#Allgemeines

12. Dezember 2015 | Trotz schwierigem Umfeld mit Jahresergebnis zufrieden

Schaffhauser Nachrichten
Rolf Fehlmann

369 Falken-Aktionäre fanden gestern Abend den Weg an die ordentliche Generalversammlung der Schaffhauser Traditionsbrauerei im «Park Casino». Unter den geschätzt gut 400 Anwesenden befanden sich Vertreter der nationalen, kantonalen und städtischen Politik sowie Spitzenvertreter der Schaffhauser Wirtschaft.
Philipp Moersen, Präsident des Verwaltungsrates der Brauerei, machte in seiner Begrüssung keinen Hehl daraus, dass die Bremsspuren des Frankenschocks noch längere Zeit nachwirken werden. Zusammen mit der Unsicherheit auf politischer Ebene – Stichworte Masseneinwanderungs-Initiative und bilaterale Verträge – und dem Einkaufstourismus ennet der Grenze treffe dies den Grenzkanton Schaffhausen noch stärker als andere Regionen. Moersen stellte in diesem Zusammenhang «einen Schwund an Loyalität» fest, «der einen mit Sorge und Unverständnis» erfülle. Falken ihrerseits bekenne sich zu Schaffhausen, versicherte Moersen: «Wir verdienen unser Geld in dieser Region, und entsprechend werden wir es auch in dieser Region und in der Schweiz wieder ausgeben.» Als aktuelles Beispiel für diese Haltung erwähnte Moersen das im Bau befindliche Gär- und Tanklager, in welches Falken fünf Millionen Franken investiert: «Alle den Bau betreffenden Aufträge haben wir an Schaffhauser Unternehmen vergeben.» Die Brauerei Falken habe im abgelaufenen Braujahr 2014/15 ein «ansprechendes Jahresergebnis» erwirtschaftet, so Moersen: «Das lässt es zu, die im Berichtsjahr getätigten Investitionen voll abzuschreiben.» Dass die Brauerei Falken «ein glaubwürdiger und verlässlicher Parter» und «ein sicherer Wert in der Wirtschaftsregion Schaffhausen» sei, habe sie auch «dem Durst und der Markentreue» ihrer Aktionäre zu verdanken.
Nachdem Falken-CEO Markus Höfler das abgelaufene Braujahr hatte Revue passieren lassen, arbeitete die Generalversammlung die statutarischen Geschäfte zügig und ohne Diskussion ab: So wurden Jahresbericht und -rechnung genehmigt, den Mitgliedern des Verwaltungsrates Entlastung erteilt und über die Verwendung des Bilanzgewinns von 0,637 Mio. Franken entschieden: 0,337 Mio. werden auf die neue Rechnung vorgetragen, 0,15 Mio. der freien Reserve zugewiesen und 0,15 Mio. als Dividende ausgeschüttet. Die BDO AG in St. Gallen erhielt für ein weiteres Jahr das Mandat als Revisionsstelle.
Den krönenden Schlusspunkt des offiziellen Teils setzte der Kiffer Fredi Hinz, die Kultfigur des Schweizer Komikers Viktor Giacobbo. «Weisst du, es ist einfach immer wichtig, was du nimmst», lautete die Botschaft des Drögelers, der sich als «Unternehmer im Betäubungsmittelbereich» versteht und sich somit auf Augenhöhe sieht mit nationalen und Schaffhauser Wirtschafts- und Politgrössen – an denen es gestern Abend im «Park Casino» wahrlich nicht mangelte …


**«Der 15. Januar hat dieses Jahr geprägt»**
*Preisdruck im Detailhandel, Ru?ckgang in der Gastronomie – aber auch weitere Erfolge mit vielversprechenden Spezialitäten: Das Bierjahr 2014/15 hat Falken ganz schön gefordert.*

Interview Philipp Moersen, Präsident des Verwaltungsrates der Brauerei Falken
von Rolf Fehlmann

*Was bleibt in der Rückschau vom Bierjahr
2014/ 2015?*
Im abgelaufenen Braujahr hatten wir grosse Herausforderungen zu bewältigen. Dennoch hatten wir aufgrund der mittlerweile eingespielten Abläufe in unserem Dosenkompetenzzentrum (die Abfüllanlage, Red.) die Möglichkeit, uns wieder vermehrt um die Entwicklung neuer Produkte und Verpackungen zu kümmern. Ich denke, das ist uns sehr gut gelungen.

*Wie hat sich die Aufgabe des Euro-Mindestkurses ausgewirkt?*
Der Nationalbankentscheid vom 15. Januar hat das Jahr geprägt. Der Einkaufstourismus nahm noch einmal neue Dimensionen an, und der Preisdruck des Detailhandels war äusserst intensiv, weil dieser sehr stark preisgesteuert ist. Der Handel hat Preisforderungen an uns gestellt, denen wir aber nicht nachgegeben haben. Darauf sind wir stolz. Wir haben vielmehr unsere Strategie weiterverfolgt, die wir bereits im Vorjahr mit unseren Bügelflaschen eingeleitet hatten, nämlich uns von der Masse abzuheben. Das war auch in der Rückschau der einzig richtige Weg.

*Weshalb?*
Wenn im Detailhandel der Wettbewerb ausschliesslich über den Preis läuft, haben Sie als kleine Brauerei kaum eine Chance, preislich mit den Grossen der Branche gleichzuziehen. Entsprechend muss unser Fokus auch weiterhin auf Spezialitäten liegen. Auch wenn der aktuelle Anteil noch klein ist – 80 Prozent unserer Produktion sind nach wie vor Lagerbier – sind wir vom Potenzial der Spezialitäten überzeugt.

*Wie steht es mit der Präsenz von Falken in der Gastronomie?*
Dort ist Falken traditionellsehr stark, weil wir dort schon in der Vergangenheit Wachstum generieren konnten. Leider ist die Gastronomie zugunsten des Detailhandels weiter stark rückläufig.

*In der Schweiz schiessen kleine Brauereien wie Pilze aus dem Boden, und alle kommen mit Spezialitäten.*
Diese kleinen Brauereien mit ihren Spezialitäten tun der Schweizer Bierlandschaft enorm gut. Spezialitäten helfen, die Einstellungen der Konsumenten gegenüber dem Bier zu ändern, und das ist gut so. Die Schweiz hat einen grossen Nachholbedarf, wenn es um Bierkultur geht.

*Es gibt Restaurants wie den «Güterhof», für den Sie ein eigenes Bier herstellen. Dort wird dem Gast als Erstes ein Güterhofbier angeboten, wenn er ein Bier bestellt. Warum machen das andere Restaurants mit Falkenspezialitäten nicht ebenso?*
Im «Güterhof» bestellen die Gäste mittlerweile nicht «eine Stange», sondern «ein Güterhofbier». Wir sind dabei, unsere Gastronomen zu sensibilisieren – auch wenn es darum geht, ausländische Gäste zu bedienen. Diese bevorzugen meistens ein «local beer». Hinzu kommt, dass Spezialitäten nicht über den Preis verkauft werden und somit auch nicht dem direkten Vergleich mit dem Detailhandel ausgesetzt sind.

*«Adam & Eva» ist Ihre neuste Spezialität. Können Sie diese über unsere Region hinaus verkaufen?*
Ja. Wir hatten «Adam & Eva» erst im Frühjahr 2015 auf den Markt gebracht, weil wir Neu- und Weiterentwicklungen parallel zu unserem Tagesgeschäft bewältigen müssen. April 2015 war aber definitiv zu spät, um eine flächendeckende Distribution noch in diesem Jahr zu erreichen.

*Wie sind Sie mit «Adam & Eva» für 2016 unterwegs?*
In der Schweiz setzen wir mit dem Produkt voll auf Swissness. In den Gesprächen mit dem Detailhandel zeigen sich sehr positive Signale. Äusserst erfreulich ist auch die Nachfrage aus dem Ausland. Wir werden Anfang 2016 die ersten Gespräche mit potenziellen Partnern führen. Darum haben wir die Wort-Bild-Marke «Adam & Eva» als Biermischgetränk für die Schweiz, für Deutschland und Österreich urheberrechtlich schützen lassen.

*Sie wollen ein Biermischgetränk aus dem Hochpreisland Schweiz in die Eurozone exportieren?*
Ja – wenn wir den Preis bekommen, den wir haben müssen. Der Konsument ist durchaus bereit, diesen zu zahlen, weil «Adam & Eva» eine Spezialität ist, die er sonst nirgends findet. Und gerade der deutsche Konsument liebt Biermischgetränke.

*Wie sieht die Bilanz Ihres Dosenkompetenzzentrums aus, das Sie vor drei Jahren in Betrieb genommen haben?*
Niemand hat diesen Erfolg erwartet. Das erste Jahr war aber ein Lehrjahr, das unseren Mitarbeitenden enorm viel abverlangt hat. 2015 sind wir bei einer Kapazität von gut zehn Millionen Dosen im Jahr – zum Vergleich: 2014 hatten wir 14,8 Millionen Dosen. Die Differenz entspricht ungefähr der Kapazität der Abfüllanlage der Appenzeller Brauerei Locher, welche dieses Jahr in Betrieb ging. Zehn Millionen Dosen pro Jahr können wir im Normalbetrieb sehr gut bewältigen. Das gibt uns wieder Luft für die Entwicklung von Spezialitäten und lässt uns Raum für zusätzliche Projekte.

*Für Ihr neuestes Projekt, das Tanklager, sind die Investitionen ja noch grösser als für das Dosenkompetenzzentrum.*
Das ist so. Wir investieren fünf Millionen Franken in neue Gär- und Lagertanks und sind so wieder auf dem aktuellsten Stand der Technik. Diese Investition zeugt auch von unserem Willen, unsere Selbständigkeit hier in Schaffhausen weiterzuführen. Bei der Vergabe der Aufträge haben wir übrigens ausschliesslich auf Unternehmen aus Schaffhausen gesetzt. Wir sehen es als unsere Pflicht an, das verdiente Geld wieder in unserer Region zu investieren.

#Allgemeines

28. November 2015 | Die Platzsituation ist wirklich prekär

Schaffhauser Nachrichten
Pascal Schmidlin

Bereits beim Betreten des Ergänzungsbaus der Kantonsschule Schaffhausen kann man die Pommesfrites riechen, welche kurz zuvor von Hunderten von Schülern in der Mensa genossen wurden. «Heute gab es Schnipo», sagt Peter Spörndli, seit sieben Jahren Küchenchef der Mensa. Diese feierte in dieser Woche ihr zehnjähriges Bestehen, weshalb die Schüler täglich ein Wunschmenü bestimmen durften.

