bestuhlung beschaffen mussten.
Den Auftakt machten einige Schüler, die sich um Bartische verteilt hatten und gekonnt – mit Becher bewaffnet – den herausfordernden Rhythmus zu «Cups (When I’m Gone)» von Lulu & The Lampshades klopften, während die sechsköpfige Band auf der Bühne ihre Instrumente erklingen liess. Mit «Moonlight Shadows» von Mike Oldfield bestätigte das Sextett sein Talent eindrücklich.

**Von Bill Haley bis Led Zeppelin**
Die zweite Combo mit Maurice Storrer am Saxofon präsentierte den legendären Klassiker «Rock Around The Clock» und setzte mit der Led-Zeppelin-Rockhymne «Stairway To Heaven» noch einen drauf, was mit grossem Applaus honoriert wurde. Gitarrist Lorenzo Persi nahm Jimmy Pages Herausforderung an und griff leidenschaftlich in die Saiten. Auch Marek Stahel am Piano, Bassist Shahrdad Ghazi Wakili und Drummer Jonas Bolliger zeichneten sich an diesem Abend aus. Nina Della Pietra war für den Gesang in der dritten Band zuständig. Bei Billy Joels «The Stranger», «It’s My Life» von Bon Jovi und «Junge» von den Ärzten begleiteten sie Lisa Näf am Saxofon, Dominic Nakamura am Piano, Janosch Bohner an den Keyboards und Noah Näf an den Drums.

**«The Bluest Blue»**
Es folgte ein Duo mit Marco Salathé an der Rhythmusgitarre und dem Virtuosen Jonas Brugger als Leadgitarrist. Mit einer bemerkenswerten Hingabe zelebrierte das 17-jährige Riesentalent seine Soli. Eine Fingerfertigkeit, wie sie einst Alvin Lee beherrschte, bewies Brugger mitunter in dessen Song «The Bluest Blue». Während Jonas Brugger auf der Bühne blieb, ergänzten ihn bei der folgenden Combo Sängerin Cindy Manser, Christiane von Stegmann und Christine Duer an den Tasten sowie Linus Zimmermann (Bass) und Enso Aellig (Drums). Und die Show im letzten Part gehörte schliesslich dem Sänger Amon Rether, mit Lukas Heieck am Flügel, Roger Thöni am Saxofon und Samuel Grand an der Trompete. Alle 27 Nachwuchsstars verdienten es jedenfalls, sich ausgiebig feiern zu lassen.



Sie rockten die Kanti. Von links: Maurice Storrer am Saxofon, Marek Stahel am Klavier, Lorenzo Persi an der Gitarre und Jonas Bolliger am Schlagzeug.
Bild Bruno Bührer

#Allgemeines

24. Februar 2014 | Schöner leben dank Alten Herren

Neue Zürcher Zeitung, Campus
Marc Bürgi

Der Eingang an der Chorgasse 10 in der Zürcher Altstadt ist unscheinbar: Nur das rot-weiss-rote Symbol an der Fassade lässt erkennen, dass sich hier eine Studentenverbindung trifft. Die Helvetia Zürich hat das Haus in den 1960er Jahren erworben.
Im Parterre ist ein Restaurant eingemietet, in den oberen Stockwerken befinden sich ein grosser Aufenthaltsraum, Küche und WC sowie einige Zimmer, die ebenfalls vermietet werden. Das Verbindungshaus gehört einer Genossenschaft. Mitglieder der Helvetia können für eine einmalige Zahlung von 500 Franken Genossenschafter werden.
Die Genossenschaft erhält den Pachtzins des Restaurants und die Mieten für die Zimmer. Häuser der Helvetia gibt es auch in Bern und in Lausanne. Auch in diesen Sektionen gehört die Liegenschaft einer Genossenschaft.

**Unterstützung in Notlagen**
Die Aktiven und die Ehemaligen der Helvetia Zürich sind in eigenständigen Vereinen organisiert. Beide Vereine verfügen über fast kein Vermögen. Sie finanzieren sich hauptsächlich über die Mitgliederbeiträge – Aktive zahlen rund 100 Franken pro Semester.
Trotzdem profitieren die Zürcher Studenten der Helvetia in vielerlei Hinsicht von einer finanzkräftigen Gesamtorganisation. «Wir sind privilegiert», sagt der ehemalige Präsident David Plaz. Aktivmitgliedern steht der Raum im Verbindungshaus nach Belieben kostenlos zur Verfügung. Wer will, kann eines der Zimmer im Obergeschoss mieten. Als Helveter erhält man dafür einen kräftigen Rabatt.
Die Verbindung bietet ihren Mitgliedern noch weitere Annehmlichkeiten: Die Ehemaligen, Alten Herren oder Altherren übernehmen häufig die Getränkerechnung der trinkfreudigen Aktiven, die als Füxe beziehungsweise nach einer Probezeit von zwei Semestern als Burschen bezeichnet werden.
Bei grösseren Auslagen können die Studenten die Genossenschaft um Hilfe bitten. Falls ein Student in Not gerät, kann er sich an den Unterstützungsfonds der Zürcher Sektion der Helvetia wenden. Der Fonds wurde in den 1930er Jahren gegründet und vergibt auf diskrete Weise zinslose Darlehen. Verwaltet wird er von den Ehemaligen.

