#Allgemeines

7. April 2016 | Die Kantone ziehen die Schraube an

Schaffhauser Nachrichten
Lukas Leuzinger

Wer die Matura bestanden hat, der darf an einer Schweizer Universität oder ETH studieren. Dieser Grundsatz gilt heute im Schweizer Hochschul­bildungssystem. Eine Aufnahme­prüfung gibt es – ausser für das Medizinstudium – nicht.
Allerdings wurde in jüngerer Zeit vor allem vonseiten der Hochschulen Kritik laut, das Niveau der Matura sei zu tief. Tatsächlich gab eine landesweite Evaluation aus dem Jahr 2007 – neuere Erhebungen gibt es nicht – Anlass zu Bedenken. Knapp ein Viertel der Gymnasiasten hatte eine ungenügende Mathematiknote im Maturazeugnis. Betrachtet man nur die schriftliche Abschlussprüfung, waren sogar 41 Prozent der Maturanden ungenügend. Bei der Erstsprache (Deutsch in der Deutschschweiz, Französisch in der Westschweiz) schrieb jeder fünfte Schüler eine ungenügende Note. Durch die Matura fällt deswegen kaum jemand, weil ungenügende Noten durch genügende in anderen Fächern ausgeglichen werden können. Doch reichen diese Mathematik- und Sprachkenntnisse für ein Studium an einer Hochschule?

**Bruchrechnen und Schreiben**
Auch der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) bereitet das Niveau der Maturanden in manchen Fächern Sorgen. Sie hat deshalb den seit 1994 bestehenden Rahmenlehrplan für die Maturitätsschulen ergänzt, wie sie gestern mitteilte. Das Papier, das als Grundlage für die kantonalen Lehrpläne dient, listet die Kompetenzen in Mathematik und Erstsprache genauer auf, die Maturanden bis zum Ende ihrer Mittelschulzeit erlangen sollen. Die Schüler sollen etwa Bruchrechnen können, den Satz des Pythagoras beherrschen oder «argumentativ schlüssige und angemessen verknüpfte Texte formulieren können».
Grundlage für die Ergänzungen ist eine Untersuchung des Erziehungswissenschafters Franz Eberle von der Universität Zürich. Eberle und sein Team befragten Studenten verschiedener Fachrichtungen und Universitäten dazu, welche Fähigkeiten in Mathematik und Erstsprache sie im ersten Studienjahr häufig brauchten. Darauf aufbauend erarbeiteten die Wissenschafter einen Katalog von Kompetenzen, die «in vielen Studienrichtungen» vonnöten sind.

**«Es braucht Grundkenntnisse»**
Im Gespräch betont Eberle, es gehe nicht darum, mehr Mathematiker und Germanisten hervorzubringen. «Wer eine ungenügende Note in Mathe- matik hat, wird wahrscheinlich nicht Mathematik studieren. Aber auch wenn er Psychologie studiert, braucht er gewisse mathematische Grundkenntnisse.» Das Gleiche gelte für die ­Sprache. Der Erziehungswissenschafter ergänzt, dass die mathema­tischen Anforderungen in den Sozialwissenschaften, aber auch in den Wirtschaftswissenschaften tendenziell zugenommen hätten. Eberle, der auch die Evaluation der gymnasialen Ausbildung durchgeführt hat, betont aber, dass das Niveau der Matura grundsätzlich zufriedenstellend sei.
Neben der Ergänzung des Rahmenlehrplans haben die Erziehungsdirektoren eine Reihe von Empfehlungen an die Kantone beschlossen. Beispielsweise sollen sie die Maturaprüfungen zwischen den einzelnen Kantonsschulen harmonisieren. Weiter soll der Dialog zwischen Gymnasien und Hochschulen verstärkt und die Studien- und Laufbahnberatung an den Mittelschulen verbessert werden. Ob diese Massnahmen fruchten, wird sich schon bald zeigen: Die EDK und der Bund planen eine neuerliche landesweite Evaluation der Matura. Der genaue Zeitpunkt ist aber noch offen.
Bei den Gymnasien stösst die Ergänzung des Rahmenlehrplans auf grundsätzlich positives Echo. «Dieses Vorgehen ist sinnvoll – und gut schweizerisch», sagte Marc König. Er ist Rektor der St. Galler Kantonsschule am Burggraben und Präsident der Konferenz der Schweizerischen Gymnasialrektoren. Die Schulen seien in der Lage, sicherzustellen, dass die Gymnasiasten die geforderten Kompetenzen erwerben. Zentral ist für König, dass der prüfungsfreie Zugang zu den Hochschulen gewährleistet bleibt.