**Von der Baracke zum Speisesaal**
Essen konnte man an der Kanti, schon bevor es die heutige Mensa gab. Wo heute der Ergänzungsbau steht, stand nach der Jahrtausendwende eine rote Baracke, die damals als Mensa diente. «Pro Tag wurden dort etwa 20 Mahlzeiten verkauft», erinnert sich Pasquale Comi, Rektor der Kantonsschule. «Es ist wie Tag und Nacht, wenn man die heutige Mensa mit derjenigen in der Baracke vergleicht», sagt er. Und zwar nicht nur, was den Komfort des modernen Speisesaals angehe, sondern vor allem bezogen auf die Essensqualität. «Wir werden hier heute täglich verwöhnt», so Comi. Pro Tag gibt es Pasta mit drei verschiedenen Saucen, ein Vegimenü, einen Tagesteller mit Fleisch sowie ein grosses Salatbuffet. Das breite Angebot ist möglich, weil mit Spörndli ein erfahrener Koch in der Küche steht, der viel Wert auf Abwechslung auf dem Teller und frisch zubereitete Mahlzeiten legt. Ob Gemüse rüsten oder Kartoffeln zu Stock pürieren, was selber gemacht werden kann, wird auch direkt in der Küche zubereitet. Fertigprodukte finden nur selten den Weg in die Mensaküche.
In dieser arbeiten neben Spörndli und seinem dreiköpfigen Fachfrauenteam auch gegen 20 Personen aus dem Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramm der Stiftung Impuls, die wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. «Das ist schon eine grosse Herausforderung», sagt der Küchenchef. Doch habe er sich gezielt für eine soziale Aufgabe entschieden, als er sich 2007 auf die Stelle bewarb. «Nach 15 Jahren als Koch auf Kreuzfahrtschiffen habe ich kulinarisch alles erreicht, was ich mir wünschte», sagt er. Deshalb habe er bewusst eine neue Herausforderung gesucht, die über das Kochen hinausgehe. «Ich profitiere hier sehr von meiner Arbeit auf See», so Spörndli. Auf den Schiffen habe das Küchenteam teilweise aus über 25 verschiedenen Nationalitäten bestanden, weshalb er bald gelernt habe, Integrationsarbeit zu leisten. Erfreut ist Spörndli besonders vom Umgang der Kantischüler mit seinen Mitarbeitern. «Da ist viel Verständnis vorhanden, zum Beispiel wenn es mal etwas länger dauert beim Anstehen», sagt er.

**Essen auf den Treppenstufen**
Bei der grossen Nachfrage komme es nicht selten vor, dass die Schüler bis ins Foyer hinaus anstehen müssten. Das Platzproblem existiert schon seit Tag eins. «Damals rechnete man mit etwa 80 Mahlzeiten täglich und wurde völlig überrannt», erinnert sich Roland Gasser, Geschäftsführer der Stiftung Impuls. Es hatte zu wenig Geschirr, ein zu kleines Vorratslager und vor allem zu wenig Sitzplätze. «Letzterer Punkt ist auch heute noch so», sagt Comi. An schönen Sommertagen könne man auf den Vorplätzen zusätzliche Sitzgelegenheiten bereitstellen, bei schlechtem oder kaltem Wetter gehe das aber nicht. «Die Schüler sitzen dann überall, um zu essen, da es in der Mensa schlicht zu wenig Sitzplätze hat», sagt Spörndli. «Die Platzsituation ist wirklich prekär», betont Comi. Deshalb brauche es einen Anbau, sobald dies die Kantonsfinanzen zulassen würden. «Möglich wäre, einen Wintergarten über den Vorplatz der Mensa zu bauen», sagt er. Dieser wäre wohl die kostengünstigste Variante – und man könne ihn bei schönem Wetter öffnen.



Seit sieben Jahren der Chef in der Kanti-Mensa: Peter Spörndli (r.) legt viel Wert darauf, dass die Menüs täglich frisch zubereitet werden und Abwechslung auf dem Teller geboten wird.
Bild Selwyn Hoffmann

#Allgemeines

17. November 2015 | Falken leicht unter Vorjahr

Schaffhauser Nachrichten
Rolf Fehlmann

Gestern haben die Schweizer Bierbrauer ihre Zahlen für das Braujahr 2014/15 veröffentlicht. Während der Schweizer Biermarkt gemäss Angaben des Schweizer Brauerei-Verbandes um 0,1 Prozent gewachsen ist, blieb der Bierabsatz der Schaffhauser Brauerei Falken gesamthaft betrachtet leicht unter demjenigen des Vorjahres, wie Falken-CEO Markus Höfler gegenüber den SN sagte. Dennoch blicke Falken zuversichtlich in die Zukunft und sei als Unternehmen richtig aufgestellt, betonte er. Umsatzzahlen gibt die Brauerei mit der Einladung zur Generalversammlung bekannt.

**Spuren des Frankenschocks**
Drei Faktoren hätten den Absatz von Falkenbier im Braujahr 2014/15 massgeblich beeinflusst, so Höfler. Zum einen die unmittelbare Nähe Schaffhausens zur deutschen Grenze und der damit verbundene Einkaufstourismus: «Seit dem Frankenschock spüren wir das noch deutlicher.» Zweitens der – auch schweizweit zu verzeichnende – Volumenrückgang in der Gastronomie – ein Absatzkanal, in welchem Falken laut Höfler traditionell sehr stark ist. Schliesslich der gemäss Höfler äusserst hohe Margendruck im Detailhandel, wo Brauereien zwar grosse Volumina absetzen, aber mit kleiner Marge auskommen müssen.
Die Brauerei, so Höfler, profitiere von dem auch schweizweit anhaltenden Trend zu Spezialitäten mit höherer Marge. Diese trügen allerdings gesamtschweizerisch erst gut 20 Prozent zum Absatzvolumen bei: «Darum sind sie noch nicht in der Lage, den Volumenverlust beim Lagerbier zu kompensieren.» Letzteres werde heute ausschliesslich über den Preis verkauft.

**Wirte und Gäste sensibilisieren**
Dennoch sieht Falken gerade in der Gastronomie ein grosses Potenzial für Spezialitäten: «Noch ist Lagerbier das am meisten ausgeschenkte Bier in der Gastronomie, aber beim Konsumenten steigt das Bewusstsein für Spezialitätenbiere.» Die Gastronomen hätten es aber durchaus in der Hand, mehr Spezialitäten zu verkaufen, so Höfler: «Dazu müssen sie allerdings ihr Personal und ihre Gäste sensibilisieren.» Im Schaffhauser Restaurant Güterhof beispielsweise werde dem Gast das – von Falken stammende – «Güterhof»-Bier als Alternative angeboten: «Entsprechend gut ist heute die Nachfrage.» Gerade gegenüber Touristen könnten Gastronomen punkten, wenn sie auf ­regionale Spezialitäten hinweisen würden, ist Höfler überzeugt.

**Sorgen wegen neuer Verordnungen**
Höfler stimmt in die Kritik ein, welche gestern der Schweizer Brauerei-Verband an den neuen Verordnungen im Lebensmittelrecht übte. Diese Anpassungen ans europäische Recht sind derzeit in der Vernehmlassung. Laut dem Verband droht den Brauern hier neues Ungemach. Höfler: «Warnhinweise müssen landesweit dreisprachig angebracht werden, die Herkunfts­deklaration wird deutlich komplizierter, und die Übergangsfristen sind kurz.»

**Zuversicht für 2016**
«Generell positiv» bewertet Höfler hingegen den Ausblick der Brauerei Falken auf das kommende Jahr. So werde etwa das «Trainingslager»-Bier zur Fussball-EM 2016 wieder schweizweit verfügbar sein. Und auch die «sehr gut aufgenommene» Spezialität «Adam und Eva» werde jetzt «im Detailhandel ein Thema werden – auch im Ausland», so Höfler.


**Schweizer Bierkonsum: Kaum mehr Volumen**

Vor europaweit sinkendem Bierkonsum wuchs der Schweizer Biermarkt 2014/15 um 0,1 Prozent. Der Anteil des Schweizer Bieres stieg von 73,2 auf 74,4 Prozent. Die Bierimporte verringerten sich um 4,4 Prozent. Insgesamt wurden in der Schweiz rund 3,5 Millionen Hektoliter Bier gebraut (+1,8 Prozent). Aus dem Ausland eingeführt wurden 1,2 Millionen Hektoliter, wie der Schweizer Brauereiverband mitteilte. Ihm gehören 17 Brauereien an, die für 96 Prozent der Schweizer Bierproduktion stehen. (sda)

#Allgemeines

10. November 2015 | Kanti sammelt für Flüchtlinge im Kanton Schaffhausen

Schaffhauser Nachrichten
(rom/r.)

Rund 300 Schüler, Lehrer und Mitarbeiter der Kanti Schaffhausen sind am Donnerstag im Rahmen eines Sponsorenlaufs für Flüchtlinge in der Region gerannt. Die beiden Kantilehrerinnen Barbara Surbeck und Helen von Burg hatten den Sponsorenlauf, an dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf freiwilliger Basis ihre Solidarität mit den Flüchtlingen in der Region kund­taten organisiert. «Wir wollten nicht mehr einfach nur zusehen, wir wollten aktiv etwas gegen die Not der Flüchtlinge beitragen», so die beiden Organisatorinnen. Der Aufruf fand Anklang und breite Unterstützung: «Ein Grossteil der Schule hat sich als Läufer oder Sponsoren am Anlass beteiligt», so Surbeck nach dem Lauf. Zahlreiche Lehrpersonen zum Beispiel sind selber mitgelaufen, andere haben ihre Klassen gesponsert. Der Sponsorenlauf wurde auch von der Schulleitung unterstützt. Kantirektor Pasquale Comi schätzte einerseits die Initiative der Lehrpersonen, dachte andererseits aber vor allem auch an die Schüler: «Gerade für unsere Jugendlichen ist es wichtig, die Betroffenheit in eine konkrete Handlung zu überführen. Unsere Schülerinnen und Schüler sollen auch anhand solch bescheidener Taten merken, dass es besser ist, sich einzu­setzen und zu handeln, als untätig in Ohnmacht zu erstarren.»

**Fünfstelliger Betrag erwartet**
Die Organisatoren gehen davon aus, dass der Sponsorenlauf einen fünfstelligen Frankenbetrag einbringen wird. Der Erlös wird in den gemein­samen Fonds der Institutionen Integres und des Kantonalen Sozialamtes fliessen.

#Allgemeines

15. Oktober 2015 | Experimente an der Kanti

Schaffhauser Nachrichten
Damian Schmid

Es brodelt an der Kanti. Allerdings nicht im Lehrerzimmer, sondern in den Laboren. An drei Tagen bietet der Zentralkurs für Chemie­lehrer zahlreichen Lehrpersonen aus der ganzen Schweiz ein breites Angebot an Workshops. In diesen zeigen Chemielehrpersonen ihren Lehrer­kollegen Beispiele für spannende Unterrichtsthemen und Experimente. «Die Lehrer können voneinander lernen», sagt Thomas Stamm, Prorektor an der Kantonsschule und ebenfalls Chemielehrer. Dies sei eine Bereicherung für den Unterricht. An der Kanti sind ausserdem Lehrmittel für die ­Chemiestunden ausgestellt. Von ­Büchern, Filmen und Folien über ­Modelle bis hin zu Laboreinrichtungen gibt es an der Ausstellung alles, was das Chemielehrerherz begehrt.

**Philosophischer Beginn**
Der Kurs wurde gestern Morgen in der Aula der Kantonsschule eröffnet. Nach der Begrüssung der Lehrer durch den Rektor Pasquale Comi und einer kurzen Eröffnungsrede von Erziehungsrat Christian Amsler wurde die Chemie-Fachschaft der Kanti, welche den Event organisiert hatte, vorgestellt. Anschliessend hielt Prof. Dr. Ernst Peter Fischer aus Heidelberg einen philosophischen Vortrag zu seinem kürzlich erschienenen Buch «Die Verzauberung der Welt». Die Wissenschaft entzaubere die Welt nicht, sondern vertiefe deren Geheimnisse, so Fischer. Jede Antwort werfe nämlich wieder neue Fragen auf. Warum aber nach Antworten suchen, wenn sich daraus nur neue Fragen ergeben? Dazu zitiert Fischer aus Bertolt Brechts Theaterstück «Das Leben des Galilei»: «Das einzige Ziel der Wissenschaft besteht darin, die Bedingungen der menschlichen Existenz zu erleichtern.»