**Ein eigenes Haus unweit der Uni**
Mit solchen Vorteilen für Mitglieder können auch andere Verbindungen aufwarten. Die Zofingia Bern besitzt ein grosses Haus in unmittelbarer Nähe der Universität. Der amtliche Wert der Immobilie liegt bei gut einer halben Million Franken. «Wir nutzen das Haus für unsere Aktivitäten; viele Mitglieder sind aber auch sonst dort und lernen für das Studium oder grillieren im Sommer auf der Terrasse», erzählt Andrea Schaub, der Kassier der Aktiven.
Die Berchtoldia, eine weitere Studentenverbindung in Bern, hat einen Kellersaal in der Altstadt und einen Fonds für Mitglieder mit Geldproblemen. Wie bei der Helvetia sind die Liegenschaften dieser beiden Verbindungen vom Vermögen der Vereine getrennt: Das Haus der Zofingia gehört einer Stiftung, der Berchtolderkeller einer Genossenschaft. Deren Mitglieder wiederum sind fast alle auch bei der Berchtoldia dabei.

**Kein Ort für Profiteure**
Trotz Haus an Traumlage, spendablen Ehemaligen und Unterstützungsfonds: Nur des Geldes wegen werde niemand Mitglied bei der Helvetia Zürich, sagt Sektionspräsident Philipp Stampfli. Was vor allem zählt, sind gemeinsame Werte. So ist die Helvetia nach wie vor eine schlagende Verbindung: Die Aktiven treffen sich jeden Morgen um 7 Uhr zum Fechttraining. Die Ausrüstung dazu wird von der Genossenschaft finanziert. Hinzu kommen weitere Traditionen und Rituale.
«Wer nur profitieren will und nicht mitmacht, ist schnell wieder weg», sagt Stampfli. Eine Mitgliedschaft gilt denn auch ein Leben lang. Auch die Altherren zahlen jährlich einen Mitgliederbeitrag. «Sogar wenn ein Ehemaliger in Argentinien lebt und nicht an Veranstaltungen teilnimmt, zahlt er das Geld», sagt David Plaz.

**Über den Tod hinaus**
Füxe und Burschen nehmen mehr Leistungen in Anspruch, als sie bezahlen. Bei den meisten Ehemaligen ist es umgekehrt. Einige der Altherren waren der Helvetia so sehr verbunden, dass sie die Verbindung gar im Testament berücksichtigten. Diese Beiträge hinterliessen die Verstorbenen der Verbindung für einen bestimmten Zweck. Ein Ehemaliger stiftete beispielsweise einige tausend Franken, damit nach Beerdigungen von Helvetern im Verbindungshaus Gedenkfeiern durchgeführt werden können.

**In der Kronenhalle diniert**
Diese Legate werden für sich verwaltet. Insgesamt umfasst die Helvetia Zürich somit Legate, eine Genossenschaft, zwei Vereine und einen Unterstützungsfonds. Laut David Plaz bedeutet das viel Arbeit. Doch abgesehen davon verursachten diese Strukturen keine Probleme – auch nicht mit Blick auf die verschiedenen Budgets und Kassen. Der frühere Präsident kann sich nur an einen Fall erinnern, in dem nicht korrekt abgerechnet wurde.
Die jungen Helveter hatten einmal einen Ball organisiert, nach der Veranstaltung blieb ein kleiner Überschuss in der Kasse. «Mit dem Geld haben sich die Studenten im Restaurant Kronenhalle die Bäuche gefüllt, statt den Betrag auf das Vereinskonto zu überweisen», erzählt Plaz. Er sagt es mit einem Augenzwinkern.

**Loch in der Vereinskasse**
Weniger harmlos war ein Vorfall in der Zofingia in Bern. Vor einiger Zeit hatte der Verein der Aktiven hohe Schulden, weil die Ausgaben über mehrere Jahre nicht gewissenhaft abgerechnet worden waren. Es wurden Getränkerechnungen gefunden, die nachträglich beglichen werden mussten. Zudem hatten viele Mitglieder ihre Beiträge nicht einbezahlt.
«Es gab damals keine Schuldigen, alle hatten zu wenig aufgepasst», betont der heutige Kassier Andrea Schaub. Dank höheren Mitgliederbeiträgen und einem Zustupf der Ehemaligen gelang es den Studenten mittlerweile, ihre Vereinskasse zu sanieren.

