#Notizen zu Namen

7. März 2007 | Der «Bock» ist dabei

Schaffhauser Bock, Die Letzte
Ursula Litmanovitsch

Am letzten Samstag konnte das regionale Musiklabel «Bad Karma Records» im Kulturzentrum Kammgarn den offiziellen Release feiern. In bester Laune, aber ohne übertriebene Spielereien, begrüssten die Labelgründer Michi Seelhofer, Raphael Schemel und Philipp Streit das Publikum, bevor man gleich mit dem Hauptthema des Abends startete: Der Musik. Eröffnet wurde der feierliche Anlass mit rockigen Klängen der regionalen Band «The Brevers», bestehend aus Simon Thoma. Felix Meisterhans, Tobias Wuest und Patrick Bosshard. Trotz der erschwerten Bedingung, einen solchen Event zu eröffnen, meisterten es «The Brevers» mit Bravour und konnten das stetig wachsende Publikum sofort mitreissen. In der gut besuchten Kammgarn wurde der Abend mit der Schaffhauser Metal-Band «What The Hell», bestehend aus Labelinhaber Michi Seelhofer, Michael Fanni, Markus Dossenbach und Matthias Frey für Fans der härteren Musik fortgesetzt. Die Band präsentierte noch in einer kurzen Showeinlage mit Wunderkerzen ihr Album «Have a Seat», welches bei der eigenen Plattentaufe noch nicht fertig produziert war. Nach einem Schluck Champagner ging es dann bereits wieder mit dem letzten Act, der Cover-Punkband «Don Dan and the Gangbangs». Nach den Konzerten konnte das Publikum noch mit DJ Franse Urmel die letzten Energien rausfeiern. Unter den über 600 Gästen befanden sich auch viele weitere regionale Musiker wie Marco Serraino von «Voice of Silence» oder Jonas Demmerle von «Down End Rest».


The Brevers: Felix Meisterhans, Tobias Wuest, Simon Thoma, Patrik Bosshard (v.l.).

#Notizen zu Namen

3. März 2007 | Museumsverein will für noch mehr Zug sorgen

Schaffhauser Nachrichten, Region
tg

Das Aperogebäck nach der Generalversammlung wurde fast ein wenig knapp. Es waren deutlich über 60 Teilnehmer gekommen: Damit hatte der Vorstand nun wirklich nicht zu rechnen gewagt. In den letzten Jahren sind, sicher auch motiviert durch den damit verbundenen Gratiseintritt ins Museum, etliche neue Mitglieder zum Museumsverein Schaffhausen gestossen und haben damit für zusätzlichen Schwung gesorgt. Allerdings stagniert auf Grund der Altersstruktur die Mitgliederzahl bei rund 500 Personen, immer mehr davon in der Partner-Kategorie. Mit einer gross angelegten Mitgliederwerbeaktion will der Verein nun aber diesen Frühling die Basis verbreitern. In seinem Jahresbericht betonte Präsident Andreas Schiendorfer zudem, dass man die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Museum intensivieren wolle, beispielsweise im Hinblick auf die nächste Museumsnacht im September.

Gesamter Vorstand bestätigt
Der gesamte Vorstand wurde für eine weitere Amtsperiode bestätigt, mit Ausnahme von Hanspeter Böhni, der altershalber seinen Rücktritt erklärt hatte. In seiner Laudatio führte Gérard Seiterle die kulturellen Verdienste Böhnis auf; die natürlich weit über den Museumsverein hinausgehen und insbesondere den Kantonalen Heimatschutz und das Wohnmuseum Lindwurm in Stein am Rhein betreffen. Für seine Verdienste wurde Böhni von der Versammlung zum Ehrenmitglied ernannt.
Demgegenüber musste der Verein letztes Jahr von Ehrenmitglied Agathon Aerni Abschied nehmen, der sich von Bern aus als Historiker und Sammler intensiv mit Schaffhausen befasst hatte. Als Doyen des Berner Diplomatenkorps war der langjährige Auslandschweizer ausgesprochen gut vernetzt und liess, wie Andreas Schiendorfer weiter ausführte, die Munotstadt immer wieder von seinen Beziehungen profitieren. Ein wesentlicher Teil seiner Scaphusiana-Akten befindet sich im Stadtarchiv, das Museum besitzt etliche Plakate.

Blick hinter die Kulissen
Museumsdirektor Roger Fayet liess die Zuhörer einen – mindestens geistigen – Blick hinter die Kulissen des Museums zu Allerheiligen nehmen und wies beispielsweise darauf hin, dass die erste Teileröffnung der neu gestalteten Stadtgeschichte bereits im kommenden Oktober erfolgen wird. Daniel Grütter, Konservator der Historischen Abteilung, der als Delegierter des Museums im Vorstand des Museumsvereins sitzt, präsentierte verschiedene Schenkungen, welche der Museumsverein im Laufe der Jahrzehnte getätigt hat. Dank einem grosszügigen Legat unmittelbar nach dem Weltkrieg konnte der Verein dem Museum neun wertvolle Glasgemälde schenken. Später waren es unter anderem landwirtschaftliche Objekte – als sich in den Sechzigerjahren noch kaum jemand für deren Erhaltung einsetzte – oder Puppenstuben. Die neuste Schenkung betrifft eine Modelleisenbahn aus der Sammlung von Peter Bührer, welcher als Kassier eine positive Rechnung vorlegen konnte.

Affinität zur Eisenbahn
Der Museumsverein hat seit Jahren eine Affinität zur Eisenbahn. Schon früher war dem Museum eine Modelleisenbahn geschenkt worden. Und grössere Anstrengungen waren seinerzeit unternommen worden, um das Stationsgebäude in Löhningen und eine alte Werklokomotive der SIG zu erhalten. Der Museumsverein fühlt sich daher prädestiniert, für noch mehr kulturellen Zug zu sorgen.

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22. Februar 2007 | Persönlichkeit wichtiger als Richtung

Schaffhauser Nachrichten, Bildung
Karl Hotz

Kürzlich zeigte die ETH Schülerinnen und Schülern der Schaffhauser Kantonsschule, was an der Eidgenössischen Technischen Hochschule alles studiert werden kann und weshalb Naturwissenschaft so faszinierend sein kann. Im Rahmen dieser Informationstage wurde an einem Podiumsgespräch auch über die Anforderungen diskutiert, die Studium und Beruf heute stellen. Unter der Leitung von Rektor Urs Saxer diskutierten dabei Kurt Löhle (Leiter UBS Schaffhausen), Robert Sala (Leiter Alcan Neuhausen), der Maturand Till Aders, ETH-Professor Mario Fontana und Walter Bernath, der Leiter des Berufsinformationszentrums Schaffhausen.
Die beiden Praktiker Löhle und Sala waren sich dabei auf eine Frage Saxers nach den Anforderungen im heutigen Berufsleben hin einig, dass die gewählte Fachrichtung eher zweitrangig sei. Persönlichkeit, Wille und Motivation stünden im Vordergrund. Bei Banken, so Löhle, arbeiteten durchaus auch Leute, die anderes studiert hätten als Betriebswirtschaft oder Rechtswissenschaft. In speziellen Programmen von 18 bis 24 Monaten Dauer würden sie auf ihre Aufgaben vorbereitet. Themen wie Sozialkompetenz, Charisma oder Motivation stünden dabei sehr weit vorne.
Mario Fontana meinte, am wichtigsten seien Neugier und Begeisterung. «Ein bisschen Neigung muss man natürlich auch mitbringen», meinte er scherzhaft. Und natürlich müsse man sich in einem Studium gelegentlich auch durchbeissen. Doch das sei an der ETH mit ihren klar strukturierten Studiengängen oft fast einfacher als an der Universität. «Unterschätzen Sie die Schwierigkeiten eines geisteswissenschaftlichen Studiums mit seinem breiten Spektrum und den entsprechend vielen Möglichkeiten nicht», gab er den etwa 40 oder 50 Schülerinnen und Schülern in der Aula mit auf den Weg. Eine Aussage, die Walter Bernath unterstrich: «Ein Studium an der Universität braucht oft mehr Selbstdisziplin.» Die Durchfallquoten an der ETH seien denn, über alles gesehen, auch nicht höher als an den Universitäten.
Auch Till Aders warnte davor, mögliche Berufsaussichten oder gar den möglichen Verdienst als Richtschnur für die Studienwahl zu nehmen. Er sei sicher, dass Neigung und Interesse unabdingbar für den Studienerfolg seien.

Mangel könnte ein Problem werden
«Ja», so lautete die kurze und bündige Antwort von Robert Sala auf eine weitere Frage Saxers, ob denn ein Mangel an Ingenieuren bestehe. Einen möglichen Grund dafür sah er in der mangelnden Reputation dieser Berufe in breiten Kreisen. «Ingenieur zu werden, gilt bei den Jungen nicht gerade als sexy», meint er pointiert.
Fontana war überzeugt, dass sich diese Lücke über kurz oder lang als problematisch erweisen könnte. Aller Globalisierung zum Trotz brauche es Fachkompetenz vor Ort. «Eine neue Rheinbrücke können Sie zwar notfalls in China planen lassen, aber für den Bau mit all seinen unvorhersehbaren Schwierigkeiten werden sie immer lokale Fachkompetenz brauchen.» Er habe jedenfalls, so fügte er leicht maliziös ist an, noch nie einen Manager gesehen, der eine Brücke bauen könne. Und Sala ergänzte: «Ich habe schon etliche Ingenieure gesehen, die noch Betriebswirtschaft gelernt haben – aber das Gegenteil ist noch nie begegnet.»
Er glaube nicht, dass das mangelnde Interesse fast an Naturwissenschaften an den Löhnen liege, meinte Kurt Löhle auf eine entsprechende Frage. Und Sala ergänzte, man sollte die Höhe eines Lohnes nicht so wichtig nehmen – in einem Beruf, der einem langweilig sei, könne ein hoher Lohn diesen Mangel auf die Dauer auch nicht kompensieren.

Den Rucksack gut füllen
Schließlich wollte Urs Saxer noch wissen, welchen Tipp denn die Praktiker auf der Bühne den Schülerinnen und Schülern im Saal mitgeben könnten. «Folgen sie ihren Neigungen», meinte dazu Walter Bernard ganz prägnant. Und wichtig sei es zudem, die Spritzigkeit zu behalten, auf diesem heutigen Berufsleben immer mehr ankomme. Auch Löhle meinte: «Folgen sie Ihrem Herzen.» Wichtig sei es zu dem, sich nicht einzuengen, sondern so breit wie möglich abzustützen. «Füllen sie Ihren Rucksack. Dass ist die grosse Chancen der Ausbildung.»
«Das Leben zerfällt in drei Drittel«, meinte Mario Fontana fast etwas philosophisch. «Einen Drittel verschlafen wir, ein Drittel ist der Arbeit gewidmet und das letzte Drittel dem Leben.» Nur wenn jedes der drei Drittel Spass mache, sei das Leben ausgefüllt. Man solle deshalb sein Studium möglichst breit anlegen, um für möglichst viele Möglichkeiten gerüstet zu sein. Robert Sala war im Prinzip damit einverstanden, mahnte aber auch dazu, Grenzen zu setzen. Man könne sich auch verzetteln. Aber Grenzen setzen heisse nicht, keine Vielfalt zu haben. So bedauere er es beispielsweise, im Hinblick auf eine kommende Aufgabe in Frankreich, sich relativ früh auf Chemie spezialisiert zu haben. «In der Kantonsschule hätte ich Französisch sicher leichter gelernt als heute», konstatierte er schmunzelnd.


Mario Fontana, Till Aders und Urs Saxer.
Foto: Karl Hotz.

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14. Februar 2007 | «Wir waren knüttelweich»

Schaffhauser Bock, S. 10
Yves Keller und Noelle Guidon

Am letzten Sonntag durften oder mussten wir mit dem wohl berühmtesten Choreographen des deutschsprachigen Raumes eine Tanzchoreographie einstudieren. Detlef D! Soost wollte den Spiess mal umdrehen und drillte darum Morgenmoderatoren der Schweizer Radios, die sich seiner Meinung nach in ihren Sendungen über ihn lustig machten, was wir selbstverständlich nie taten. Trotzdem stellten wir uns der Herausforderung des Choreographen der Kult-Sendung MusicStar, der nun den Radio-DanceStar suchte.

Die Vorbereitung
Für eine solche Qual braucht es natürlich eine entsprechend gute Vorbereitung. Wir hatten da unsere eigenen Tricks.
*Noelle:* Tanzen wie Deltlef D!? Diese Herausforderung konnte ich ohne Vorbereitung natürlich nicht antreten. Ausgerüstet mit einem Learn-DVD vom Choreografen höchstpersönlich bin ich also in die letzte Woche gestartet. Und um mich fit zu halten (oder zu machen?) habe ich das Auto bei Gelegenheit einfach mal zuhause gelassen.
*Yves:* Naja, also DVD gucken allein hat ja wohl noch keinen Meister hervorgebracht. Da habe ich mich schon aufs eigene Training verlassen. Ich holte mir meine Tipps im «Dance Stop Center» in Schaffhausen bei einer Hip Hop Trainerin. Allerdings war die Vorbereitung grausam ernüchternd! Ihr Kommentar nach gerade mal 15 Minuten , Training: «Du, ich glaub do händs de Falsch uusgläse!»

Die Choreographie
Am Sonntagmorgen um 10 Uhr (hat der noch alle – um diese Zeit?!) gings dann los. In der Stadthalle Bülach gab D! einen Workshop und drillte die Radiomoderatoren aus der ganzen Schweiz. Darunter auch zwei leicht verwirrt wirkende, im wohlbekannten orangen T-Shirt.
*Noelle:* Wie schwer, dass Tanzen like D! ist, habe ich bereits beim Einwärmen für die Choreografie gemerkt. Schnelle Schritte, komplizierte Kombinationen und dabei immer ein lockeres Aussehen, das war kurz zusammengefasst die Choreografie, die wir in knapp zwei Stunden einstudieren mussten. Eine schweisstreibende Angelegenheit! Mit der Zeit sassen zwar einige Schritte (oder eben Steps und Moves), die ganze Choreografie konnte ich bis zur Aufführung dann aber doch nicht…
*Yves:* Ich sollte vielleicht vorausschicken, dass meine Qualitäten als Tänzer wohl irgendwo zwischen Mutterleib und erstem Schulfez auf der Strecke geblieben sind. Auf jeden Fall winkten meine bisherigen Tanzpartnerinnen nach einem ersten Tanz immer dankend ab. Und jetzt also Hip Hop!! Dem Gelächter um mich herum, war es bei mir wohl eher ein Hopsen. Die Choreographie von D! sah echt toll aus – bei ihm. Bei uns wars vielleicht ein bisschen weniger professionell, dafür umso anstrengender.

Die Radio-Schlacht
Dann wurde es ernst in der Stadthalle Bülach. In der direkten Begegnung trafen wir zuerst auf Stefan Büsser und Corinne Wacker von unserem Erzrivalen Radio Top. Und natürlich gewannen wir überlegen und zogen ins Finale der besten drei ein. Dort blieb uns dann die Bronzemedaille (wobei es die skandalöserweise gar nicht gab!!). Die Battles waren absolut ulkig und von D!’s Choreographie war da nicht mehr viel zu sehen…
*Noelle:* Freestyle. Dieses Wort hörte sich bereits am Eingang in die Stadthalle in Bülach ziemlich bedrohlich an. Und als ich dann noch den Boxring sah, in dem wir «Freestylen» sollten, bekam ich es doch ein wenig mit der Angst zu tun. Zuerst gings also gegen Radio Top. Da standen wir nun, gegenüber unsere Konkurrenz (wohl auch ausserhalb des Boxrings…) und dann hiess es für zwei Minuten Radio Dance! Wie das wohl für Aussenstehende aussah? Das möchte ich lieber nicht wissen. Doch immerhin, Radio Top konnten wir dank den Turnübungen im Ring von Yves links liegen lassen und kamen ins Finale! Nach vier Stunden Intensiv-Tanz war das dann allerdings definitiv zu viel für mich.
*Yves:* Also ich hab ja keine Ahnung mehr, was da alles genau passierte. Bei einem Überschlag (wer hat mich bloss dazu geritten?!) landete ich – klatsch – auf dem Rücken. Bei einem «Battle» mit Stefan Büsser hatte ich ihn auf einmal auf meinen Hörnern. Und Noelle rammte ich bei einer misslungenen Akrobatikübung auch noch fast in den Boden. Sorry! Offenbar gefiels den Zuschauern.

Der Zahme D!
Nach der grossen Einladung waren wir gespannt auf den Driller-D!. Was wir dann aber vorfanden war ein väterlicher Detti.
*Noelle:* Als ich hörte, dass ich am Sonntag von D! höchstpersönlich gedrillt werde, wurde es mir doch ein wenig unheimlich. Detlef D! Soost, bekannt für seine fiesen Sprüche (Musicstar…) und vor allem für seine harten Tanztrainings. Doch, am Sonntag lernten wir den Meister im Tanz von einer ziemlich angenehmen Seite kennen! Anstatt uns bloss zustellen und dumme Sprüche über die ungeeigneten Moderatoren zu reissen, lobte er unseren Einsatz von A-Z.
*Yves:* Also das war ja ein «Muggäfurz»! Ich dachte der schlaucht uns richtig und drillt uns volle Backe. Ich weiss nicht ob es daran lag, dass Sonntag war, aber er war eher der liebe Hirte, der seine Schäfchen (ob ich wohl das Schwarze war?) bewachte, als der harte D!, der mir richtig was auf die Pauke gab (was mir gemäss direktem Umfeld gut getan hätte). Der harte D! war am Sonntag für meinen Geschmack etwas zu SofD.
Trotzdem waren wir am Schluss knüttelfertig! Noelle hatte den Krampf und Yves lag nach dem Einsatz im Battle-Ring völlig erschöpft auf allen Vieren. D! will auch im nächsten Jahr die Morgenmoderatoren wieder herausfordern. Bis dahin dürfen wir aber ohne schlechtes Gewissen weiter über ihn plaudern – völlig lieb, versteht sich.