**Mehr Teilnehmer als sonst**
Der Kurs wird vom Verein der Schweizer Naturwissenschaftslehrer (VSN) veranstaltet. Er findet alle drei Jahre – dieses Jahr das erste Mal in Schaffhausen – statt. Der Vorschlag, diesen Kurs in Schaffhausen durchzuführen, kam vor anderthalb Jahren von Chemielehrer Martin Schwarz. «Vor allem seiner Initiative ist es zu verdanken, dass der Event dieses Mal an der Kantonsschule Schaffhausen stattfindet», sagt Stamm. Der Prorektor ist zufrieden mit der Veranstaltung. «Es haben sich 123 Lehrpersonen angemeldet», so Stamm. Normalerweise werden an diesem Kurs nur zwischen 80 und 100 Teilnehmer erwartet. «Die Lehrer kommen nicht nur aus der Schweiz, es sind sogar einzelne Personen aus Belgien, Deutschland, Österreich und Frankreich angereist», freut sich Stamm.

#Allgemeines

14. Oktober 2015 | Elefantenhochzeit unter Bierbrauern

Schaffhauser Nachrichten
Reuters

Die zwei grössten Bierkonzerne erzielten nach einem Tauziehen seit Mitte September eine Einigung über ein Zusammengehen. Anheuser-Busch Inbev mit Sitz in Belgien zahle 44 Pfund pro Aktie des britischen Herstellers SABMiller teilten die Konzerne gestern mit. Das Bar-Angebot entspreche einem Aufschlag von etwa 50 Prozent auf den Schlusskurs von SABMiller am 14. September. Als Alternative bietet AB Inbev ein gemischtes Angebot mit Bargeld und Aktien an und lockt damit Grossaktionäre mit einer Beteiligung am fusionierten Konzern.
Anheuser-Busch hatte zuletzt am Montag ein nachgebessertes Angebot von 43,50 Pfund vorgelegt und für die Übernahme insgesamt 70 Milliarden Pfund geboten. Mit dem neuen Angebot ist SABMiller 71,2 Milliarden Pfund (knapp 105 Milliarden Franken) wert. SABMiller teilte mit, grundsätzlich mit der Übernahme einverstanden zu sein, bat sich aber zugleich eine Verlängerung der Frist für das bindende Gebot des Konkurrenten um zwei Wochen aus. Die neue Frist für das verbindliche Angebot läuft nun bis zum 28. Oktober. Es sei vereinbart worden, dass AB ­Inbev drei Milliarden Dollar an SABMiller zahlen müsse, falls das Geschäft doch nicht zustande komme.

**Neue Dimension im Biermarkt**
Mit der Übernahme entsteht ein Brauriese neuer Dimension: Weltweit wird künftig etwa jedes dritte Bier aus den Braukesseln des fusionierten Konzerns kommen. In anderen Worten: Der globale Marktanteil kommt auf 30 Prozent zu liegen. Zugleich ist der Deal weltweit der grösste in diesem Jahr und eine der grössten Übernahmen in der Wirtschaftsgeschichte. Aus dem Hause AB Inbev kommen Biere wie Budweiser, Corona, Stella Artois oder Franziskaner. Der Konzern war 2008 aus der Fusion der belgischbrasilianischen Inbev-Gruppe mit dem US-Braukonzern Anheuser-Busch entstanden. SABMiller verkauft unter anderem Pilsner Urquell, Miller und Grolsch.

**EU-Kommission schweigt vorerst**
Ob die Behörden der Fusion ihren Segen geben werden, steht noch aus. Die EU-Kommission wollte die Megafusion der Bierriesen nicht kommentieren. Es liege bislang keine Anmeldung zur Genehmigung vor, teilte das Büro von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager auf Anfrage mit. Die Unternehmen müssten jetzt prüfen, ob sie ihr Vorhaben in Brüssel anzumelden hätten.
Die Fusion dürfte allerdings schon aufgrund ihrer Grössenordnung auf dem Tisch der EU-Kommission als oberster Kartellbehörde Europas landen. Bei solch grossen Zusammenschlüssen ist es üblicherweise so, dass die Konzerne Firmenteile verkaufen oder bestimmte Märkte aufgeben müssen, um grünes Licht aus Brüssel zu ­erhalten.
Der Druck in der Branche ist gross: In den Industrieländern geht der Bierdurst allmählich zurück, nur durch Zukäufe kommen die grossen Unternehmen noch zu bedeutendem Wachstum. Verändertes Konsumverhalten und eine breitere Angebotspalette belasten die grossen Standardsorte. Unter anderem bieten die Konzerne daher auch verstärkt Mischgetränke und Nischensorten an. SABMiller ist neben Afrika auch im asiatischpazifischen Raum stark, AB Inbev in Mittel- und Südamerika.

**Ein Aktionär aus Rapperswil-Jona**
Weder AB Inbev noch SABMiller haben Brauereien in der Schweiz. Dafür brauen hier mit Heineken die Weltnummer drei und mit Carlsberg die Nummer vier. Den Niederländern gehören hierzulande unter anderem Eichhof und Calanda. Carlsberg braut Feldschlösschen. Heineken und Carlsberg könnten von der Riesenhochzeit profitieren, wenn der neue Biergigant Geschäftsbereiche aufgeben muss.


**Jorge Lemann – Der grösste Einzelaktionär von Anheuser-Busch Inbev wohnt in der Schweiz**

sda

Die Gigantenhochzeit von Anheuser-Busch Inbev mit SABMiller rückt den zurückgezogen lebenden schweizerischbrasilianischen Doppelbürger Jorge Lemann in den Fokus. Der grösste Einzelaktionär von AB Inbev wohnt in Rapperswil-Jona SG. Der Milliardär hält gemäss «Financial Times» vom Juni über seine brasilianische Investitionsgesellschaft 3G 12,5 Prozent an AB Inbev.
Lemann besass in Brasilien die Brauerei Brahma. Diese schloss er mit der Lokalkonkurrentin Antarctica zu AmBev zusammen. AmBev fusionierte in der Folge mit der belgischen Interbrew zu Inbev. 2008 gelang mit der Übernahme von Anheuser-Busch der Schritt zur Weltmarktführung. Neben dem Engagement im Biergeschäft und anderen Bereichen kontrolliert Lemanns 3G Burger King. Er bewerkstelligte mit dem US-Investor Warren Buffet zusammen die Fusion der Lebensmittelriesen Heinz und Kraft.
Der Investor verlegte seinen Wohnsitz nach einem Attentatsversuch auf seine Kinder aus Brasilien an den Zürichsee. In seiner Jugend nahm Lemann sowohl für die Schweiz als auch für Brasilien am Davis-Cup im Tennis teil. Sein Vater war aus dem Emmental nach Brasilien ausgewandert und begründete dort im Bankwesen und im Kakaogeschäft das Familienvermögen.


**«Kaum Folgen für die Schweiz»**
Nachgefragt
Interview mit Markus Höfler, CEO der Brauerei ­Falken von Zeno Geisseler

Der grösste Bierbrauer der Welt, Anheuser-Busch Inbev, übernimmt für über 100 Milliarden Franken die Nummer zwei der Branche, SABMiller. ­Markus Höfler, CEO der Brauerei ­Falken, sagt, wie dieser Schritt aus ­seiner Sicht einzuschätzen ist.

*Welche Auswirkungen hat diese Megafusion auf die Schweiz?*
So gut wie keine. In der Schweiz ist die grosse Konsolidierungwelle schon länger vorbei, bei uns dominieren Carlsberg und Heineken den Markt. Bei dem jüngsten Zusammenschluss ging es meines Erachtens vor allem darum, wachsende Märkte in Asien und Afrika zu sichern. In der Schweiz sehen wir eher eine Gegen­bewegung zu den Grossfusionen: Kleine und kleinste Brauereien sind stark im Kommen, es gibt im ganzen Land ja rund 500 Produzenten.

*Können sich kleine Player wie Falken dem Trend zur Grösse entziehen?*
Ja, indem wir innovativ bleiben, nicht jeden Trend mitmachen und nicht einfach Volumen bolzen. Mit Lagerbier, mit dem man einfach den Durst löscht, verdient man heute nichts mehr. Wir setzen auf Bierspezialitäten und auf Genuss und kommen damit am Markt sehr gut an. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir unsere Unabhängigkeit bewahren werden, und investieren deshalb fünf Millionen Franken in unsere Brauerei.


17.10.2015
**Tanz der Biergiganten**
von Zeno Geisseler

In der Bierbranche bahnt sich ein gewaltiger Zusammenschluss an: AB InBev, der weltgrösste Bierbrauer, ist daran, für über 100 Milliarden Dollar die Nummer zwei, SABMiller, zu schlucken. Stimmen die Kartellbehörden dem Deal zu, wird das neue Unternehmen künftig jedes dritte Bier weltweit verkaufen und Traditionsmarken wie Becks, Budweiser, Corona, Grolsch, Franziskaner, Löwenbräu, Stella Artois und Pilsner Urquell vereinen. Zusammen beschäftigen die beiden Bierriesen heute über 200 000 Menschen.

**Die Grossfusion ist der nächste Schritt einer langen Entwicklung**
Fusionen und Übernahmen sind in der Bierbranche nichts Neues. Dies zeigt sich schon an den auffälligen Namen der beiden Unternehmen. AB InBev entstand 2008, als die belgische InBev die amerikanische Anheuser-Busch kaufte. InBev wiederum war erst vier Jahre davor aus dem Zusammenschluss der belgischen Interbrew mit der brasilianischen AmBev hervorgegangen. AmBev und Interbrew waren ihrerseits Produkte früherer Übernahmen. SABMiller ist in der heutigen Form ebenfalls eine junge Gesellschaft: Sie entstand erst 2002 aus der Fusion der südafrikanischen South African Breweries und der US-Gruppe Miller, 2011 kam dann noch die australische Foster’s dazu.
Angesichts dieser Unternehmenshochzeiten in der Vergangenheit ist die jüngste Megafusion der Nummer 1 und der Nummer 2 nur der nächste konsequente Schritt einer Entwicklung, die sich seit Jahrzehnten abzeichnet. Gross ist gut, grösser ist besser, lautet offensichtlich die Devise, und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Noch im Juni sprachen die Märkte davon, dass sich AB InBev den Spirituosengiganten Diageo (Johnnie Walker, Guinness) einverleiben könnte, und jetzt mutmasst der «Economist», dass AB InBev insgeheim den prestigeträchtigsten Namen der Getränkewelt überhaupt ins Auge gefasst hat: Coca-Cola. Zuerst einmal wird der Konzern aber den Kauf von SABMiller verdauen. Ob dieser ein Erfolg war, steht sowieso noch in den Sternen. Längstens nicht alle Unternehmenszusammenschlüsse funktionieren; nach der Hochzeitsnacht, das wissen zum Beispiel Daimler und Chrysler, folgen oft die Kopfschmerzen.

