#Notizen zu Namen

11. Dezember 2018 | Neuer CFO bei Neuhauser IVF Hartmann

und Schaffhauser Nachrichten
jvo

Jürgen Sigg, der zusammen mit CEO/CFO Claus Martini die Geschäfte der Neuhauser IVF Hartmann führt, verlässt das Unternehmen per Ende Jahr (SN vom 28. 11.). Claus Martini übernimmt zusätzlich die operative Führung für den Bereich Sales & Marketing, IT und ­Digitalization und gibt seine Rolle als CFO ab.

**Hannes Leu neuer CFO**
Neuer CFO und Mitglied der Geschäftsleitung wird Hannes Leu. Leu ist Doktor der Wirtschaftswissenschaften und besitzt einen Abschluss als diplomierter Wirtschaftsprüfer. Er war CFO der Zürcher Steiner Investment Foundation. Hannes Leu werde sein Amt per 1. März 2019 antreten, teilte der Medizinal­bedarfshersteller gestern mit.
Jürgen Sigg arbeitet seit 15 Jahren für die IVF Hartmann. Er wird im Januar eine Stelle beim Hersteller von medizinischen Kompressionsstrümpfen, Sigvaris, antreten. Seine Aufgabe wird es sein, in St. Gallen die Geschäfte des Traditionshauses zu führen.

#Notizen zu Namen

19. April 2018 | GLP zufrieden mit Wahlerfolg

Der Landbote
dt

Zwei ihrer Mitglieder seien am vergangenen Wahlwochenende mit Glanzresultaten gewählt worden, freut sich die GLP Seuzach-Hettlingen-Dägerlen in einer Mitteilung. Gemeint sind einerseits Severin Knecht (27), der den Sprung in den Gemeinderat Dägerlen problemlos geschafft hat und sich gegenüber Mitbewerberin Katharina Cryer klar durchsetzen konnte. Die zweite gewählte GLP-Kandidatin heisst Gabriela Volkart (33). Sie wurde neu ebenfalls deutlich in die Rechnungsprüfungskommission von Seuzach gewählt. Knecht arbeitet als Architekt im gleichnamigen Holzbau- und Schreinereibetrieb. Nebenbei absolviere er an der ETH einen Studiengang der sich mit Architektur, Nachhaltigkeit und Interdisziplinarität befasse, heisst es in der Mitteilung. Die neue Seuzacher Rechnungsprüferin unterrichtet an der Wirtschaftsschule KV Winterthur sowohl Finanzund Rechnungswesen wie auch Wirtschaft und Recht.

Die Kampfwahl im Gemeinderat ist entschieden: Mit klarem Vorsprung gewählt wurde Architekt Severin Knecht (224) vor Sekundarlehrerin Katharina Cryer (116).

Gemeinderat Dägerlen:
Roost Urs 248 Stimmen (gewählt)
Kyburz Markus 240 Stimmen (gewählt)
Held Willy 228 Stimmen (gewählt)
Knecht Severin 224 Stimmen (gewählt)
Epp Michael 212 Stimmen (gewählt)
Cryer Katharina 116 Stimmen (nicht gewählt)

Präsidium Gemeinderat:
Kyburz Markus 212 Stimmen (gewählt)


Severin Knecht und Gabriela Volkart

#Notizen zu Namen

28. März 2018 | Was geschah damals im Dschungel?

Tages-Anzeiger
Philippe Zweifel

Aus seiner Wohnung schaut Rainer Stamm über die beschauliche Landschaft von Stein am Rhein. «Niemand weiss, was damals im Dschungel passiert ist», sagt der pensionierte Spediteur über seinen Bruder Markus. Vor 37 Jahren verschwand der Schaffhauser Lehrer im bolivianischen Urwald. Vielleicht verhungerte er, vielleicht wurde er von einer Schlange erwürgt oder einem Jaguar gefressen. Im Amazonasgebiet gibt es tausend Arten zu sterben.
Kürzlich hat Hollywood die Geschichte von Stamm und seinen Gefährten spektakulär verfilmt. «Jungle» lief in der Schweiz trotz guten internationalen Kritiken nicht im Kino, inzwischen ist der Film auf DVD erhältlich. Darin ist «Harry Potter»-Darsteller Daniel Radcliffe zu sehen, er spielt den israelischen Backpacker Yossi Ghinsberg. Der Film, der Markus Stamm gewidmet ist, beruht auf Ghinsbergs Bestseller «Dem Dschungel entkommen».
«Jungle» schildert in drastischen Szenen, wie die Natur dem Menschen die Grenzen aufzeigt. Allemal krasser ist die Wirklichkeit, die Geschichte von Stamms Verschwinden ist eine von Schuld und Schicksal. «Wenn ich Karl an jenem Morgen in La Paz nicht begegnet wäre», erinnert sich Ghinsberg im Buch, «würde der arme alte Markus immer noch leben.»
Karl, das ist der Österreicher Karl Ruprechter: Ein zwielichtiger Abenteurer, der Ghinsberg im November 1981 von einer Gegend im Dschungel erzählte, wo Gold und Edelsteine zu finden seien. Der Israeli überredete Stamm, den er zuvor auf einer Fähre kennen gelernt hatte, zur Mitreise. Auch Stamms langjähriger Freund, der «Time»-Fotograf Kevin Gale, schloss sich der Gruppe an.