#Allgemeines

21. Februar 2014 | Ein neues Kapitel Biergeschichte

Schaffhauser Nachrichten
(kü)

Die Idee des Bierbrauens in Steckborn ist schon länger am Gären. Die Vorbereitungsgruppe mit Sally Schumacher, Jan Martin, Manuel Hanimann, Markus Weigele, Martin Weigele und Roger Pernet hat sorgfältigste Vorarbeit geleistet, und der Ansturm von Bierbegeisterten am Gründungsabend wirkte geradezu bahnbrechend. Auch Stadtammann Roger Forrer und die Stadträte Jörg Ferkel und Gregor Rominger, der Arzt Martin Haas und viele andere gehören zu den Gründungsmitgliedern.
Roger Pernet blendete in die Steckborner Biergeschichte, liess Namen, alte Fotos und Daten aufleuchten, auch solche aus dem Brauereiverzeichnis Schweiz bis zum Jahr 2000. Steckborn: 1875: Emil Rietmann, Brauerei; 1903: Seb. Herzog, Brauerei zum Weingarten, 1875: Albert Schönenberger, Brauerei zur Sonne, 1891: Stähle-Christen, Brauerei zur Sonne. 1895: Boser, Brauerei zur Sonne, 1916: Georg Fauser, Brauerei zur Sonne. 2007 wurde «Ais … Amberbier» zum 60-Jahr-Jubiläum der Firma Pernet Ofenbau, Plattenbeläge gebraut. Roger Pernet hat auch Inserate aufgespürt. So eines vom Hotel Löwen, das mit Dampfschiffländeplatz und Gartenwirtschaft warb. «Wir wollen keinen Bierclub, sondern die Braukultur wieder aufleben lassen», betonte Pernet. Im Firmengarten Pernet soll künftig Hopfen gedeihen. Definitiv ist, dass im März 2014 zu einem Bierbraukurs eingeladen wird. Nach und nach soll die Bieridee ausgeweitet werden. 2017 sei hoffentlich genug Kapital vorhanden, um 2018 eine Brauerei Steckborn zu eröffnen. 100 Kubik Gratis-Wasser wurde bereits von den Stadträten zugesichert. «Es geht auch um Geselligkeit», sagte Michael Städler und terminierte für den 2. August einen Stammtisch; auch legte er pfiffige Etiketten-Ideen für die Bierflaschen vor. Unzählige klare Bekenntnisse zur Bierkultur mit Steckborner und Untersee-Charakter wurden abgegeben. Hansi Dürst habe schon Pfähle für die Hopfen bestellt; Markus Grob habe Ja gesagt zu Weizen und Gerste, wurde informiert. Nik Dutli hat sich bereits Wissen über Biermaschinen zugelegt. Noch gibt es viel zu klären. Auf jeden Fall soll es ein typisch regionales Bier werden. Diverse Arbeitsgruppen kommen zum Einsatz, neben Braukursen trifft man sich zu geselligen Runden. Dann wurden die Statuten genehmigt und der Vorstand gewählt. Mitglied werden kann jeder ab 18 mit Interesse an der Bierkultur und Bezug zur Region. Aktivmitglieder haben neben dem Jahresbeitrag ein Mithilfepensum zu erfüllen. Vereinspräsident ist Roger Pernet. Jan Martin, Sally Schumacher, Manuel Hanimann und Martin Weigele sind im Vorstand, und als Revisoren wurden Patrik Hösli und Patrik Heger gewählt.

#Notizen zu Namen

6. Februar 2014 | Ein berühmter Schaffhauser Medicus

Schaffhauser Nachrichten
von Ursina Storrer

In Noah Gordons Bestsellerroman «Der Medicus» und in der gleichnamigen Verfilmung des deutschen Regisseurs Philipp Stölzl, die derzeit auch im Kinepolis in Schaffhausen zu sehen ist, dreht sich alles um den fiktiven Charakter des Robert Cole. Er, der in Film und Buch seinem innersten Wunsch des «Heilbringens» nachgeht, ist der Lehrling, bald der Arzt, der Medicus. Schauplatz in Stölzls Romanverfilmung ist England im 11. Jahrhundert. Doch auch die Region Schaffhausen brachte bereits früh einen bedeutenden «Medicus» hervor: Rudolf Ulrich Krönlein war ein Pionier der Chirurgie.