Drillmeister D! mit den Schaffhausern Yves Keller und Noelle Guidon.
Foto: Mark Schiesser.

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10. Februar 2007 | Radio Munot kämpft um den «Radio Dance Award»

Schaffhauser Nachrichten, Journal

Morgen Sonntag wagt sich Radio Munot in die Höhle des Löwen und lässt sich von Detlef D! Soost, bekannt aus der Sendung «Music-Star», drillen. Unter dem Motto «D! drillt the Radio Stars» treten Radiomoderatoren von acht Schweizer Radios gegeneinander an und kämpfen um den «Radio Dance Award». Weil Detlef D! Soost von den Radiomoderatoren oftmals auf die Schippe genommen wird, will er nun den Spiess umkehren und sehen, was die Radiomoderatoren in Sachen Tanz leisten können. Radio Munot wird dabei von Noelle Guidon und Yves Keller vertreten. Der Wettkampf findet morgen von 10 bis 14 Uhr in der Stadthalle Bülach statt. Mit von der Partie sind auch Radio-24-Morgenmoderator David Karasek, Moderatoren von Radio Top, Radio Argovia, Radio Ri und weiteren Radiostationen.

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9. Februar 2007 | Auskunft über ein komplementäres Paar

Schaffhauser Nachrichten, Stein / Diessenhofen
m.za.

Der dritte Vortrag im ersten Zyklus des Frühjahrsprogramms der Berlinger Seniorenakademie stand unter dem Titel «Physik und Philosophie». Das Referat hielt Jürg Fröhlich, Professor für theoretische Physik und Vorsteher des Departements Physik an der ETH Zürich.
Was sind das für Leute, «die als Physikerinnen oder Physiker ein Leben lang versuchen, mehr über die Natur herauszufinden»? Professor Fröhlich, ein eloquenter, mit treffendem Humor gesegneter Referent, gab selbst eine Antwort auf seine obige Frage: «Ich meine, es seien Leute, die eingesehen haben, dass die Welt ungeheuer kompliziert ist, sodass man sie im Allgemeinen gar nicht verstehen kann, und dass die meisten Fragen, die man über die Welt stellt, gar keine vernünftige Antwort haben, respektive dass die meisten Fragen, die man über die Welt stellte, gar keinen Erkenntniswert, sondern bestenfalls einen Gefühlgswert haben. Fast alle Fragen mit denen sich die Philosophen beschäftigen, haben diese Eigenschaft. Das heisst nicht unbedingt, dass sie uns gleichgültig sein sollen; denn sie beeinflussen das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen, und dies macht sie wichtig.»
Nach diesen bedeutsamen Bemerkungen unternahm Fröhlich, wie er es umschrieb, «eine kurze historische Exkursion» durch die Geschichte der Physik. Der Exkurs entwickelte sich dann zu einer ausgedehnten, hochinteressanten Schau auf die Begründer der neuzeitlichen Physik wie Kopernikus, Kepler, Galilei und Newton, die zwar in ihrem Denken von uralten philosophischen Vorstellungen geprägt waren, diese aber «eher als göttliche Offenbarungen interpretierten» und sich auch, wie der Referent betonte, eher mit Theologie als Philosophie befasst hätten: «Das Wirken Gottes in der Welt war ihnen eine Gewissheit.» Wie zum Beispiel Galilei, der die Welt als Werk Gottes auffasste, als «ein Buch, das vor uns offen liegt».
Senioren, die sich noch an ihren Physikunterricht in der Schule erinnern mochten, begegneten in den Ausführungen des Physikers einigen Gegenständen, bei denen Sie möglicherweise ein Aha-Erlebnis hatten. Denn damals wie heute gehen die Physikerinnen und Physiker – Leute, denen Professor Fröhlich ein «kindliches Gemüt» attestiert – «äusserst einfachen Phänomen» nach; siehe Atomismus, Elektrodynamik, Erscheinungen der Wärme, Gravitationsgesetz, Relativitätstheorie, Quantentheorie und so weiter. Auf die Philosophie kommend, meinte der sprachgewitzte Referent, die Physik sei «in einem ähnlichen Sinne nur ein symbolisches Abbild oder ein Plan eines Ausschnitts der Wirklichkeit; wie ein Fahrplan, der angibt, wann und für wie lange der Zug anhält, nur eine symbolische Repräsentation einer Bahnreise ist. Die Physik ‹erklärt› unser Erleben des Seins in der Gegenwart, dass ‹Jetzt›, genauso wenig, wie der Fahrplan das Erleben des Eintreffens in einem bestimmten Bahnhof während einer Bahnreise erklärt, die tatsächlich stattfindet». – so bild- und lebhaft wurde man über das komplementäre Paar Physik und Philosophie informiert.

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1. Februar 2007 | Es wird nicht alles gezeigt

Schaffhauser Nachrichten, Klettgau / Reiat
Wolfgang Schreiber

Hans Wäschle hat als Verwalter des Ortsmuseums Beringen dem Gemeinderat den Jahresbericht 2006 unterbreitet. Wie der Gemeinderat mit Freude feststellt, hat das Museum im vergangenen Jahr viele Schenkungen und Leihgaben erhalten. Es kann auf ein ereignisreiches Jahr zurückgeblickt werden mit 1215 Besucherinnen und Besuchern bei 40 Öffnungen. Im neuen Ausstellungsraum wurde in diesem Jahr die Sonderausstellung «Spielzeug» mit Leihgaben von Hanspeter Fleischmann präsentiert. Der Gemeinderat bedankt sich bei Hans Wäschle und allen Helferinnen und Helfern des Ortsmuseums für ihr ehrenamtliches Engagement sowie bei den Spenderinnen und Spendern für ihre Unterstützung.
Hans Wäschle zeigte sich erfreut über das Wohlwollen der Politiker dem Ortsmuseum gegenüber. Er merkt aber an, dass es nicht immer leicht fällt, die wertvollen geschenkten Objekte nicht auszustellen. Doch aus der Sicht eines sehenswerten Museums und unter Berücksichtigung der wertvollen Baumasse des Schlosses darf das Museum nicht überlastet werden.
Hans Wäschle weist im Jahresbericht darauf hin, dass die gesammelten Materialien für die Ausrüstung des neuen Hauses Steig 5 vorgesehen sind.
Die vielen Spenden der letzten Zeit fordern Lagerkapazitäten. Gefragt, wie es denn zu den Spenden komme, erzählt er als Beispiel die Geschichte einer Museumsbesucherin aus der Stadt Schaffhausen, die beim Besuch der Waffensammlung bemerkte, sie habe zu Hause, unterm Bett, noch eine Hellebarde liegen. Die habe ihr Mann zu seinen Lebzeiten als Schmuckstück an der Arbeitszimmerwand hängen gehabt. Hans Wäschle wurde hellhörig, denn ausgerechnet eine Hellebarde fehlte dem Museum noch. Man war sich rasch einig, dass das Kriegsgerät im Museum besser aufgehoben sei als unter dem Bett. Seitdem ziert auch eine Hellebarde die Sammlung.
Der Jahresbericht beleuchtet die Vergangenheit. Hans Wäschle hat natürlich auch Pläne für die Zukunft: So soll dieses Jahr eine Hobby-Ausstellung die Spielzeugsammlung ablösen. Dies jedenfalls habe der Vorstand geplant. Das wird keine «normale» Hobby-Ausstellung sein, verspricht Hans Wäschle. Denn es werden, neben vielem anderem, auch Modelle von Maschinen gezeigt, die so noch nie gebaut wurden, die nur als Modelle existieren, aber voll funktionstüchtig sind.


Hans Wäschle arbeitet an einer besonderen Hobby-Ausstellung.
Bild: Bruno Bührer.

#Notizen zu Namen

26. Januar 2007 | Die ETH informiert über ihr Angebot

Schaffhauser Nachrichten, Region
Karl Hotz

«Aha – das funktioniert also ähnlich wie die neue Spielstation Wii von Nintendo», stellt Till Aders fest, der diesen Sommer die Kantonsschule mit der Matura abschliessen wird. Er steht an einem der vielen Informationsstände, die gestern Donnerstag von Studierenden der ETH an der Kantonsschule aufgestellt wurden. An diesen Ständen, an einer Vorlesung mit sehr viel Show-Elementen und einer abschliessenden Podiumsdiskussion hatten Kantonsschülerinnen und Kantonsschüler Gelegenheit, sich mit den naturwissenschaftlichen Studiengängen etwas vertrauter zu machen, die an der ETH angeboten werden. Es handelte sich um eine Veranstaltung der Reihe «ETH unterwegs», die 2005 im Jubiläumsjahr «150 Jahre ETH» derart erfolgreich und auf so viel Nachfrage gestossen war, dass sie fortgeführt wurde.

Schwebende Kugeln und anderes
Am erwähnten Stand wurde eine Jacke gezeigt, deren Ärmel in einer Art Handschuhe endeten, in die Sensoren eingebaut sind, die auf Drehung und Bewegung reagieren. Durch Funkübertragung wird an einem PC eine Art Strichmännchen generiert, das die Bewegungen des Jackenträgers nachahmt, welche zugleich in Musik umgesetzt werden, die wie ein Schlagzeug tönt.
An einem Stand nebenan wurde gezeigt und erläutert, wie ein Magnet durch eine Elektrospule und eine selbstregulierende Steuerung in der Luft in der Schwebe gehalten werden kann. Am nächsten Stand konnte man ausprobieren, wie sich ein Computervirus verbreitet.
Diese drei Beispiele waren typisch: Spielerisch und doch ernsthaft wurden Kenntnisse vermittelt. ETH-Studentinnen und -studenten erklärten, wenn gewünscht, die technischen Hintergründe. In den Gesprächen versuchten sie dann den Kantonsschülern auch zu vermitteln, warum sie sich für ein Studium an der ETH entschieden hatten, was ihnen daran gefällt und was nicht.

Vorlesung als Sahnehäubchen
«An den Ständen wird ernsthafte Information vermittelt, wir liefern das Sahnehäubchen», scherzte Professor Wolfgang Uhlig, der zusammen mit Bruno Rüttimann in einer Experimentalvorlesung chemische Vorgänge zum Besten gab und zugleich erläuterte. Die Formulierung «zum Besten gab» ist mit Bedacht gewählt, den da tanzten glühende Holzkohlen in geschmolzenem Kaliumnitrat, zauberte Ammoniakgas Fraktalfiguren an die Wand, schwebte ein Hochtemperatursupraleiter – «hoch heisst da minus 178 Grad», erläuterte Uhlig – wie von Geisterhand über einem Magneten, wurde mit einem Schwefel-Kohlenstoff-Sauerstoff-Gemisch und einer leeren Flasche ein Verbrennungsmotor simuliert und vieles mehr. Warum da ein Teil der Schülerinnen und Schüler während der Veranstaltung einfach davonlief, war schwer zu verstehen…

Neigung und Engagement
An der abschliessenden, von Rektor Urs Saxer geleiteten Podiumsdiskussion waren sich Kurt Löhle (Chef der UBS Schaffhausen), Robert Sala (Leiter der Alcan in Neuhausen), Walther Bernath (Leiter Berufsinformationszentrum) und ETH-Professor Mario Fontana in einem Punkt einig: Es kommt weniger darauf an, was man studiert, sondern mehr darauf, wie man es studiert. «Machen Sie es gerne und gut», brachte es Fontana auf den Punkt. Und Kurt Löhle erläuterte am Auswahlverfahren der UBS, dass dabei drei der vier Elemente die Persönlichkeit beurteilen und nur eines die Ausbildung. Auch Till Aders, der als Schülervertreter auf dem Podium sass, weil er Mathematik studieren will, plädierte dafür, das Studium nach Neigung und nicht nach späteren Verdienstmöglichkeiten auszuwählen.
Sala und Fontana machten allerdings auch klar, dass die Schweiz Gefahr läuft, Kompetenz zu verlieren, wenn weiterhin zu wenig Naturwissenschafter und Ingenieure ausgebildet werden. «Dass ein Ingenieur noch Betriebswissenschaft lernt, habe ich schon öfter gesehen», meinte Robert Sala dazu, «das Gegenteil jedoch nicht.» «Naturwissenschafter, die auf der Bank arbeiten, sind häufig Querdenker», ergänzte dazu Kurt Löhle.

#Notizen zu Namen

7. Dezember 2006 | Vox ist Rechtsanwalt

AH Tobias Meyer v/o Vox hat nach Praktika in einer Zürcher Wirtschaftskanzlei, beim Schaffhauser Erbschaftsamt und am Kantonsgericht Schaffhausen die Schaffhauser Anwaltsprüfung abgelegt und bestanden. Nun widmet er sich wieder seiner Dissertation zum Thema „Kapitalschutz ohne Nennkapitalsystem“.

#Notizen zu Namen

9. November 2006 | Schaffhauser Linkspresse auf Mikrofilm

Schaffhauser Nachrichten, Schaffhausen
Max Baumann

In den letzten drei Jahren hat die Stadtbibliothek die «Schaffhauser Arbeiterzeitung» von 1918 bis 1997, das «Echo vom Rheinfall» (1901-1921), die «Schaffhauser Volkszeitung» (1921-1923), die «Schaffhauser Tagwacht» (1924-1933) und die «Rote Arbeiter Zeitung» (1930-1932) auf Mikrofilm fotografieren lassen. Initiant des Unternehmens war das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich, das sich zurzeit mit, der Geschichte aller linken Presseorgane in der Schweiz befasst.
Die Gesamtkosten für die Herstellung des so genannten Masterfilms beliefen sich auf 107 000 Franken, daran beteiligen sich mit Anteilen von je rund 20 000 Franken der Bund, das Schaffhauser Staatsarchiv, das Schweizerische Sozialarchiv, die Landesbibliothek und die Stadtbibliothek Schaffhausen. Die AZ Verlags AG hat 4000 Franken beigesteuert. In diesen Zahlen nicht inbegriffen ist die Herstellung der Gebrauchskopien, welche von den Bezügern direkt bezahlt werden. Die Kosten für die Kopien des Staatsarchivs und der Stadtbibliothek werden vom Kantonalen Amt für Militär und Zivilschutz übernommen. Diese Gebrauchskopien stehen dem Publikum ab sofort zur Verfügung. Beide Institutionen besitzen als leistungsfähiges Spezialgerät einen Readerprinter.

Gefährdete Originale
An der Vorstellung des abgeschlossenen Projekts im Stadtarchiv schilderte Stadtbibliothekar René Specht die Gefährdung der in schweren Bänden gebundenen Originale der alten Zeitungen durch das regelmässige Blättern in den aus billigem Papier fabrizierten Seiten und vor allem durch das Kopieren. Vom Mikrofilm dagegen können beliebig oft Rückvergrösserungen auf Papier hergestellt werden, ohne die Originale zu beschädigen. Verfilmt werden die Zeitungen im Bürgerspital Basel, das über eine Spezialabteilung Mikrografie und über ausgewiesene Fachkräfte verfügt. Zudem sind in geschützten Werkstätten rund 20 Behinderte mit dieser Arbeit beschäftigt.

62 Zeitungstitel erfasst
Anita Ulrich, Vorsteherin des Schweizerischen Sozialarchivs, befasste sich an der Projektpräsentation mit der Schaffhauser Arbeiterbewegung, die stets berühmte Redaktoren und Agitatoren hervorgebracht habe. Oft hätten sich die heftigen Schaffhauser Konflikte auch gesamtschweizerisch niedergeschlagen. Marie-Christine Doffey, Direktorin der Schweizerischen Landesbibliothek, wies darauf hin, dass natürlich nicht nur die Linkszeitungen, sondern möglichst viele Schweizer Presseorgane verfilmt würden.
Zurzeit sei das «Intelligenzblatt» der Stadt Bern mit den Jahrgängen 1834-1865 an der Reihe. Bisher sind nach den Richtlinien des Bundesgesetzes über den Kulturgüterschutz auf 4000 Laufmetern Filmmaterial 62 Titel erfasst worden. Staatsarchivar Roland E. Hofer lobte die speditive Schaffhauser Projektarbeit, Bernhard Ott, Verlagsleiter der «Schaffhauser AZ», erklärte, bei der «Arbeiterzeitung» sei schon immer nicht nur das Papier, sondern auch die Existenz des Blattes gefährdet gewesen, und Stadtpräsident Marcel Wenger vermisste die pointierte politische Meinung in der heutigen «globalisierten Agenturpresse». Stadtarchivar Peter Scheck blieb es vorbehalten, den mit grosser Geschwindigkeit und verblüffender Präzision arbeitenden Readerprinter vorzuführen.


Ab Mikrofilm druckt der Stadtarchivar Peter Scheck am Readerprinter (im Hintergrund) die Seite einer «Arbeiterzeitung» aus dem Jahr 1919 aus.
Bild: Max Baumann

#Notizen zu Namen

21. September 2006 | Eugen Haltiner: Ein wachsames Auge auf den Finanzplatz Schweiz

Schaffhauser Nachrichten, Sonderpublikation
Jules Wetter

Locker kommt er zum Treffen in einem Schaffhauser Gartenrestaurant. Zwar, wie es sich für einen Schweizer Banker und nun Bankenaufseher gehört, im klassischen Outfit, den dunklen Blazer aber lässig über der breiten Schulter getragen. «Ich bin seit jeher Frontmann. Deshalb bitte ich meine Gesprächspartner in der Regel nicht zu mir in mein Büro nach Bern oder Zürich. Ich gehe zu ihnen und kann mir so einen guten Eindruck über Personen und über deren Umfeld verschaffen. Das hat sich in meiner beruflichen Arbeit immer wieder bewährt.» Ja, Eugen Haltiner geht auf einen zu. Er findet sofort den Draht zum Menschen, ist ein hochinteressanter, anfänglich zurückhaltender, dann zugänglicher, oft jovialer Gesprächspartner.