**Weniger Auswahl und höhere Preise für die Konsumenten**
Wer profitiert im Idealfall von der Bierfusion? «Unser Traum ist es», schreibt AB InBev auf ihrer Website, «das beste Bierunternehmen der Welt zu sein, das Menschen für eine bessere Welt zusammenbringt!» Das hört sich ganz nett an, aber Grosskonzerne sind natürlich keine Hilfswerke. Wessen Welt vor allem verbessert werden soll, ist klar: die der Aktionäre. Die Konsumenten hingegen müssen wohl eher mit höheren Preisen und einem kleineren Angebot rechnen. Es ist ja das Ziel von Fusionen, die Marktmacht auszubauen und sich auf die profitabelsten Produkte zu konzentrieren. An den Mitarbeitern wird der Merger ebenfalls nicht spurlos vorübergehen. Effizienzgewinne und Arbeitsplatzverluste sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Wo es früher zwei Hauptquartiere gab, braucht es künftig nur noch eines. Schon als InBev Anheuser-Busch übernahm, gingen laut «Wall Street Journal» 1400 Jobs verloren.
Für den Schweizer Biermarkt wird sich hingegen nicht viel ändern. Hierzulande ist die Marktbereinigung längst schon vorbei, und die Nummern 3 und 4 auf dem weltweiten Biermarkt, Heineken und Carlsberg, sind die dominanten Player in der Schweiz. In ihren Händen befinden sich Traditionsmarken wie Feldschlösschen (Carlsberg) oder Calanda (Heineken). SABMiller und AB InBev hingegen halten in der Schweiz keine Brauereien, und so wird es wohl auch bleiben: Der Biermarkt in der westlichen Welt stagniert seit Langem, die Erträge sprudeln in Asien und in Afrika.

**Lieber klein, mein und fein als gross, anonym und beliebig**
Der Drang, wenn nicht Zwang, zur Grösse der Riesen birgt auch Chancen für die ganz Kleinen, von einer Falkenbrauerei in Schaffhausen bis hin zum winzigen Gässli-Bräu aus Buch. Viele Konsumenten haben Bieren abgeschworen, die global präsent sind und doch immer gleich schmecken, meistens also nach nichts. Spannender sind die Bierspezialitäten aus der Region, interessanter sind Biere mit Charakter, die von Leuten gebraut wurden, die man noch kennt. Bier von hier, das ist Heimat abgefüllt in Flaschen, und dieses Gefühl kann man nicht kaufen. Auch nicht für 100 Milliarden Dollar.
Wenn Bierkonzerne fusionieren, dann ist der Erfolg ungewiss. Für Kleine eröffnen sich aber neue Chancen.

#Allgemeines

13. Oktober 2015 | Bootsfahrer schlagen einen Pflock ein

Schaffhauser Nachrichten
Robin Blanck

Noch wartet man auf den Vorschlag des Stadtrates in Sachen Bootsplätze, doch bereits jetzt sorgt das Thema für Diskussionen: So steht eine Aufhebung der Ausgleichsregel, welche bisher ein Gleichgewicht zwischen motorbetriebenen und motorlosen Booten an den städtischen Liegeplätzen verlangt, zur Debatte, nachdem entsprechende Bestrebungen aus dem Parlament laufen. Zudem denkt die Stadt darüber nach, eine Vererbung von Liegeplätzen – sprich: Pfosten – künftig nur noch zwischen Ehepartnern, nicht aber vom Vater auf die Nachkommen zuzulassen (siehe auch SN vom 3. 9.). Fragt man bei Schaffhauser Freizeitkapitänen nach, wird deutlich, dass vorab bei der Motorfrage die Meinungen auseinandergehen.

**Gleichgewicht erhalten**
Hans Bendel, Weidlingsurgestein, will an der Ausgleichsregel festhalten: «Auf dem Rhein sind bereits genügend Motorboote unterwegs», sagt er – und freut sich darüber, dass vermehrt wieder junge Stachler anzutreffen seien.
Dass bereits heute zu viele Motorboote auf dem Rhein verkehrten, findet auch Stachler Rolf Baumann, «die Ausgleichsregel muss deshalb unbedingt erhalten bleiben», sagt er, der sich vor allem an den stark motorisierten Schlauchbooten stört, welche viel Lärm und Wellenschlag verursachen würden. «Solange es Leute gibt, die einen Stachelweidling benützen wollen, sollte man diese bei der Pfostenvergabe bevorzugen», ist René Uhlmann, Stachler und Pionier der «Aktion Rhy», überzeugt. Auch moderne Motoren würden Lärm und Wellen verursachen – und einfach stören: «Jeder Motor weniger ist besser», sagt Uhlmann.
Anders sieht das erwartungsgemäss Kurt A. Bürki, Präsident des Bootsclubs Schaffhausen (BCSH): Eingeführt habe man die Ausgleichsregel mit dem Zweck, ein Gleichgewicht zwischen Stachelweidlingen und Motorbooten zu schaffen, «dieses Ziel ist erreicht, folglich muss die Regel aufgehoben werden». In der Vergangenheit habe man bestimmte Motortypen verboten, sodass heute vor allem modernere und sauberere Aggregate eingesetzt würden, «es gibt also keinen Grund mehr, über ‹schmutzige Motoren› zu schimpfen», findet Bürki.

**Weitergabe nicht einschränken**
Während man sich in diesem Punkt uneinig ist, sieht das bei der Frage der Pfostenweitergabe ganz anders aus: Alle Befragten sprechen sich gegen die Idee aus, die Vererbung einzuschränken und eine Weitergabe nur noch unter Ehepartnern zu erlauben.
Für Hans Bendel wäre eine solche Regelung zu strikt, weil die Kinder oft von ihren Eltern mit dem Weidlingsfahren auf dem Rhein vertraut gemacht würden und entsprechend stark mit dieser Freizeitbeschäftigung verbunden seien: «Ich würde mir eine lockerere, individuellere Lösung wünschen», sagt Bendel.
Baumann sieht bei einer eingeschränkten Weitergabe ein anderes Problem, das ihn selber direkt betrifft: Seit 40 Jahren ist er mit seiner Partnerin zusammen, verheiratet ist das Paar aber nicht – hier würde sich die Frage stellen, wie damit zu verfahren wäre. Baumann glaubt indes, dass es andere Möglichkeiten gäbe: «Wenn einer wirklich auf den Rhein will, findet sich in der Regel jemand für eine Weidlingsgemeinschaft», sagt Baumann. Er, der selber 29 Jahre auf der Warteliste war, teilt sich den Weidling mit zwei anderen Parteien, «das funktioniert sehr gut», sagt er. Ein Verbot der Weitergabe an die Nachkommen schätzt René Uhlmann als «unnötig» ein: Dass der Pfosten vom Vater an den Sohn käme, sei eine «steinalte Tradition», darüber hinaus teilt er die Meinung Baumanns: «Wer sich um den Zugang zu einem Weidling in einer Gruppe bemüht, schafft das auch.» Vehement spricht sich zudem auch der Bootsclub-Präsident gegen die eingeschränkte Weitergabe aus, «das ist Unsinn und kommt einer Enteignung gleich», sagt Bürki. Denn: «Wenn man den Pfosten plötzlich abgeben muss, kann man seinen Weidling auch gleich versenken.» Er hat eine andere Idee zur Verkürzung der Warteliste: «Man muss nur schauen, welche Schiffe gepflegt und benutzt werden und welche vernachlässigt und voller Wasser sind.» Will heissen: Wer das Boot und damit den Liegeplatz nicht nutzt, soll den Pfosten verlieren.

**Obolus spaltet die Front**
Und dann gibt es da noch den finanziellen Ansatz zur Verkürzung der Warteliste, auch das erwägt der zuständige Stadtrat Simon Stocker: Für den Verbleib auf der Liste wird ein jähr­licher Obolus erhoben. Hans Bendel lehnt das nicht grundsätzlich ab, Rolf Baumann und René Uhlmann könnten sich mit einer solchen Regelung ebenfalls anfreunden. Nur bei Bürki stösst auch dieser Ansatz auf Widerspruch: «Wieso sollte ich für etwas bezahlen, was ich nicht habe?» Er schlägt eine Alternative vor: «Ich manchen Gemeinden bleiben nur die auf der Liste, die ihr Gesuch jedes Jahr erneuern.»

#Allgemeines

30. September 2015 | Sache … Sächeli

Schaffhauser Nachrichten

· Steigt man in Schaffhausen von der Bachstrasse den Pfarrweg zur Kantonsschule hoch, kommt man bei der Kanti an zwei Skulpturen vorbei. Bei einer davon, sie zeigt einen stilisierten Vogel oder einen Flügel, ­haben wir gut versteckt einen interessanten Aufkleber entdeckt. «KSH Bitte stehen lassen» steht dort unter einem diagonalen Strich (siehe Bild). Ob da wohl jemand befürchtet, der Flügel müsse dem umstrittenen Jünglingstorso ins Archiv folgen? Die Figur stammt laut einer Plakette von Ueli Schoop in Zürich und ist ein Geschenk des Altherrenverbands der «Schaphusia» aus dem Jahr 1968. (zge)

· 2015 ist das Jahr der Jubiläen: 925 Jahre Beringen, 777 Jahre Büttenhardt, 925 Jahre Büsingen … Ganz im Stillen hat indes Barzheim sein 777-Jahr-Jubiläum begangen. 1238 wurde das Dorf zusammen mit Büttenhardt und Lohn nämlich in einer von der Kirche in Diessenhofen ausgestellten Urkunde zum ersten Mal erwähnt. Gefeiert wurde diese Schnapszahl nicht etwa mit einem Volksfest, sondern lediglich mit einem Kutschenausflug nach Gennersbrunn, den der einzige Verein im Dorf, der Ortsverein Im no Baarze, organisiert hatte. (jcg)

· Beim «Kaminfeuergespräch» dreier SP-Sektionen auf Schloss Laufen bedankte sich Werner Bächtold, Präsident der SP des Kantons Schaffhausen, bei der Moderatorin Dominique Späth auf seine Art. Späth, die Tochter von Kantonsrat Markus Späth, kandidiert, wie der prominente Gast und ehemalige Diplomat und Botschafter in Berlin Tim Guldimann, auf der Zürcher SP-Nationalratsliste. «Frau/Mann, Land/Stadt, jung, kämpferisch und älter, diplomatisch: Das wäre eigentlich die ideale Kombination für den Nationalrat», scherzte Bächtold. Allerdings hat wohl einzig Guldimann (auf der SP-Liste als Nummer 10 von 35 gesetzt) Erfolgsaussichten, gewählt zu werden. (M.G.)

· Ein bekannterSchauspielermit Schaffhauser Wurzeln ist gestern 103 Jahre alt geworden: Lukas Ammann («Graf Yoster gibt sich die Ehre», «Dällebach Kari»). Dem «Blick» verriet Ammann, dass er bis auf ein paar Probleme mit der Bandscheibe noch sehr fit sei. «Ich fahre ­sogar noch Auto», sagte er. Ammann ist Mitglied der Schaffhauser Zunft zum Rüden. (zge)

· Hochbetrieb im Fäsenstaubpark, wo das Playmobil ein Spielland der unbegrenzten Möglichkeiten bietet. Wer sich im Park umsieht, merkt, dass in Richtung des Johannes-von-Müller-Denkmals die alte schwarze und etwas klapprige Handpumpe diesen Sommer ersetzt wurde durch eine moderne Chromstahlpumpe in Form eines Rades. Schön. Und im Steinbett, in dem das Wasser hinunterfliesst in das Auffangbecken, wurden kleine Dämme eingebaut mit Klappen, um das von der Pumpe geförderte Wasser zu stauen. Mindestens theoretisch ist das möglich. Aber die Klappen sind nicht dicht, das Wasser fliesst auch, wenn sie geschlossen sind. Schade um die massiven Konstruktionen der Klappen, die, weil sie nicht funktionieren, unnütz sind. Wie erklär ich’s meinem Kinde? (Wü.)

· Zurück ist die vergoldete Jesusfigur, die 2014 beim Wegkreuz Ilgenpark Ramsen gestohlen wurde. Allerdings ist es nicht der original Heiland. Der bleibt verschollen. Ilgenpark-Leiter Olaf Rühlemannhat sich indes um Ersatz bemüht und eine Bronzefigur bei Kirchenschmuckherstellern in Bayern besorgt. Nun ist das Kreuz wieder komplett und bleibt es hoffentlich auch. (efr.)