**Ihn trieb der Liebeskummer**
Stamm hatte anfänglich Zweifel, der 28-Jährige wurde auf der Schweizer Botschaft in La Paz vor dem Trip gewarnt. Die Regenzeit stand kurz bevor. Doch wer jung ist und mit dem Rucksack aufbricht, tut dies meistens nicht nur aus Abenteuerlust. Manche suchen die Einsamkeit, andere das Paradies. Kevin Gale wollte ein unentdecktes Indianervolk fotografieren, Yossi Ghinsberg war vom Goldfieber gepackt. Und Markus Stamm versuchte, seine langjährige Freundin zu vergessen. Diese hatte ihn in Südamerika besucht und mitgeteilt, dass sie einen anderen Mann liebe.
Einige Tage später sassen die drei jungen Männer in einem Buschflugzeug, das den Bergflanken der Anden entlang den üppig grünen Boden des oberen Amazonasbeckens ansteuerte, wo ihr Fussmarsch begann. Der Urwald erschien als farbig-faszinierendes Paradies. Doch mit jedem Tag wurde er dichter und undurchdringlicher, als wolle die Natur die Eindringlinge fernhalten. «Der Dschungel führt einen in die Finsternis des eigenen Herzens», raunt Ruprechter in Ghinsbergs Buch.
Zumindest für Ghinsberg trat diese Warnung ein. Mit 21 war er der Jüngste der Gruppe und von einem übermütigen Ehrgeiz getrieben, der dem sanftmütigen Wesen des Schweizers zuwiderlief. Als der Proviant knapp wurde, erschoss Ruprechter einen Affen, und die Gruppe ass ihn mitsamt Gehirn. Stamm verzichtete auf das Fleisch und empörte sich. «Kevin und ich konnten nicht anders, als ihn im Stillen auszu­lachen», schreibt Ghinsberg. Die unausgesprochene Feindseligkeit wuchs – erst recht, als ein Pilz Markus Stamms Füsse befiel und er kaum mehr gehen konnte. Gleichzeitig begannen die Männer an ihrem Führer zu zweifeln, denn nach fünf Tagen hätten sie den sagenumwobenen Indianerstamm längst erreicht haben sollen. Ihr Proviant war ausgegangen, die Schuhe fielen auseinander. Ghinsberg wollte weitermachen, wurde aber von den anderen zur Rückkehr gezwungen. In einem Eingeborenendorf bauten sie ein Floss, um den Tuichi-Fluss zu einem Dschungel-Flugfeld runterzufahren.

**Totenkopf mit Schweizer Béret**
Der Fluss war noch gefährlicher als der Urwald. Das Wasser stieg bedrohlich, mehrere Male drohte das Floss zu kentern. Ruprechter, der nicht schwimmen konnte, weigerte sich weiterzufahren. Stamm, von seinen Freunden entzweit, schloss sich ihm an. Zu Fuss machten sie sich entlang des Fluss-Canyons durch den Dschungel zurück.
Kaum allein, gerieten Ghinsberg und Gale in Wildwasser. Das Floss kenterte, die beiden wurden getrennt. Ghinsberg irrte während 21 Tagen durch den Dschungel. Blutegel saugten sich an ihm fest, Würmer nisteten sich in einer Stirnbeule ein, Pilze befielen seinen ganzen Körper. Einmal wachte er im nächtlichen Dschungel im Angesicht eines Jaguars auf, am anderen Tag rutschte er einen Abhang hinunter und schlitzte sich den Anus auf. Als er, völlig abgemagert, seinen verzweifelten Überlebenskampf schon aufgegeben hatte, war das Dröhnen in seinem Kopf keine Halluzination mehr, sondern der Lärm eines Motorboots. Kevin Gale, der nach einer Woche von eingeborenen Jägern gefunden worden war, hatte trotz minimalen Erfolgschancen eine Suchaktion gestartet.
Zurück in der Zivilisation, wollten sich Ghinsberg und Gale mit ihren Gefährten treffen. Doch von Stamm und Ruprechter fehlte jede Spur. Suchtrupps kamen ohne Hinweise zurück. «Das war der Zeitpunkt, als wir vom Aussendepartement kontaktiert wurden», sagt Rainer Stamm in Schaffhausen. «Markus sei im Amazonasgebiet verschollen, wir sollten uns keine Hoffnungen machen.»
Dass Karl Ruprechter nicht mehr auftauchte, war besonders rätselhaft. Er kannte den bolivianischen Dschungel. Hatte Ruprechter etwas mit Markus Stamms Verschwinden zu tun? Inzwischen war bekannt geworden, dass er als verurteilter politischer Aktivist aus Österreich geflüchtet war. Hatte er im Dschungel seinen Tod vorgetäuscht, um in Peru, wo ein Priester ihn gesichtet haben will, eine neue Identität anzunehmen? Doch eine Suche, die Ghinsberg für die Familie Stamm unternahm, verlief erfolglos. Dann versetzte sie ein in Bolivien aufgefundener Totenkopf mit einem Schweizer Béret in Aufregung. Die Kieferanalyse war allerdings negativ.

**Den Film zufällig entdeckt**
Er habe den Tod seines Bruders inzwischen akzeptiert, sagt Rainer Stamm. Briefe und Besuche von Ghinsberg und Gale hätten ihn die Tragödie verstehen lassen. Nicht allen gelingt dies. Markus Stamms Mutter, heute 95, ist auch nach fast vier Jahrzehnten überzeugt, dass ihr Sohn irgendwann zurückkommt.
«Kürzlich habe ich seit langem wieder von Markus geträumt», sagt dessen Schwester Cornelia Stamm Hurter. «Mit dem Film kam alles wieder hoch.» Die Schaffhauser SVP-Regierungsrätin stört sich daran, dass die Filmemacher die Familie vorab nicht informiert hatten. Sie entdeckte den Trailer in einem Flugzeug zufällig im Unterhaltungsprogramm.
Enttäuscht sind die Stamms auch von Yossi Ghinsberg, zu dem der Kontakt abgebrochen sei, nachdem sein Buch ein Erfolg geworden war. Schlägt er aus dem Tod von Markus Profit? «Nein», sagt Cornelia Stamm Hurter, «aber er ist sicher ein guter Verkäufer seiner selbst.» Rainer Stamm fügt an: «Es ist etwas irritierend, dass Markus im Buch und vor allem im Film als Angsthase und Schwächling dargestellt wird. Yossi müsste es besser wissen.»
Kevin Gale hat auch keinen Kontakt mehr zu Ghinsberg, der heute Unternehmer und ein gefragter Redner ist. Er ist nicht einverstanden, wie er vom Israeli dargestellt wird. In einem langen Brief an Ghinsberg wirft er ihm vor, die Fakten zu verdrehen: Er, Kevin, habe Markus im Dschungel nicht gemobbt, sondern ihn vor der gefährlichen Flossfahrt bewahren wollen. Ghinsberg solle endlich Verantwortung für sein Tun übernehmen. Wie im Abspann des Films steht, schreibt Gale an einem eigenen Buch, das bald erscheinen soll.
Wollen die zwei Männer Abbitte leisten? Weil Markus Stamm fertiggemacht wurde? Weil er zum Dschungeltrip überredet wurde? Weil sie sich im Moment der Gefahr abgespaltet hatten? Weil sie überlebten?
«Yossi und Kevin trifft keine Schuld», sagt Rainer Stamm. «Markus war alt genug, um seine eigenen Entscheidungen zu treffen.» Er blättert in einem dicken Ordner mit Korrespondenz, Amazonas-Karten und alten Fotos seines Bruders. Letztlich habe ihn eine Reihe von Fehleinschätzungen das Leben gekostet. Wie Markus gestorben ist, wird er allerdings nie erfahren. «Wahrscheinlich», sagt Rainer Stamm, «ist er ertrunken.»