**«Nicht die einzigen Kompetenzen»**
Auch bei den Hochschulen zeigt man sich zufrieden. Man begrüsse die Klärung der Kompetenzen in Mathematik und Erstsprache, erklärte Martina Weiss vom Verband Swissuniversities. Allerdings seien sie nicht die einzigen massgeblichen Kompetenzen für die Studierfähigkeit. Ihr Erwerb dürfe «nicht auf Kosten anderer im Rahmen der Allgemeinbildung zu erwerbender Kompetenzen erfolgen».

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7. März 2016 | Als die Saite riss, riss Elias Winzeler die Show mit Singen

Schaffhauser Nachrichten
Ronny Bien

Wie jedes Jahr, so präsentierten sich auch in diesem Jahr 27 musikalische Kantischüler/-innen mit einem Konzertabend der Öffentlichkeit. Es spielten fünf Combos aller Altersklassen. Dieses Konzert ist vor allem für die grössten Nachwuchstalente eine optimale Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen. Dazu gehört zweifelsfrei der junge Saxofonist Tobia Ochsner, der einen souveränen Auftritt absolvierte. Improvisieren musste in der Folge Bandsänger Elias Winzeler, dem während des Songs «I’m So Excited» eine Saite an der elektrischen Gitarre riss, sodass er auf eine akustische ohne Gitarrengurt umsatteln musste. Dafür überraschte er mit einer überwältigenden Gesangseinlage beim Amy-Winehouse-Klassiker «You Know I’m No Good». Elias Winzelers Stimme hat grosses Potenzial für die Zukunft.

**Funkige Breakdance-Einlage**
Zu jedem Song präsentierte Pianist Janosch Bohner zur Erheiterung des Publikums einen Hut aus seiner Kollektion, was nebst seinen Fähigkeiten an den Tasten zu seinem Markenzeichen werden könnte. Seine Vielseitigkeit unterstrich Noah Näf, der zuerst in einer Band am Schlagzeug mitwirkte, bevor er in der folgenden Musikgruppe Cajon, Congas und Trompete spielte.
Dass Preveen Panakkal (Voc), Maurice Storrer (Sax), Lorenzo Persi (Git), Marek Stahel (Key), Shardad Ghazi Wakili (Bass) und Jonas Bolliger (Dr) gut eingespielt sind, war schnell zu erkennen. Diese sieben haben sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelt. Der krönende Abschluss folgte während des Hits «Uptown Funk» von Bruno Mars, als Jonas Bolliger eine Breakdance-Einlage zum Besten gab.

**Sprungbrett in die lokale Szene**
Baumeisterin dieser jährlichen Konzertreihen ist Christiane Mathé. Unter ihrer Leitung wachsen die jungen Musikerinnen und Musiker im Gesang oder an ihren Instrumenten und sammeln wertvolle Erfahrungen, von denen sie später in einer eigenen Band profitieren können. In der Schaffhauser Musikszene etablieren sich regelmässig jüngere Bands und sorgen für frischen Wind. Die Motivation der jungen Talente, von der Kantiaula aus die regionalen Bühnen zu erklimmen, ist dem entsprechend gross.

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7. März 2016 | Bildnerische Kreativität ohne Grenzen

Schaffhauser Nachrichten
Anne Gross

Bilderbücher, Kurzfilme, Fotografien und viele weitere Projekte haben die Maturandinnen, Maturanden und die Fachmittelschulabsolventinnen und -absolventen über ein ganzes Jahr beschäftigt. Die Ergebnisse dieser intensiven Arbeit stellten sie im Zusammenhang mit ihren Präsentationen an einer kleinen Ausstellung im Erweiterungsbau der Kantonschule Schaffhausen vor. «Es ist erstaunlich, in wie viele verschiedene Richtungen die Projekte gehen», so Corina Rauer,Kuratorin des Kunstvereins Schaffhausen.Deborah Kipferhat mit ihren Zeichnungen ein Bilderbuch erstellt, das die Geschichte eines ADHS-Kindes erzählt. «Es war mir sehr wichtig, mal eine andere, positive Seite dieses Themas zu zeigen», so Kipfer. Man vergesse nämlich manchmal, wie fantasievoll und unglaublich intelligent diese Kinder oft seien.Luisa Riccianalysierte in ihrer Arbeit den Bedeutungswandel von Porträts im Laufe der Zeit. Dabei war sie selber überrascht, wie viel überlegter sie beim Fotografieren mit der analogen Kamera vorging. «Ich gehöre ja eigentlich zur Selfie- und Snap-Chat-Generation, wo man einfach mal abdrückt, ohne gross zu zögern», sagt Ricci. ­Camill Sennehat eine fächerübergreifende Arbeit in den Fächern Deutsch und Bildnerisches Gestalten eingereicht, und es entstand dabei ein ganzes Buch. «Es war eine riesige Arbeit Dennoch bin ich mit dem Endergebnis zufrieden.» Damit die künstlerischen Begabungen der jungen Menschen weiterhin unterstützt werden, erhalten die Schüler, die ihre Maturarbeit im Fach Bildnerisches Gestalten eingereicht haben, die Mitgliedschaft im Kunstverein und damit die Möglichkeit, sich an Exkursionen, Ausstellungen und vielen weiteren Veranstaltungen des Vereins zu beteiligen.