#Allgemeines

23. September 2015 | Der nackte Jüngling ist weg

Schaffhauser Nachrichten
Damian Schmid

Den meisten Schülern der Kantonsschule wird es bereits aufgefallen sein: Die Skulptur «Männlicher Torso» von Karl Geiser, die seit bald 50 Jahren im Lichthof aufgestellt war, ist seit den Sommerferien verschwunden. Sie wurde entfernt, nachdem ein Lehrer auf die Pädophilie des Künstlers Karl Geiser aufmerksam gemacht hatte. Beim «Männlichen Torso» handelt es sich um die Abbildung eines nackten Jungen. «Kunst eines pädophilen Künstlers in einer Schule kann problematisch sein. Wir wussten noch nicht, wie wir damit umgehen», begründet der Rektor der Kantonsschule, Pasquale Comi, die Entfernung der Skulptur, welche jetzt im Archiv der Kanti steht.

**Amsler lobt den Künstler**
Erst von den SN erfuhr Erziehungsdirektor Christian Amsler von der Entfernung der Skulptur. Er lobt den Künstler in den höchsten Tönen: Geiser sei einer der bedeutendsten Schweizer Künstler überhaupt, sagt er. «Im Lexikon des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft wurde er mit vier Sternen bewertet.» Ob die Entfernung der Skulptur angemessen war, das werde er «in Ruhe mit dem Rektorat der Kantonsschule besprechen», so Amsler. Im Übrigen «wurden und werden Kunstwerke in Kantonsbesitz aufgrund ihres künstlerischen Werts angekauft und nicht wegen der Persönlichkeit des Künstlers oder der Künstlerin», sagte er.
Die Figur wurde der Kantonsschule anlässlich der Einweihung des Förderer-Neubaus 1967 von der Georg Fischer AG überreicht. Der Künstler Karl Geiser war zu diesem Zeitpunkt schon zehn Jahre tot. Er beging 1957 Suizid.
Die durch die Abwesenheit der Skulptur angeregte Diskussion möchte die Kanti laut Comi nutzen, um den Unterschied zwischen Künstler und Kunstwerk – auch ganz allgemein – zu thematisieren. Zudem biete der am ehemaligen Standort der Skulptur frei gewordene Platz Raum für gestalterische Eingriffe und künstlerische Interventionen. Es sei der einzige Ort, der solche Eingriffe erlaube, ohne die dominante Architektur des Fördererbaus zu stören. Ob der Torso definitiv aus der Schule verschwindet oder ob er seinen Platz im Mittelpunkt des Fördererbaus irgendwann zurückerhält, ist noch nicht entschieden.
Ganz verschwunden aus der Öffentlichkeit ist Geiser trotz der Aktion bei der Kanti dennoch nicht: Weiterhin im Freien stehen zwei Davidskulpturen beim Museum zu Allerheiligen.



So präsentierte sich der umstrittene Torso noch bis vor Kurzem im Lichthof der Kantonsschule.
Bild Bruno Bührer


24.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
lbb

**Karl Geiser – Woher der Pädophilievorwurf kommt**

Ein «pädophiler Künstler» sei er, meint die Schulleitung der Kantonsschule Schaffhausen: In keiner Dokumentation sind die sexuellen Neigungen des Künstlers Karl Geiser (1898–1957) deutlicher herausgearbeitet als im Dokumentarfilm «Geysir und Goliath» (2010) des Zürcher Filmemachers Alexander J. Seiler. «Geiser machte aus seinen erotischen Vorlieben keinen Hehl», sagt der 87jährige Filmer gegenüber den SN. Er lässt in seinem Film den exzentrischen Zeichner, Bildhauer und Fotografen Geiser aus den Nachlassbriefen lesen. So berichtet der Künstler von seinem Werkaufenthalt in Paris 1927 prahlend von seinen Affären, etwa mit einer «Negerin» und «Araberknaben». Die Briefe waren an die grosse unerfüllte Liebe seines Lebens gerichtet: Sasha Morgenthaler, die Frau seines Mäzens. 1929 wird er verhaftet und muss für acht Tage ins Bezirksgefängnis Zürich: Ihm wird eine sexuelle Beziehung zu einem 18-Jährigen vorgeworfen. Geiser arbeitete stets mit Modellen – nackte Männer und Frauen aller Altersgruppen gaben sich in seinem Atelier in Zürich-Letten die Klinke in die Hand. «Das Atelier war für ihn auch der Raum der Liebe», so Seiler. «Mit den wenigen, aber umso wichtigeren Frauen seines Lebens wie mit den Knaben und Jünglingen, deren Schönheit er früh und immer heftiger verfiel.» Zwei der wichtigsten Werke Geisers, je eine Gruppe von nackten jungen Männern und Frauen aus dem Jahr 1938, steht übrigens noch heute in Bern – vor dem Haupteingang des städtischen Gymnasiums Kirchenfeld.



Exzentrisches Liebesleben: der Künstler Karl Geiser (Aufnahme von 1938).
Bild zvg


24.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
lbb

**Um demontierte Skulptur ist eine Kunstdebatte entbrannt**

*Die Demontage einer Bronze­figur in der Kanti wegen der pädophilen Neigung ihres Erschaffers Karl Geiser (1898–1957) löst Diskussionen aus.*

Die Kantonsschule Schaffhausen steht hinter ihrem Entscheid, die Skulptur «Jünglingstorso» des Schweizer Bildhauers Karl Geiser von ihrem Platz im Lichthof im Neubau der Schule zu verbannen. Zuerst wolle man eine vertiefte Diskussion über Kunst und Künstler im Unterricht lancieren, erklären Rektor Pasquale Comi und sein Vorgänger Urs Saxer. Mit dem Thema Pädophilie müsse man heute anders umgehen als in den Jahren, wo die ­Figur installiert worden sei. Nach Regierungsrat Christian Amsler äussert sich jetzt auch ein früherer Kantonsschullehrer zum Vorgehen der Schulleitung. Und der Kunstkurator des Museums zu Allerheiligen wies auf die hohe Bedeutung Geisers in der Kunstwelt hin, von dem zwei sehr bedeutende Werke beim Münster stehen. Derweil wird klar, wieso der Vorwurf der Pädophilie gegen den Künstler erhoben wird.


24.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Flavio Razzino und Marc Liebenberg

**Entfernung einer Skulptur wirft Fragen auf**

*Die Entfernung der Figur «Jünglingstorso» des Künstlers Karl Geiser (1898–1957) wegen pädophiler Neigungen ihres Erschaffers sorgt für Verwunderung.*

Die Bronzeskulptur «Jünglingstorso» des bedeutenden Bildhauers Karl Geiser (1898–1957) wurde in den Sommerferien vom Lichthof der Kantonsschule Schaffhausen entfernt, nachdem ein Lehrer Anfang Jahr die Schulleitung darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Künstler eine pädophile Neigung gehabt haben soll (siehe SN von gestern). Den Entscheid verteidigt der damalige Rektor Urs Saxer gegenüber den SN: «Die Frage ist durchaus berechtigt, wie man sich zu so einem Kunstwerk stellen soll.» Immerhin, so Saxer, sei für das Thema Pädophilie heute eine grössere Sensibilität vorhanden als noch vor 50 Jahren, als die Statue, als Schenkung von GF, im Neubau aufgestellt wurde. «Heute haben wir ein Gesetz, welches in Fällen von Kindesmissbrauch lebenslange Berufsverbote vorsieht.» Deshalb habe man einen Diskurs über Kunst und Künstler anregen wollen. Entfernt worden sei der Jüngling im vergangenen Juli.
Pasquale Comi, seit 1. August dieses Jahres Rektor der Kantonsschule Schaffhausen, sagt: «Das war wahrscheinlich nicht ganz glücklich, aber im Nachhinein ist man immer klüger.» Denn jetzt werde eine wichtige Debatte über Kunst von umstrittenen Künstlern öffentlich geführt, «obwohl wir dar­über zuerst in der Schule hätten diskutieren wollen», so Comi. Bereits sei eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die derzeit ein Konzept für dieses vertiefte Nachdenken über Kunst entwickle. Nach den Herbstferien soll es losgehen.

**Geisers Spuren in Schaffhausen**
Dass die Figur weg ist, fiel jedoch schnell auf – kein Wunder, handelt es sich bei ihrem Schöpfer doch um einen Künstler, der in Schaffhausen unübersehbare Spuren hinterliess. Nicht nur in der Stadt Zürich beim Helvetiaplatz (Arbeiterdenkmal) oder bei der Walche (Löwen) stehen seine Skulpturen; Walther Bringolf – der mit dem Bildhauer persönlich und politisch befreundet war – bat den bereits berühmten Künstler 1946, ein Denkmal für die Bombardierung Schaffhausens am 1. April 1944 zu schaffen. Geisers Vorschlag gewann unter sechs weiteren Beiträgen – zur Ausführung gelangte das Denkmal jedoch nie. Am 4. Juli 1959 wurden auf Veranlassung Bringolfs aber zwei in Bronze gegossene David-Figuren von Karl Geiser in Schaffhausen enthüllt. Die eine, die Freiheit verkörpernde Fassung, zeigt David nackt und steht im Kräutergarten zu Allerheiligen, die andere, in Hirtenknabenart mit einer Hose bekleidet, fand an der Nordfassade des Münsters ihren Platz.
Zusammen mit diesen überlebensgrossen Arbeiten besitzt das Museum zu Allerheiligen fünf Geiser-Werke, wie Kunstkurator Matthias Fischer bestätigt. Zu den beiden Davids kommen ein Jünglingstorso «Heiri», das Modell für das Bombardierungsdenkmal und ein weiteres Artefakt. «Diese Arbeiten befinden sich im Depot», sagt Fischer. Die Entfernung des «Nackten Jünglings» mag er nicht kommentieren. Er sagt nur: «Das zeigt mir nur, dass Kunst in verschiedenen Zeiten unterschiedlich bewertet wird.»
Mit grosser Verwunderung hat auch der langjährige frühere Lehrer für bildnerisches Gestalten an der Kantonsschule, Edi Schwyn, von der Demontage des Jünglings erfahren: «Ich finde das an den Haaren herbeigezogen», kommentiert der pensionierte Lehrer das Vorgehen seiner Berufskollegen. Die Figur sei ihm seit seiner eigenen Schulzeit vertraut – im Fach Zeichnen hat sie seinen Schülern als Modell gedient. «Meiner Meinung nach hat die Figur nicht im Entferntesten etwas mit Erotik und Sexualität zu tun», so Schwyn. Von den Pädophilie-Vorwürfen gegenüber Geiser habe er bisher keine Kenntnis gehabt. «Ich bin aber der Meinung, dass man so etwas doch nicht einfach auf das Werk eines Künstlers übertragen kann!»
Die Debatte haben die Verantwortlichen mit der Entfernung des nackten Jünglings lanciert. Gut möglich ist jedenfalls, dass die Bronzeskulptur bald wieder im Lichthof der Kantonsschule Schaffhausen steht. «Ich kann mir das gut vorstellen, auch weil wir das Thema Kunst umstrittener Künstler nun in den Klassen, aber auch im Lehrerzimmer diskutieren», sagt Comi.