 


Markus Stamm (Aequo)


Der Lehrer und Backpacker Markus Stamm (Aequo) während seiner Südamerika-Reise.
Foto: Privatarchiv


Survival-Thriller «Jungle» mit Daniel Radcliffe (2. v.l.) in der Rolle des israelischen Backpackers Yossi Ghinsberg.
Foto: PD

#Notizen zu Namen

27. Januar 2018 | Er brach zu einer Reise auf und kam nie wieder

Schaffhauser Nachrichten
Maria Gerhard

Die unzähligen Farne, Moose und Schlingpflanzen sind in leichten Dunst gehüllt. Auf einem der hohen Bäume hüpft ein Tukan von Ast zu Ast. Unter ihm schlagen sich vier Gestalten durch das Dickicht, es fällt wenig Licht auf ihre Gesichter. Das grüne Dach über ihnen lässt nur an wenigen Stellen die Sonne durch. Trotzdem erkennt man, dass ihre Stirn und das Haar mit Schweiss benetzt sind, Dreck klebt an ihren Wangen und dem Kinn. Immer wieder rutscht einer aus. Der Boden ist matschig und aufgeweicht. Es ist Anfang November 1981, im bolivianischen Teil des Amazonas hat die Regenzeit eingesetzt. Diese Szene ist aus dem Film «Jungle», der letztes Jahr in die deutschen Kinos kam und den es nun auch zum Ausleihen in der Schweiz gibt. So ähnlich muss es aber auch gewesen sein, als sich damals die Reisegefährten Yossi Ghinsberg aus Israel, Kevin Gale aus den USA und Markus «Märi» Stamm aus der Schweiz, aus Schaffhausen, durch den Dschungel gequält haben. Geführt wurden sie auf ihrer Expedition von dem Österreicher und vermeintlichen Geologen Karl ­Ruprechter. Mit viel Enthusiasmus waren sie aufgebrochen, doch es endete in der Katastrophe. Der Österreicher und Stamm gelten bis heute als verschollen.

**Ein einnehmendes Wesen**
Der Film basiert auf dem Buch «Amazonas – Vier Männer in der Falle» von Yossi Ghinsberg, das dieser einige Jahre nach seinem Entkommen aus dem Urwald geschrieben hat. Die Hauptrolle, eben die des Yossi Ghinsberg, hat Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe übernommen. Stamm wird von dem Australier Joel Jackson gespielt, rein äusserlich haben sie nicht viel gemeinsam. Es gibt alte Fotos von der Südamerikareise, die Stamm angetreten hat, um seinen Horizont zu erweitern. Eines transportiert wunderbar die Atmosphäre von Aufbruch, aber auch von Gegenwärtigkeit: Irgendwo, vielleicht in der Atacamawüste, sitzt der damals 28-Jährige auf der Ladefläche eines Kleinlasters und spielt auf seiner Flöte. Der Fahrtwind zerzaust sein Haar. Er wirkt konzentriert, in sich gekehrt. Ghinsberg beschreibt Stamm in seinem Buch: «Er hatte ein einnehmendes Wesen, und im Nu waren wir alle miteinander bekannt, sprachen miteinander und scherzten wie er.»

**Giftige Schlangen und Piranhas**
So hat auch Rainer Stamm seinen Bruder gekannt. Er war 33 Jahre alt, als dieser verschwand. Das Auswärtige Amt in Bern hatte die Familie informiert. «Parallel dazu kam auch ein Brief von Kevin Gale, in dem er uns beschrieb, was geschehen war», sagt Stamm, bei dem damals, nach dem Vorfall, alle Fäden zusammenliefen. Er hat die Korrespondenz, auch die mit den Ämtern, bis heute aufbewahrt. Fein säuberlich hat er alles, was mit seinem Bruder zu tun hat, in einem dicken Ordner aufgehoben. Dieser liegt nun vor ihm auf dem Esszimmertisch in seiner Wohnung in Stein am Rhein. Damals hat er sich auch mit einem Geschäftsmann aus La Paz ausgetauscht, der seinen Bruder vor der Reise in den Dschungel noch getroffen hatte. «Der hat ihn gewarnt», sagt Stamm, «der hat ihm gesagt, dass er sich in Lebensgefahr begibt.» In der Regenzeit schwellen im Amazonas die Flüsse an, und so kann selbst ein Rinnsaal plötzlich zu einem reissenden Gewässer werden. Durch die Feuchtigkeit kommt es vermehrt zu Erd­rutschen. «Ganz abgesehen von den giftigen Schlangen, den Krokodilen und den Piranhas», sagt Stamm. Trotzdem muss er sagen: «Mein Bruder wusste genau, worauf er sich einliess.»
Doch Markus Stamm, einst Kaderspieler des EHC Schaffhausen und Primarlehrer in Dörflingen, schien zu dieser Zeit eine persönliche Krise zu durchleben. Seine langjährige Freundin, die ihm noch nach Südamerika nachgereist war, hatte sich frisch von ihm getrennt. «Das hat meinen Bruder sehr getroffen», sagt Stamm. Eigentlich habe er in seinen Briefen immer davon geschrieben, dass er um die Weihnachtszeit wieder nach Hause komme. Doch stattdessen machte er sich mit seinen Begleitern, die er erst kurz kannte, auf in fast unberührtes Land.