Legende



Luisa Ricci stellt nach der Maturarbeitspräsentation ihre Arbeit «Vom analogen Porträt zum digitalen Selfie» vor.
Bilder Selwyn Hoffmann



Andrina Kipfer (rechts) bestaunt die Maturarbeit ihrer Schwester Deborah Kipfer: ein Bilderbuch mit ihren Zeichnungen.



Der Maturand Janik Lobsiger hat eine 3-D-Animation mit Motion-Tracking produziert und einen Kurzfilm daraus gemacht.



Eliane Gigon war Austauschschülerin an der Kanti Schaffhausen und stellt mit ihrem Freund Antoine Woeffray ihre Arbeit vor.



Camill Senne hat in den Fächern Deutsch und Bildnerisches ­Gestalten gearbeitet: Eine Geschichte und Bilder entstanden.



Miro Felix betrachtet mit der Lehrerin Katrin Fischer das Ergebnis seiner digitalen Bildmanipulation mit dem Munot.



Corina Rauer, Kuratorin des Kunstvereins, vor Michael Werners Visualisierung von Herman Hesses «Klein und Wagner».

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5. März 2016 | So einzigartig wie das Munotglöggli

Schaffhauser Nachrichten
Alfred Wüger

Wer am Lindli flaniert, an den vertäuten Weidlingen vorbei, erkennt wohl auf den ersten Blick, dass das eine Idylle ist. Und merkt auf den zweiten Blick, dass nicht alle Boote ­Motoren haben. Warum ist das so?
Wenn der Spaziergänger dann erfährt, dass hinter der augenfälligen Enthaltsamkeit eine behördliche Regelung steht, mag er das, je nach Gusto, für eine vernünftige Sache halten oder als eine unzulässige Beschneidung des Gebrauchs eines persönlichen Besitzes, nämlich des Bootes, ansehen. Und ist damit am wunden Punkt angekommen: Nicht alle Weidlingsbesitzer dürfen ihr Gefährt mit Motorkraft bewegen.
Und im Sommer dann würde dem Spaziergänger auffallen, dass das ­offenbar einige auch gar nicht wollen, denn sie ziehen den Weidling an einem Seil flussaufwärts, steigen beim Restaurant Rheinhalde ins Boot und bewegen dieses dann mit einem Stachel, den sie in regelmässigem Abstand auf dem Flussgrund absetzen und sich daran abstossen, weiter flussaufwärts. Das ist jetzt die reine Idylle. Typisch für den Rhein zwischen Schaffhausen und Stein am Rhein, ein regionales Wahrzeichen wie die Bölletünne und so einzigartig wie das Munotglöggli.

**Zahlreiche Motorverbote**
Wo sonst gibt es eine 50:50-Regelung? Vielleicht an einem kleinen See? Das Beispiel des Greifensees im Kanton Zürich zeigt, dass es dort zwar eine Kursschifffahrt in bescheidenem Umfang gibt, dass daneben aber überhaupt keine motorisierten Privatboote erlaubt sind. Auch auf den Fliessgewässern im Kanton Zürich, wie der Töss, ist das Fahren mit Motorbooten nicht erlaubt. Die Töss etwa sei im Sommer ein Paradies für «Gummiböötler», heisst es bei der für solche Fragen zuständigen Seepolizei Oberrieden. Auch auf der Limmat gibt es im Sommer ausser dem Pontonierfahrverein Schlieren nur Gummiboote, aber keine Motorboote, mit Ausnahmen für die Polizei, die Feuerwehr und die Boote der Kraftwerke am Fluss. Einzig im Hafenbereich der Stadt Zürich darf die Limmat, sofern man eine Sonderbewilligung hat, mit einem Motorboot befahren werden.
Daniel Fasnacht vom Amt für Umwelt des Kantons Solothurn sagt auf Anfrage, dass es an der Aare verschiedene Anbindezonen und dort dann auch Bootsstege gebe, an denen vier bis fünf Boote festgemacht seien. Das seien in der Regel alles motorisierte Fischerboote. In Solothurn gibt es demzufolge auch nichts, was im Entferntesten an eine 50:50-Regelung ­erinnert. Ausserdem sei das Aareufer mit grossen Blocksteinen befestigt, naturbelassene Uferabschnitte gebe es nur wenige.
Damit ist auch gesagt, dass die topografischen Gegebenheiten, wie sie in Schaffhausen herrschen, mit einem ab der Stadtgrenze rheinaufwärts praktisch unverbauten Ufer, ein sogenanntes Alleinstellungsmerkmal des Flusses zwischen der Munotstadt und Stein am Rhein sind. Nicht zuletzt deshalb kann ja die hiesige Schifffahrtsgesellschaft mit der «schönsten Flussfahrt Europas» um Passagiere werben.
Das Stacheln ist eine meditative Angelegenheit. Man muss sich konzentrieren, es braucht Kraft, Geschick und Ausdauer, um den Weidling zwischen Ufer und den Pfahlreihen mit den vertäuten Booten – solche Pfahlreihen werden die Stachler praktisch bis zur Diessenhofer Brücke begleiten – so zu bewegen, dass man nicht dauernd irgendwo anstösst. Beim Stacheln wird man zeitlos, es ist ein Stresskiller sondergleichen.