Erregte Anstoss: Nackter Jüngling aus Bronze im Lichthof der Kanti.
Archivbild SN



Karl Geisers überlebensgrosse David-Statuen: «Freiheits»-David im Kräutergarten des Klosters Allerheiligen und …



… David beim Münster Schaffhausen. Es sind Schlüsselwerke im Spätwerk des Bildhauers.
Bilder Selwyn Hoffmann


25.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
r

**Kantonsschule wird heftig kritisiert**

*Bronzeskulptur*

Für Irritationen hat die diese Woche bekannt gewordene Entfernung einer Bronzeskulptur des renommierten Schweizer Bildhauers Karl Geiser aus dem Lichthof des Neubaus der Kantonsschule Schaffhausen gesorgt. Jetzt äussern sich Kunstsachverständige und Kulturschaffende über die Demontage des «Jünglings­torsos» nach fast 50 Jahren wegen der angeblichen Pädophilie ihres Erschaffers – und die Akteure aus der Kunstszene kritisieren die Schulleitung scharf. Für Katharina Epprecht, Direktorin des Museums zu Allerheiligen, ist die Entfernung der Figur «kaum nachvollziehbar», obwohl die zugrunde liegende Fragestellung durchaus legitim sei. Roger Ballmer vom Kunstverein meint, man müsste die Figur nicht aus der Öffentlichkeit entfernen, um sich differenziert darüber zu unterhalten. Die Kunsthistorikerin Tina Grütter findet die Argumentation schlicht «lächerlich». Und die beiden unter anderem mit bildhauerischen Arbeiten bekannt gewordenen Künstler Vincenzo Baviera und Bruno Ritter machen ihrem Ärger Luft. Derweil werden Erinnerungen wach an den letzten Kunstskandal in Schaffhausen im Jahre 1989.


25.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Edith Fritschi und Marc Liebenberg

**«Diskussion am völlig falschen Objekt»**

*Kopfschütteln löst bei Sachverständigen und Kunstschaffenden die Entfernung des «Jünglingstorsos» an der Kantonsschule aus.*

Die diese Woche bekannt gewordene Demontage der Skulptur «Jünglingstorso» des Bildhauers Karl Geiser begründet die Schulleitung mit den pädophilen Neigungen des bereits seit 58 Jahren toten Künstlers (siehe SN von gestern). Man wolle jetzt an der Schule eine Debatte darüber anregen, versprach Mitte der Woche Rektor ­Pasquale Comi. Gestern haben sich nun auch Vertreter der Schaffhauser Kunstszene in die Debatte eingebracht.
Um eine legitime Fragestellung handle es sich durchaus, meint Katharina Epprecht, seit Anfang des Monats Direktorin des Museums zu Allerheiligen. «Das Verhältnis zwischen der Person des Künstlers und seinem Werk könnte Anlass für eine wichtige und ­relevante Disskussion sein.» Man müsse dabei aber unbedingt der grundsätzlichen Eigenständigkeit des Kunstwerks gerecht werden.
Mit der Entfernung der Skulptur aus der Öffentlichkeit – dieser «kaum nachvollziehbaren Aktion» – torpediere die Kantonsschule jedoch im Grunde gerade das, worauf es ihr anscheinend ankomme. «Das Resultat der Auseinandersetzung mit dem Werk und seinem Urheber hat man mit der Demontage im Grunde bereits vorweggenommen. So ist die Disskussion am völlig falschen Ende aufgehängt – und am falschen Objekt», sagt Epprecht. Sie sehe denn auch nicht den geringsten Anlass, die beiden im Besitz des ­Museums befindlichen David-Skulpturen Geisers im Kräutergarten und beim Münster Schaffhausen in irgendeiner Weise dem öffentlichen Raum zu entziehen.

**Suche nach dem «pädophilen Blick»**
Sexualität führe in der Kunst zu vielen Missverständnissen, sagt Kunstvereinspräsident Roger Ballmer. «Wenn man nach einem ‹pädophilen Blick› von Künstlern in der Kunst sucht wird man fast in allen Gattungen und Epochen fündig.» Von der Renaissance bis in die Postmoderne malten und fotografierten Künstler nackte Kinder, oftmals in eindeutig lasziven Posen. Im vorliegenden Fall sei es erst einmal geboten, das Werk konsequent vom Künstler zu trennen, relevant sei einzig die Darstellung. «Die Grenze des Zeigbaren liegt meiner Meinung nach dort, wo Kinder sexualisiert, in lasziven Posen gezeigt werden.» Das sei bei ­Geisers Werk eindeutig nicht der Fall. «Wenn man eine solche Diskussion ernsthaft hätte führen wollen, dann hätte dies auch ohne Entfernung der Skulptur stattfinden können», sagt Ballmer.
Für die Kunsthistorikerin Tina Grütter, einstige Kuratorin der Kunstabteilung am «Allerheiligen», ist die Vermischung von Biografie und Werk eines Künstlers alles andere als gut. «Ein Werk kann sich doch weit über Persönliches hinausheben, und gerade schwierige biografische Gegeben­heiten können die Inspiration sein, dies erst in Kunst zu verwandeln», meint sie. Rembrandt zum Beispiel soll als Mensch sehr unangenehm gewesen sein. «Da dürfte man seine Kunst nicht mehr anschauen, wenn man nur noch Arbeiten, von moralisch sauberen Künstlern möchte.» Sie verweist auch auf die alten griechischen Skulpturen, die in der Kunstgeschichte unbestritten als hochwertig dastehen. «Wohl die meisten davon haben Künstler geschaffen, die sich an Jungenkörpern erfreut haben», sagt sie.

**Tina Grütter: Debatte lächerlich**
Grütter stört es, dass man heute viele Werke nur noch unter sexuellen Aspekten betrachtet und die künstlerische Qualität sekundär wird. «Karl ­Geiser hat seinen Platz in der schweizerischen Kunstgeschichte.» Er habe sich bei aller Stilisierung stets an die Natur gehalten und sei nicht ins ­Abstrakte gegangen, meint Grütter. Das sei mit ein Grund, weshalb die ­Modelle für Geiser eine wichtige Rolle spielten. «Wenn man Geiser aus so ­wenig stichhaltigen Gründen entfernt, dann müsste man auch Werke von ­Gubler wegtun.» Im Übrigen wisse man zu wenig über die Beweggründe und die Inspiration Geisers. Grütter hält die Debatte jedenfalls für lächerlich. «Wenn man so argumentiert, dann ­dürfen bald nur noch bigotte Leute und Moralapostel Kunst machen.»

**«Viele Museen müssten schliessen»**
Vincenzo Baviera, freischaffender Bildhauer in Beggingen, hat sich intensiv mit Karl Geiser befasst und lernte bei dessen Schüler Felix Kohn in ­Zürich, der nach Geisers Selbstmord sein Atelier übernommen hatte. «Klar, Karl Geiser stand offen zu seinen Neigungen, er hat sie aber eben auch als Problem wahrgenommen und darunter gelitten», sagt Baviera. Dass sich der Künstler jemals etwas Schlimmes zuschulden hat kommen lassen, bezweifelt er. «Wenn man jedes Kunstwerk nach den Unzulänglichkeiten seines Urhebers bewerten möchte», glaubt ­Baviera, «dann müsste man ganz viele Museen schliessen.» Zur Entfernung von Geisers Skulptur an der Kantonsschule meint er nur: «Das war wohl eine reine Panikhandlung vor lauterpolitical correctness, es geht aber an der Sache komplett vorbei.»
Bruno Ritter, im Bergell lebender Maler und Bildhauer aus Schaffhausen, ärgert sich über die Schulleitung ebenfalls sehr: «Dass eine so undifferenzierte Behauptung eines Lehrers dazu führt, dass eine Kommission einberufen wird, ist wirklich fasnachtsreif und disqualifiziert die Verantwort­lichen.» Das Problem liege also kaum bei Geiser und seiner Skulptur.

**Kunstskandal 1989 Als Herr Puls nicht ausstellen durfte**
Es ist nicht das erste Mal, dass man sich in Schaffhausen über einen Künstler aufregt: Schon lange vor der «Causa Geiser» hatte die Stadt einen «Kunstskandal. Es war im Jahre 1989, als die Ausstellung des österreichischen Künstlers Erwin Puls, die am 17. August in der Kammgarn eröffnet werden sollte, verboten wurde. Am Ruder war damals der sozialdemokratische Stadtpräsident Max Hess. Er und der gesamte Stadtrat seien einmütig zum Schluss gekommen, die städtische Liegenschaft Kammgarn nicht für die Puls-Schau zur Verfügung zu stellen, meldeten die SN am 17. August 1989: «Grund für diesen Entscheid sind pornografische Fotos sowie ein Videofilm mit pornografischen Szenen, die im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden sollten.» Und weiter: «Der Entscheid des Stadtrates war unumgänglich, und unter Zeitdruck waren wir zu raschem Handeln gezwungen», betonten damals Hess und Baureferent ­Marcel Wenger. Sie begründeten den Entscheid damit, dass die Behörde im Vorfeld nicht über den Inhalt der Ausstellung, organisiert von der Kammgarn-Koordinationsgruppe ­(Kakoo) ­informiert worden sei. Erst kurz vor Eröffnung der Schau des Wiener ­Aktionskünstlers habe sich der Stadtrat in corpore vor Ort bei eine Führung ein Bild machen können. Einzelne Teile der Ausstellung empfand er «eindeutig als Pornografie», was Puls – der im Jahr 2003 verstarb – überhaupt nicht in Abrede stellte. Er bediene sich der Mittel der Pornografie, um zu zeigen, wie die Gesellschaft funktioniere, sagte er damals. Auf den Vorschlag, etwa ein Drittel aller Exponate zurückzuziehen, um die Ausstellung dennoch zeigen zu können, waren Puls und die Veranstalter nicht eingegangen. Der Stadtrat verbot also die Schau, auch wenn er einräumte, Kunst benötige einen grossen Freiraum, aber man habe der Öffentlichkeit gegenüber eine Verantwortung. Enttäuscht zeigten sich die Organisatoren, denen bewusst war, dass es sich um eine «brisante Ausstellung» handelte. Genau aus diesem Grund aber wäre der Künstler in den Ausstellungsräumen stets präsent gewesen, um die Diskussion mit den Besuchern zu führen. Diese kam dann nur ausserhalb zustande und wurde zum Stadtgespräch darüber, wo Kunst aufhört und Pornografie beginnt.