**Spannungen in der Gruppe**
Die ersten paar Tage müssen sie auch so erlebt haben, als würden sie einen anderen Planeten betreten: ganze Schwärme bunter Schmetterlinge die sich auf Schlammbänken von abgelagerten Mineralstoffen nähren. Und dann die Geräusche. «Nachts ist der Lärm im Dschungel unglaublich. Es gab Momente, in denen es schien, als wären wir im Zentrum eines Industriegebietes. Karl erklärte uns, dass das nur Insekten und Vögel wären», schreibt Ghinsberg im Buch. Gleichzeitig kündigt sich aber auch rasch das Unheil an. Mehrmals müssen sie Gewässer überqueren: «Der Fluss war tief. Das Wasser reichte mir bis zur Brust. Wir hatten unsere Schuhe um den Hals gehängt. Karl hatte ein paar dicke Äste von den Bäumen geschnitten und zeigte uns, wie wir den Strom durchwaten konnten, indem wir die Stöcke in den steinigen Boden steckten, um uns gegen die Strömung abzustützen.» Unter solchen Extremen nehmen die Spannungen in der Männergruppe rasch zu. Yossi Ghinsberg und Markus Stamm, die von allen am besten befreundet waren, entzweien sich langsam.
Da hilft es auch nicht, dass Stamm mehr und mehr zur Last wird. Seine Füsse, die durch die ständige Feuchtigkeit aufgeweicht sind, sind von einer Art Fusspilz befallen. Im Film lehnt sein Charakter an ­einer Böschung, zieht die Schuhe aus: Die Füsse blutig, übersät mit offenen Wunden. Er hat ständig Schmerzen, und auch sonst geht es ihm nicht gut. Kevin Gale hat später einmal seinem Bruder Rainer Stamm anvertraut: «Der Markus war ein toller, lieber Mensch, aber als er in den Dschungel ging, war er eine ganz andere Person. Er hat gelitten.» Und die Affen taten ihm leid, die die Männer jagen mussten, weil die Vorräte zur Neige gingen. Er weigerte sich, das Fleisch zu essen, was ihn zusätzlich schwächte.

**Die Gefährten trennen sich**
Die Situation spitzt sich zu. Der ständige Regen laugt die Männer aus. Was tun? Weitergehen? Oder umdrehen und den weiten Weg zurückgehen zum letzten Indiodorf? Nach Meinungsverschiedenheiten über die künftige Marschroute trennen sich letztlich die vier an der Stelle, wo das schlammbraune Wasser des Ipurama in den grünen Rio Tuichi fliesst. Der Israeli und der Amerikaner wollen Letzteren mit einem selbst gebauten Floss hinabfahren. So war es auch zu Beginn der Reise schon geplant. Doch unter den gegebenen Umständen erscheint es als ein riskantes Abenteuer. Markus Stamm und der Österreicher, der wohl nicht schwimmen konnte, wollen sich hingegen zu Fuss zum nächsten Dorf durchschlagen.
Die Vorahnung, dass die Wasserfahrt zu riskant sei, bewahrheitet sich schliesslich: Der Amerikaner und der Israeli kentern mit ihrem Floss schon am ersten Tag, wobei der eine von ihnen von den reissenden Wassern so weit fortgespült wird, dass sie sich nicht wiederfinden. Wie durch ein Wunder wird Kevin Gale nach einer Woche von zwei Jägern aufgelesen und in die ­«Zivilisation» zurückgebracht. Er ist es schliesslich, der alle Hebel in Bewegung setzt, dass nach seinen Gefährten gesucht wird.

**Umherirren im Urwald**
Zwei Wochen irrt Yossi Ghinsberg allein durch den Urwald, ernährt sich unter anderem von Beeren und einer Schlange, wie er schreibt: «Ich hob den grünen Körper auf und schälte die Haut ab wie bei einer Banane, wodurch das rosa Fleisch zum Vorschein kam. Die inneren Organe beseitigte ich mit einem kräftigen Druck meiner Finger und hielt nun das reine Fleisch in Händen. Was sollte ich damit tun? Essen oder als Köder benutzen?» Er hat Wahnvorstellungen und dann wieder ganz klare Momente. Sein Körper schmerzt, seine Füsse sind nun auch überall aufgerissen und blutig. Als er gefunden wird, ist er nur noch Haut und Knochen: Kevin Gale fährt mit einem Einheimischen per Kanu den Fluss hoch und entdeckt ihn an einem Ufer.
Doch was ist aus dem Führer Karl Ruprechter geworden und aus Markus Stamm? Sie haben das Dorf nie erreicht. Bis heute gelten sie als verschollen.
Mit seinem heutigen Wissensstand und dem, was er in Filmen und auf Fotos gesehen hat, wundert sich Bruder Rainer Stamm darüber nicht mehr. «Es ist verrückt», sagt er, «das Gebiet ist so unwirtlich.» Ghinsburg, sobald er sich erholt hat, startet zwar noch eine Rettungsaktion, aber ohne Erfolg. Ebenso ergebnislos bleiben alle Nachforschungen bei Indios und Missionaren, die in der Region wohnen.