**Stacheln am Rhein in freier Natur**
Wirklich völlig einzigartig, so was? Nicht ganz. In Tübingen beispielsweise gibt es vergleichbar gebaute Stocherboote. Sie werden auch ähnlich bewegt, allerdings lediglich auf einem kleinen, gestauten Abschnitt des Neckars auf Stadtgebiet zwischen zwei Wehren. Motoren sind dort zwar verboten, aber eine vergleichbare Idylle? Nein. Am Rhein zwischen Schaffhausen und Stein kann man anlanden, Feuer machen, baden. Sich nach dem anstrengenden Stacheln abkühlen. Es ist still, und klar: Es macht einen Unterschied, ob nacheinander fünf Stachelweidlinge an einem vorbeifahren oder fünf Weidlinge mit Motoren.
Seit wann fährt man eigentlich zum Vergnügen mit Weidlingen auf dem Rhein? «Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts», sagt Stadtarchivar Peter Scheck. Es sei zuerst ein Privileg der Städter gewesen. «Die Studentenverbindung Scaphusia fuhr schon um 1880 mit einem Weidling auf dem Rhein.» Bald trat auch die Polizei auf den Plan. Sie hat ab 1923 Bootskontrollen durchgeführt.
Damals war die Lindli-Promenade nicht ganz 30 Jahre alt. Sie war 1894 angelegt und bepflanzt worden, «zu einer Zeit, wo man das Spazieren entdeckte», wie Peter Scheck sagte.

**Mehr Plätze dank Lindli-Promenade**
1940 gab es zur Lindli-Promenade auch kritische Stimmen: Sie sei alles andere als naturnah, und die Bäume würden, weil sie zu eng stünden, die freie Sicht auf den Rhein behindern. In den frühen 1960er-Jahren wurde die Lindli-Promenade dann in ihrer heutigen Länge bis zur Landesgrenze beim Restaurant Rheinhalde aufgeschüttet. Nicht zuletzt, damit die Stadt mehr Bootsliegeplätze anbieten konnte.
Die Weidlinge übrigens sind ein weit verbreiteter und sehr alter Bootstyp, unabhängig davon, ob sie ge­stachelt oder mit einem Verbrennungs- oder einem Elektromotor bewegt werden.


**Die 50:50-Regelung – Wie es kam, dass die Stadt Schaffhausen die Zahl der Bootsmotoren beschränkte**

Die sogenannte 50:50-Regelung besagt, dass an den Bootspfählen auf dem ­Hoheitsgebiet der Stadt Schaffhausen nicht mehr als 50 Prozent der Boote, meist Weidlinge, von einem Motor ­angetrieben sein dürfen.
Wie es zur 50:50-Regelung kam, ist schriftlich nachzulesen in der Maturaarbeit, die Hanna Engelhart unter dem Titel «Bootspfähle am Lindli» im Jahre 2014 verfasst hat. In dieser Arbeit wird aufgezeigt, wie es 1974 Streit um eine vom Stadtrat erlassene Gebührener­höhung gab. Für Boote mit Motor sollte dreimal so viel Pfahlmiete bezahlt ­werden, mutmassliches, nicht explizit deklariertes Motiv: Schutz der Rheinlandschaft. Der Wassersport-Verband protestierte dagegen und bekam vor Obergericht recht. «Der zunehmende Motorbootverkehr ging damals vor ­allem den Weidlingsstachlern und den Kanuten auf die Nerven», sagt René Uhlmann, Präsident der Aktion Rhy, die zu jener Zeit gegen eine Autobahnbrücke, die über den Schaaren hätte führen sollen, protestierte. Die Aktion Rhy wurde auch gegen die Motorboote aktiv, zumal die Schaffhauser Regierung zögerte, motorlose Boote auf dem Rhein tatsächlich zu bevorzugen. «Am Sonntag konnte man als Weidlingsstachler ja nicht mehr auf den Rhein, weil die Motorboote herum­sausten», so Uhlmann.
1976 trat die Internationale Bodensee-Verordnung in Kraft, die Geschwindigkeitsbegrenzungen vorschrieb. ­Dennoch kam es 1981 zur ersten Protestaktion gegen Motorboote auf dem Rhein, die nächste ein Jahr später und weitere folgten. 1986 beschloss der Stadtrat dann: «Bei der Zuteilung der Bootsliegeplätze sind in erster ­Linie Bewerber zu berücksichtigen, welche sich unterschriftlich verpflichten, auf einen Bootsmotor zu verzichten. Diese Regelung gilt so lange, bis der Motorboot­bestand auf die Hälfte aller städtischen Bootsliegeplätze reduziert ist.»