**Stets als Primus**
Geboren wurde Rudolf Ulrich Krönlein 1847 im Haus zur «Weissen Rose» in Stein am Rhein. Hier verbrachte er im Kreise von fünf Geschwistern die Jugendjahre und besuchte Elementar- wie Realschule. Darauf trat er in die zweite Klasse der Kantonsschule Frauenfeld ein. Die strenge Zucht an dieser Schule schien ihm aber nicht zugesagt zu haben, denn bereits nach einem Jahr wechselte er an die Kantonsschule Schaffhausen, wo die Gymnasiasten grössere Freiheiten genossen. In allen Fächern hochbegabt, durchlief Krönlein die Schulklassen stets als Primus. So fand er neben seiner schulischen Laufbahn unter anderem Zeit für ein reiches gesellschaftliches Leben: In der Mittelschulverbindung Scaphusia tat er sich als dermassen starke Persönlichkeit hervor, dass ihn seine Farbenbrüder zum Präsidenten wählten.

**International bekannt**
Nach Abschluss seiner Gymnasialzeit immatrikulierte sich Krönlein 1866 in Zürich als Student der Medizin. Damit ebnete sich der wissbegierige junge Mann aus Stein am Rhein den Weg zu einer verheissungsvollen Karriere. Bereits ein Jahr nach Studiumbeginn übernahm er die Assistentenstelle in der Anatomie. Auch absolvierte er ein Semester an der Universität Bonn, wo er sich als Assistent des Professors und Chirurgen Dr. Edmund Rose einen Namen machte. Nach absolviertem Staatsexamen und noch mitten in der Doktorprüfung folgte Krönlein bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges seinem Lehrer Rose nach Berlin, um unter ihm Verwendung im Lazarettdienst zu finden. 1872, weitere zwei Jahre später, promovierte er mit seiner Arbeit «Über die offene Wundbehandlung». Diese erregte in Fachkreisen grosses Aufsehen und machte den Namen des jungen Schaffhausers international bekannt. Das gewonnene Auf- und Ansehen machten es ihm möglich, seine chirurgische Laufbahn unabhängig von Rose fortzusetzen. Bald hatte er eine Stelle im Königlichen Klinikum in Berlin. Die sonst vorgeschriebene ärztliche Prüfung wurde ihm aufgrund seiner wissenschaftlich erprobten Leistungen erlassen.

**Die «Seitenkrankheit»**
Als einer der Ersten hat Krönlein sodann die operative Behandlung der diffusen, eitrigen Bauchfellentzündung in Angriff genommen. Die bereits im Mittelalter gefürchtete «Seitenkrankheit» war auch zu Krönleins Zeit eine häufige Todesursache. Mithilfe der vom englischen Chirurgen Josef Lister 1867 eingeführten Desinfektion durch Karbolsäure gelang ihm der bahnbrechende Eingriff: In einem Schaffhauser Privathaus entfernte er einem siebzehnjährigen Patienten den entzündeten Wurmfortsatz (Appendix) am Blinddarm. Zwar verstarb der Patient einige Tage später an den Folgen seiner Bauchfellentzündung, der Eingriff selbst war aber gelungen und sollte bald vielen Menschen das Leben retten. Berichten zufolge fand bereits im 18. Jahrhundert eine Operation am Blinddarm im St. Georges Hospital in London statt, durchgesetzt hat sich der Eingriff jedoch erst nach den Versuchen Krönleins in Schaffhausen, Robert Lawson Taits in England sowie George Thomas Mortons 1887 in den Vereinigten Staaten von Amerika.

**Einfache Klarheit**
Bis zu seinem Tod 1910 war Rudolf Ulrich Krönlein Leiter der Chirurgischen Klinik in Zürich und trug mit seinem praktischen wie theoretischen Schaffen massgeblich zum Ausbau der Hirn-, Magen- und Nierenchirurgie bei. Dank seinem Erfahrungsschatz konnte er als klinischer Lehrer aus dem Vollen schöpfen. Seine Schüler fesselte er mit einer lebendigen Anschauung – einfache Klarheit durchzog Berichten zufolge seinen Unterricht. Mit ihm ging ein «hervorragender Lehrer und schöpferischer Förderer der chirurgischen Wissenschaft der Universität Zürich», heisst es auf der durch seine Schüler an seinem Geburtshaus in Stein am Rhein angebrachten Gedenktafel.