Jugendjahre im Dorf
Eugen Haltiner, geboren 1948, ist in einfachen Verhältnissen im Herblinger Kronenacker und in der Jägerstrasse aufgewachsen. «An den Velo Schopper und den Coiffeursalon Ruh erinnere ich mich gut. Wir waren damals Nachbarn. Und zu Fuss bin ich ins Dorf in den Kindergarten gelaufen. Zur ‹Schwöschter Elise›, der legendären Kinderschultante.» Die ersten Schuljahre durchlief Haltiner im rosa Schulhaus am Trüllenbuck, ab der dritten Klasse besuchte er dann das neu erbaute Kreuzgutschulhaus. Nachher ging es – wie für die gescheiteren Herblinger Buben damals üblich – ins Gega, in die Knabenrealschule. Im damaligen Klassenlehrer und nachmaligen Schulinspektor Robert Pfund von Hallau erkennen wir eine schulische Parallele. Nach der Kantonsschule mit unbeschwerten und präenden Jahren in der Scaphusia und dem Abschluss mit der B-Matura schrieb sich Eugen Haltiner an der Universität Genf zum Wirtschaftsstudium ein. Warum denn Genf? «Es war so», sagt Haltiner lachend: «Meine Französischnoten waren bedenklich schwach, deshalb habe ich den Stier gleich bei den Hörnern gepackt und bin in Genf ins kalte, welsche Wasser gesprungen. Es war ein spontaner Entscheid, zusammen mit meinem Freund und Schulkollegen Roger Ballmer, der mit seiner Familie heute in Herblingen wohnt. Wir erlebten eine grossartige Zeit.» Entschlusskraft war damals schon eines seiner Merkmale. 1979 promovierte Eugen Haltiner berufsbegleitend zum Docteur es sciences economiques et sociales.

Als Frontmann in Job und Militär
Haltiner begann 1973 seine berufliche Karriere bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich im Rechnungswesen. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in New York konnte er eine der Traditionsfilialen der SBG, den Zürcher Römerhof, als Leiter übernehmen. Ein erster Vertrauensbeweis vor dem Sprung zum Filialdirektor der Winterthurer SBG. Von 1993 bis 1998 wurde dem Herblinger als Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz der SBG die Verantwortung für den Geschäftsbereich Retailprodukte und Privatkunden übertragen. Die Fusion der SBG mit dem Schweizerischen Bankverein zur UBS war auch für Haltiner ein beruflicher Einschnitt. Dieses Zusammengehen hat er von Beginn weg an vorderster Front unterstützt und war als Projektleiter für die erfolgreiche Zusammenführung der beiden Banken in der Schweiz verantwortlich. «Eine anspruchsvolle und interessante Führungsaufgabe, die mir Freude bereitet hat.» Haltiner blickt zufrieden auf diese Zeit zurück. 1998 wurde er Mitglied des Group Managing Board der UBS. Ab 2002 stand er dem Bereich Business Banking vor, welcher als stabiler Ertragspfeiler des UBS-Konzerns das schweizerische Privat- und Firmenkundengeschäft umfasst. Seine Bankkarriere schloss er im Januar 2006 als Vice Chairman dieses Geschäftsbereichs, zuständig für Grosskunden, ab. «Ein guter Abschluss», bestätigt Haltiner, «denn ich war immer mehr Frontmann als Verwalter.»
Parallel zum beruflichen Aufstieg verlief Haltiners militärische Karriere, die im Schaffhauser Füsilier-Bataillon 61 bis zum Hauptmann der Kompanie II/61 führte. Zwei weitere, heute ebenfalls sehr erfolgreiche Banker waren damals Kommandanten von «Aanesächzger»-Kompanien: Hans Felix Vögeli, heute CEO der Zürcher Kantonalbank, und Urs Oberholzer, Präsident des Bankrates der gleichnamigen Bank. Eugen Haltiners militärische Karriere führte über das Kommando des Zürcher Füsilier-Bataillons 66 bis in den Generalstab, wo er als Oberst im Stab des vormaligen Feldarmeekorps 4 diente. Als Mitglied der ausserparlamentarischen Rüstungskommission des VBS ist er noch heute der Armee verbunden. Nebst Beruf und Militär ist sein drittes Standbein die Familie. Denn, «was auf drei Beinen steht, ist stabil», sagt Haltiner. Seit über dreissig Jahren mit der Schaffhauserin Jacqueline Benesch verheiratet, erlebt er kaum einen Tag ohne telefonischen Kontakt mit Kathrin und Christoph, den in Zürich und Oxford (UK) studierenden Kindern.

Hohe Ansprüche an den neuen EBK-Präsidenten
Im August 2005 wählte der Bundesrat Eugen Haltiner zum Präsidenten der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK). Er war der Wunschkandidat von Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Die beiden Finanzfachleute kennen sich schon seit Jahrzehnten. Als eigentlicher Garant für die Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes Schweiz hat Haltiner die höchst anspruchsvolle Aufgabe im Februar 2006 angetreten. «Ich habe mich gut vorbereitet, das Einarbeiten aber braucht Zeit, denn die Tätigkeit ist sehr vielfältig.» Er ist mit seiner langen Berufspraxis und seinem Naturell wohl der richtige Vermittler zwischen den freiheitsliebenden Banken und der EBK als Aufsichtsorgan. Als ehemaliger Grossbanker muss er auch das Vertrauen der kleineren und mittleren Banken gewinnen sowie seine Unabhängigkeit vom ehemaligen Arbeitgeber UBS und jene gegenüber Bundesrat Merz unter Beweis stellen. «Das bereitet mir keine Sorge, schliesslich habe ich meine berufliche Karriere beendet. Bin somit und fühle mich unabhängig, auch gegenüber meinem früheren Arbeitgeber. Mein neues Mandat macht mir Freude, bin ich doch zumindest im heimischen Finanzsektor gut vernetzt. International ist das persönliche Beziehungsnetz noch auszubauen. Auch habe ich in der Bankenkommission ein gut funktionierendes, äusserst kompetentes Gremium vorgefunden und kann glücklicherweise im operativen Bereich auf den seit vielen Jahren im Amt stehenden Direktor, den Berner Daniel Zuberbühler, zählen.» Seine Zuversicht ist überzeugend und auch notwendig, denn es warten einige heikle Aufgaben auf den Chef. So will er Zeichen setzen und zum Beispiel Insiderdelikte konsequenter bekämpfen. Eine spezielle Arbeitsgruppe befasst sich mit dieser für die Ethik des Schweizer Finanzplatzes wichtigen Thematik. Haltiners grösste Herausforderung wird jedoch die Schaffung der integrierten Finanzmarktaufsicht FINMA sein, der Zusammenführung von Banken – und Versicherungsaufsicht und der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei zu einer einzigen Behörde. Noch braucht der vom Bundesrat verabschiedete Gesetzesentwurf aber die Zustimmung des Parlamentes. Damit wird nachvollzogen, was in vielen europäischen Ländern als Schutzfunktion für Kunden und Anleger im Dreieck Kunde-Finanzintermediär-Aufsicht bereits Realität ist. «Diese Zusammenführung der verschiedenen Kulturen wird im Rahmen eines Projektes sorgfältig vollzogen werden. Ziel ist es, die Stärken der heutigen drei Einheiten in die neue Organisation einzubringen.» Der neue Präsident ist gut vorbereitet und kennt die Knacknüsse. Die Finma wird die rund 170 Mitarbeiter der EBK, die 100 Mitarbeiter des Bundesamtes für Privatversicherungen und die 25 Mitarbeiter der Kontrollstelle für Geldwäscherei umfassen. Weitere Herausforderungen sind die Einführung der neuen Eigenmittelvorschriften, bekannt unter BASEL II, und das neue Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG), das per 1. Januar 2007 in Kraft treten soll.
«Von meinen vielfältigen Kontakten, auch zu den ausländischen Aufsichtsbehörden, weiss ich, dass der Finanzplatz Schweiz dank Leistung und Wettbewerbsfähigkeit eine hohe Wertschätzung geniesst. Eine kompetente und starke Aufsicht kann helfen, diese Reputation zu wahren oder, besser noch, weiter auszubauen, denn die Konkurrenz etwa in London oder in Singapur schläft nicht.» Frontmann Eugen gen Haltiner weiss nicht nur, was er als neuer Chef will, er geht auch ohne Umschweife und mit Elan die einer Lösung harrenden Aufgaben an.

**Eugen Haltiners Führungsgrundsätze**
Leadership ist für mich nicht an Titel oder hierarchische Stufen gebunden. Es ist die Fähigkeit, Gewohntes immer wieder zu hinterfragen, Grenzen zu sprengen und damit neue Einsichten und Erfahrungen zu vermitteln.
Führen durch Leadership heisst deshalb: Herausfordern, Inspirieren, Befähigen, Wege aufzeigen, Unterstützen und ermutigen.
Kommunikation ist der Weg dazu. Offenheit, Wertschätzung, aufmerksames Zuhören und echter Dialog sind notwendige Voraussetzungen. Das damit zu erreichende Resultat ist nicht ein verordnetes Gehorchen, sondern ein bewusstes, auch beherztes Engagment.

**Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK)**
Staatliche Aufsicht über Grossbanken, Banken/Effektenhändler, Anlagefonds, Pfandbriefwesen, Börsen/Märkte/Bankengesetzliche Prüfgesellschaften.
Kommission: Präsident, Vizepräsident und 5 weitere Mitglieder
Sekretariat: 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Jahresbudget: 25 Millionen Franken
Aufgaben und Kompetenzen:
– Durchsetzung der Finanzmarktgesetze zum Schutz der Gläubiger und Anleger sowie zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und Verhinderung der Geldwäscherei
– Bewilligungen zum Geschäftsbetrieb und laufende Überwachung von Banken, Effektenhändlern und Börsen, sowie von Fondsleitungen, Vertretern ausländischer Anlagefonds und Vertriebsträgern kollektiver Kapitalanlagen
– Sanktionierung bei Verstössen
– Sanierungsverfahren und Bankenkonkurse
– Verfügungsinstanz betreffend Offenlegung von Beteiligungen und öffentlichen Kaufangeboten bei börsenkotierten Gesellschaften


Mischung zwischen souveränem Banker und angriffigem Troupier: Der Herblinger Eugen Haltiner, Präsident der Eidgenössischen Bankenkommission.
Bild: Eric Bührer.

#Notizen zu Namen

19. September 2006 | «Der Verein verwaltet nicht nur das Erbe»

Schaffhauser Nachrichten, Beilage
Interview: Urs Leu

*SN: Der Historische Verein des Kantons Schaffhausen wurde im Jahre 1856 gegründet. Welche Aufgaben nimmt der Verein in der heutigen Zeit wahr?*
Roland E. Hofer: Der Historische Verein hat drei Kernaufgaben, die er teilweise schon seit der Gründung ausübt. Dies sind die Vortragstätigkeit, die Herausgabe von Publikationen sowie die Organisation von Exkursionen. Neben diesen drei Kernaufgaben lanciert der Verein immer wieder auch Sonderprojekte wie die Herausgabe der dreibändigen Kantonsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts oder jetzt aus Anlass des Jubiläums die Erschliessung der Archive von Pressefotografen.

*Die Themen der Vorträge reichen vom «Schaffhauser Handelshaus Ammann» bis zur «Öffnung des Eisernen Vorhanges».*
Bei den bekannten Vorträgen im Winterhalbjahr bemüht sich der Vorstand, ausgewiesene Fachleute zu primär regionalen historischen Themen zu finden. Zudem bieten die Vorträge jungen Historikerinnen und Historikern die Möglichkeit, Einblick in ihr Forschungsgebiet zu geben. Abgerundet werden diese regionalgeschichtlichen Vorträge von weiter gefassten Themen mit Aktualitätsbezug.

*Schon früh publizierte der Verein sein erstes Jahrbuch.*
An Publikationen gibt der Historische Verein seit 1863 in unregelmässigen Abständen und seit 1936 jährlich die Schaffhauser Beiträge zur vaterländischen Geschichte heraus. Seit 1973 heisst die Publikation Schaffhauser Beiträge zur Geschichte. Mittlerweile ist Band 80 erschienen. Allein mit dieser Publikationsreihe hat der Historische Verein wesentliche Beiträge zur Erforschung der regionalen Geschichte geleistet. Es ist das einzige Publikationsorgan, in dem auf wissenschaftlichem Niveau Forschungsergebnisse zur Regionalgeschichte publiziert werden können. Das ist gerade für einen Kanton ohne Universität wichtig. Die Beiträge haben eine sehr dankbare und regelmässige Leserschaft.

*Sehr beliebt scheinen die mehrtägigen Exkursionen zu sein.*
Der Historische Verein beziehungsweise eine Arbeitsgruppe organisiert einerseits die berühmten mehrtägigen Exkursionen sowie andererseits seit einiger Zeit auch Tagesexkursionen. Die grossen Exkursionen müssen mehrfach geführt werden. Dabei wird die Schweiz oder das angrenzende Ausland unter fachkundiger kunsthistorischer Führung bereist. Die Tagesexkursionen führen je nach Angebot – zum Beispiel interessante Ausstellungen – zu näher liegenden Zielen.

*Anfänglich trug der Verein den Namen historisch-antiquarischer Verein. Weshalb?*
Das antiquarisch im Vereinsnamen bedeutete, dass man sich mit dem Sammeln von historischen Dokumenten und Objekten befasste. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trennte sich der Verein dann von seinen Sammlungen und schenkte die Dokumente und Akten dem Staatsarchiv; es waren dies 36 Laufmeter Urkunden und Akten. Die musealen Gegenstände wurden dem Museum zu Allerheiligen geschenkt. Sie bilden einen ganz wichtigen Bereich der historischen Abteilung des Museums zu Allerheiligen.
Damit änderte sich aber auch die Ausrichtung der Tätigkeit des Historischen Vereins vom Sammeln zur Erforschung und Vermittlung.

*Braucht es in unserer globalisierten und zukunftsgerichteten Welt überhaupt einen historischen Verein?*
Der Verein hat heute rund sechshundert Mitglieder. Vorträge und Exkursionen sind sehr gut besucht. Das Interesse an regionalgeschichtlichen Themen ist nach wie vor ungebrochen. Das zeigt meines Erachtens, dass der Verein auch in der heutigen Zeit mit seinem Angebot einem Bedürfnis entspricht. Vielleicht sogar je länger, je mehr. In einer globalisierten Welt schätzen die Menschen Angebote zur Geschichte der Region eher wieder vermehrt. Auch ist unser Verein weder angegraut noch angejahrt: Der Verein hat immer wieder neue Projekte gestartet, wie zum Beispiel den Schaffhauser Historikertag, der nun zum zweiten Mal durchgeführt wird. Auch erarbeitet eine Arbeitsgruppe aufgrund der dreibändigen Kantonsgeschichte nun Unterlagen für den Schulunterricht. Der Verein erschliesst sich also auch neue Betätigungsfelder. Dies alles zeigt, dass der Verein dynamisch ist: Der Historische Verein verwaltetet nicht nur das Erbe.

*Der Historische Verein des Kantons Schaffhausen hat rund 600 Mitglieder. Wie hat sich die Mitgliederzahl entwickelt?*
In den letzten zehn Jahren ist die Mitgliederzahl des Vereins leicht gestiegen. Und damit ist er einer der grösseren seiner Art in der Schweiz. Wir hatten keinen so dramatischen Einbruch bei der Mitgliederzahl wie andere Historische Vereine. Wir sind auch dankbar für die Treue der Mitglieder. Wir haben übrigens nicht nur Mitglieder aus dem Kanton Schaffhausen, sondern auch aus den angrenzenden Gebieten. Sogar ein Japaner, der in Konstanz studierte, jetzt aber in Tokio wohnt, gehört dem Verein immer noch an.

*Warum gehört ausgerechnet der Historische Verein des Kantons Schaffhausen zu den grösseren in der Schweiz?*
Wer sich im Kanton Schaffhausen für historische und kulturhistorische Themen interessiert, findet früher oder später den Weg in unseren Verein. Vielleicht ist es aber auch die Identität mit dem Kanton, der eine eigenständige Geschichte hat, die bei uns ein spezielles «Schaffhauser Wir-Gefühl» erzeugt. Allerdings sind solche Dinge schwer messbar.

*Und wie ist die Altersstruktur unter den Mitgliedern?*
Wie bei anderen kulturellen Vereinen gehören auch bei uns viele Mitglieder der mittleren oder älteren Alterskategorie an. Es ist eine Entwicklung wie in anderen Vereinen: Die Kraft der Vereine, Mitglieder zu finden und zu binden, ist nicht mehr so stark wie zur Zeit der Gründung vieler Vereine im 19. Jahrhundert oder noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals hatten Vereine noch einen ganz anderen, auch gesellschaftlichen Stellenwert.

*Macht der Verein spezielle Mitgliederwerbung?*
Wir erarbeiten jetzt wieder einen Mitgliederprospekt sowie ein Konzept, wie die Mitgliederwerbung forciert werden kann. Auch der Historikertag ist ein Versuch, junge Leute an den Verein heranzuführen.

*Wie steht es mit der Besetzung derÄmter im Vorstand?*
Bis jetzt haben wir immer Glück gehabt mit der Suche nach neuen Vorstandsmitgliedern. Derzeit ist lediglich ein Posten vorübergehend vakant. Wir können zudem immer auch auf die Mithilfe von ehemaligen Vorstandsmitgliedern und von Vereinsmitgliedern zählen, zum Beispiel bei der Organisation der Exkursionen.