Kann man Werk und Künstler trennen? Walther Bringolf 1961 bei der Einweihung des Männertorsos «Heiri» von Karl Geiser im Museum.
Archivbild B. + E. Bührer


**Sotheby’s und Co. Karl Geisers Arbeiten tauchen regelmässig auf dem Kunstmarkt auf**

Karl Geisers Werke sind Stammgäste vor allem in Schweizer Auktionen. So wurde 2012 ein «Jüngling Akt» bei Christie’s in Zürich für 9600 Franken verkauft. Die Figur sieht der Bronze von der Kantonsschule Schaffhausen sehr ähnlich, im Gegensatz zu diesem lebensgrossen Werk war der bei ­Christie’s verkaufte Jüngling aber nur 44 Zentimeter hoch. 2011 bot Sotheby’s in Zürich eine 61 Zentimeter grosse Büste einer jungen Frau und zwei Grafiken für 6000 bis 8000 Franken an, das Los fand aber keinen Käufer. 2004 verkaufte Sotheby’s eine 55 Zentimeter hohe Büste einer «Frau mit Tuch» für 10 030 Franken. Deutlich günstiger, für um die 100 Franken, angeboten wurden Radierungen aus Serien, etwa «Drei nackte Jungen am Strand» aus einer Auflage von 40 Stück. (Auktion für moderne Kunst, 2009, Auktionshaus Michael Zeller).(zge)


26.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Eduard Schwyn

**Die Schwelle zum Erwachsenwerden**

*Im Mittelpunkt der Debatte über die entfernte Geiser-Skulptur an der Kantonsschule steht das Verhältnis: Leben in der realen Welt – Ausdrucksgestaltung in der Welt der Kunst.*

Da stand jemand nackt da, im Zentrum des schulöffentlichen Raums der Kantonsschule Schaffhausen. Der da entblösst stand, ist nicht aus Fleisch und Blut. Der leicht erhöht auf einem Sockel stehende Jüngling wurde in Bronze gegossen, ist daher unbeweglich, erscheint in seiner Haltung wie im Moment erstarrt. Das eigentliche Original wurde vom Künstler Karl Geiser (1898–1957) Schicht um Schicht mit dem Werkstoff Gips gebildet und später als plastische Vorlage für den Abguss genommen. Während fünfzig Jahren stand die Skulptur an ihrem Ort im Lichthof des Förderer-Gebäudes, nun wurde sie unverhofft entfernt. Die Begründung für diesen Schritt: Nicht die Nacktheit der Figur, vielmehr das dahinter liegende schiere Wissen um die angeblich pädophile Neigung des Künstlers erregte öffentliches Ärgernis seitens der Schulleitung.
Frontal stehende Jünglingsfiguren haben in der Kunstgeschichte eine weit zurückreichende Tradition. Die Abbildung rechts zeigt eine berühmte griechischarchaische Jünglingsskulptur, nämlich den nach seinem Fundort benannten Kuros von Anavyssos (552 v. Chr.). Wir kennen weder den Namen des Künstlers, noch haben wir Kenntnis darüber, ob er sein Leben den damals geltenden Verhaltensnormen entsprechend in moralischer Rechtschaffenheit gelebt hat oder nicht …
Was von ihm für uns erhalten geblieben ist, ist einzig und allein die von ihm aus Stein gebildete Skulptur. Diese Jünglingsfigur ist eine von mehreren, in ähnlicher Haltung und Wirkungsabsicht gestalteten Figuren aus dieser frühen Zeit. Es wird angenommen, dass diese Figuren in der Zeit ihrer Entstehung das Ideal des gereiften Jünglings verkörperten. Diese Figuren treten uns nicht düster und sich als aggressiv gebärdende Krieger entgegen, im Gegenteil, sie öffnen sich dem Betrachter mit einem leisen Lächeln. In einer ähnlichen Haltung erlebe ich die angesprochene Skulptur von Geiser, sie ist in ihrem körpersprachlichen Ausdruck und ihrer zutiefst menschlich warmen Ausstrahlung unmittelbar zugänglich.
Kunstwerke sind immer auch ein Teil der Lebenswirklichkeit ihres Schöpfers, sind Ausdruck des momentanen Daseins eines Menschen. Anlass für den schöpferischen Akt ist wohl immer die Verwurzelung in subjektiver Betroffenheit. Darin eingeschlossen sind auch erotische Impulse, der Trieb des Eros und die Sehnsucht nach seiner Erfüllung. Zusammen auch mit dem polaren Todestrieb sind sie Energien des Gestaltungsaktes, in dem Bewusstes und Unbewusstes, äussere und innere Realität unauflöslich ineinander verwoben sind. Im künstlerischen Tun, in der Literatur wie in der bildenden Kunst können auch sublime Energien als Ersatzhandlungen in der Gestaltung ausgelebt werden und zur Lebensbewältigung des Kunstschaffenden beitragen. Hoffnungen, Sehnsüchte und unerfüllte Wünsche können ins Werk einfliessen und anschaulich manifest, allenfalls von der Gesellschaft im Kunstwerk auch akzeptiert werden. Sollte die sexuelle Neigung des Gestalters jener jetzt in den Fokus einer Debatte geratenen Jünglingsfigur in sein Werk eingeflossen und dort ablesbar sein, nähme die Diskussion einen wesentlich anderen Verlauf. Dies vor allem, weil die Figur im öffentlichen Raum steht.
Nicht etwa die geäusserte Kritik der pädophilen Neigung des Künstlers, sondern deren Übertragung auf sein geschaffenes Werk ist für mich im Anblick dieser Figur unhaltbar.
Dieses Ansinnen vermag der Figur in ihrer würdevoll strahlenden Schlichtheit nichts anzuhaben. Sie ist vollendeter Ausdruck einer Vergegenwärtigung: der junge Mensch an der Schwelle zum Erwachsenwerden. An seinem angestammten Ort bringt dieses Werk menschliche Wärme in die kühle Atmosphäre des Lichthofs.
Durch die Rücknahme ihres Entscheids verliert die Schulleitung keineswegs ihr Gesicht, im Gegenteil: Sie gewinnt an Profil.

*Eduard Schwyn(*1948) ist Kunstpädagoge und war von 1973 bis 2013 Lehrer für bildnerische Gestaltung an der Kantonsschule Schaffhausen. Er war 1985 Co-Gründer des Vereins Bildender Künstler Schaffhausen und arbeitet heute als Kunstschaffender.*



Weit zurückreichende Tradition: Kuros von Anavyssos (552 v. Chr.).
Bild zvg


26.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Leserbrief von Silvio Crola

**Kunst als Stein des Anstosses?**
*Zu «Diskussion am völlig falschen Objekt», SN vom 25. 9.*

Während 35 Jahren meines Berufslebens bin ich täglich am Bronze-Jüngling im Lichthof der Kanti vorbeigegangen und habe mich stets gefreut, wie überzeugend diese Statue im Kontext dieses Raumes ihren Platz einnimmt. Eine Verbindung mit der angeblichen Pädophilie ihres Schöpfers Karl Geiser wäre mir nie und nimmer in den Sinn gekommen. Was jetzt als Argument für ihre Entfernung angeführt wird, wirft kein gutes Licht auf die kulturfeindliche Geisteshaltung der selbst ernannten Sittenwächter. Die Entfernung dieses Kunstwerkes ist aber auch eine Respektlosigkeit gegenüber den Donatoren und dem Architekten W. M. Förderer. Ich hoffe, dass der Erziehungsdirektor Christian Amsler mit seinen vernünftigen Argumenten die Schulleitung dazu bewegen kann, die unsinnige Massnahme rückgängig zu machen. Der Bronze-Jüngling gehört unverzüglich wieder an seinen ­angestammten Platz!

26.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Leserbrief von Walter Seiler

**O tempora, o mores**
*Zu «Diskussion am völlig falschen Objekt», SN vom 25. 9.*

Nach fast 50 Jahren friedlicher und weitgehend unbeachteter Existenz an der altehrwürdigen Kanti ist die Skulptur eines nackten Jünglings des renommierten und vermeintlich pädophilen Künstlers Geiser von seinem Standort entfernt worden. Ich möchte mich im Namen einer alternden Mutter (92), die in den 60er-Jahren ihre vier Kinder völlig verantwortungslos dem Anblick dieser Skulptur ausgesetzt hatte, bedanken für diesen raren Heiterkeitsanfall, den diese Aktion bei ihr ausgelöst hat.

26.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Leserbrief von Eduard Looser

**Kontraproduktive Skandalisierung**
*Zu «Diskussion am völlig falschen Objekt», SN vom 25. 9.*

Die Diskussion über die Entfernung des nackten Bübleins beziehungsweise über die Pädophilie des Künstlers gehört in die Kantonsschule. Es gibt dort genügend Leute, junge und alte, die sich aus den verschiedensten Blickwinkeln mit den aufgeworfenen Fragen befassen können. Der Skandalisierungseifer ist kontraproduktiv und nimmt der Kanti ein Thema aus der Hand, dessen Bearbeitung sogar ­locker in den Bildungszielen der Institution Platz hat. Da kommt es dann nicht darauf an, ob die Skulptur auf dem Lichthof oder im Archiv steht. Zudem kommt noch, dass in unserer Gesellschaft Pädophilie keine Quantité négligeable ist, wie man im Zusammenhang mit den Vorwürfen beispielsweise an Priestern sieht. Also kann man die Diskussion ruhig auch echt zulassen, ausser man macht darin einen Unterschied zwischen Priestern und Künstlern.


26.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Zeno Geisseler

**Geisers Demontage**

Während fast 50 Jahren zierte der «Jünglingstorso» von Karl Geiser den Lichthof der Schaffhauser Kantonsschule. Nun ist der Bronzebub ins Archiv verbannt worden, wegen der pädophilen Neigungen seines seit beinahe 60 Jahren toten Erschaffers. Dieser hatte zeitlebens immer wieder offen über seine sexuelle Orientierung gesprochen, sie wurde in Ausstellungen seiner Werke auch thematisiert. An der Kanti hat nun ein Lehrer ebenfalls Geisers Vergangenheit aufgedeckt und Alarm geschlagen, und die Schulleitung hat sein Werk, es zeigt einen nackten Jungen ohne Arme, entfernen lassen. Temporär, wie sie sagt.

**Werk und Erschaffer zu trennen, ist nicht immer so einfach**
Es war eine Handlung, für die man auf den ersten Blick schon ein gewisses Verständnis aufbringen kann. Ein Bildnis eines unbekleideten Kindes! Erschaffen von einem pädophilen Künstler! Ausgestellt in einer Schule! Das geht doch nicht!
Oder etwa doch? Unbestritten scheint unter den Fachverständigen, dass man Werk und Künstler trennen müsse. Die Arbeit müsse auch für sich alleine bestehen. Dies ist natürlich umso einfacher, je älter ein Werk ist und je weniger man vom Künstler weiss. Schwieriger wird es hingegen, wenn die Biografie eines Künstlers dessen Werk weit überstrahlt. Die Aquarelle eines österreichischen Malers aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert wirken auch harmlos, bis man erfährt, dass der Künstler Adolf Hitler heisst.
Bei Geisers Werk wird die jüngste Debatte um seine sexuellen Vorlieben eine Zeit lang kaum von seinen Arbeiten zu trennen sein. Wer erfährt, dass Geiser sich zu Knaben hingezogen fühlte, betrachtet seine zahlreichen Standbilder, Zeichnungen und Fotografien von nackten Kindern möglicherweise ganz anders. Und wer sich gar getraut, Geisers Werke trotz dieses Ballasts zu sammeln, zu schätzen, ­zugänglich zu machen oder zu verteidigen, gerät schnell in den Verdacht, dessen Pädophilie zu verharmlosen oder insgeheim sogar gutzuheissen.
Das ist natürlich Quatsch. Es ist doch ein Zeichen einer freien Gesellschaft, Kunst mit all ihren Abgründen, Widersprüchen und Widerlichkeiten zu ertragen, eben auch dann, wenn man mit dem Künstler selbst nicht einverstanden ist oder ihn sogar verabscheut.
Oder wäre es etwa besser, man würde nur noch moralisch und ethisch einwandfreie Werke sammeln und ausstellen, die von ebenso moralisch und ethisch einwandfreien Künstlern erschaffen worden wären? Wer bestimmt dann, was «reine Kunst» ist und welche Künstler genehm sind? Irgendein Komitee oder eine Akademie? Oder etwa die Politik? Das geht, aber nur in totalitären Staaten wie Nazideutschland. Dort wurde «entartete», also politisch nicht korrekte Kunst gebrandmarkt, verboten und verbrannt.
Würde man Kunst nur noch nach strengen ethischen Kriterien beurteilen, dann müssten viele Museen gleich schliessen. Nicht nur wegen allfälliger nackter Kinder. Das Elfenbein, aus dem jahrhundertealte asiatische Götterstatuen geschnitzt sind, stammt nicht unbedingt von Lieferanten, die das Internationale Artenschutzabkommen unterzeichnet haben. Und unter welchen Umständen Gold und Edelsteine in antiken Preziosen geschürft wurden, will man lieber auch nicht so genau wissen.