#Allgemeines

23. Januar 2014 | Wie die Schweiz zum Bier fand

Schaffhauser Nachrichten, Stadt Schaffhausen
von Zeno Geisseler

Welcher Schluck Bier ist der beste? «Der erste», sagt der französische Schriftsteller Philippe Delerm. «Er ist der einzige, der zählt.» Mit dem Traktat Delerms über das Bier begann der Wirtschaftshistoriker Matthias Wiesmann am Dienstag seinen Vortrag beim Historischen Verein zum Thema «Eismaschine, Hektoliterjagd und Bierkartell – Eine kurze Geschichte der Brauereien und des Bierkonsums in der Schweiz mit Blick auf Schaffhausen». Etwa 40 Personen waren anwesend.
Wiesmann, ein Neffe des Neuhauser Apothekers und Liedermachers Dieter Wiesmann, hatte sich schon während seines Studiums mit der Schweizer Bierlandschaft befasst (siehe auch «Kopf der Woche», SN vom 16. Januar) und mit «Bier und wir» ein viel beachtetes Werk zum Thema geschrieben. «Mir wird zu meiner Arbeit immer die gleiche erste Frage gestellt», sagte Wiesmann schmunzelnd: «Hast du viel Feldforschung betrieben?» Dies hatte er in der Tat, doch seine Untersuchungen führten ihn weniger an den Stammtisch als viel mehr in Unternehmensarchive und Bibliotheken. Die Braukunst sei mit den Klöstern in der Karolingerzeit in die Schweiz gekommen; auf dem St. Galler Klosterplan von 820 seien drei Brauereien eingezeichnet. «Aber dieser Plan beschrieb den Idealtyp eines Klosters, er bildete nicht die Realität ab», sagte Wiesmann. Im Weinland Schweiz sei Bier lange ein exotisches Getränk gewesen, erklärte er. «Anders als heute war Bier teurer als Wein und wurde seltener getrunken.» In Schaffhausen seien um 1100 neun Bierschenken registriert gewesen, ausgeschenkt worden sei damals aber vermutlich deutsches Bier. Versuche, lokales Bier zu brauen, seien von der Obrigkeit nicht von Anfang an geduldet gewesen. Wiesmann erzählte von einem Küfer und einem Wirt, die im Jahr 1644 ein Gesuch für einen Bierofen einreichten. Der Rat lehnte dies ab, wegen der Dämpfe und der Brandgefahr. Die Stadtherren hatten aber nicht nur Sicherheitsbedenken, sie fürchteten auch den moralischen Zerfall. Erst um 1866 wurden die Brauereien dem übrigen Gewerbe gleichgestellt. Zum Volksgetränk sei Bier dann im ausgehenden 19. Jahrhundert geworden, führte Wiesmann aus. Die Winzer hatten damals mit dem Mehltau und der Reblaus zu kämpfen, was ihre Erträge schrumpfen und die Preise steigen liess. Als dann noch Panscher den Ruf des Weins erschütterten, wurde der Umstieg auf den Gerstensaft noch beschleunigt. Auch der technische Fortschritt habe einen wesentlichen Anteil am Siegeszug des Biers gehabt, sagte Wiesmann, sei es die Erfindung der Eismaschine, die Pasteurisierung oder die Reinzucht der für die Gärung so wichtigen Hefe. Ab 1890 konnte Bier zudem in Flaschen abgefüllt werden. Bier war nun überall das ganze Jahr in guter Qualität verfügbar – und billiger als Wein. In der Diskussion wurden viele Aspekte zum Bier vertieft – so, ob es nun dick macht oder nicht (nicht mehr als Orangensaft) oder ob das Pils wegen des Bilsenkrauts so heisst. (Nein, wegen der Stadt Pilsen, aber früher sei das psychoaktive Bilsenkraut tatsächlich auch dem Bier beigemengt worden, sagte Wiesmann.) Nach dem Vortrag wurde das Thema dann in der einen oder anderen Beiz um einen praktischen Teil ergänzt.

#Notizen zu Namen

15. Januar 2014 | Auf dem Bock: Georg Merz ist Präsident des Grossen Stadtrats 2014

Schaffhauser Nachrichten, Region
Von Daniel Jung

**«Zwischen Zuckerbrot und Peitsche»**

*Mit einem Glanzresultat wurde Georg Merz (ÖBS) gestern Abend zum Präsidenten des Grossen Stadtrats für das Jahr 2014 gewählt.*