*In Schaffhausen gibt es auch einen Museumsverein. Offenbar wurde auch schon über eine Fusion gesprochen.*
Vor einigen Jahren kam es meines Wissens zu Sondierungsgesprächen, weil es gewisse Überschneidungen gibt. Doch beide Vereine haben eine eigene Geschichte, ein eigenes Profil und ein eigenes Selbstverständnis, so dass derzeit keine solchen Bestrebungen laufen.

*Wie finanziert sich der Historische Verein?*
Wir finanzieren uns fast ausschliesslich über die Mitgliederbeiträge. Damit werden vor allem die Vorträge und die Herausgabe der «Schaffhauser Beiträge» finanziert. Für die Beiträge gibt es allenfalls Druckkostenzuschüsse, zum Beispiel vom Kanton oder beim letzten Band vom Organisationskomitee «Freilichtspiele 2005 – Wilchinger Handel». Projekte wie etwa die Erschliessung der Pressefotoarchive werden gesondert durch Spenden und Sponsoren finanziert, wobei der Vorstand hier auch einen Beitrag aus der Vereinskasse bewilligt hat. Der Verein ist aber nicht wirklich vermögend, am Schluss bleibt jeweils nicht viel übrig.

*Der Verein wird ja verbürgtermassen 150 Jahre alt. Der wievielte Präsident sind Sie?*
(lacht) Der 24., doch habe ich dies erst kürzlich durch die Recherchen von Bernhard Ott erfahren. Der Historische Verein hat keine eigentliche Vereinschronik. Offenbar haben die Vorstände immer andere Prioritäten gesetzt und das nicht für vordringlich angesehen. Andere Themen wurden für wichtiger gehalten als eine Selbstbespiegelung. Eine Vereinschronik zu erstellen war auch bei den Vorbereitungen des 150-Jahr-Jubiläums nie ein Thema.

*Welche Projekte möchten Sie in Ihrer Präsidialzeit noch verwirklichen?*
Das laufende Projekt Pressefotografie wird uns noch einige Jahre beschäftigen und wird damit über meine Präsidialzeit hinausgehen, die ja statutengemäss auf vier Jahre beschränkt ist. Es scheint mir somit verfrüht, schon jetzt über weitere Projekte nachzudenken. Wir wollen Projekte immer sauber vorbereiten, durchführen und auch zu Ende bringen. Man kann die Kräfte auch nicht zu sehr aufteilen. Und schliesslich ist es überhaupt eine Frage der Personalressourcen. Schon die Herausgabe der Schaffhauser Beiträge ist eine grosse Aufgabe, die zur «normalen» Vereinsarbeit gehört.

*Als Historiker und als Präsident des Vereins hat man aber sicher einen Wunsch oder eine Idee, was noch angepackt werden könnte oder müsste.*
Wenn man die drei Bände der Kantonsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts betrachtet, kann man sich fragen, ob man die vorangehenden Jahrhunderte nicht auch angehen sollte. Es ist doch immerhin fast 35 Jahre her, seit die «Geschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen» von Karl Schib durch den Historischen Verein herausgegeben wurde.

*Und was wünschen Sie dem Verein für die Zukunft?*
Ich hoffe, dass er weiterhin so treue und interessierte Mitglieder hat. Ebenso, dass es gelingen wird, auch in Zukunft motivierte Mitglieder für den Vorstand zu finden, die den Verein weiterentwickeln. Vereine leben vom Engagement ihrer Mitglieder.


Roland E. Hofer im Lesesaal des Staatsarchivs. In den Händen hält er das Original der Chronik des Schaffhauser Jerusalempilgers Hans Stockar (1490-1556), die zu den vom Historischen Verein gesammelten und dem Staatsarchiv geschenkten Dokumente gehört.
Bild: Bruno + Eric Bührer.

#Notizen zu Namen

2. September 2006 | Der erste Archivar war ein Hutmacher

Schaffhauser Nachrichten, Region
Martin Schweizer

Schon im 11. Jahrhundert archivierten die Mönche im Kloster Allerheiligen und die Nellenburger in ihrem Hausarchiv wichtige Dokumente. Zum Glück, denn sie erhellen den Nachfahren die Vergangenheit. Das älteste Zeugnis im Stadtarchiv stammt immerhin aus dem Jahr 1045 und ist zugleich die Urkunde mit der Ersterwähnung von Schaffhausen; König Heinrich III. verlieh damals dem Grafen Erberhardt von Nellenburg das Münzrecht für die Stadt, womit in der Geschichte erstmals der Name «Scafhusun» auftaucht.

Quelle für städtisches Leben
Auch sonst ist die Städtgeschichte durch Dokumente, Karten, Pläne, Stiche und Fotografien reich dotiert und dokumentiert. Namentlich Steuer- und Rechnungsbücher der Stadt, die bis ins Jahr 1392 reichen, sind hervorragend geeignet für die Erforschung des städtischen Lebens im Mittelalter und in der Neuzeit.
Seit 1540 werden in Kirchenbüchern auch Geburten und Eheschliessungen dokumentiert – wichtige Quellen zur Familiengeschichte für Archive und Lokalhistoriker. Peter Scheck, der als Nachfolger von Hans Ulrich Wipf das Archiv seit zehn Jahren leitet, versucht zudem zielstrebig, Teile der Bestände über eine Datenbank und das Internet einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Scheck: «Es gibt noch viel zu erforschen.»

Erstmals professionell
Professionell geführt wird das Stadtarchiv erst seit der Wahl von Reallehrer Ernst Steinemann zum halbamtlichen Archivar im Jahre 1956. Darum das Jubiläum. Steinemann war überaus emsig, vereinigte die damals an verschiedenen Orten verstreuten Archivalien im Parterre des «Grossen Hauses» am Fronwagplatz 24 und trat erst mit 82 Jahren von seinem Amt zurück.
Interessant ist aber auch die Vorgeschichte. Mit der Trennung der kantonalen und städtischen Verwaltung auf Grund der neuen Kantonsverfassung von 1831 wurde als gewissermassen freischaffender Registrator und Archivar erstmals Bernard Freuler (1796-1858) gewählt. Nun meint man ja, nur wir Nachgeborenen müssten beruflich flexibel und mobil sein, aber man täusche sich nicht: Freuler war schon im 19. Jahrhundert ein Multitalent, wurde als Jüngling zunächst Hutmacher, dann Geselle, betrieb einige Zeit in der Stadt die Wirtschaft zum «Bären», bevor er nach Wien ging und dort Malerei studierte. Als Landschaftsmaler machte er kaum Furore, Bilder von ihm sind heute nicht mehr auffindbar. Das hinderte ihn freilich nicht daran, als Zeichnungslehrer am hiesigen Gymnasium zu unterrichten, ehe er als Suppleant des Stadtgerichts amtete, nachher Mitglied des Grossen und des Kleinen Stadtrates wurde und schliesslich auch im Kantonsgericht sass.
Pikant: Als Vizepräsident dieses Gerichts sprach sich der umtriebige Mann für das letzte in Schaffhausen vollzogene Todesurteil aus; der Exekution durch das Schwert hat Freuler, der später auch Mitglied im Kirchenrat und im Obergericht wurde, als Zeuge beigewohnt.

Geistlichkeit bockt
Das erste offizielle Archiv der Stadt sollte in der ehemaligen Sakristei der St.-Johann-Kirche eingerichtet werden. Jetzt müsste man meinen, dass das für Registrator Freuler, Besitzer auch des Hauses zum Hardereck am Münsterplatz gehörte und Erbauer des Gutes Rammersbühl; kein Problem war. Aber weit gefehlt, die Geistlichkeit wollte die Sakristei nicht räumen und verweigerte die Übergabe des Schlüssel an den Stadtrat. Peter Scheck über diesen Affront: «Erst nach einer Intervention der Kantonsregierung konnte die Angelegenheit geregelt werden!»

Auch im Weinkeller
Die Sakristei diente in der Folge der Stadt volle 125 Jahre lang als . Archiv; dazu kamen im Laufe der Zeit : noch Nebenräume, beispielsweise ein Weinkeller unter dem Stadthaus, der sich allerdings als nicht sehr nützlich erwies. Betreut wurden diese Archive über Jahre hinweg ohnehin mangelhaft, überhaupt nicht oder zeitweise allenfalls nebenamtlich.

Grosse Leistungen
Nach Bernhard Freuler wurde Anno 1866 Gefängnisaufseher und Lokalhistoriker Hans Wilhelm Harder vom Stadtrat mit der Archivierung beauftragt. Jahrzehnte später, 1913 und ebenfalls im Nebenamt, wurde Carl August Bächtold (1838-1921) Archivar, der nebenbei auch als Stadtbibliothekar fungierte.
Über den historisch interessierten und versierten Theologen und Verfasser wegweisender Beiträge sprechen die Schaffhauser Historiker noch heute mit grosser Hochachtung. Denn der in Merishausen geborene und später während 43 Jahren an der Steigkirche tätige Seelsorger hat unter anderem die berühmte Rüeger-Chronik, ein Standardwerk der Schaffhauser Geschichte, bearbeitet und kommentiert.
Von Carl August Bächtold, einem gemäss Überlieferung höchst bescheidenen und zurückhaltenden Mann, gibt es ein schönes Ölgemälde von Hans Sturzenegger. In Anerkennung seiner kulturhistorischen Leistungen wurde dem einstigen Stadtarchivar von der philosophischen Fakultät der Universität Zürich ausserdem die Würde eines Ehrendoktors verliehen.

**Anno 1402: Erster Nachweis einer Hexenverbrennung in Mitteleuropa**
Wie wichtig ein Dokument letztlich für die Geschichtsschreibung ist, kann auch ein Archivar nicht immer auf Anhieb erkennen. Die Bedeutung erschliesst sich für Historiker oft erst später. Gesammelt und aufbewahrt wird deshalb zunächst alles – oder fast alles. Bei manchen Schriftstücken, vorab von Behörden, ist der Sinn der Archivierung allerdings von Anfang an ersichtlich.
So konnte das Stadtarchiv unlängst auf Grund von Stadtrechnungen einen bereits im Jahre 1402 stattgefundenen Hexenprozess belegen. Dabei handelt sich um den ersten Nachweis einer Hexenverbrennung in Mitteleuropa überhaupt. Stadtarchivar Peter Scheck: «Bisher galt Luzern als der Ort, wo im deutschsprachigen Raum erstmals Anno 1419 über eine ‹Hexerey› verhandelt wurde. Der beschuldigte Mann wurde damals freigesprochen.» In den Schaffhauser Stadtrechnungen der Jahre 1402/03 finden sich nun aber sogar Hinweise auf Ausgaben für die Strafverfolgung und Hinrichtung einer oder mehrerer Hexen. Der Informationsgehalt ist zwar relativ dürftig, man erfährt nichts über das Geschlecht der Person oder über die Anzahl der allenfalls verurteilten Personen. Immerhin weiss man, dass die durch städtische Amtsleute verhafteten «Deliquenten» aus Beringen stammten und von dort nach Schaffhausen überführt wurden. Die Knechte, «welche die hägsen von Beringen brachten», erhielten dafür zehn Schilling für Wein. Die «Hexen» wurden im Rathaus festgesetzt, wo sie vermutlich auch ihre erzwungenen Geständnisse ablegten. Stadtarchivar Peter Scheck: Der Eintrag für «Holtz zuo dem Hegsen Brand» beweist, dass «das Verhör wie auch der Gerichtsprozess für den oder die Beschuldigten offensichtlich negativ ausfiel».
Hexenverfolgungen gab es in allen Kulturkreisen. Das düstere Kapitel des Hexenwahns wurde in der Schweiz und in Europa aber erst mit der Hinrichtung von Anna Göldi im Juni 1782 abgeschlossen. (-zer)

**Die Stationen: Archivierung in einem historischen Haus**
Dokumente werden in der Stadt Schaffhausen seit Jahrhunderten gesammelt und geortet. Doch erst mit der Wahl von Ernst Steinemann (1888-1972) als halbamtlicher Stadtarchivar im Jahre 1956 und dem Bezug neuer Räume zwei Jahre später im Parterre des «Grossen Hauses» wird das Stadtarchiv wirklich professionell geführt.

Neu im Vollamt
Als Stadtarchivar im Vollamt arbeitete ab 1970 dann allerdings erst Hans Ulrich Wipf, der 1996 von Peter Scheck abgelöst wurde. In die Zeit dieser beiden initiativen Archivare fallen unter anderem die räumlichen Erweiterungen des Archivs, der Einbau eines modernen Lesesaals und eines Raumes für den Kulturgüterschutz mit einem Fassungsvermögen von über 500 Laufmetern. Dort, im Keller, werden die wertvollsten Unterlagen aufbewahrt, mittelalterliche Urkunden, Ratsprotokolle, Grund- und Rechnungsbücher, historische Nachlässe.

Auf einer Länge von 2,5 Kilometern
Mit der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung machte das Archiv in den letzten Jahren erneut einen grossen Schritt – das Stadtarchiv zählt heute in der Schweiz zu den Pionieren der Präsentation von Archivbeständen im Internet.
Zurzeit verfügt das Archiv, das in einer Woche die Bevölkerung zu einem Tag der offenen Tür einlädt, über zwölf Räume und sechs moderne Compactusanlagen, die seinerzeit die alten Schubladenschränke ersetzten. Die Kapazität der Regale beträgt 2,5 Kilometer, davon sind rund 90 Prozent belegt.

Im Besitz der Stadt
Das «Grosse Haus» mit der unverwechselbaren Passage zwischen dem Fronwagplatz und der Krummgasse war im Mittelalter im Besitz verschiedener adeliger Familien. Zeitweilig gehörte das Haus auch Bürgermeister Ulrich Trüllerey, der die Schaffhauser bei der Schlacht von Grandson anführte. 1685 wurde das Gebäude unter dem damaligen Eigentümer Hans Conrad Peyer im Hof umgebaut. Die Errichtung des öffentlichen Durchgangs und die Umgestaltung des Erdgeschosses in Geschäftsräume (wie der Klopstock und später der Glarner) erfolgten erst im Jahre 1895.
1921 kaufte die Stadt die Liegenschaft – eine aus der Sicht des jetzt 50-jährigen Stadtarchivs zweifellos vorausschauende Massnahme. (-zer)


Blick in den Lesesaalmit Archivar Peter Scheck, Studentin Sereina Deghimenzi (links) und Lehrtochter Johanna.
Bild: B. + E. Bührer.

#Notizen zu Namen

10. August 2006 | «Das Gesetz ist ein Bekenntnis zur Kultur»

Schaffhauser Nachrichten, Region
Julia Guran und Walter Joos

*SN: Herr Hofer, seit dem 1. Juli ist das neue Kulturgesetz in Kraft. Heisst das, der Kanton redet der Stadt und den Gemeinden bei der Kulturpolitik drein?*
Roland E. Hofer: Wir wollen und können den Gemeinden keine Vorschriften machen. Die Gemeinden sind unabhängig in ihren Entscheiden, wen sie fördern. Im Gesetz heisst es auch klar, «die Kulturförderung obliegt den Gemeinden». In den Gemeinden gibt es viele kulturelle Initiativen; der Kanton hilft mit, sie zu verwirklichen.

*In welchen Fällen unterstützt der Kanton die Gemeinden?*
Der Kanton hilft mit, einzelne Vorhaben und Projekte, die in Gemeinden entstehen, umzusetzen. Der Kanton hat eigene Mittel und unterstützt zum Beispiel bereits heute das Weinbaumuseum in Hallau, das Trottentheater in Neuhausen oder das Theater 88 in Rammen, um nur einige wenige zu nennen.

*Kann der Kanton bestimmen, welche Kulturangebote gefördert werden?*
Wir wollen das, was entsteht, mittragen, aber nicht selbst Akteure werden. Was gefördert wird, hängt von den Initiativen der Kulturschaffendenn ab. Kanton und Stadt Schaffhausen handeln mit Kulturschaffenden Leistungsvereinbarungen aus, die Kriterien wie Zielgruppen, Aufführungszahl pro Jahr oder Publikumsreichweite beinhalten. Einfluss auf den Inhalt der kulturellen Veranstaltungen können und wollen wir nicht nehmen. Dafür sind die Kulturschaffenden verantwortlich.

*Warum enthält das Gesetz keine konkreten Aussagen zur Ausgestaltung der Kulturpolitik?*
Wir ziehen es vor, situativ adäquat reagieren zu können, anstatt in einem Gesetz festzulegen, was genau gefördert werden soll, und uns so selbst ein Korsett anzulegen. Das würde in der Praxis ohnehin schwierig, denn immer mehr Kulturschaffende sind spartenübergreifend tätig. Mit Spartenkriterien hinkte man der Realität hinterher.

*Mit dem Gesetz will man die gegenwärtige Kulturpolitik nicht ändern. Wozu dient es dann?*
Wir wollen im Gesetz das fassen, was gängige Praxis ist. Zudem soll die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden klar geregelt werden. Dies muss auf gesetzlicher Stufe geschehen. Die Bundesverfassung enthält einen Kulturartikel, der die Kompetenz den Kantonen überträgt, die kulturellen Angelegenheiten gesetzlich zu regeln. Ein Kulturgesetz bedeutet, den Verfassungsartikel in der Kantonsverfassung in einem Gesetz umzusetzen. Der Kulturbereich ist einer der wenigen Bereiche, in denen der Kanton ohne Bundesvorschriften legiferierend tätig sein kann. Das vorliegende Gesetz bedeutet eine grundsätzliche Verbesserung der Ausgangslage. Das Gesetz ist ein Bekenntnis zur Kultur. Das ist nicht nichts, gerade auch für einen kleinen Kanton.