**Amtlich verschollen**
Nach allem was man zusammengetragen hat, muss als wahrscheinlichste Variante angenommen werden, dass den beiden ein Unglück zugestossen ist. So wurde es auch der Familie von Markus Stamm auf dem Auswärtigen Amt in Bern mitgeteilt. «Die haben uns auch gesagt, aus ihrer Erfahrung heraus: Der lebt nicht mehr», sagt Stamm. Sein Vater habe das akzeptiert und ein Gesuch um die Einleitung des Verschollenenverfahrens gestellt. «Er hat natürlich gelitten, aber er war realistisch», sagt Stamm. Seine Mutter habe sich hingegen damit sehr schwergetan. Sie war der festen Überzeugung, dass ihr Sohn noch lebt. Und damit war sie nicht allein. Auch die Halbschwester von Markus Stamm, die gewählte Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter, hat noch lange gehofft. Sie kann sich noch gut an den «Märi» erinnern: «Er war ein guter Bruder, ein Sunnyboy, mit langem, lockigem Haar.» In Schaffhausen sei er als mehrfacher kantonaler Tennismeister recht bekannt gewesen. Als die Meldung über sein Verschwinden gekommen sei, habe sie gerade in Fribourg ihr Studium aufgenommen. Es sei eine schwierige Zeit für die Familie gewesen.
Da war es wohl auch nicht schön, dass das Geschehen über die Jahre immer wieder neu diskutiert wurde. Weitere Details kamen ans Tageslicht: So soll der Österreicher Karl Ruprechter nur vorgegeben haben, Geologe zu sein. Tatsächlich habe er eine kriminelle Vergangenheit und sei auf der Flucht gewesen. Gleichzeitig kamen Gerüchte auf, er sei gar nicht tot. Es gibt ein Foto, wo ein Mann, scheinbar Ruprechter, gerade auf ein Lastenpferd steigt. Es soll drei Jahre nach seinem Verschwinden aufgenommen worden sein. Doch Rainer Stamm bezweifelt das. Er glaubt nicht, dass Ruprechter noch lebt, genau wie sein Bruder.
Ausserdem bekommt seine Familie Besuch von dem Israeli Yossi Ghinsberg. Er schildert ihnen die Geschehnisse noch einmal. Er scheint ein schlechtes Gewissen zu haben, dass er Markus Stamm zurückgelassen hat. Er plant eine weitere Suchaktion. Daraus wird aber nichts. Dafür schreibt er das Buch, das in Isreal ein Bestseller wurde. Rainer Stamm ist auf Ghinsberg jedoch nicht allzu gut zu sprechen: «Er hat uns nicht informiert, dass er das Buch veröffentlicht, und auch von dem Film ‹Jungle› wussten wir nichts», sagt er. Er habe erst von einem Bekannten erfahren, dass die Geschichte seines Bruders verfilmt werde. Und auch wenn der Film recht spannend sei, würden doch wichtige Szenen fehlen. «Am Ende etwa, wird nicht darauf eingegangen, dass Ghinsberg ohne den Amerikaner Kevin Gale gar nicht mehr leben würde», sagt er. Dieser habe sich ­allen Zweiflern widersetzt, die seine Gefährten bereits für tot erklärt hätten. Das müsse man doch honorieren. In dem Film liege der Fokus zu stark auf Ghinsberg. Dabei seien es doch vier Männer gewesen, die versucht hätten, der Hölle zu entkommen.
Die Mutter von Markus Stamm lebt mit 95 Jahren noch in Schaffhausen. Sie hat bis heute nicht aufgehört, daran zu glauben, dass ihr Sohn noch lebt. Zu Rainer Stamm sagt sie ab und zu: «Irgendwann kommt der schon mal wieder.» Seine letzten Briefe aus Südamerika hat sie jedenfalls alle aufgehoben.

**Fingerspitzengefühl bei der Suche nach Vermissten**

Der Suchdienst der Sektion Konsularischer Schutz im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) schreitet überall dort ein, wo Personen einen Angehörigen im Ausland vermissen und wenn diese ungefähr wissen, in welchem Land sich die gesuchte Person befindet. Es wird nachgeforscht, ob diese Person bei der diplomatischen Vertretung gemeldet ist, ob sie dort wohnt oder auf der Durchreise war und mit wem sie in Kontakt getreten ist. Koordiniert werden die Nachforschungen von den Schweizer Botschaften und den diversen Konsulaten vor Ort. Für die eigentlichen Nachforschungen zuständig sind die lokalen Polizeibehörden.

**Hohe Erfolgsquote**
Viele Schweizer, die als vermisst gemeldet werden, können wieder gefunden werden. Das liegt vor allem daran, weil es in der heutigen Zeit mit den modernen Telekommu­- nikationsmitteln im Trend liegt, schnell Vermisstmeldungen aufzugeben, wenn sich eine Person mal ein paar Tage nicht meldet. So können die Behörden aber auch schnell reagieren. Es gibt jedoch auch schwierige Fälle, die nach jahrelangen Nachforschungen zu keinem Erfolg führen. Das Dossier wird dann geschlossen, ohne dass die vermisste Person gefunden werden konnte. Nachforschungen im Ausland erfordern laut dem EDA viel Fingerspitzengefühl auf verschiedenen Gebieten: mit den Angehörigen der vermissten Person, dann mit den Behörden vor Ort, aber auch mit Nichtregierungsorganisationen, die bei der Suche mithelfen. Die Kosten für die Nachforschungen gehen in der Regel zulasten der Angehörigen. Das EDA kann die Gebühren aus humanitären Gründen allerdings reduzieren oder gar erlassen.


Vor 36 Jahren ist der Schaffhauser Markus Stamm, der auf dem Foto zu sehen ist, auf einer Expedition in den bolivianischen Urwald verschollen. Ein Kinofilm befasst sich mit diesem tragischen Ereignis, das die Familie Stamm bis heute verfolgt.
Fotos: Kevin Gale


Der Wind zerzaust sein Haar, während Markus Stamm, der ein begabter Musiker war, Flöte spielt.


Markus Stamm (l.) und Kevin Gale spielen während ihrer Reise Domino.


In der Regenzeit können im Amazonasgebiet selbst Rinnsale zu reissenden Flüssen werden.


Kevin Gale, ein Einheimischer und Yossi Ghinsberg (v. l.) nach dessen Rettung.


Schön, aber gefährlich: Im Urwald lauern viele Gefahren, von Jaguaren bis zu Krokodilen.


«Der Märi hat genau gewusst, auf was er sich da einlässt.» Rainer Stamm, Bruder.

#Notizen zu Namen

16. Januar 2018 | Anliegen der Jungen ernst nehmen

Schaffhauser Bock
Marcel Tresch

An seiner vergangenen Sitzung wählte der Grosse Stadtrat Rainer Schmidig zum neuen Präsidenten. Ein Interview über sein politisches Engagement.

*«Bock»: Herr Schmidig, was bedeutet es für Sie, höchster Stadt-Schaffhauser zu sein und den Grossen Stadtrat zu präsidieren?*
Rainer Schmidig: Die Übernahme dieses Amtes ist für mich eine grosse Ehre, auch wenn ich nicht der Mensch bin, der solche Ämter anstrebt. Dennoch übe ich diese Tätigkeit mit viel Freude aus.