Weniger als eine Stunde dauerte die Wahlsitzung des Grossen Stadtrats. Nur zwei Traktanden standen auf der Liste. Zuerst wurde das neue Ratsmitglied Stefan Marti in die Pflicht genommen. Gemäss der Geschäftsordnung des Grossen Stadtrats gelobte er, «die Ehre, die Wohlfahrt und den Nutzen der Stadt Schaffhausen zu fördern» und sein Amt gemäss der Verfassung und den Gesetzen zu führen.
Wie in jedem neuen Jahr standen danach die Wahlen für die verschiedenen Posten der Ratsleitung an. Gemäss der Gepflogenheiten des Schaffhauser Parlaments wurde wiederum der bisherige 1. Vizepräsident zum neuen Präsidenten gewählt: Georg Merz (ÖBS) erhielt 32 Stimmen bei 33 abgegebenen Wahlzetteln. Die bisherige 2. Vizepräsidentin, Cornelia Stamm Hurter, wurde zur neuen 1. Vizepräsidentin gewählt. Sie erhielt 32 Stimmen bei 34 abgegebenen Zetteln. Neu ins Leitungstrio gewählt – und damit auf die Präsidiumslaufbahn geschickt – wurde Martin Egger (FDP). Als 2. Vizepräsident erhielt er 31 Stimmen bei 34 abgegebenen Wahlzetteln.
Als abtretender Ratspräsident 2013 blickte Daniel Schlatter (SP) nach Abschluss der Wahlgeschäfte auf das vergangene Jahr zurück, in dem grosse Sparbemühungen die Debatten prägten. Aufgrund der zwei neuen Mitglieder im Stadtrat und Änderungen bei den Zuständigkeiten waren im ersten Halbjahr nur wenige Vorlagen an den Rat gelangt. In der Folge mussten fünf Sitzungen abgesagt werden. In seinen letzten Minuten auf dem «Bock» scheute Schlatter aber nicht vor einigen kritischen Worten zurück: Er denke gerne an diejenigen Sitzungen zurück, an denen etwas Positives für die Stadt erreicht worden sei – auch wenn dies nicht an der Mehrheit der Sitzungen der Fall gewesen sei. «Den Glauben aber, dass alle in diesem Rat stets das Beste für unsere Stadt wollen, habe ich nicht erst in diesem Jahr verloren», sagte Schlatter.
Der neue Präsident Georg Merz wiederum betonte in seiner Antrittsrede den Umweltschutz als Triebfeder seines politischen Engagements (siehe Porträt auf Seite 18). Deshalb, so erklärte Merz gestern, sei er als Ver- treter der Mittepolitik 2006 zur ÖBS gekommen. Und da will Merz auch in Zukunft bleiben – und sich nicht den gerade entstehenden Schaffhauser Grünliberalen anschliessen. Um die Ziele der Energiewende und der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen, brauche es einen «Kompromiss zwischen Zuckerbrot und Peitsche oder zwischen Förderbeiträgen und Lenkungsabgaben», sagte er. Im Ratsalltag wünscht sich Merz konstruktive Teamarbeit, einen respektvollen Umgang und Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. «Auf diese Weise werden wir in diesem Jahr wichtige und hoffentlich richtige Entscheide treffen können.» Wie die Ratsmitglieder dies umsetzen, wird sich am nächsten Dienstag erstmals zeigen.


**Viele Geschenke für den Drachentöter auf dem Bock**

*Ein Kennenlernabend, Chrut und Rüebli und viele gute Wünsche erhielt Georg Merz an seiner Wahlfeier im «Kronenhof».*

Von Robin Blanck

Die Feiern von Parlamentspräsidenten sind ein Unikum: Der frisch gewählte Präsident lädt all jene, die ihn gewählt haben, zum Essen ein. Im Grossen Stadtrat sind das über 30 Personen, dazu Stadträte und Medienvertreter. Damit ist der Präsidiumslohn schon weg, dafür gibt es aber auch Gratulationen und Geschenke. Schon bei der Begrüssung durch Theresia Derksen, die als Moderatorin durch den Abend führte, wurde erstmals auf die Steiner Herkunft des neuen Präsidenten angespielt («Der heilige Georg aus Stein am Rhein ist nun für ein ganzes Jahr König der Stadt»). Diese Verbindung nahm auch Stadtpräsident Thomas Feurer nach dem Essen – Blattsalat, feiner Braten mit Nudeln und Gemüse sowie Schaffhauser Pinot noir – wieder auf: «Ich hoffe nicht, dass du als heiliger Georg einen Schaffhauser Drachen töten musst oder gar mich erschlägst», sagte Feurer, der zum guten Wahlresultat gratulierte und sich vom Apotheker Merz als Naturwissenschaftler Genauigkeit und vielleicht manchmal eine Pille «gegen Müdigkeit oder besondere Erregung im Rat» wünschte. Aus der eigenen Fraktion wurde ihm von Katrin Bernath und Iren Eichenberger eine Kiste voller Gemüse und Esswaren überreicht: «Du bist der Chefkoch in der Parlaments-Küche, aber Du hast es mit Chrut und Rüebli zu tun», warnte Eichenberger. Danach gab es für jede Fraktion eine farblich abgestimmte Gemüsezutat: Ein Rüebli (CVP) soll den Kurzsichtigen im Rat die Augen für Steuererhöhungen öffnen, das Blaukraut (FDP) könne man mit Kochen und einem Schuss Essig zu sozialdemokratischem Rotkraut verwandelt werden, «vielleicht kann die FDP bei gewissen Themen etwas roter werden», sagte Bernath. Eine Zucchini gab es für die SVP, «nur Wasser und etwas Zellulose», frotzelte Eichenberger. Die FDP überreichte dem sportlichen und an Geschichte sowie Literatur interessierten Merz verschiede Geschenke für die Freizeit: Energy-Drinks für die Ausdauer, ein Sparkässeli – überreicht vom Jungfreisinnigen Till Hardmeier- und ein Flextax für gemeinsame Ausfahrten. Ehefrau Roswitha Merz erhielt von Stadtrat Urs Hunziker ein Sträusslein, «mit der Bitte um Nachsicht, wenn es mal später wird.» In Reimen wandte sich Hermann Schlatter im Namen der SVP-Fraktion an die Festgemeinde und konnte Anekdoten aus der Jugend des Neuen zum Besten geben: Von den Ausflügen mit der 6-PS-Gundel des Vaters (Schlatter: «Als Grüner? Ei, ei, ei!»), vom Verzicht auf die Benützung des Mofas, dem Verbindungsnamen «Modest» (Bescheidenheit) und dem Aufstieg zum Oberleutnant im Militär. Zum Schluss gabs einen Essengutschein und auch die Festgesellschaft ging zum Dessert (Tiramisu) über. Dann war die Zeit für die SP und Urs Tanner gekommen: Jeder habe faire und speditive Sitzungen versprochen, gelungen sei es noch keinem, «denn wir wollen dazwischenrufen (wie ich), uns profilieren (kein Name), den Kopf schütteln (Cornelia Stamm Hurter)». Dazu gabs einen Büchergutschein. Ein so «originelles Geschenk» hatte die AL nicht zu bieten, sagte Andi Kunz und erntete damit schon den ersten Lacher. Danach setzte er den humoristischen Glanzpunkt des Abends: Weil man bei den Voten von Merz bis zum Schluss nicht wisse, ob er für oder gegen eine Vorlage sei, lud die Partei ihn zu einem Kennenlernabend «mit viel Alkohol ein». Auch zur aktuellen Debatte schlug Kunz im Witz die Brücke: «Weil das Partylokal an der Karstgasse» nicht zur Verfügung stehe, werde man eine Alternative finden.
Und als Alternative zur Ratsglocke gab es ein pinkes Glöcklein.