*Es gibt aber doch eine Verschiebung in der Geldverteilungspolitik. Die Mittel kommen nicht mehr nur aus dem Lotteriefonds, sondern können auch im Rahmen des Staatsvoranschlages bewilligt werden. Wann kommt welches Budget zum Zug?*
Dies ist in dieser Form tatsächlich eine Neuerung im Gesetz. Der Lotteriefonds generiert jährlich zwischen 2 und 2,6 Millionen Franken, mit denen im Kanton mehrheitlich kulturelle Anliegen unterstützt werden. Solange die Mittel reichen, wird weiterhin der Lotteriefonds die Mittel zur Kulturförderung und -pflege beisteuern. Da die Einnahmen aus dem Lotto von Jahr zu Jahr variieren, kann neu auf das ordentliche Budget zurückgegriffen werden. Die Regierung hat wie bisher die Kompetenz, über die Verteilung der aus dem Lotteriefonds stammenden Mittel abschliessend zu entscheiden. Im Staatsvoranschlag enthaltene Beiträge müssen hingegen vom Kantonsrat genehmigt werden.

*Ermöglicht das Gesetz auch, kulturell mehr zu machen? Wie werden dann allfällige Mehrkosten gedeckt?*
Wenn es sich um Vorhaben mit nationaler oder internationaler Ausstrahlung handelt, ist dies denkbar. Aber das muss im Einzelfall entschieden werden.

*Rückt mit dem neuen Gesetz die Möglichkeit, die Bodenseeregion zum Unesco-Weltkulturerbe erklären zu lassen, in grössere Nähe?*
Die Regierungskonferenz der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) hat entschieden, das Projekt nicht weiterzuverfolgen, sondern zuerst das bestehende Bodensee-Leitbild weiterzuentwickeln. Das Unesco-Label ist keineswegs unumstritten. So besteht zum Beispiel die Befürchtung, die Unesco könnte auf Details am Ort Einfluss nehmen.

*Könnte man dank dem Gesetz auch auf andere Mittel als nur die des Staates zurückgreifen? Wäre etwa ein Joint Venture mit der Windler-Stiftung denkbar?*
Das Gesetz sieht die Zusammenarbeit mit Privaten ausdrücklich vor. Dies hängt aber letztlich von den konkreten Projekten ab. Darüber entscheiden müsste die Regierung.

*Bietet das neue Gesetz eine Handhabe für eine interkantonale Zusammenarbeit? Für das Klostergut Paradies, das ein wenig unterverkauft erscheint, würde sich eine solche Zusammenarbeit doch anbieten.*
Die kulturelle Zusammenarbeit ist tatsächlich im Gesetz verankert. Kultur hält sich ja auch nicht an Kantonsgrenzen. Die Konferenz der Kantonalen Kulturbeauftragten koordiniert Aktivitäten auf nationaler Ebene. Doch letztlich ist es wieder eine politische Entscheidung, ob und in welchem Rahmen Institutionen jenseits der Kantonsgrenzen unterstützt werden sollen.

*Können Kulturgüter wie das Museum zu Allerheiligen oder die Altstadt von Stein am Rhein dank des neuen Gesetzes besser vermarktet werden?*
Das Gesetz hat darauf keinen direkten Einfluss. Ich hoffe aber, dass die kulturellen Initiativen Aussenwirkung entfalten und dass man dadurch auf den kulturellen Reichtum des Kantons mehr als bisher aufmerksam wird.

*Wie definiert man Kultur überhaupt?*
(lacht) Das ist eine philosophische Frage! Alles, was der Mensch nicht zum unmittelbaren Überleben braucht, wäre ein sehr weiter denkbarer Ansatz. Kultur fängt dort an, wo der Mensch Zeit und Freiraum hat, sich mit seinen Lebensumständen kritisch gestaltend auseinanderzusetzen. Im engeren Sinn macht Kultur die intensive Beschäftigung mit der gegenwärtigen Lebenswelt aus und dient der kritischen Reflexion, wovon wir alle profitieren können.

**Kultur: Heute bestehende rechtliche Grundlagen**
Verfassung Kanton und Gemeinden fördern das aktuelle kulturelle Schaffen und die Pflege des Brauchtums; erhalten und pflegen Kulturgüter, Denkmäler und schützenswerte Ortsbilder; erleichtern den Zugang zum kulturellen Leben; fördern die kulturellen Beziehungen zwischen verschiedenen Volksgruppen, unter den Kantonen und mit dem Ausland; unterstützen kulturelle Einrichtungen. Kulturgesetz Kanton und Gemeinden fördern im Rahmen ihrer Zuständigkeit das kulturelle Leben und Schaffen in seiner Vielfalt sowie die Kulturvermittlung. Sie pflegen das kulturelle Erbe. Kanton und Gemeinden sorgen für Rahmenbedingungen, welche der Entfaltung des kulturellen Lebens dienen und welche den Zugang zu kulturellen Aktivitäten ermöglichen. Kanton und Gemeinden achten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Freiheit und die Unabhängigkeit des kulturellen Schaffens. Kanton und Gemeinden können mit Leistungsvereinbarungen kulturelle Aufgaben öffentlichen oder privaten Institutionen übertragen.


Roland E. Hofer, Kulturbeauftragter des Kantons Schaffhausen, hat das seit Juli gültige Kulturgesetz ausgearbeitet.
Bild: Julia Guran

#Notizen zu Namen

16. März 2006 | Jubiläum ohne Selbstbespiegelung

Schaffhauser Nachrichten, Region
Philipp Landmark

150 Jahre Historischer Verein Schaffhausen: Darüber könnte ein Historiker bestimmt einiges recherchieren. Doch dieses Thema bleibt wohl eines der wenigen, das der Historische Verein nicht beackert. Dabei hat sich in dieser Zeitspanne einiges getan, wie Staatsarchivar Roland E. Hofer als Vereinspräsident an einer Medienorientierung anlässlich des Jubiläums skizzierte.
Bei seiner Gründung setzte der Historisch-antiquarische Verein zum Ziel, Akten und Objekte zu erhalten, die Private veräusserten und die der Staat mangels Finanzen nicht erwerben konnte. Erst 1941 wurden die gesammelten Archivalien dem Staatsarchiv übereignet. Zahlreiche Objekte bildeten zudem den Grundstock der Sammlung des Museums zu Allerheiligen.

Regionale Geschichtsforschung
Seit 1863 werden die Schaffhauser Beiträge zur Geschichte publiziert. Bücher, die einmal etwa eine Sammlung von Biografien, ein anderes Mal eine umfassende Darstellung eines einzelnen Themas beinhalten können. Im Laufe der Zeit wurden so wesentliche Beiträge zur Erforschung der regionalen Geschichte geleistet. «Das ist wichtig für den Kanton, der keine Universität, kein historisches Seminar am Ort hat», betonte Roland E. Hofer gestern. Und fügte an, dass die Druckvorbereitungen für den 80. Band laufen, er soll diesen Frühling erscheinen. Der Historische Verein der jüngeren Zeit hat offenbar die Kraft, gelegentlich ein Riesenprojekt zu stemmen,. In den Jahren 2001 und 2002 erschien die umfangreiche, dreibändige Schaffhauser Kantonsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, und nun, im Jubiläumsjahr, macht sich der Historische Verein daran, den Aufbau des Schaffhauser Pressefotografie-Archivs zu ermöglichen.

Schaffhausen im Vergleich
Am 150. Geburtstag am 22. September lädt der Historische Verein zu einem Festanlass in die Rathauslaube. «Das Veranstaltungsprogramm wird keine Selbstbespiegelung sein», versicherte Roland E. Hofer gestern. Vielmehr werden verschiedene Referenten die Entwicklung Schaffhausens von der Völkerwanderung bis ins 20. Jahrhundert im Vergleich zu anderen Gegenden darstellen.

**Stichwort: Historischer Verein**
Der Historisch-antiquarische Verein Schaffhausen wurde am 22. Septmeber 1856 gegründet.
1863 erschien der erste Band der Schaffhauser Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Seit 1936 erscheinen diese Bände jährlich.
1973 wurde «vaterländisch» gestrichen, ab dieser Zeit verzichtete auch der Historische Verein auf den Zusatz «antiquarisch».
Zum 150-Jahr-Jubiläum lanciert der Historische Verein ein Projekt zur Sicherung der Archive der Schaffhauser Pressefotografen.

#Notizen zu Namen

16. März 2006 | Historischer Verein: Ambitiöses Jubiläumsprojekt

Schaffhauser Nachrichten, Region
(pla)

Bei der Erarbeitung der Kantonsgeschichte hat Projektleiter Markus Späth erlebt, wie wichtig der Zugang zu historischem Bildmaterial ist. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dank der Privatarchive der Pressefotografen gut dokumentiert – «doch was passiert mit all den Schätzen, wenn ein Fotograf sein Metier aufgibt?», fragte sich Späth, der nun auch das Jubiläumsprojekt des Historischen Vereins leitet: den Aufbau des Schaffhauser Pressefotografie-Archives. «Wir möchten zur Sicherung der Bestände beitragen», umriss Späth das Projekt, das auf eine Idee von Vorstandsmitglied Bernhard Ott zurückgeht.
Mit Kosten von einer halben Million lion Franken – weitestgehend für Personalkosten – ist das Projekt ein dicker Brocken. Bisher stehen 60 000 Franken aus einer privaten Donation, zweckgebunden zur Erschliessung des Archivs von Bruno und Eric Bührer, und die Eigenleistung des Historischen Vereins von 50 000 Franken fest, Stadt und Kanton dürften etwa 200 000 bis 300 000 Franken beisteuern, sodass bis zu 150 000 Franken durch Sponsoren abgedeckt werden müssen – die zu finden Späth zuversichtlich ist. Nicht gerechnet sind die Kosten des Stadtarchivs, das als Partner das Schaffhauser Pressefotografie-Archiv beherbergen und führen wird.
Die hohen Personalkosten entstehen, weil die riesige Menge an Bildmaterial kompetent und pingelig genau erschlossen werden muss, damit sie Dritten zugänglich gemacht werden kann. Eine Arbeit, die sich über mehrere Jahre erstrecken wird. Für diese Aufgabe konnten der frühere Stadtarchivar Hans Ulrich Wipf und seine. Frau Kathrin Wipf gewonnen werden, die sich eine 100-Prozent-Stelle teilen.
Konkret geplant ist die Erschliessung folgender Fotografen-Archive: Bruno und Eric Bührer (1957 bis heute: 53 000 Filme); Max und Sonja Baumann (1967 bis heute: 11000 Filme).
Bruno und Eric Bührer wurden gerade 70 Jahre alt, Max Baumann feiert heute seinen 75. Geburtstag. Sowohl Max und Sonja Baumann als auch die Bührer-Zwillinge bleiben noch einige Zeit als Fotografen tätig.
Erschlossen werden sollen auch die Archive folgender Fotografen: Rolf Baumann, Selwyn Hoffmann, Peter Hunziker, Eberhard Lukas, Peter Pfister, Reto Schlatter, René Uhlmann.
Insgesamt ist die Archivierung von rund 80 000 Filmen geplant, was, wie Hans Ulrich Wipf überschlug, etwa zwei Millionen Fotos entspricht. Archiviert werden in der Regel Blattkopien der Filme, auf denen die Nummer der Negative zu sehen ist. Die Blattkopien werden von einem Schnellscanner, der diesen Namen verdient, digitalisiert, dann werden die Aufnahmen verschlagwortet. Dazu hat Stadtarchivar Peter Scheck raffinierte Softwareverknüpfungen gestrickt: Das gesamte Pressefotografie-Archiv lässt sich im Internet durchforsten, wird man fündig, kann man beim Stadtarchiv ein entsprechendes Bild bestellen – was nach Ansätzen der Pro Litteris in Rechnung gestellt wird. Diese Software wird denjenigen Fotografen, die ihr Archiv auf absehbare Zeit noch behalten, bereits zur Verfügung gestellt, damit ab jetzt Bilder bereits nach den später benötigten Kriterien abgelegt werden können.



Stadtarchivar Peter Scheck erläutert das innovative Archivierungssystem für die Bilder der Schaffhauser Pressefotografen.
Bild: René Uhlmann

#Notizen zu Namen

21. Januar 2006 | Zum Gedenken an Peter Schmidhauser v/o Profit

Text
Schaffhauser Nachrichten, Region
Felix Schwank.

Wir nannten ihn in der Scaphusia Profit. In der Zeit davor war er Pödi, weil ihm das welsche Wörtlein «petit» etwas quer auf der Zunge lag. Berserker hätte man ihm auch sagen können. Er verfügte über Bärenkräfte, und wenn sein Temperament mit diesen durchging, war seine Nähe zu meiden. Profit? Ich frotzelte einmal in der Bierzeitung: «Paradox ist, wenn Profit alle Bierstängel isst, die er bezahlt!» Da war auch Neid im Spiel, denn Geld für Bierstängel besass ich nie. Auch nicht für Zigaretten. Darum waren wir um jene froh, die Profits Vater beim Hasenstall abgelegt hatte. Und Vater Schmidhauser schien es zu schätzen, wenn wir uns aus dem gelben Päcklein bedienten. Parisienne rund! Das war hinter dem Haus zum «Sonneck», dem «Löwen» gegenüber, in Rheinau. Das Haus ist abgebrochen, aber die Gastlichkeit des schmidhauserschen Hauses ist unvergessen. Da herrschte Mutter Schmidhauser. Sie war die Güte selbst, mit einem sachten Zittern im Gesicht. Mit einer Geruchskorrektur im Bereiche Hasenstall hatten die dort deponierten Zigaretten nichts zu tun. Frau Schmidhauser gehörte zu den ersten Kämpferinnen gegen das Passivrauchen. Stubenrein war bei ihr wörtlich zu nehmen. Profits Vater fügte sich lächelnd, gab seiner Frau aber gelegentlich doch eins ans Bein: «Es bräuchte einen Lastwagen für den Ersatz dessen, was diese Frau in der Schürze aus dem Haus trägt.» Die Mutter hat ihren Peter verwöhnt und mich dazu, wenn ich ins Haus kam. Profit hat zu Hause profitiert. Es gab dort, in der Kriegszeit, Dinge zu essen, die es damals eigentlich gar nicht gab. Ohne Mahlzeiten-Coupons notabene!
In der Elementarschule war Profit, neben 16 Mädchen, der einzige Knabe. So wie ich mich erinnere, haben ihn die Mädchen immer wohl gemocht. Er war nicht nur ein kräftiger, er war auch ein hübscher Bursche. Real- und Kantonsschule besuchte Profit in Schaffhausen. Den Mittagstisch hatte er beim Vergolder Uhlmann. Die Mutter von Straff, der damals Hauptmann im Generalstab und noch nicht Korpskommandant war, hat die Verwöhnung von Profit weitergeführt. An der Kanti gehörte er zu jenen, die in irgendeinem Trimester das Klassenbuch von Lehrer zu Lehrer tragen mussten. Das galt als Auszeichnung. Auch einen Geigenkasten schleppte der Freund zuweilen mit. Matura problemlos. Probleme gab es gelegentlich nach der Kneipe. Das Einschlagen von Fensterscheiben konnte damals eine ganze Stadt in Unruhe versetzen. Als ich Profit darauf aufmerksam machte, Handschuhe seien in der Scaphusia nicht als Handschutz, sondern als Commentgegenstand gedacht, liess er es mit blosser Faust, und blutig, splittern. Den Schulweg bewältigte er täglich mit dem Velo. Bei Regen in Klepper-Gummizeug gehüllt. Nicht die zehn zu bewältigenden Kilometer, nicht gelegentliche Zecherstürze in einen Acker machten Probleme, aber die Grenzer. Die Deutschen, für gewöhnlich waren sie harmlos, einem Spruch durchaus zugetan. Aber als Profit den SS-Mann neben «seinem» Grenzer zu wenig beachtete, geschah es. Die Schulmappe wurde durchsucht. Nicht Band und Mütze in der Mappe interessierten. Aber das gelbe Heftli mit der Französischlektüre: «Le siège de Paris». SS-Mann: «Was heisst das?» Profit, so wie er war: «Der Sieg von Paris.» Hätte er korrekt mit Belagerung übersetzt, wäre nichts passiert. Aber Sieg, das war für den chronischen Siegheil-Brüller zu viel. Es wurde herumtelefoniert, und es wurde Mittag, bis Profit, mit Verdacht, entlassen wurde.
Studium als Agronom und Militärdienst bis zum Grad des Leutnants schienen ineinander zu gehen. 1951 hat Profit Claire Sulzer in Meiringen geheiratet. Im Sommer war er in der Forschung tätig, folgte da der Spur seines Grossvaters, der sich als Saatzüchter unter anderem mit dem Burghofweizen einen Namen gemacht hatte. Grosse Ähre, standfester Halm. Im Winter war er Wanderlehrer an landwirtschaftlichen Schulen. Als er Verwalter des Regensdorfer Gutsbetriebes wurde, erinnere ich mich an einen Gang über Flur und Feld. Einer von uns trat in ein Entengelege. Mein Schreck war grösser als seiner: Nur das Nest nicht berühren, die Ente kommt wieder. Mein Freund hatte ein unzimperliches Verhältnis zur Natur. Sie war die Gebende, der man Sorge trug, ohne sie zu hätscheln.
Vier Kinder waren zur Welt gekommen, als sich unsere Familien, 1960, auf der Domaine des Barges bei Vouvry trafen. Er verwaltete das Ciba-Gut mit 200 Hektaren und war da ganz in seinem Element. Vielleicht seine glücklichste Zeit, die nach der Verschmelzung von Ciba und Geigy zu Ende ging. Die Familie zog 1968 nach Meiringen, wo er das Baugeschäft seines Schwiegervaters übernahm. Das ging nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Es gab einen Riss in die Familie. Auf den Scaphusia-Wanderungen erzählte er mir dies und jenes. Er trug nun einen mächtigen Bart, wirkte aber in vielem resigniert. In den Steigungen stockte unser Gespräch. In den Ferien zog es ihn nach Rheinau, ins Dorf, das sein Dorf war. Noch ging ein Lächeln über sein Gesicht, wenn ich ihm bei Rundgängen sagte, da habe er mir seinerzeit einen ehemaligen Mörder, dort einen Brandstifter vorgestellt. Er hatte so seine Art, mit diesen Leuten zu reden. Dann zog Peter ins Altersheim. Seine Schwester sprach mir von Alzheimer. Mit dem Neujahrgruss vor einem Jahr verband er den Wunsch, mich zu sehen. Ich dachte an eine Sommerreise. Da kamen die hohen Wasser. Ich wollte auch den Schein einer Gaffertour vermeiden. Schrieb ihm zu Weihnachten. Aber zwischen Weihnacht und Neujahr ging sein Leben zu Ende. Unterwegs zum Bahnhof, unterwegs zur Tochter Regula brach er zusammen – war sofort tot. Das Altersheim liess die Angehörigen wissen, sie hätten Peter Schmidhauser gern gehabt. Er sei liebenswürdig und hilfsbereit gewesen. Mit diesem tröstlichen Gedanken nehme ich Abschied von einem Freund.