*Hegen Sie weitere politische Ambitionen?*
Keineswegs. In wenigen Tagen werde ich 69 Jahre alt. Ich bin nicht am Aufbauen, sondern eher am Abbauen.

*Das heisst, dass Sie in Kürze von Ihren politischen Ämtern zurücktreten werden?*
Nein. Als gewählter EVP-Politiker werde ich meine Pflichten in beiden Räten erfüllen. Aber ich bin auf den nächsten Wahllisten nicht mehr vertreten.

*Warum ist es für Sie von Vorteil, sowohl im Kantonsrat wie auch im Grossen Stadtrat Schaffhausen vertreten zu sein?*
Die Räte haben unterschiedliche Aufgaben. Das Kantonsparlament ist die gesetzgebende Behörde und der Gros- se Stadtrat kümmert sich um städtische Angelegenheiten. Der Vorteil als Mitglied des Grossen Stadtrates liegt darin, dass bei einem Wissensvorsprung im Kantonsrat bei bestimmten Geschäften vorgängig Einfluss genommen werden kann.

*Wie hoch ist Ihr Aufwand für die Politik?*
Der Zeitaufwand mit den entsprechenden Vorbereitungen ist recht gross. Der langjährigen Tradition entsprechend finden die Sitzungen des Kantonsrates ja tagsüber und diejenigen des Gros- sen Stadtrates am Abend statt. Für meine politische Tätigkeit beläuft sich der Zeitaufwand auf rund zwei Tage pro Woche.

*Die Kontakte zwischen Stadt und Kanton, so wird von aussen behauptet, sind verbesserungswürdig. Wie sieht das Ganze aus Ihrer Sicht aus?*
Die Kommunikation unterein­ander war sicher schon schlechter, hat sich inzwischen aber verbessert. Das ist mit ein Grund dafür, dass ich als EVP-Mitglied für viele überraschend die SVP-Politikerin und Stadt-Schaffhauserin Cornelia Stamm Hurter in die Regierung gewählt habe.

*Was muss aus Ihrer Sicht in den nächsten Monaten unbedingt angepackt werden?*
Im Bereich des öffentlichen Verkehrs gibt es zahlreiche Baustellen, die zu bereinigen sind. Im Weiteren darf die Bautätigkeit, zum Beispiel beim Kammgarnareal oder Stadthausgeviert, nicht aus- ser Acht gelassen werden. Ein zusätzliches Anliegen von mir ist, dass wir als Stadt für private und unternehmerische Ansiedlungen weiterhin interessant bleiben. Uns fehlen nämlich die Familien und damit der Nachwuchs. Um sie nach Schaffhausen zu bringen, müssen wir genügend Arbeitsplätze anbieten können.

*Wie leiten Sie als Präsident den Rat?*
Ich betrachte es als meine Aufgabe, das Parlament so zu leiten, dass, unter Einhaltung der Effizienz, genügend Raum für Diskussionen entsteht. Für mich ist bei den zu erledigenden Geschäften die Schnelligkeit zweitrangig. Beim zu schnellen Reagieren und Entscheiden passiert es oft, dass allfällige Probleme übersehen und nicht angesprochen werden. Da der Präsident eine beschränkte Einflussmöglichkeit hat, ist eine gute Vorbereitung der Sitzungen dringend notwendig.

*Als ehemaliger Kantonsschullehrer sind Sie den Umgang mit der nachfolgenden Generation gewohnt. Wie kann man die Jungen für die Politik interessieren und gewinnen?*
Als alter und abgeklärter Politiker kann man nicht sehr viel ausrichten. Sehr wichtig ist aber, dass man die Jugendlichen in ihren Anliegen ernst nimmt und dass sie dort eingesetzt werden, wo es für sie auch interessant ist. Sie sind für die Politik nicht speziell zu motivieren. Ich stelle immer wieder fest, dass sie am politischen Geschehen grundsätzlich interessiert sind.

*Sie sind seit Jahren überzeugter EVP-Politiker. Wie wichtig ist dabei der Glaube?*
Ohne alles auf irgendeine Religion abstützen zu wollen, sind mir die christlichen Grundwerte sehr wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass die positiven Betrachtungswerte durchaus einen Einfluss auf die Politik haben dürfen.

*Worüber reden Sie zu Hause, wenn nicht über die tägliche Politik?*
Die familiäre Situation als Vater von sechs Kindern und Grossvater von 14 Enkelkindern bringt es mit sich, dass die Familie mein absoluter Mittelpunkt ist. Das ist fantastisch schön und erfüllend.

*Was wünschen Sie der Stadt Schaffhausen für die kommenden zwölf Monate?*
Dass wir durch unsere politische Arbeit immer gute und zukunftsweisende Lösungen finden. Die Stadt Schaffhausen ist äusserst lebens- und liebenswert. Dazu gehört aber auch, dass wir stets wertschätzen, was wir haben.

**Rainer Schmidig persönlich**

Geboren
20. Januar 1949

Wohnort
Schaffhausen

Beruf
alt Kantonsschullehrer

Familie
verheiratet, 6 Kinder, 14 Enkel

Hobbys
Schreinern und Gärtnern, Lesen von Krimis (Edgar Wallace, Agatha Christie und Georges Simenon)

Politik
Mitglied Grosser Stadtrat und Kantonsrat seit 2001
Mitglied der EVP seit rund 20 Jahren


Rainer Schmidig sind die christlichen Grundwerte, sowohl in der Familie wie auch in der Politik, sehr wichtig.
Bild: Marcel Tresch