**Motorboot-Club blitzte ab**
Der sogenannten 50:50-Regelung ­erwuchs bald ­Widerstand vom Motorboot-Club. Allerdings blitzten seine Vertreter 1988 vor Obergericht ab. «Das allgemeine Interesse, mithilfe von Motorkraft möglichst mühelos flussaufwärts zu gelangen, ist jedenfalls dem öffentlichen Interesse an einer ­Reduktion der Liegeplätze für Motorboote und des Motorbootsverkehrs unterzuordnen», hiess es in der Begründung. An diesem Verdikt dürfte sich aus der Sicht der Naturschutzorganisationen wie auch der Aktion Rhy bis heute nichts geändert haben. Sie haben sich folglich zu einer Phalanx zusammengeschlossen und wollen den Stadtrat dazu bringen, auf den Entscheid zurückzukommen und die 50:50-Regelung nicht aufzuheben.
Auch in Feuerthalen-Langwiesen, wo es zwischen der Schaffhauser Rheinbrücke bis fast hinauf zum Paradies rund 130 Bootsplätze gibt, für die die Konzession des Kantons Schaffhausen gilt, war bis zum Inkrafttreten des neuen Schaffhauser Richtplans 2003 die 50:50-Regelung wirksam. «Diese Parität haben wir indes nie ­erreicht», so Bausekretär Robert Schwarzer. «Bei uns ist das Verhältnis heute etwa zwei Drittel zu einem Drittel zugunsten motorisierter Boote.» ­Allerdings würde die Gemeinde bei der Vergabe von Pfosten immer noch Bootsbesitzer bevorzugen, die ihr ­Gefährt ohne Motor betreiben.
Ausser diesen Plätzen gibt es auf dem Gebiet der Gemeinde noch rund 40 Liegeplätze, für die die Konzession des Kantons Zürich gilt. «Und bei diesen Plätzen», so Robert Schwarzer, «gibt es überhaupt keine Beschränkung, was die Motorisierung betrifft.»(Wü.)


**Bootsplätze am Rhein – Von Schaffhausen bis zum See**

Schaffhausen
Zwischen dem ­Rosentalgässchen und dem Restaurant Rheinhalde gibt es 278 Bootsplätze. Davon vergibt die Stadt 238 Plätze.

Feuerthalen-Langwiesen
Hier gibt es 170 Bootsplätze. Auch ohne 50:50-Reglung werden Besitzer von motorlosen Booten bevorzugt.

Paradies
Auf dem Gemeindegebiet von Schlatt gibt es beim Paradies rund 30 Pfähle. Keine Beschränkungen für Motoren.

Büsingen
Büsinger Bootsplätze gibt es nur für Büsinger. Keine Beschränkung für Motoren.

Dörflingen
Die Gemeinde Dörflingen hat 40 Bootsliegeplätze, motorlose Boote werden bevorzugt.

Diessenhofen
Hier gibt es 75 Plätze, davon 18 für die Fischerzunft, und keine 50:50-Regelung.

Stein am Rhein
Die Stadt hat 177 Bootsplätze mit öffentlichem Zugang, 61 Plätze auf privatem Grund und 20 Gastplätze. Alle Boote dürfen Motoren haben.(Wü.)

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22. Februar 2016 | Ergebnisse der Abschlussklassen