#Notizen zu Namen

14. Januar 2006 | Mit dem Computer zurück ins alte Schaffhausen

Schaffhauser Nachrichten, Stadt Schaffhausen
Robin Blanck

Woher kommt die alte Bezeichnung BrühlmannAreal für den heutigen AdlerParkplatz? Und wie sah das Schwabentor vor, während und nach dem verheerenden Dachstockbrand von 1932 aus? Wie sieht der Engeweiher ohne Wasser, dafür mit zweihundert Arbeitern darin aus? Auf all diese Fragen gibt das Stadtarchiv Schaffhausen Auskunft. Aber nicht nur in den Räumlichkeiten am Fronwagplatz 24, sondern seit einiger Zeit auch online und dazu im Bild. Rund 150 000 Bilder und Darstellungen schlummerten lange in den Archivschränken, inzwischen sind rund 10 000 davon auch per Internet verfügbar. «Seit 1997 war eine Datenbank mit unseren Beständen über das Internet abrufbar, aber dieses Angebot war recht trocken», erinnert sich Stadtarchivar Peter Scheck. Damals waren sämtliche Fotoaufnahmen in 300 Ordnern säuberlich aufgereiht. Mit der Weiterentwicklung auf dem Elektroniksektor wurde die Digitalisierung und damit das Internet auch für Archive immer wichtiger. Den Schritt vom analogen Fotoalbum zur digitalen Bildergalerie, die von der ganzen Welt aus benutzt werden kann, vollzog schliesslich Peter Scheck. «Wir verfügten bereits über so viele Daten, dass es an der Zeit war, sie in dieser Form zugänglich zu machen», erläutert Scheck, der sich selbst bestens mit dem Computer auskennt und deshalb die entsprechende Software selbst programmiert hat. Das Resultat kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen. Via Internet erhält der interessierte Benutzer auf der Archivhomepage des Stadtarchivs Schaffhausen freien Zugang zu einer Vielzahl alter Aufnahmen, die schlaglichtartig die Geschichte und die bauliche Entwicklung der Stadt dokumentieren. Klickt man sich die gewünschte Aufnahme heraus, wird sie vergrössert und mit weiteren Informationen auf dem Bildschrim angezeigt. Meist erfährt man dann auch, wer anno dazumals auf den Auslöser gedrückt hat. Oft begegnet man dabei bekannten Schaffhauser Fotografen.

Per Mail Abzüge bestellen
Daten im Umfang von 200 bis 300 Kilobyte weist die Bildschirmdarstellung auf, entsprechend hoch ist die Qualität. «Aber natürlich nicht zu vergleichen mit dem Original», sagt Peter Scheck, «das Onlineangebot ist noch immer eine Hilfskonstruktion zur Recherche. » Wem das allerdings nicht reicht, der kann via EMail eine Kopie des Bildes bestellen, ebenso ist es möglich, die Daten gleich digitalisiert zu bekommen. Rund 100 mal im Jahr werden solche «Abzüge» bestellt, und zwar aus der ganzen Welt: User aus den USA oder etwa China schauen ebenso vorbei, wie Einheimische, die nachschauen wollen, wie ihre aktuelle Wohnadresse aussah, bevor dort überhaupt ein Haus stand.

Zum Stöbern für jedermann
Nicht nur Historiker und Genealogen fühlen sich durch die Homepage angesprochen, das umfassende Angebot hält auch für Laien eine ganze Schatztruhe voller Trouvaillen bereit. Geordnet ist der Bestand einerseits thematisch nach Bereichen wie Schifffahrt, Verkehr, Friedhöfen und anderem, ausserdem nach Strassennamen. Aber natürlich kann man auch direkt nach einem bestimmten Wort oder Begriff suchen. Stichwort eingeben, Enter drücken, und schon spuckt die Maschine die Treffer aus. Und nicht nur das: Wenn im Stadtarchiv weitere Akten zu einem Thema oder einer Person existieren, werden diese ebenso angezeigt.
«Die Zugriffszahlen geben uns Recht», stellt Scheck fest, denn mittlerweile verzeichnet die Homepage täglich bis zu 1500 Besucher, die in den Datenbanken herumsurfen. Laufend werden weitere Bestände von Aushilfen gescannt oder mit der Digitalkamera fotografiert. Geplant ist ausserdem, das Fotoarchiv weiterzuführen: Zurzeit stehe man mit zeitgenössischen Fotografen in Verhandlungen, sodass wenn alles klappt auch künftige Generationen unser Schaffhausen des frühen 21. Jahrhundertes werden bestaunen können.



Stadtarchivar Peter Scheck demonstriert die von ihm entwickelte Online-Datenbank.
Bild: Eric Bührer

#Notizen zu Namen

27. Dezember 2005 | «Neutralität hat nichts mit Ausbildung zu tun»

Schaffhauser Nachrichten, Hintergrund
Anna E. Guhl (Redaktorin beim «Zürcher Oberländer»)

*Korpskommandant Hans Rudolf Fehrlin geht als erster Hauptverantwortungsträger der Armee XXI in Pension. Der Dreisternegeneral war sechs Jahre lang Chef der Schweizer Luftwaffe. Am 31. Dezember um Mitternacht endet sein Kommando. Er setzte die Formel Sicherheit durch Kooperation um. So sichern die Militärpiloten der Schweiz und der Nachbarstaaten den Luftraum über Grossanlässen.*

*Schaffhauser Nachrichten:
Hans Rudolf Fehrlin, Sie haben, um es einmal ökonomisch zu formulieren, Ihr Berufsleben damit verbracht, das Produkt Sicherheit herzustellen. Fühlen Sie sich sicher?*
Hans Rudolf Fehrlin:
Ja. Mit der Art von Sicherheit, die unsere Armee produziert, fühle ich mich sicher. Die Priorität der Armee liegt auf der äusseren Sicherheit, für die innere Sicherheit sind primär die zivilen Polizeiorgane zuständig, die Armee ist hier subsidiär einsetzbar das heisst unter Führung der zivilen Organisationen.

*Produziert die Armee noch genügend Sicherheit?*
In der aktuellen Bedrohungslage ja.

*Wie steht es mit Ihrer persönlichen Sicherheit?*
Ich kann mich absolut sicher frei bewegen, und dies kann auch der Bundespräsident. Es ist ein Markenzeichen der Schweiz, dass die persönliche Bedrohung praktisch inexistent ist.

*Sie sind 1943 geboren und in Schaffhausen aufgewachsen. Ein Jahr nach Ihrer Geburt wurde Schaffhausen versehentlich bombardiert. Hat dieses Ereignis Ihr Sicherheitsempfinden geprägt? Hat es Ihre Berufswahl beeinflusst?*
Kaum. Aber die äussere Sicherheit von damals war immer wieder ein Diskussionsthema in der Familie. Mein Vater war Feldweibel, und ich erinnere mich gut, wie ich ihm geholfen habe, den Tornister für den WK zu packen. Das könnte ein Anstoss gewesen sein für die Berufswahl. Doch dass die Bomben ein Thema gewesen wären daran erinnere ich mich nicht.

*Als Sie in die Rekrutenschule einrückten, war die Armee 61 ganz neu. Sie beenden Ihre Karriere als einer der drei Hauptverantwortungsträger der Armee XXI. Dazwischen liegen Welten. Hat die Schweiz die Organisationsform ihrer Armee der Weltlage sinnvoll angepasst?*
Ich glaube schon. Zwischen den Fünfzigerjahren und dem Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich die Bedrohungslage in Europa ganz gewaltig verändert. Die Armee 61 und teilweise die Armee 95 waren geprägt vom Kalten Krieg. Mit der Bedrohungslage hat sich auch das Sicherheitsempfinden geändert, zum Glück damit aber auch die Finanzlage der Armee. Es gibt immer weniger Geld.

*Kann man sich in Europa tatsächlich sicherer fühlen?*
Die Migration hat nicht überall in Europa zur Erhöhung der Sicherheit beigetragen. Was unser Land betrifft, würde ich Ihre Frage in Bezug auf die äussere Sicherheit mit ja beantworten. Was die innere Sicherheit betrifft, habe ich das Gefühl, dass wir uns heute vor allem in grösseren Städten nicht mehr so frei bewegen wie früher. Die Kriminalität ist gestiegen.

*Seit den späten Siebzigerjahren bläst der Armee aus Politik und Gesellschaft ein ruppiger Wind entgegen: ArmeeAbschaffungsInitiativen 1989 und 2001, «Initiative für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge» 1993, Halbierungsinitiative 2000. Wie haben Sie das erlebt?*
Das waren jeweils schwierige Situationen, die aber auch Chancen darstellten. Das Schweizervolk hat ja jedes Mal für die Sache der Armee gestimmt. Selbstverständlich war es eine besondere Herausforderung, sich für den F/A18-Kampfjet zu engagieren, zu erklären, wieso die Schweiz ein so modernes Kampfflugzeug braucht. Das Parlament hätte die Initiative für ungültig erklären können, denn die Beschaffung von Rüstungsmaterial ist Sache des Parlaments. Heute bin ich glücklich, dass das Volk Stellung nehmen konnte. Um diesen positiven Entscheid werde ich von anderen europäischen Luftwaffenchefs stark beneidet.

*Etwa während des WEFs hatten Sie jeweils den Koffer für die Einsatzbefehle bei sich. Spätestens seit dem 11. September 2001 ist auch für die Öffentlichkeit denkbar, dass in München ein voll besetzter Jumbo startet, der über Zürich oder Davos zum Absturz gebracht werden soll. Was geht einem durch den Kopf, wenn man entscheiden muss, ob eine verdächtige Maschine abgeschossen wird oder nicht?*
Die Möglichkeit besteht tatsächlich. Die beiden Verantwortungsträger für die Feuererlaubnis sind der VBS-Chef und der Luftwaffenkommandant. Während des WEFs stellen wir den Schutz mit dieser Organisation und dieser Kompetenz sicher. Wenn sich dann ein nicht identifizierbares Flugobjekt der Sperrzone nähert, ist das für den Entscheidungsträger sehr nervenaufreibend. Es geht nicht nur um den möglichen Befehl «Schuss frei» beziehungsweise um den Abschuss des Flugzeugs, sondern auch darum, mit dem denkbaren Abschuss Kollateralschäden zu verhindern. Die abgeschossene Maschine soll nicht nur ihr Ziel verfehlen, sondern auch keinen weiteren Schaden anrichten. Das ist keine einfache Situation. Ich bin froh, dass sich bis heute all diese nicht identifizierbaren Flugobjekte nach einer Interzeption als ungefährlich erwiesen haben.

*Ist Neutralität im Luftraum (noch) praktizierbar?*
Ja. Neutralität heisst, keine Partei zu ergreifen und sich nicht in kriegerische Ereignisse einzumischen. Was wir tun, ist gemeinsam trainieren. Das hat mit Ausbildung zu tun. Das ist übrigens zwingend notwendig, weil wir nur im Vergleich mit Piloten anderer Luftwaffen unsere Qualität sicherstellen können. Neutralität hat nichts mit Ausbildung und Training zu tun.

*Welche Formen von Kooperation spielen sich in der Praxis zwischen der Schweizer und den benachbarten Luftwaffen ab?*
Neben dem Training setzen wir Sicherheit durch Kooperation um, wie sie im Sicherheitspolitischen Bericht 2000 festgeschrieben ist. Viele Aufträge erfüllen wir gemeinsam mit anderen Luftwaffen. Den Schutz des G8-Gipfels von Evian 2003 stellten die Schweizer und die französische Luftwaffe gemeinsam sicher. An den kommenden Olympischen Spielen von Turin im Februar 2006 kooperieren wir mit der italienischen Luftwaffe, bei den Fussball-Europameisterschaften von 2008 mit den österreichischen Luftstreitkräften.

*Gibt es Datenaustausch?*
Es gibt noch keine direkten Datenleitungen. Wenn nicht identifizierbare Flugobjekte die Grenze überfliegen, erfolgt die Warnung telefonisch. Während des Wefs haben wir jeweils kurzfristig das Luftlagebild der Österreicher auf unseren Bildschirmen, beim G8-Gipfel war es ein Teil desjenigen der Franzosen. Ein automatischer Luftlage-Datenaustausch müsste politisch geprüft und bewilligt werden. Eine gesamteuropäische Luftlage-Übersicht wird von allen europäischen Luftwaffen gewünscht, nicht zuletzt, weil auch für deren Sicherheit das schwarze Loch Schweiz suboptimal ist.

*Wie sehen die Überflugregeln aus? Müssen die Amerikaner jeden Flug von Deutschland über die Schweiz in den Irak einzeln bewilligen lassen, oder gibt es Pauschalregelungen?*
Sämtliche Überflüge von Staatsluftfahrzeugen sind bewilligungsund meldepflichtig. Für bestimmte von ihnen gibt es Jahresbewilligungen. Die Verantwortung liegt beim Bundesamt für Zivilluftfahrt.

*Zum Abschied hat Sie das Schulkommando der Fallschirmaufklärer im Oktober am Fallschirm aus einem Flugzeug in den Lago Maggiore springen lassen. Ist die Pensionierung ein Sprung ins kalte Wasser?*
Eher ein Sprung ins Unbekannte. Der vollständige Wechsel in die Privatsphäre nach 15 Jahren Führungstätigkeit in Bern bedeutet für meine Frau und mich Neuland. Aber wir freuen uns auf diese Zeit, weil auch das wieder eine Chance ist, die es zu packen gilt. Ich glaube nicht, dass ich unter Entzugserscheinungen leiden werde, obwohl ich mich gerne zurückerinnere. Die Zukunft muss jetzt von jüngeren Kräften geplant und umgesetzt werden.

*Anfang der Sechzigerjahre verfügte die Schweizer Luftwaffe über Vampire, Venom und HunterFlugzeuge. 1966 kam nach einem Beschaffungsskandal die Mirage hinzu. Heute erfüllt die Luftwaffe ihren Auftrag mit F5-Tiger und F/A18-Hornet-Kampfjets. Wie sieht die Luftwaffe der Zukunft aus? Gibt es noch pilotengesteuerte Kampfflugzeuge, oder sind es lauter Drohnen?*
Ich hoffe, dass sich die Luftwaffe auch in Zukunft immer optimal den Anforderungen wird anpassen können. Wir haben für die täglichen Aufgaben wie den Luftpolizeidienst drei Staffeln F/A18 und drei Staffeln Tiger zur Verfügung. Mit diesen Mitteln sind wir in der Lage, unseren ren Auftrag über mehrere Wochen zu, erfüllen, jedoch nicht über mehrere Monate. Darum ist es zwingend notwendig, dass die drei Tiger-Staffeln um 2010 ersetzt werden. Andernfalls könnte man den Auftrag nur noch wenige Tage sicherstellen.

*Setzt die Luftwaffe in Zukunft Kampfdrohnen ein?*
Die vollständige Verlagerung der Luftkriegsführung auf Drohnen ist für die Schweiz nicht bezahlbar. Dazu wären eigene Kommunikationssysteme und eigene Satelliten nötig hinzu kommt noch, dass Drohnen Grenzen haben. Die Schweiz kann keine High-Tech-Armee im Taschenformat haben. Das wäre unglaubwürdig.

*Rüstungsprogramme der Armee sind manchmal hochemotionale Geschäfte des Parlaments. Die Luftwaffe ist da besonders exponiert (2004 der abgelehnte Kauf von zwei Transportflugzeugen, 2005 der Streit um neue Helikopter, in Zukunft Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs). Wie leben Sie damit?*
Ich muss damit leben. Aber es macht mich betroffen, wenn es den grossen politischen Parteien egal ist und dies aus ganz unterschiedlichen Motiven, dass gewisse Rüstungsgüter auf Grund ihres Neins nicht mehr beschafft werden können. Wir haben zwar den Auftrag der Friedensförderung im Ausland, aber man gibt uns keine eigenen Mittel, um unsere Leute bei veränderten Bedrohungslagen aus Krisengebieten eigenständig auszufliegen.

*Bis 1990 haben Sie vor allem auf dem Militärflugplatz Dübendorf Dienst geleistet und gearbeitet, Sie sind also gewissermassen ein Ur-Dübendorfer. In den letzten Jahren haben Sie dann Entscheide zur Reduktion des Flugbetriebs und wahrscheinlich zur vollständigen Schliessung in ein paar Jahren mitgetragen. Tat das weh?*
Ja. Auch ich hätte Dübendorf gerne behalten. Aber wenn wir mit dem vorgegebenen Finanzvolumen nur noch die drei Kriegsflugplätze Meiringen, Sion und Payerne, einen Ausbildungsflugplatz in Locarno und einen Lufttransportflugplatz in Emmen betreiben können, dann reicht es eben weder für Dübendorf noch für Alpnach noch für Mollis.