Glanzvoll wurde Georg Merz (ÖBS) – hier mit Ehefrau Roswitha, Sohn Felix (14, l.), Tochter Johanna (12) und Sohn Moritz (16) – gestern vom Grossen Stadt- rat zum Präsidenten für das Jahr 2014 gewählt. Der höchste Stadtschaffhauser erläuterte in seiner Antrittsrede, wie die Atomfrage ihn politisiert habe und gleichzeitig auch sein Engagement bestimme: Auch in der Stadt will er sich für das Erreichen der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft einsetzen. Wie üblich wurde nach der ersten Stellungnahme des Präsidenten die Sitzung beendet, und man ging zur traditionellen Präsidialfeier über, bei der die Fraktionen dem neuen Vorsitzenden ihre Gaben überreichten.

Bild: Selwyn Hoffmann


**«Ich bin ein unideologischer Mittepolitiker»**

*Georg Merz wurde gestern zum höchsten Stadtschaffhauser gewählt. Der Apotheker und Mittepolitiker wünscht sich mehr Kooperation und weniger Ideologie im Grossen Stadtrat.*

Von Mark Liebenberg

Von der Rheinquelle bis nach Amsterdam mit dem Velo – ein «Familienprojekt» nennt Georg Merz die Reise dem Rhein entlang zu dessen Mündung in die Nordsee, welche die Familie Merz in mehrere Abschnitte unterteilt hat und jeweils im Sommer in Angriff nimmt. «Bis nach Mainz haben wir’s schon geschafft», sagt der frisch gekürte Präsident des Grossen Stadtrates. Die nächsten beiden Etappen werden ihn, seine Frau Roswitha und die drei Kinder im Alter von 16, 14 und 12 Jahren in die Niederlande führen.
Doch seit gestern Abend muss Georg Merz ganz andere Leute in einem ganz anderen Tätigkeitsbereich führen: Der 58-jährige Apotheker aus Schaffhausen wurde für ein Jahr zum Präsidenten des Grossen Stadtrates gewählt. «Ich freue mich sehr darüber», sagt er gegenüber den SN. «Es ist ein Höhepunkt einer Politikerkarriere.» Ein vergleichsweise früher Höhepunkt ist es auch, denn in die Politik kam Merz erst vor wenigen Jahren, und zwar wegen der Atompolitik. «Als 2006 bekannt wurde, dass die Axpo an Vorstudien für ein neues Kernkraftwerk arbeitete, beschloss ich, mich nun selber politisch zu engagieren», erinnert sich der dezidierte Atomstromgegner Merz. Die ÖBS als einzige grüne Partei in Schaffhausen war ihm das geeignete Forum dafür.
Energiepolitik nennt er denn auch heute noch als sein Steckenpferd. «Ich halte den Atomausstieg für den richtigen Weg.» Als weitere Themen, die ihm am Herzen liegen, nennt er das Gewerbe und den Umweltschutz. Das liegt ihm im Blut: Geboren in Stein am Rhein als Sohn eines Drogisten, war für ihn früh klar, dass er in die Fussstapfen seines Vaters treten würde. Und in der Natur, am und auf dem Rhein verbringt er heute noch am liebsten seine Freizeit – sei es als Velofahrer, sei es in irgendeinem Gefährt auf dem Fluss. Auf dem Rhein hatte er auch seine Gattin kennengelernt: Die St. Gallerin war wie Merz auch begeisterte Kajakfahrerin.
An das Studium der Pharmazie in Zürich schloss sich eine Lehr- und Wanderzeit an, die Merz unter anderem nach Genf und ins Tessin führte. «Ich hatte die Wahl zwischen Doktortitel und Horizonterweiterung. Ich wählte das Zweite.»