Schaffhauser Nachrichten
Anna Rosenwasser

Für die einen war es bloss Ausnahmeunterricht an einem Samstagmorgen, für die anderen ein Hauch schulische Nostalgie: Die Kantonsschule Schaffhausen lud vergangenes Wochenende zum Besuchsmorgen. Im Anschluss fand das Alumnitreffen in den Räumlichkeiten der Mensa statt: Ehemalige Schülerinnen und Schüler, die vergangenen Sommer abschlossen, hatten sich hierfür anmelden können. Ein ­gutes Zeichen: Es erschienen mehr Personen als angemeldet. Es sei das vielleicht «spannendste Alumnitreffen» seit längerer Zeit, soRektor Pasquale Comi.Während nämlich während der vergangenen Jahre die Matur- und Fachmittelschul-Abschlussjahrgänge 2011 bis 2014 vom Institut für Bildungsforschung befragt worden waren, kamen die diesjährigen Anwesenden in den Genuss der bisherigen Ergebnisse. Comi fasste Antworten und Tendenzen der Befragungen zusammen und zeigte sich erfreut über die grosse Zufriedenheit der ehemaligen Schülerinnen und Schüler, die das Schaffhauser Kurzzeitgymnasium nicht nur allgemein, sondern auch im Hinblick auf Sonderveranstaltungen, die Vorbereitung aufs Studium und ihren Ausbildungsstand im Durchschnitt hoch einschätzen. Kritik äusserten die Befragten im Hinblick auf die uneinheitlichen Anforderungen – hier wurden mittlerweile entsprechende Massnahmen getroffen –, das Wahlfachangebot und die Unterschiede zwischen FMS und Maturschule.
Am Ende dieser kurzen Zusammenfassung folgten kaum Fragen der anwesenden Alumni. «Uns betrifft das ja kaum mehr», begründeten etwa Mirusche Suboska, Roger Thöni und Paloma Porfido. Andere erkannten kritische Gedanken in der Zusammenfassung wieder: «Wir konnten Lob und Kritik nachvollziehen», fanden etwa David Marxen, Divya Maliakal und Katharina Kuhn,«die Fächerverteilung im naturwissenschaftlichen Profil hat schon eine Rolle gespielt.» Ausschliesslich positiv ist dafür der Grund für die Anwesenheit von Kaltrina Nuhiu und Céline Spengler: Die beiden FMS-Schülerinnen, die momentan beide ein Praktikum absolvieren, vermissen die Schule.
Künftig wird die Kantonsschule aus Kostengründen die Umfragen verdichten und im Haus mit einer bereits erfolgreich genutzten Software durchführen. Der Jahrgang 2016 soll der erste davon betroffene Abschlussjahrgang sein.


«Die Umfrage ist lange her – und betrifft uns kaum mehr», sagen Mirusche Suboska, Roger Thöni und Paloma Porfido.


Begrüssten die neuen Alumni: Detlef Roth (Prorektor Profil S), Pasquale Comi (Rektor) und Georg Keller (Prorektor Profil M).


Kaltrina Nuhiu und Céline Spengler aus der FMS machen aktuell je ein Praktikum und vermissen die Schule.


Können präsentierte Kritik nachvollziehen: David Marxen, Divya Maliakal und Katharina Kuhn.


Vergnügtes Wiedersehen: Ein halbes Jahr nach dem Abschluss trafen sich einige der Schaffhauser Maturandinnen und Maturanden wieder – erst für den Besuchsmorgen, danach für das Alumnitreffen.
Bilder Selwyn Hoffmann

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13. Februar 2016 | Die Mundart verliert ihre Eigenheiten

Schaffhauser Nachrichten
Alfred Wüger

Wenn am nächsten Samstag in Otto Uehlingers Geburtsort Neunkirch anlässlich seines 100. Geburtstags eine Gedenkfeier stattfindet, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der verdienstvolle Mundartautor heute weitgehend vergessen ist. Seine Bücher findet man am ehesten noch in Brockenstuben oder hier und dort antiquarisch in einer Buchhandlung.
Christoph Landolt, Mitarbeiter beim Schweizerischen Idiotikon in ­Zürich, kann denn auch keine allgemeine Welle der Mundartliteratur erkennen – und das trotz eines Gross­erfolgs wie «Dr Goalie bin ig» von Pedro Lenz. «Was das Literarische betrifft», sagt Landolt, «ist die Mundart in der Schweiz praktisch gestorben. Auch die, die Erfolg haben, sind letztlich völlig isolierte Figuren.» Zwischen 1900 und 1950 sei das anders gewesen. Da habe es die sogenannte Heimatschutzliteratur gegeben, auch mit vielen Laien­theatern. Im Kanton Schaffhausen war etwa die Wilchingerin Ruth Blum in Mundart für die Bühne aktiv. Dann, so Landolt weiter, seien in den 1960er-Jahren die Berner Troubadoure gekommen. Auch diese Tradition hat bekanntlich Schaffhauser Ableger: Dieter Wiesmann und, seit Neustem, Christoph Bürgin.
Einer noch neueren Strömung, näm- lich der Slam-Poetry, gehört ­Gabriel Vetter, geboren 1983, an. Er sagt: «Ich bin in Beggingen mit Mundartsprüchen und -witzen aufgewachsen. In Beggingen definierte man sich sehr über den eigenen Dialekt. Die Sprache war also immer auch als Merkmal und Kultur spürbar. Ich würde sogar sagen: Der ‹Mundartdichter›, der mich am meisten geprägt hat, war und ist der Begginger Dialekt mitsamt seinen Geschichten. Wundervoll!»
Eine andere Erfahrung hat der gut 60jährige Neunkircher Lehrer Beat De Ventura gemacht, der bei der Feier am kommenden Samstag die Gedenktafel für Otto Uehlinger enthüllen wird. «In der dritten Sekundarklasse nehme ich den Dialekt durch», berichtet er. «Das ist freiwillig. Vor zehn Jahren gab es noch Siblinger Schüler, die sagten: ‹Ich gang haam, mir tot s Baa wee.› Aber heute ist die alte Mundart flächen­deckend verschwunden. Einzelne von den Höfen reden vielleicht noch so, aber allgemein ist ihnen die Internetsprache wichtiger, als sich ‹haamet­vobunde› auszudrücken.»