*Der Streit um die Stationierung der F/A18 hat Anfang November eine neue Wende genommen, als Franz Weber seine Initiative zum Schutz der Tourismusgebiete vor Fluglärm einreichte. Wo kann die Luftwaffe heute hier zu Lande noch üben?*
Das neue Stationierungskonzept hat keinen direkten Zusammenhang mit der Initiative, denn diese spricht von Luftkampfübungen über touristisch genutztem Gebiet, nicht von Starts und Landungen. Es wird darum gehen, die Tourismusgebiete zu definieren. Eines ist aber sicher: Wir haben sehr viele touristisch genutzte Gebiete, und wir werden bei einer Annahme in der Schweiz kaum mehr Luftkampfübungen durchführen können. Die Initiative sperrt grundsätzlich den Luftraum über der Schweiz für militärische Kampfflugzeuge.



Bild: Christoph Kaminski

#Notizen zu Namen

22. November 2005 | Bericht vom Internationalen Bodensee-Jugendgipfel in Bregenz

Schaffhauser Nachrichten, Hintergrund
Stefan Achermann und Noah Valley

**Jugendliche fordern mehr Einfluss**
*Über 100 Schaffhauser Schülerinnen und Schüler nahmen am zweiten Jugendgipfel der Bodensee Agenda 21 teil.*

Am letzten Freitag fand in Bregenz der zweite Bodensee-Jugendgipfel der Agenda 21 statt (siehe SN vom 18. November). Hauptthema des Gipfels war «Nachhaltige Entwicklung», und darum ging es auch bei den verschiedenen Diskussionen.
Der Jugendgipfel bot viele Möglichkeiten, sich zu beteiligen oder nur zuzuhören. Nach der Begrüssung und einer Breakdancevorführung gab es eine zweistündige Forumsdiskussion mit Schaffhauser Beteiligung. Danach gab es Mittagessen, und am Nachmittag ging es weiter mit den so genannten Themeninseln. Dabei handelte es sich um Diskussionen im kleineren Kreis zu den Schwerpunkthemen. Die Themen waren: «Bildung und Arbeitsmarkt», «Integration und Menschenrechte», «Energieträger und Klimaprobleme», «Konsumverhalten und Egoismus», «Jugendbeteiligung und politische Strukturen». Zwischen den Diskussionen gab es Tanz und Singeinlagen, vorgeführt grösstenteils von jugendlichen. Auch eine Gruppe von Schaffhauser Schülern führte einen Tanz vor. Daneben war der «Markt der Möglichkeiten» mit seinen interessanten Ständen während des ganzen Tages geöffnet. Gegen Abend, nach den Diskussionen auf den Themeninseln, fand ein Jungendband-Wettbewerb mit Schaffhauser Beteiligung von «The Rockets» statt. Den ganzen Tag konnte man sich ausserdem Filme zu verschiedenen Themen ansehen oder sich beim Tischfussball vergnügen.

**Bandcontest**
Zweiter Platz für «The Rockets»
Das Highlight des Programms war der Bandcontest. Aber nur ein kleiner Haufen liess sich noch von den vier Bands mitreissen. Eigentlich hätte auch die Schaffhauser Band «Scaramanga» spielen sollen, doch sie musste ihren Auftritt absagen. Die Schaffhauser Delegation war sehr enttäuscht darüber, da man grosse Hoffnungen in diese Band gesetzt hatte.
Der Schaffhauser Daniel Leu moderierte den Bandcontest. Jede Band hatte 15 Minuten Zeit, um ihre Performance zu machen. Als Erste spielte die Rockband «Libido Froid». Dann spielte die Schaffhauser Band «The Rockets», die mit ihren irischen Liedern die Menge beeindruckte. Als Nächste kam die Band «Funk Food» an die Reihe, welche nicht so überzeugen konnte. Die vierte und letzte Band war «Nouvelle». Am Schluss wurde diese zum Sieger gekürt. Sie gewann einen Tag im Tonstudio mit Stephan Zobeley, dem Gitarristen von Herbert Grönemeyer. Die Schaffhauser Band «The Rockets» kam immerhin auf einen guten zweiten Platz.

**Projekte vorgestellt: Bodensee von morgen gestalten**
Noah Valley und Stefan Achermann
*Am «Markt der Möglichkeiten» wurden Projekte zur Nachhaltigkeit präsentiert.*

Der «Markt der Möglichkeiten» war während des ganzen Tages geöffnet und bestand aus verschiedenen Ständen aus allen Gegenden der Bodenseeregion. Bei den 46 Ständen wurden jeweils Projekte vorgestellt zu den ausgewählten Themen des Jugendgipfels, die zeigten, was jugendliche schon heute tun können, um die Bodenseeregion von morgen mitzugestalten. Die verschiedenen Stände waren zum Teil sehr aufwändig gestaltet, dadurch wurde der Rundgang durch den «Markt der Möglichkeiten» sehr abwechslungsreich und spannend.
Interessante Themen waren unter anderem CO2-Belastung in der Atmosphäre – und auch speziell in Schulräumen -, Integration von Behinderten sowie Natur und Energiegewinnung.

Ein Projekt aus Schaffhausen
Aus Schaffhausen gab es auch einen Stand, der von einer Sekundarklasse des Gega-Schulhauses geleitet wurde. Das Thema war die biologische Landwirtschaft und ihre Vor- und Nachteile. Der Stand fand grosse Begeisterung, da er sehr bunt aussah und man kostenlos Speck, Wurst, Obst, Gemüse und Apfelsaft degustieren konnte.
Diese hochwertigen Produkte stammten natürlich aus der Region Schaffhausen und aus biologischem Anbau. Der Stand beschäftigte sich aber auch noch mit dem sozialen Aspekt. Aufliegende Prospekte der «Altra Schaffhausen» informierten über biologischen Anbau. Die «Altra Schaffhausen» steht ebenfalls für Lehrstellen für Menschen mit einer leichten Behinderung ein.

**Politik soll Schulstoff sein**
Jane Braden und Iris Romay
*An der Forumsdiskussion wurden verschiedene Forderungen formuliert.*

An der ersten Diskussion des Tages sprachen Jugendliche und Politiker aus der Bodenseeregion über die Rolle der Jugend in der Politik. Aus Schaffhausen beteiligte sich unter anderem Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf.
Nach der Frage, ob sich ähnliche Unruhen wie in Frankreich auch in der Bodenseeregion ereignen könnten, konzentrierte sich die Diskussion immer mehr auf die Tatsache, dass die heutige Jugend zu wenig in der Politik mitreden könne. Man kam zur Übereinstimmung, dass es sowohl den Einsatz der jugendlichen als auch das Engagement der Politiker brauche, um frischen Wind in die Politik zu bringen. Als mögliche Lösung dieser Problematik beschlossen die Diskussionsteilnehmer, dass das politische ABC ein festerer Bestandteil des Oberstufenunterrichts werden solle. Dabei sollte besonderer Wert auf die praktische Umsetzung statt auf blosse Theorie gelegt werden. Somit würden die jungen Leute lernen, später mit ihrer politischen Mündigkeit aktiv umzugehen.
Folgende Probleme kamen im Laufe der Diskussion zur Sprache: Politische Instrumente seien nur für Erwachsene ausgelegt; Jugendliche würden nicht ernst genommen werden; die Jugend sei demotiviert auf Grund der Jugendarbeitslosigkeit und ihrer politischen Ohnmächtigkeit und fühle sich zudem als überflüssige Generation Um dem entgegenzuwirken, wünschten sich die Teilnehmer für den Jugendgipfel 2007, dass die Jugend mehr Interesse an der Politik zeige, dass sie mehr Beachtung geschenkt bekäme, dass ernst gemeinte Dialoge entständen und dass mindestens ein Jugendparlament pro Kanton oder Bundesland existiere.
Ob diese Umsetzung klappt, liegt nun an den Rahmenbedingungen, die Politiker, Schulen und jugendliche hoffentlich bald gemeinsam schaffen werden.

**Ursula Hafner-Wipf: Die Jugendlichen mehr einbeziehen**
*Warum sind Sie zum Jugendgipfel gekommen?*
Ursula Hafner-Wipf: Ich war schon beim ersten Jugendgipfel dabei, und mich hat es beeindruckt, wie viele jugendliche am Jugendgipfel teilnahmen und sich engagierten.
*Was hat Sie dabei besonders angesprochen?*
Mich als Regierungsrätin interessiert vor allem die Mitwirkung von Jugendlichen in politischen Fragen, die sie betreffen.
*Was sollte man das nächste Mal anders machen?*
Man sollte die jugendlichen mehr einbeziehen, sie beispielsweise interviewen. Und das Ganze sollte spannender gestaltet werden.

**Urs Hunziker: Erfreut über das Engagement**
*Warum sind Sie zum Jugendgipfel gekommen?*
Urs Hunziker: Weil die Jugendlichen und ihre Anliegen mir in der täglichen Arbeit als Stadtrat begegnen. Deshalb war ich interessiert, mich einzubringen.
*Was hat Sie besonders gefreut?*
Mich haben das Engagement der jugendlichen sowie deren Reflexion über die Themen gefreut.
*Was hat Sie gestört?*
Die zum Teil mangelhafte Organisation und Technik haben mich gestört.

**Jugendgipfel in Bregenz: So erlebten Schaffhauser Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Gipfel / Guter Austausch unter Jugendlichen**
Carole Signer (18), Schaffhausen:
Insgesamt gefiel mir der Jugendgipfel in Bregenz sehr gut. Ich war vor allem von den vielen engagierten Jugendlichen beeindruckt. Ein bisschen habe ich auch mitdiskutiert. Den Moderator von der Morgendiskussion fand ich schlecht, er gestaltete die Runde nicht sehr spannend. Sonst war alles gut organisiert – die Verpflegung ging reibungslos über die Bühne.
Anne-Sophie Tramer (16), Stein am Rhein:
Mir hat der Anlass grundsätzlich gefallen. Ich denke, dass der Gipfel nichts direkt an der Politik verändert, sondern vor allem die jungen zur Diskussion und Beteiligung an der Politik angeregt hat. Ein Nachteil war, dass so viele Leute von verschiedenen Regionen da waren, denn so konnte man nur schwer gemeinsame Probleme finden. Ich hatte die besten Gespräche ausserhalb des Gipfels.
Elias Meier (17), Schaffhausen:
Mir hat gefallen, dass es eine länderübergreifende Veranstaltung war – und auch das gute Essen (mit einem Schmunzeln). Auch das Rahmenprogramm, das heisst die professionellen Breakdancer, haben mich beeindruckt. Und dass die Jugend im Mittelpunkt des Geschehens stand. Mich hat enttäuscht, dass die Politiker nicht, wie angekündigt, zum Tischfussballspiel gekommen sind.
Martina Matthys (18), Thayngen:
Die Atmosphäre am Jugendgipfel gefiel mir sehr. Die Diskussionen fand ich teilweise sehr interessant, und ich nutzte die Möglichkeit, bei allen Themeninseln vorbeizuschauen. Besonders gefallen hat mir der «Markt der Möglichkeiten» mit den verschiedenen Projekten und natürlich die musikalischen und tänzerischen Darbietungen von jugendlichen Künstlern.
Stephanie Stamm (19), Schaffhausen:
Der Jugendgipfel in Bregenz hat mir im Grossen und Ganzen sehr gut gefallen; vor allem der «Markt der Möglichkeiten» mit den verschiedenen Projekten hat mich beeindruckt. Sie haben sich wirklich Mühe gegeben und waren sehr engagiert. Leider waren die Diskussionsrunden am Nachmittag mit der Zeit eher langweilig. Gut gefallen hat mir auch der Bandcontest.

#Notizen zu Namen

18. November 2005 | Vor dem Internationalen Bodensee-Jugendgipfel in Bregenz

Schaffhauser Nachrichten, Region
Iris Romay und Jane Braden

**Vorfreude auf den Jugendgipfel**
*30 Schaffhauser Schülerinnen und Schüler fahren heute zum Internationalen Bodensee-Jugendgipfel in Bregenz.*

Heute Freitag findet in Bregenz der zweite Bodensee-Jugendgipfel der Agenda 21 statt. «Nachhaltige Entwicklung» ist dabei zentraler Dreh- und Angelpunkt der verschiedenen Diskussionen.
Das Projekt der Bodensee Agenda 21, der Jugendgipfel, will jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren anregen, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, und ermöglicht ihnen, mit Politikern auf gleicher Ebene zu diskutieren. Erstmals fand ein solcher Jugendgipfel 2003 statt.
Dieses Jahr können die Jugendlichen darüber debattieren, was aus ihren damaligen Beschlüssen geworden ist, und weitere Ideen bei Podiumsdiskussionen mit Hilfe der Experten formulieren und sie auf ein realisierbares Format bringen. Das Prinzip «Qualität vor Quantität» wird im Bezug auf diese Ideen gross geschrieben. Man möchte den jugendlichen eine Plattform bieten, wo sie ihr Bewusstsein über die Nachhaltigkeit und ihr Engagement einbringen können.

Schaffhauser Politiker dabei
Die fünf Themenschwerpunkte sind «Bildung und Arbeitsmarkt», «Integration und Menschenrechte», «Energieträger und Klimaprobleme», «Konsumverhalten und Egoismus» und «Jugendbeteiligung und politische Strukturen». Voraussichtlich werden die beiden Schaffhauser Stadträte Urs Hunziker und Thomas Feurer an den Diskussionen teilnehmen.

Attraktives Rahmenprogramm
Die Organisatoren des Gipfels geben sich alle Mühe, ein für jugendliche ansprechendes, abwechslungsreiches und interessantes Programm zu gestalten. Die Podiumsdiskussionen werden von verschiedenen Darbietungen, Workshops und einem Band-Wettbewerb aufgelockert. Die Schaffhauser Bands Scaramanga und The Rockets konnten sich in der Vorrunde gegen viele andere Bands durchsetzen und gehören zu den fünf Finalisten-Bands, die am Abend gegeneinander antreten werden.

**Stichwort: Bodensee-Jugendgipfel**
Agenda 21 ist ein entwicklungs- und umweltpolitisches Leitpapier . zur «nachhaltigen Entwicklung».
Sie wurde 1992 in Rio de Janeiro von 179 Staaten unterzeichnet.
Die Bodensee-Agenda 21 will dieses Thema speziell der Jugend näher bringen.
Das Programm beinhaltet Podiumsdiskussionen über aktuelle, jugendbezogene Themen.
Ziel ist es, dadurch Projekte ins Leben zu rufen.

**Unsere Autoren: Schaffhauser Delegation**
Die Klassen 3sb und 4sb der Kantonsschule und drei Sekundarklassen aus dem Gräfler machen im Rahmen des Deutschunterrichtes eine Exkursion zum Jugendgipfel. Einige der Schülerinnen und Schüler berichten vor und nach dem Ereignis für die SN über den Jugendgipfel. Die Autoren der heutigen Beiträge sind: Stefan Achermann, Jane Braden, David Furrer, Joel Günthardt, Isabelle Homberger, Iris Romay, Noah Valley.
Neben den rund 30 Schülerinnen und Schülern aus Schaffhausen werden insgesamt über 1000 Jugendliche aus vier Ländern in Bregenz erwartet.

**Jugendgipfel in Bregenz: Erwartungen von Schaffhauser Teilnehmerinnen und Teilnehmern / Hoffen auf spannende Diskussionen über aktuelle Themen.**
Carole Signer (18), Schaffhausen:
Ich erhoffe mir angeregte Diskussionen mit unseren Nachbarländern (Deutschland, Österreich, Liechtenstein), mit denen wir sonst nicht viel zu tun haben. Die Idee des Gipfels finde ich gut; ich bin auch offen für eventuelle Projekte. Ich freue mich zudem auf das Rahmenprogramm, vor allem auf den Band-Wettbewerb – insbesondere auf die Schaffhauser Bands.
Anne-Sophie Tramer (16), Stein am Rhein:
Ich habe noch nie etwas von der Agenda 21 gehört, aber ich finde es allgemein gut, wenn jugendliche sich öffentlich betätigen. Ich bin besonders gespannt, wie das ganze organisiert ist und ob die Politiker und die anderen Erwachsenen die jugendlichen ernst nehmen. Die Themen «Bildung» und «Energiepolitik» interessieren mich am meisten.
Elias Meier (17), Schaffhausen:
Ich erwarte, dass wir über die sozialen und politischen Probleme von Experten informiert werden und mit Politikern diskutieren können. Ich habe erfahren, dass das Programm durch Workshops und einen Band-Wettbewerb sehr abwechslungsreich gestaltet ist. Mich interessiert im Besonderen das Diskussionsthema «Konsumverhalten und Egoismus».
Martina Matthys (18), Thayngen:
Ich weiss zwar nicht so genau, was mich dort erwarten wird, freue mich aber auf diese Exkursion mit meiner Klasse, vor allem auf den Jugendband-Wettbewerb. Ich finde es gut, dass sich Jugendliche aus verschiedenen Ländern treffen und auch Gespräche mit Politikern führen können. Besonders interessiert mich das Thema «Menschenrechte und Integration».
Stephanie Stamm (19), Schaffhausen:
Ich freue mich sehr auf den Jugendgipfel, insbesondere auf die Diskussionen mit den Politikern. Ausserdem scheint das Programm des Tages sehr interessant zu sein. Ich finde der Jugendgipfel ist auch eine gute Gelegenheit, um mit jugendlichen aus anderen Ländern zusammenzukommen und mit ihnen über aktuelle Themen zu sprechen.