#Notizen zu Namen

9. Januar 2018 | Effizienz ist nicht das Hauptziel des Rates

Schaffhauser Nachrichten
Daniel Jung

Er ist zwar noch nicht gewählt, sollte heute Abend aber zum Präsidenten des Grossen Stadtrates gekürt werden: Rainer Schmidig (EVP) war im letzten Jahr 1. Vizepräsident des Stadtparlaments und kandidiert nun für ein Jahr als höchster Stadtschaffhauser.
Schmidig ist Mathematiker, Physiker und Pädagoge. Insgesamt 41 Jahre lang war er als Lehrer an der Kantonsschule Schaffhausen tätig, zwischen 1990 und 2003 auch als Rektor. «Durch das Rektorat war ich in viele politische Diskussionen involviert», sagt Schmidig. In seine Amtszeit fielen grosse Veränderungen: So wurde die Kantonsschulzeit von fünf auf vier Jahre verkürzt und ein neues Maturitätsanerkennungsreglement (MAR) eingeführt.
Im Jahr 2000 wurde er dann von der Schaffhauser EVP angefragt, ob er für den Kantonsrat und den Grossen Stadtrat kandidieren möchte. Er antwortete: «Wieso nicht?» Grosse Ambitionen habe er damals nicht gehabt. Trotzdem wurde er – wohl auch wegen seiner Bekanntheit als Rektor – in beide Parlamente gewählt. Seit 2001 ist Schmidig nun auf kantonaler und auf städtischer Ebene politisch tätig – in beiden Parlamenten als einziger Vertreter der Evangelischen Volkspartei (EVP).

**Christliche Grundhaltung**
In der EVP fühlt sich der Mathematiker wohl: «Die Art und Weise, wie man hier politisieren kann, kommt mir entgegen», sagt er. In der kleinen EVP sei er sehr frei, seine Haltungen zu vertreten. Die christlichen Werte der Partei teilt Schmidig. «Die christliche Grundhaltung hilft einem im Leben weiter», ist er überzeugt. Trotzdem bezeichnet sich der Naturwissenschafter als «nicht sehr religiös».
Schmidig gehört im Parlament zur siebenköpfigen Mittefraktion – gemeinsam mit Vertretern der Grünen, CVP und GLP –, der bei Abstimmungen oftmals eine entscheidende Rolle zukommt. «Wir haben ein gewisses Gewicht», sagt Schmidig. In letzter Zeit war die Mitte oft nahe an den Anträgen des Stadtrats – etwa wenn es um Steuersenkungen ging. Das liege auch daran, dass derzeit der Stadtrat ähnlich wie die Mittefraktion ausbalanciert sei, erklärt Schmidig. «Auch der Stadtrat sucht nach Kompromissen, was uns nahe liegt», sagt er.

**Austritt aus der FDP**
1990, bei seiner Wahl zum Kantirektor, war Schmidig noch Mitglied der FDP gewesen. Die freisinnige Partei verliess er Mitte der 90er-Jahre, als die FDP eine Listenverbindung mit der Freiheitspartei (früher Autopartei) einging. «Ausschlaggebend für meinen Austritt war die Haltung der Autopartei zu den Schulen – das hat mir nicht behagt», erklärt er.
Zehn Jahre lang war Schmidig noch als Kantilehrer tätig, nachdem er das Rektorat an seinen Nachfolger Urs Saxer abgegeben hatte. «Ich bin der Meinung, dass Schulleiter-Positionen keine Lebensstellen sein sollen», sagt er. Für eine Schule sei es besser, wenn es in regelmässigen Abständen einen Wechsel in der Führung gebe. «Es ist nicht gut, wenn eine Person über Jahrzehnte etwas prägt», sagt er, «dann laufen sich gewisse Dinge tot.»
Schmidig ist stark in Schaffhausen verwurzelt. «Es ist sehr schön, hier zu wohnen.» Er schätzt die Grösse der Stadt, die es erlaube, einen gewissen Einfluss zu nehmen. «Hier ist es überblickbar, hier gibt es Möglichkeit, bei der Lösung von Problemen mitzu- helfen.» In einem Zeitungsartikel zur Pensionierung schrieb der Berufskollege Giancarlo Copetti über Schmidig: «Schon Zürich ist ihm zu hektisch und zu gross. Das ist kein Defizit, sondern vielmehr eine Stärke – die Stärke, sich zum Lokalen zu bekennen, ohne provinziell zu sein.» (SN vom 18. Januar 2013).
Schaffhausen ist weiterhin auch Mittelpunkt der grossen Familie von Ruth und Rainer Schmidig, die sechs Kinder und aktuell 14 Enkelkinder haben – das jüngste wurde im Dezember geboren. «Wir haben Kinder gerne und geniessen die Familie», sagt Schmidig. Die Konstellation und das Umfeld habe es möglich gemacht, eine grosse Familie zu gründen. «Wir hatten Grossmütter in der Nähe, die mitgeholfen ha- ben – so wie wir es heute auch wieder machen.»

**Bescheidene Ambitionen**
Ein Ratspräsidium kann ein Sprungbrett sein, um ein höheres Amt anzustreben. Der 68jährige Schmidig verbindet mit seinem Präsidialjahr aber keine solchen Erwartungen. «Ich muss nichts mehr beweisen», sagt er. Es sind praktische Gründe, die zur Kandidatur geführt haben. «Wir sind eine eher kleine Fraktion, einige Kollegen haben das Präsidium auch schon übernommen, andere sind erst seit kurzer Zeit mit dabei», sagt Schmidig. Deshalb sei er als Kandidat «relativ naheliegend» gewesen. «Ich habe gefunden: Dann mache ich es halt.», sagt er und lacht.
Nun freut sich Schmidig auf die Aufgabe. «Ich finde es ein schönes Amt und mache das gern», sagt er. Er ist sich bewusst, dass damit einiger Vorbereitungsaufwand verbunden ist. Die repräsentativen Anlässe, zu welchen der Parlamentspräsident eingeladen wird, sieht Schmidig ziemlich neutral: Weder sucht er dies stark, noch empfindet er es als Last.
Die Gestaltungsmöglichkeiten des Ratspräsidenten sind jedoch begrenzt. «Man muss dafür sorgen, dass die Diskussionen gut über die Bühne gehen», sagt Schmidig. Eine rasche Behandlung möglichst vieler Geschäfte sei dabei nicht das wichtigste Kriterium. «Effizienz ist nicht das Hauptziel eines Rates», sagt Schmidig. Stattdessen sei es Aufgabe des Parlaments, Probleme zu erkennen und gute Lösungen zu finden. «Das dauert manchmal etwas länger», sagt er. Deshalb dürfe ein Rats­präsident nicht ungeduldig sein. Die Politik steuern könne ein Präsident aber nicht. «Man soll sich selber ja eher zurück nehmen», sagt er.