Gewerbe und grüne Politik: Nachdem die ÖBS sich im vergangenen Herbst aufgespaltet und sich eine Minderheit der Grünliberalen Partei angeschlossen hat, bleibt Merz der zur Grünen Partei Schweiz gehörenden Rest-ÖBS treu. «Zu Umwelt- und Wirtschaftsthemen gehört meiner Meinung nach noch das Soziale – deshalb bin ich da ganz gut aufgehoben.»
Und obwohl er ein grünes Herz hat: Im letzten Jahr regte Merz in einem Postulat die Schaffung neuer Parkplätze am Rand der Altstadt an. «Es hängen viele Arbeitsplätze in der Stadt von einer guten Erreichbarkeit der Innenstadt auch mit dem Auto ab – und die Stadt könnte so ihre Einnahmen aus den Parkplatzgebühren erhöhen», sagt der mit den Anliegen der Gewerbler bestens vertraute Politiker: Seit 19 Jahren ist er Geschäftsleiter der Volksapotheke zum Rüden gleich beim Bahnhof.
Merz’ Politkarriere verlief steil: 2011 rutschte er für seine Partei auf den Sitz von Lotti Winzeler nach. Bereits nach kurzer Einarbeitungsphase musste die Fraktion turnusgemäss einen Kandidaten für das 2. Vizepräsidium des Rates stellen – und die Wahl fiel schnell auf Georg Merz. «So schlug ich also die Präsidentenlaufbahn ein», sagt er schmunzelnd. Gute Erfahrungen habe er dabei gemacht – trotz des für einen geschäftsführenden Apotheker beträchtlichen zeitlichen Mehraufwands. Die detailgenaue Vertrautheit mit den Dossiers und die Kenntnis des Ratsbetriebs à fond, die er in zwei Jahren zunächst als zweiter, dann als erster Vizepräsident erworben habe, hätten ihn fit gemacht, sagt er. Seine eher zurückhaltende, unaufgeregte Wesensart will er im Amt durchaus zur Geltung bringen: «Ich bin kein Redenschwinger.» Die Repräsentationsaufgaben in der Öffentlichkeit, die mit dem Ratsvorsitz einhergehen, sieht er aber als grosse Chance. «Man kommt an Orte und lernt Menschen kennen, die man sonst nicht kennenlernen würde», freut sich Merz.
Eines der wichtigsten Dossiers zu Beginn seiner Präsidentschaft wird die Vorlage zum Neubau des Schulhauses Breite sein. «Den Diskussionen darüber soll man Raum geben», findet er. Er werde kein Sitzungsleiter sein, der dem Kollegen das Wort abschneide. «Die Glocke des Ratspräsidenten werde ich hoffentlich nur zweimal in der Sitzung brauchen: am Anfang und am Ende.» Und doch hat er persönlich wenig Verständnis, wenn es bisweilen im Rat nicht mehr um die Sache geht: «Wenn nur noch ideologische Grabenkämpfe ausgefochten werden, ist mir das zuwider. Ich finde, in Sachfragen sollte es mehr Kooperation und auch mehr Kompromisse zwischen den Parteien im Grossen Stadtrat geben.»
Und so beschreibt er sich denn auch selber: «Ich bin ein unideologischer Mittepolitiker. Lieber unaufgeregte Sachpolitik als Polemik und Machtspiele.»


**Zur Person: Georg Merz**
Geburtstag: 21. Oktober 1955
Wohnort: Emmersberg
Zivilstand: Verheiratet, drei Kinder im schulpflichtigen Alter
Beruflicher Werdegang: Studium der Pharmazie in Zürich, Lehr- und Wanderjahre in der Romandie und im Tessin, Apotheke zur Taube, seit 1995 Geschäftsführer der Volksapotheke zum Rüden in Schaffhausen
Politik: Seit 2011 für die Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS) im Grossen Stadtrat
Vereine: Scaphusia, Ruderclub, Kajakclub, Jachtclub
Freizeit: Familie, Natur, Wassersport auf dem Rhein, Velofahren



Ein Grüner, der mehr Parkplätze will: Georg Merz bei der täglichen Arbeit in der Apotheke.

Bild: Selwyn Hoffmann