Elias Meier v/o Funke
Bild: Simone d’Aujourd’hui

#Notizen zu Namen

18. Oktober 2005 | Verfehlte Hamsterkäufe und Hysterie

Schaffhauser Nachrichten, Region
Martin Schweizer

Bis heute habe die Vogelgrippe vorwiegend Vögel, insbesondere Geflügel und Wasservögel, befallen, seit Dezember 2003 seien «weltweit lediglich 112 Personen erkrankt». Dabei handle es sich ausschliesslich um Menschen, die «unmittelbaren Kontakt mit bereits infiziertem Geflügel hatten». Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei nicht nachgewiesen, das «Risiko für Schweizer liege, auch für Reisende, nahe bei null», schreiben die Schweizer Ärzte und Apotheker in einem pointiert abgefassten Merkblatt, das seit gestern Montag bei Hausärzten und in Apotheken erhältlich ist.

An den Arzt wenden
Die Ärzte und Apotheker wollen mit dieser Information offenbar den in jüngster Zeit in Teilen der Schweiz, aber auch in andern Ländern festgestellten Run auf das angebliche Wundermittel Tamiflu und die Hamsterkäufe desselben stoppen. Wer sich bereits mit Tamiflu eingedeckt hat, wird nun «dringend» gebeten, sich «im Falle einer grippalen Erkrankung an den Arzt zu wenden und keinesfalls ohne ärztliche Anweisung Tamiflu anzuwenden», heisst es in dem Rundschreiben weiter. Eine unsachgemässe Verwendung könne «schwer wiegende Folgen haben», warnen die Humanmediziner.

Reserve im Kantonsspital
Kantonsarzt Dr. Jürg Häggi stellte sich gestern voll und ganz hinter diese Verlautbarung. Häggi auf Anfrage: «Ich bin absolut gleicher Meinung, es hat überhaupt keinen Sinn, sich mit Tamiflu einzudecken», zumal der Bund dabei ist, bis Ende des Jahres ein Pflichtlager für zwei Millionen Personen anzulegen. 250000 Dosen sind zusätzlich für das medizinische Personal reserviert, für den Kanton Schaffhausen sind dies 2500 Packungen. Eine kleinere Reserve für die Patienten hält auf Anraten des Kantonsarztes überdies auch das Kantonsspital in seiner Apotheke bereit. Das alles erscheine ausreichend: «Wir sind», so Häggi, «vergleichsweise gut gewappnet.» Das Bundesamt für Gesundheit und das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung bereiten in den nächsten Wochen zudem in Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden ein Konzept für die Versorgung mit Tamiflu im Falle einer Pandemie vor.
Der Kantonsarzt weist im Übrigen darauf hin, dass sich Apotheker strafbar machen, die Tamiflu ohne Rezept abgeben. Ärzte wiederum handeln zumindest «unethisch», wenn sie das Mittel «einfach so», ohne medizinische Indikation, verschreiben.

Schaffhausen atypisch
Eine Umfrage in Schaffhauser Apotheken ergab nun allerdings, dass sich die Schaffhauser offenbar völlig atypisch verhalten – es wurden in den letzten Tagen zwar zum Teil mehr als üblich, in keiner der von uns befragten Apotheken in der Stadt aber übermässig viele Packungen Tamiflu abgegeben. Die Apotheker warnten im Gegenteil vor Panikmache und scheinen ihre Kundschaft jeweils sehr fachgerecht zu informieren.

Grippe verkürzen
Tamiflu wird vom Hersteller Roche als Medikament zur Behandlung der Grippe bezeichnet. Offenbar vermag das zur Arzneimittelgruppe der so genannten Neuraminidasehemmer gehörende Produkt den Verlauf der herkömmlichen Grippe zumindest etwas zu verkürzen. Ob das Medikament aber beim Auftreten des gefährlichen H5N1-Virus wirklich hilft, weiss man nicht – noch nicht, denn, so nochmals Häggi, «man konnte Tamiflu bisher nicht im grossen Stil ausprobieren». Kommt hinzu: Wird das Mittel unkontrolliert und gar vorbeugend geschluckt, kann es seine Wirksamkeit womöglich ganz verlieren und eine Resistenz gegen Viren entwickeln. Auch Nebenwirkungen sind möglich und «Überraschungen» wie bei allen neuen Medikamenten ebenfalls nicht gänzlich auszuschliessen.
Am besten also, man lässt so lange als möglich die Finger davon und tröstet sich mit dem letzten Satz im Merkblatt der Ärzte und Apotheker: «Speisen mit gekochtem Geflügel sind unbedenklich.»

**Stichwort: Tamiflu**
Mit den teilweise erregt geführten Diskussionen rund um die nun auch in der Türkei und in Rumänien registrierte Vogelgrippe rückt Tamiflu wieder in den Vordergrund des Interesses. Der Absatz des in Kapseln und Pulver erhältlichen Medikamentes der Roche ist in den letzten Tagen da und dort sprunghaft angestiegen.
Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH und der Schweizerische Apothekerverband SAV sahen sich deshalb veranlasst, zur Zurückhaltung in der Verschreibung aufzurufen. Seit gestern Montag liegen in den Wartezimmern der Ärzte und in Apotheken entsprechende Merkblätter auf, worin es unter anderem heisst: Falls es in der Schweiz tatsächlich zu einer Ansteckung kommen sollte, wäre die Behandlung mit Tamiflu sichergestellt, es sei somit «völlig nutzlos, einen persönlichen Vorrat für den Fall einer Erkrankung anzulegen».

Kantonsarzt Dr. Jürg Häggi: Warnung vor unkontrollierter Einnahme des Medikamentes Tamiflu. Bild: B. + E. Bührer.

#Notizen zu Namen

10. August 2005 | Rollenspiele. Der neue Freizeit-Trend

Coop-Zeitung, Nr. 32
Katalin Vereb und Eva Nydegger

**Hier kann jeder Feen sehen**

Die Einheimischen haben sich schon an den Anblick gewöhnt: Ein Mal im Jahr wird Leuk von einem sehr originellen, bunten Völkchen heimgesucht. Hobbits und Orks schlendern lachend durch die alten Gassen des romantischen Städchens im Wallis – zücken aber dann und wann das Handy. Martialisch aussehende Kämpfer aus einer anderen Welt sitzen auf dem Dorfplatz und geniessen ein kühles Bier – benutzen aber ein Feuerzeug zum Anzünden der Zigaretten, das sie «Taschendrachen» nennen. Und viele prächtig gekleidete Elbinnen und Elben tanzen abends bei der Burg zu ziemlich modernen Klängen.
Seit 2001 verwandelt sich Leuk ein Mal im Jahr in das Land Mittelerde. Hier treffen sich die Fans der Kult-Romantrilogie «Herr der Ringe» von J.R.R. Tolkien jeweils für vier Tage, kleiden sich wie die Romanfiguren oder nehmen die Filmkostüme als Inspiration für eigene Kreationen. Nicht alle Teilnehmer sind ganz stilecht à la Herr der Ringe kostümiert. Aber das macht nichts. Hier sind alle willkommen. Es gibt Kurse wie «Kettenhemd stricken», «trollisch tanzen» oder «Schwertkampf» – und natürlich Rollenspiele.
Daniela Lutz (26) und Andreas Schönenberger (31) sind schon zum dritten Mal zum Mittelerde-Fest nach Leuk gereist. Sie im braunen Elbenkleid, er in einer blauen Tunika. Die kaufmännische Angestellte und der Radiomoderator aus St. Gallen sind dank «Herr der Ringe» ein Paar. Er hat sie interviewt vor der Schweizer Premiere des zweiten Films der Trilogie. Seither dreht sich im Leben der beiden vieles um das Thema Mittelerde und Fantasy. Daniela und Andreas organisieren selber regelmässig so genannte Larps, Live Action Role Plays, ein etwas ausgefallener Freizeit-Trend, der auch in der Schweiz immer mehr Anhänger findet. Die Mitspieler haben bestimmte Rollen, dann gibt es Statisten, die ebenfalls klar definierte Figuren darstellen, Bösewichter oder Geister, die für den Verlauf der Handlung wichtig sind. Das erste Liverollenspiel des Kulturvereins Osgallon, wie sie sich und das Organisationsteam nennen, war vor zwei Jahren. Diesen November planen sie die achte Auflage des Fantasy-Spiels in den St. Galler Wäldern. Am Anfang war es noch ein kleines Grüppchen von Verschworenen. Inzwischen ist die Teilnehmerzahl auf etwa 100 gestiegen. Und es werden wohl noch mehr werden: Am Mittelerde-Fest hat der Kulturverein Osgallon einen Einführungskurs für Larp gegeben. Er war gut besucht.
Antje Van Mark hat sich für einen anderen Kurs entschieden. Sie hat schon an vielen ähnlichen Veranstaltungen teilgenommen und ist ensprechend gerüstet: Am Mittelerde-Fest trug sie eines der schönsten Kostüme. Die talentierte Zeichnerin hat es selbst entworfen, aber nähen lassen: «Ich wollte, dass es perfekt gearbeitet ist.» In Leuk hat die 22-jährige Studentin aus Bex (VD) in einem der Kurse ein Paar Schuhe auf echt mittelalterliche Art hergestellt. Auch aus wissenschaftlichem Interesse: Antje Van Mark studiert Altfranzösisch, Deutsch und Englisch, ihr Spezialgebiet ist die Mediävistik, also das Mittelalter. Das will sie später auch werden, Mediävistin. Diese Zeit hat sie bereits als Kind interessiert. Da es in der Schule nur oberflächlich behandelt wurde, hat sie sich ihr Wissen schon in ganz jungen Jahren selbst angeeignet. «Gewissermassen lebe ich in der falschen Zeit», sinniert sie. Gäbe es eine Zeitmaschine, würde sie sofort ins Mittelalter reisen. «Aber nur mit einer Rückfahrkarte», schränkt Antje Van Mark lachend ein. Sie ist realistisch genug, um auch die Kehrseite der früheren Zeiten zu sehen: «Es gab zum Beispiel schreckliche Epidemien, und der Lebensstandard war auch nicht der beste. Ein oder zwei Wochen könnte ich vielleicht auf die technischen Annehmlichkeiten verzichten. Aber im Winter wäre es besonders schwer …» Was sie liebt, sind die Kleider und die Literatur aus der Zeit. Auch ihr Zimmer im Haus ihrer Eltern ist stilecht mit alten Möbeln eingerichtet.
In der Wohnung von Daniela Lutz und Andreas Schönenberger in St. Gallen sieht es nicht ganz so mittelalterlich aus. Immerhin steht im Wohnzimmer ein langer Tisch, der an eine Rittertafel erinnert. Und an den Wänden hängen Nachbildungen der Schwerter aus der Herr der Ringe-Trilogie. Sie pflegen auch durchaus Hobbys in der modernen Welt: ins Kino gehen, Freunde treffen, Schach spielen oder Standardtänze. «Es gibt Leute, die jedes Wochenende an einem Larp teilnehmen», sagt Daniela. «Das wäre uns zu viel. Den Alltag zu vergessen tut zwar gut, aber man sollte noch ein Leben daneben haben.» Einer Reise ins Mittelalter wäre sie ebenfalls nicht abgeneigt: «Aber natürlich nur als Burgfräulein!» Und nur mit Handy …

**Mittelerde-Fest. Alle Jahre wieder in Leuk**
*«Wir hatten nach jedem Fest genug, haben aber trotzdem immer wieder eins gemacht»*

Interview mit Janni Chronis, Pressesprecher des Mittelerde-Festes.

*COOPZEITUNG: Die Herr der Ringe-Trilogie ist längst im Kino gelaufen. Doch das Mittelerde-Fest hat mehr Teilnehmer denn je: 1000 Leute. Hat Sie dieser Erfolg überrascht?*
JANNI CHRONIS: Als wir 2001 das erste Fest organisiert haben, wollten wir etwa 40 bis 60 Leute einladen. Wir hätten nie gedacht, dass wir so etwas Grosses hinkriegen. Dieses Jahr sind die Server zusammengebrochen, das Interesse war so gross. Man konnte sich nur übers Internet anmelden. Die Vier-Tages-Pässe waren nach Minuten ausverkauft. Wir hatten Mühe, alle in Hotels unterzubringen.

*Das klingt, als würde sich so ein Anlass auch finanziell lohnen.*
Wir sind sieben Leute im Organisationsteam und wir machen das alle als Hobby, aus Idealismus. Es ist nicht so, dass wir jetzt alle lange Ferien machen können oder viele Autos kaufen. Uns geht es um den Spass, den wir selber haben und wir wollen den Leuten einfach eine Freude machen.

*Wie lange dauert es, so einen Anlass auf die Beine zu stellen?*
Fast ein ganzes Jahr. Das Problem ist, dass wir vom Team weit auseinander wohnen, einer kommt sogar aus Berlin. Man kann nicht alles übers Internet und mit E-Mails organisieren, man muss auch Sitzungen machen und das zieht alles in die Länge.

*Was schätzen Sie, wie viele Leute werden beim nächsten Mittelerde-Fest kommen?*
2006 wird es wohl keines geben. Uns fehlt die Zeit, wir haben als Studenten angefangen, jetzt arbeiten viele vom Team und das Fest ist immer grösser geworden. Obwohl: Wir hatten nach jedem Fest genug, haben aber trotzdem immer wieder eins gemacht. (lacht).

**Larp kurz erklärt: Wie Räuber und Poli**

Larp ist die Abkürzung der englischen Bezeichnung «Live Action Role Play», also ein Live-Rollenspiel, aber ohne Zuschauer. Salopp gesagt: Larp ist Räuber und Poli für Erwachsene. Wer Larp erfunden hat, ist unbekannt. Es hat sich wohl aus dem so genannten Papier-und-Bleistift-Rollenspiel entwickelt, bei dem der Spielleiter Situationen vorgibt und die Spieler dann den weiteren Verlauf der Geschichte erzählen. Beim Larp wird wirklich gespielt, mit Kostümen und stilechten Utensilien. Jeder Spieler kreiert seinen Charakter selbst. Bei den Larp-Treffen, die Cons genannt werden, gibt es meist Aufgaben zu lösen. Ob man sie wirklich löst und wie sich die Geschichte entwickelt, ist völlig offen.

LARP-Kalender

#Notizen zu Namen

29. März 1966 | Dr. Hugo von Ziegler

Schaffhauser Nachrichten
Ernst Steinemann

In seinem Heim zum Weissturngut an der Stokarbergstrasse verschied am 25. März, für Angehörige und Freunde unerwartet, Dr. Hugo von Ziegler an einem Schlaganfall. Obschon er in der Oeffentlichkeit wenig hervortrat und unseres Wissens auch nie weder ein kantonales noch ein städtisches Amt bekleidete, verdient er doch, dass seiner ehrend gedacht wird.
Dr. Hugo von Ziegler entstammte einem Zweig des alten städtischen Geschlechtes der Ziegler, der im Jahre 1717 durch Kai ser Karl VI. geadelt worden ist und dem Stand Schaffhausen im Laufe seiner Geschichte tüchtige Magistraten und Offiziere gestellt hat. Es zeugt für seine vornehme Gesinnung, dass er nie auf die Verdienste seiner Vorfahren pochte, sondern der Ueberzeugung huldigte, dass jede Generation nur das ist, wozu sie sich selbst emporarbeitet.
Dr. Hugo von Ziegler wurde am 8. Februar 1890 in Schaffhausen geboren, durchlief die humanistische Abteilung der Kantonsschule und promovierte in Berlin zum Dr. iur. Im Jahre 1921 vermählte er sich mit Fräulein Schindler von Mollis, einer ihn mit grosser Treue umhegenden Person, und eröffnete in der Vorstadt das unter seinem Namen bekanntgewordene Bankgeschäft von Ziegler, das er vor wenigen Wochen altershalber liquidierte. Im heissen Sommer 1911 bestand er mit seinen teilweise noch jetzt lebenden Schaffhauser Kameraden die Offiziersschule in Zürich und diente dann in der dritten Division, wo er als fahrender Mitrailleur bis zum Rang des Majors aufstieg.
Wer die Freude und das Glück hatte, die Bekanntschaft von Zieglers zu machen, lernte in ihm einen sehr bescheidenen, von allem Dünkel freien Menschen kennen, der ein Schaffhauser war durch und durch und die alten städtischen Familien und deren Geschichte kannte wie kaum ein Historiker vom Fach Daneben gehörte seine grosse Liebe dem Garten seines Hauses, in welchem es keine Pflanze, weder Blume noch Strauch gab, deren deutschen und lateinischen Namen er nicht kannte. Sein grosses Können und Wissen lag jedoch auf dem Gebiet der Kunstgeschichte. Hier war er Autorität. So bereitete er als wohl bester Kenner Lindtmayers im Jahre 1952 gemeinsam mit Dr. Steiner die Daniel-Lindtmayer-Ausstellung vor und bearbeitete mit grösster Sachkenntnis den vielbeachteten Katalog. Mit derselben Hingabe warf er sich auch auf die Sammlung von Schaffhauser Altsilber und erlebte noch in den letzten Tagen die Freude, einen zweiten Zunftbecher des in alle Winde zerstreuten Tafelgeschirrs der Wohladelichen Gesellschaft zun Kaufleuten erwerben zu können. Mit der jüngst verstorbenen Dora Rittmeyer zählte er zu den besten Kennern der schweizerischen Silber- und Goldschmiedearbeiten.
Von den alten Familien, die einst der Stadt das Gepräge gaben, verschwindet eine nach der andern. Ihre Nachkommen ziehen weg und suchen anderwärts ihr Auskommen. Die Bevölkerungsstruktur ist in einem gewaltigen Umbruch begriffen. So nimmt mit Dr. Hugo von Ziegler ebenfalls der letzte Vertreter seines Geschlechtes von der Stadt Abschied. Wir wissen, dass wir uns diesem Wandel zu beugen haben. Und so nehmen wir Abschied von Dr. Hugo von Ziegler als von einem Menschen, dem der christliche Glaube seiner Vater Kraft und Trost war und der in seiner süllen Art durch seine Sammeltätigkeit der Heimat mit allen Fasern seines Wesens verbunden war.