**Fokus auf die Kommission**
Trotz seiner Erfahrung im Rat meldete sich Schmidig bisher an den Sitzungen nicht überdurchschnittlich häufig zu Wort. Er konzentriert sich stärker auf die Arbeit in den Kommissionen. «Dort kann man wirklich noch etwas bewegen, dort wird wirklich nach Lösungen gesucht», sagt er. Bei der abschliessenden Debatte im Parlament ändere sich meist nur noch wenig am Geschäft. «Und bloss ein Statement abzugeben, damit es in der Zeitung steht, ist nicht unbedingt meine Art.»


**Zur Person Rainer Schmidig**

Jugend
Rainer Schmidig wurde 1949 in Schaffhausen geboren und ist hier aufgewachsen.

Ausbildung
Schmidig besuchte die Schulen in Schaffhausen und erwarb im Herbst 1968 eine naturwissenschaftliche Matura (Typus C). Danach studierte er an der ETH Zürich Mathematik und Physik. Er schloss sein Studium als dipl. math. ETH im Herbst 1973 ab.

Beruf
Schmidig arbeitete als Assistent an der ETH Zürich und unterrichtete an der Kantonsschule Schaffhausen. Im Jahr 1980 wurde er zum Hauptlehrer für Mathematik und Physik gewählt. Ab 1983 war er Prorektor, von 1990 bis 2003 Rektor der Kantonsschule. Bis 2013 war er als Lehrer dort tätig. Zwischen 2003 und 2015 war er zudem mathematischer Experte der kantonalen Pensionskasse.

Politik
Seit 2001 sitzt Schmidig für die EVP im Schaffhauser Kantonsrat und im Grossen Stadtrat.

Familie
Mit seiner Frau Ruth hat er sechs Kinder grossgezogen. Sie haben 14 Enkelkinder.

#Notizen zu Namen

3. Januar 2018 | Markus Stamm v/o Aequo, das Buch «Back from Tuichi» und der Film «Jungle»

Yossi Ghinsberg, am 25. April 1959 in Tel Aviv geboren, ist ein israelischer Autor und Umweltaktivist.

Anfang November 1981 verlor sich Ghinsberg im bolivianischen Teil des Amazonas und überlebte drei Wochen. Sein Abenteuer schilderte er in seinem 1985 auf Hebräisch erschienenen Buch «Ba-hazarah mi-Tuitsi», das 1993 unter dem Titel «Back from Tuichi» in englischer Sprache erschien. Mit «Laws of the Jungle: Jaguars Don’t Need Self-Help Books» (2008) gelang ihm eine weitere erfolgreiche Darstellung. Sein erstes Buch wurde verfilmt, ab Oktober 2017 in Deutschland in den Kinos gezeigt und ist nun auch als BluRay und als DVD erschienen.
Seine erste Reise brachte ihn nach Lateinamerika, wo er in La Paz mit zwei Freunden die Gelegenheit ergriff, sich einer Exkursion eines Geologen anzuschliessen, um in den sonst für Touristen unerreichbaren Urwald zu gelangen. Der Geologe erwies sich als unkundig; aufgrund falscher Informationen verlor Ghinsberg den Kontakt zu Kevin Wallace, mit dem er sich vom Geologen getrennt hatte. Wallace hatte das Glück, von einer Jägergruppe, die zweimal pro Jahr in der Region auf Jagd ging, gefunden zu werden. Aber Ghinsberg blieb drei Wochen verschollen. Aufgrund der beginnenden Regenzeit hatten die Behörden ein Überleben im Dschungel für ausgeschlossen erklärt und die Suche bald eingestellt. Doch Wallace machte sich mit einer privat bezahlten Mannschaft auf die Suche und fand seinen Freund, der anschliessend für drei Monate ins Krankenhaus musste.
Wallace begann sofort mit der Suche nach dem dritten Freund, Markus Stamm, den er und Ghinsberg in Begleitung des angeblichen Geologen in Sicherheit wähnten. Stamm blieb verschollen, der angebliche Geologe war ein den Behörden bekannter Krimineller aus Österreich, der sich auf der Flucht befand.


**Jungle**

*Filmhandlung*

Survival-Drama mit Daniel Radcliffe um eine Gruppe von Touristen, die im bolivianischen Dschungel verloren gehen. Willkommen in der grünen Hölle!

Im Jahr 1981 erfüllt sich der junge israelische Backpacker Yossi Ghinsberg (Daniel Radcliffe) einen Lebenstraum: Einmal will er den wilden Dschungel sehen. Unberührte Natur, wild, wunderschön – und tödlich. Gemeinsam mit seinem beiden Freunden, dem Lehrer Marcus (Joel Jackson) und dem Fotografen Kevin (Alex Russell), bereist er das lateinamerikanische Hinterland. In Bolivien lernen sie schliesslich den Geologen Karl (Thomas Kretschmann) kennen, der behauptet, er könne sie durch den Amazonas führen.
Tatsächlich ist Karl jedoch ein Betrüger. Mitten im Dschungel zeigt sich seine wahre Natur und die unerfahrene Gruppe muss sich ihrem Schicksal schon bald stellen. Verloren, ohne jede Orientierung sind die Touristen den Gefahren des Urwaldes ausgesetzt. Bald werden sie von einander getrennt. Für Yossi beginnt ein erbarmungsloser Kampf ums Überleben.

Blu-ray
**Jungle**

Regisseur: Greg McLean
Sprache: Englisch, Deutsch
Untertitel: Deutsch, Holländisch
EAN: 4013549079334
Studio: Splendid Entertainment
Spieldauer: 116 Minuten
Bildformat: HD (1080p), Widescreen (2,39:1)
Tonformat: Englisch: DTS HD 5.1 MA, Deutsch: DTS HD 5.1 MA
Fr. 19.90

Buch
**Yossi Ghinsberg: Dem Dschungel entkommen**

Einband: Taschenbuch
Seiten: 320
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-492-40624-6
Verlag: Piper
Fr. 23.90