**Wenn das urbane Zentrum fehlt**
Mundartforscher Christoph Lan­dolt bestätigt diesen Befund. «Es ist eindeutig, dass die Dialekte verflachen. In Schaffhausen ging man wie in St. Gallen auch bereits im frühen 19. Jahrhundert etwa von ‹Laatere› zu ‹Läitere› über. Das heisst, wenn eine Sprache kein urbanes Zentrum hat, wird sie zur Bauernsprache, und wer aufsteigen will, legt dieses Bäurische ab.»
Auch Gabriel Vetter lebt aber nicht mehr auf dem Dorf. Er kann in der Mundart slammen oder die Schriftsprache mit Mundart pfeffern. Dass die Ostschweizer gegenüber den Bernern im Hintertreffen seien, sieht er nicht. Im Gegenteil: «In der Slamszene war die Ostschweiz bis vor Kurzem eigentlich eine regelrechte Übermacht.»
Die Unterschiede in den Mund­arten und die Veränderungen durch die Sprachentwicklung würden in der Schweiz praktisch nicht erforscht, bedauert Landolt – und das sei doch erstaunlich in einem Land, wo die Mundart einen so grossen Stellenwert habe. Aber in der Schweiz sei es eben selbstverständlich, Mundart zu sprechen. Das sei lange überall so gewesen. Denn dass man sich in der Schriftsprache unterhalte, sei eine sehr junge Erscheinung.»


**Dichter, Mundartautor und Komponist Otto Uehlinger**

*«Nääne uf de ganze Wält redt me esoo, we miir redet»*

Heute, am 13. Februar, könnte Otto Uehlinger seinen 100. Geburtstag feiern, wäre er nicht bereits im Jahre 2004 gestorben. Was er der Bevölkerung des Kantons Schaffhausen hinterlassen hat, ist indes zum Teil Volksgut und damit in einem gewissen Sinn unvergänglich geworden. So etwa das «Randelied», neben Dieter Wiesmanns «Bloos e chliini Stadt», die bekannteste Schaffhauser Hymne. Mit dem Refrain «Wär wett i de Stube hocke / du bisch doch no z jung dezue / De Rucksack an Puggel / uf d Socke / Mir haued s in Rande ue» drückt das Lied auf unvergleichliche Weise die Verbundenheit der Menschen mit der Landschaft, in der sie leben, aus.
Alfred Richli, der Mentor des Schaffhauser Wörterbuches, nennt Otto Uehlinger den «populärsten Mundartautor». Er sei populärer als Albert Bächtold, der viel mehr vom Leser verlangt habe. Uehlinger habe dadurch eine Breitenwirkung gehabt, die dem Schaffhauser Mundart-«Olympier» Bächtold versagt geblieben sei. Allerdings habe Uehlinger nicht Bächtolds langen Atem gehabt. Vielmehr sei Uehlinger, so Richli, seinem Übernamen «Stürmer» gerecht geworden: «Kurzer Anlauf, grosse Wirkung und alles bedienen, was die Leute liebten, samt tiefer Tragik, Trauer, Heiterkeit.» So seien kurze Geschichten entstanden – wie sie in den Bänden «Am Trottefüür» aus dem Jahre 1970 sowie «Bim Häidebomm» aus dem Jahre 1979 gesammelt sind. Der rasche Erfolg, den der Autor angestrebt habe, sei ihm auch zuteil geworden, sagt Richli.
Otto Uehlinger schrieb und komponierte übrigens nicht nur das «Randelied», sondern auch das «Reiatlied» sowie das Büsingerlied «Am Rii dihaam» – Werke, die bei ihm bestellt worden waren. Richli: «Diese Lieder prägten sich den Menschen tief ein, weil sie sentimental waren und rhythmisch lebendig.»

**Ein Spracherzieher**
Otto Uehlinger war allerdings nicht nur Mundartautor, sondern er wollte die Mundart den Leuten nahebringen. Er stellte zu diesem Zweck zwei kleine Bändchen zusammen – «Schafuuser Mundaart» und «No meh Schafuuser Mundaart», die 1983 und 1986 von der Kantonalbank herausgegeben wurden, eine gute Resonanz fanden und als Vorläufer des aktuellen «Wörterbuchs der Schaffhauser Mundart» gelten können.
Aufgewachsen war Uehlinger im Restaurant «Zum Hirschen» in Neunkirch. Später zog er nach Osterfingen und war als Lehrer zuerst dort und dann in Schaffhausen tätig, wo er nach seiner Pensionierung als Zivilstandsbeamter wirkte. Er war ausserdem von 1961 bis 1974 Munotvater und genoss daher starke öffentliche Präsenz.
Im Expojahr 1964 wurde sein Gedicht «De Bückiträger» in eine kleine Anthologie mit sieben Schaffhauser Dichtern aufgenommen. Und im Band «Schweizer Dialekte» schrieb Uehlinger 1965: «Üüseri Mundaart ghöört üüs ganz elaage. Nääne uf de ganze Wält redt me esoo, we miir redet. Und kann Mänsch cha üüs die Schprooch ewäg nää, will si i üüs inne ischt wie s Läbe.»
Nun, die Sprache ist wie das Leben pausenlosem Wandel unterworfen. «Otto Uehlinger wollte die Mundart als ernst zu nehmendes Ausdrucksmittel mit Humor populär machen, und das ist ihm auch gelungen», sagt Richli, denn: «Das Spracherzieherische pflegte er wie kein Zweiter.»
(Wü.)


**Schaffhauser Literatur**

*Drei Autoren und ihre Mundartwerke*

Die Schaffhauser Mundartliteratur hat eine reiche Tradition. Wie umfangreich sie einst war, lässt sich auf www.idiotikon.ch inzwischen auch im Internet nachlesen. Aktuell macht nurmehr die Slam-Poetry-Szene von sich reden. Im Folgenden drei völlig unterschiedliche Beispiele von Schaffhauser Mundartautoren:

Albert Bächtold
lebte von 1891 bis 1981. Der Klettgauer schuf ein mehrbändiges autobiografisches Werk, das in seiner Art in der gesamten Deutschschweizer Mundartliteratur einzigartig und weitgehend von hohem literarischem Rang ist. Dies gilt insbesondere für den zweibändigen Roman «Pjotr Iwanowitsch», der derzeit von einer aus Kiew gebürtigen Übersetzerin ins Russische übertragen wird.

Blanka Chiozza-Surbeck
wurde 1920 in Oberhallau geboren und starb 2007. Statt Medizin ­studieren zu können, wuchs sie ins «Rebwerk» hinein und arbeitete später in der Zucker­bäckerei Ermatinger als Verkäuferin. Erst 1995 wurde ihr Hauptwerk «Es ­Mareili» im Meier Buchverlag Schaffhausen, der auch das Werk von Albert Bächtold betreut, heraus- gegeben. Im «Mareili» erzählt Blanka Chiozza-­Surbeck ihre Kindheit.

Gabriel Vetter
wurde 1983 geboren und wuchs in Beggingen auf. «Den Liedermacher Dieter Wiesmann habe ich als Apotheker meiner Mutter wahr- genommen», sagt er, «und mit Albert Bächtold kam ich erst durch den Film ‹Z Kiew redt me Mundaart› in Kontakt. Am meisten hat mich Markus Werner beeinflusst: Bei ihm lernte ich, dass Mundartausdrücke einen Satz träfer oder lakonischer machen können.»
(Wü.)


**Otto Uehlinger Festakt zu Ehren des Dichters**

Feier
Am nächsten Samstag um 14 Uhr wird in Neunkirch am Haus «zum Hirschen», wo Otto Uehlinger als Sohn des Wirte- ehepaars aufwuchs, eine Gedenktafel enthüllt. Der Neunkircher Lehrer Beat De Ventura wird beim Festakt als Otto Uehlinger ver- kleidet auftreten und Texte lesen. Danach gibt es einen Umtrunk.

Stationen
Otto Uehlinger ver- liess in jungen Jahren Neunkirch, wurde Lehrer in Osterfingen und später in Schaffhausen. Ausserdem wirkte er als Zivilstandsbeamter und war von 1961 bis 1974 Munotvater.

Bücher
Heute sind die Bücher von Otto Uehlinger nicht mehr ohne Weiteres greifbar. Dies gilt auch für «Am Trottefüür» und «Bim Häidebomm», die heitere und besinnliche Kurzgeschichten enthalten. Die Stimme des Dichters ist zu hören auf www.mundartschaffhausen.ch.
(Wü.)