**Warum wird genau der Gegenstand entfernt, über den man reden will?**
Bei Geisers Jüngling stellen sich noch weitere Fragen. Die Statue ist ­integraler Teil des Baus, Architekt Förderer platzierte sie persönlich. Steht es dem Lehrkörper grundsätzlich eigentlich zu, nach eigenem Gutdünken und ohne Absprache mit der Gebäudebesitzerin am Bau Veränderungen vorzunehmen? Darf eine Lehrerin, der die blanken Betonwände im Förderer-Bau auf die Nerven gehen, auch mal rasch zum Pinsel greifen? Wohl kaum.
Und wieso entfernt man eigentlich genau den Gegenstand, über den man, wie die Lehrer bezeugen, eine Diskussion führen will? Dies, nachdem der nackte Jüngling fast ein halbes Jahrhundert an seinem Platz gestanden hatte, ohne dass Tausende von traumatisierten Maturandinnen und Maturanden von dieser Schule abgingen?
Diskussionen über Kunst sind schön und gut, aber als ersten Schritt sollte die Kanti jetzt vor allem eines tun: Geisers Jüngling schleunigst aus dem Archiv holen und wieder in den Lichthof stellen.


30.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Leserbrief von Ursula Frey

**Der Jüngling kann im Archiv bleiben**
*Zu «Geisers Demontage», SN vom 26. 9.*

Wenn ich die Statue des jungen Mannes anschaue, fällt mir auf, dass er keine Hände und keine Unterarme hat. Das bedeutet, dass er nicht handeln kann, zur Untätigkeit gezwungen ist und dass er wehrlos ist. Dies sind Eigenschaften, die wir jungen Menschen gerade nicht wünschen! Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass die Statue im Archiv bleiben kann. Sie könnte auch im Museum ausgestellt werden. Für die Kantonsschule wünschte ich mir ein lebensbejahenderes Kunstwerk. Vielleicht findet sich eines von einem zeitgenössischen Schaffhauser Künstler?

30.9.2015
Schaffhauser Nachrichten
Leserbrief von Klaus Unger

**Sofortige Relozierung des «Jünglingstorsos»**
*Zu «Geisers Demontage», SN vom 26. 9.*

Arme Kantonsschule. Läufst Gefahr, Opfer pädophiler Übergriffe zu werden durch eine Jünglingsskulptur, die keine Hände hat, und durch ihren längst verstorbenen Gestalter und machst dich, bedauer- und ärgerlicherweise auch für einen ehemaligen Lehrer, lächerlich in der ganzen Schweiz und anderswo durch einen Akt, der von unglaublicher Borniertheit, Anmassung und vor allem von Unverständnis zeugt, was das Verhältnis von Künstler und Werk angeht.
Wenn der Lebenswandel eines bildenden Künstlers, Schriftstellers, Komponisten etc. bestimmend für sein Werk wäre, das heisst für dessen Beurteilung und Wertung im Sinne engstirniger Sittenwächter, dann müssten zahllose Werke aus dem öffentlichen Raum, der öffentlichen Darbietung und insbesondere aus dem Kanon der Kantonsschullektüren schnellstens entfernt werden.
Mit anderen Worten: Bei der aufgeklärten und wissensfundierten Wahrnehmung und Beurteilung von ernst zu nehmender Kunst ist das Leben des Künstlers schon längst Nebensache, es sei denn, es muss die fehlende Sub­stanz des Werks ersetzen. Hingegen ist es ein zentrales Qualitätsmerkmal, in welchem Masse der Künstler jenseits seiner individuellen Biografie eine allgemeingültige menschliche und artistische Wirklichkeit zu schaffen vermag.
Daher braucht es jetzt an der Kantonsschule keine Diskussion über das Verhältnis von Künstler und Werk, sondern die sofortige Relozierung der Skulptur an den angestammten Ort, zumal ihr dieser vom Architekten mit Bedacht zugewiesen wurde. Auch ihm gegenüber ist die «Verwahrung» der Skulptur eine Respektlosigkeit.


3.10.2015
Schaffhauser Nachrichten
**SMS-Umfrage**

Das Ergebnis:
«Jünglingstorso»: Soll die Skulptur wieder in der Kanti aufgestellt werden?
Ja81 %
Nein19 %
Klare Aussage: Die Umfrageteil­nehmer wünschen sich, dass die ­Kantonsschule Karl Geisers Jünglings-Skulptur wieder ausstellt.


7.10.2015
Leserbrief von Erwin auf der Maur

**Es kommt auf den Betrachter an**
Zur SMS-Umfrage über Karl Geisers Jünglingstorso, SN vom 3.10.

Die SN-Umfrage hat mit 81:19 ergeben, dass der unbekleidete Jüngling wieder in der Kanti aufzustellen sei. Wer sich immer noch daran stossen könnte, müsste beantragen, dem holden Knaben sein Glied abzunehmen. Er steht ohnehin ohne Hände da. Oder ein Tüchlein an der besagten Stelle wäre hilfreich.
Der Schaffhauser Kantonsrat hatte vor einem halben Jahrhundert eine neue Wasserversorgung in der Nähe von Tengen-Blumenfeld besichtigt. Dort musste auch ein künstlerischer Schmuck her. In der Reservoirstation hat man die Statue eines hübschen Mädchens aufgestellt. Sie stand auf einem Sockel über dem Brunnen. Für das Wasserlassen wäre jedoch eine männliche Figur geeigneter gewesen. Die weise Lösung wurde gefunden: Weil vom kritischen Ort der jungen Maid das Wasser an den Beinen entlang hinuntergelaufen wäre, hat man den Ausfluss aus der Statue an den kleinen Finger verlegt. Gut so!
Heute sagt man etwa der katholischen Kirche nach, sie sei prüde. Wer sich die herrlichen Barockkirchen in Deutschland und in der Schweiz ­anschaut, trifft viele Nackedeis an: Putten und unbekleidete Engelchen zieren Altäre und Deckengemälde. Weder betende Nonnen noch fromme Gläubige stossen sich daran. Prüde Besucher in Rom müssten in der Sixtinischen Kapelle und in den Vatikanischen Museen ihr Auge schliessen. Es kommt darauf an, in welcher Gesinnung Kunstwerke den Besucher er­götzen.


20.10.2015
Schaffhauser Nachrichten
Damian Schmid

**Der «Jüngling» ist noch nicht zurück**

*Die Entfernung einer Bronzeskulptur aus dem Lichthof der Schaffhauser Kantonsschule sorgte für hitzige Diskussionen. Zum Schulstart fehlt der «Jünglingstorso» jetzt aber immer noch.*

Die Herbstferien sind zu Ende, und die Kantonsschüler sitzen wieder in ihren Bänken. Nur einer ist nicht zurückgekommen; der Sockel im Lichthof der Kanti, auf dem sich seit fast 50 Jahren der «Jünglingstorso» des Künstlers Karl Geiser befand, bleibt leer. Dort, wo einst die Bronzestatue stand, sitzen in der grossen Pause nun Schülerinnen und Schüler und geniessen ihr Pausenbrot.
Der «Jünglingstorso» wurde der Kantonsschule Schaffhausen 1967 anlässlich der Einweihung des Förderer-Baus von der Georg Fischer AG geschenkt. Nachdem die Bronzeskulptur fast 50 Jahre lang den Lichthof der Kanti geziert hatte, wurde sie in den Sommerferien von der Schulleitung entfernt. Begründet wurde die Aktion mit der angeblichen Pädophilie des renommierten Schweizer Bildhauers Karl Geiser (1898–1957). Als die SN auf das Fehlen der Statue aufmerksam machten, entbrannte in der Stadt Schaffhausen eine heftige Debatte. Während manche Leute das Vorgehen der Schulleitung verstehen, sind sich die Kunstverständigen der Region ­einig: Kunstwerk und Künstler müsse man voneinander trennen können, die Statue gehöre zurück an ihren Platz.
Derselben Meinung sind anscheinend auch andere Schaffhauser. Bei einer SMS-Umfrage wollten 81 Prozent der Teilnehmer die Statue wieder an ihrem alten Platz ausgestellt wissen.

**«Nächste Woche wird entschieden»**
Bei den Kantischülern löst das Fehlen der Skulptur unterschiedliche Reaktionen aus. Manche sind mit der Entfernung der Statue einverstanden, manche vermissen den nackten Jüngling, und wieder anderen ist das Thema anscheinend völlig egal.

**Doch wie geht es weiter mit dem «Jünglingstorso»? Darf er irgendwann wieder zurück auf seinen Sockel?**
Was mit der Bronzeskulptur geschieht, ist noch ungewiss. Kanti-Rektor Pasquale Comi sagt, dass die Angelegenheit vorerst in Ruhe mit der Lehrerschaft, der Schulleitung und dem Erziehungsdepartement besprochen werden müsse. Das sollte im Verlauf der nächsten Woche geschehen. Und bis über das weitere Vorgehen in der Causa «Jünglingstorso» nicht entschieden ist, will sich Comi zum Thema nicht mehr äussern. «Ich habe schon meine Ideen», sagt er. Es gehe aber nicht allein um seine Vorstellungen.

**Rückkehr wahrscheinlich**
Geäussert hat sich der Rektor gegenüber den SN aber eigentlich bereits vor den Herbstferien. Damals sagte er, dass er sich eine Rückkehr der Bronzeskulptur an ihren ­ursprünglichen Platz gut vorstellen könne. Erziehungsdirektor Christian Amsler hatte, als er von der Entfernung der Statue erfahren hatte, äusserst positiv über den Künstler Geiser gesprochen. Ausserdem war er der Meinung, dass es bei einem Kunstwerk auf dessen künstlerischen Wert und nicht auf die Persönlichkeit des Künstlers ankomme. Es scheint also sehr wahrscheinlich, dass der «Jünglingstorso» bald wieder abgestaubt und in neuem Glanze im Lichthof ausgestellt wird.


29.10.2015
Schaffhauser Nachrichten
Pascal Schmidlin

**Karl Geisers Statue «Franz» wird wieder aufgestellt**

* Kantonsschule*

«Ich habe fertig», sagt Pasquale Comi, Rektor der Kantonsschule Schaffhausen zur Diskussion rund um die Jünglingsstatue «Franz» von Karl Geiser gegenüber den SN. Diese fand gestern ihren Abschluss mit dem Entscheid, dass ab Montag, dem 9. November, «Franz» wieder an alter Stätte aufgestellt wird. Die Kantonsschule teilte dies gestern in einer Medienmitteilung mit. Die Skulptur wurde über die Sommerferien von ihrem Standort im Lichthof des Kantonsschule-Neubaus entfernt und ins Archiv verschoben (die SN berichteten).
Die Entfernung der Statue hatte unter Kunstkennern Kopfschütteln ausgelöst. Man müsse das Objekt vom Künstler trennen, lautete der Tenor unter den Kritikern der Aktion. «Die Statue wurde aufgrund der durchaus ernst zu nehmenden Problematik, der belegten Pädophilie des Künstlers in Verbindung mit dem Gegenstand, dem Standort der Skulptur und der veränderten gesellschaftlichen Wahrnehmung der Problematik, entfernt, wenn auch etwas voreilig», heisst es in der Mitteilung.

**Diskussion erwünscht**
Das Objekt «Franz» – der Knabe hiess übrigens wirklich so – zeige einen unsicheren, wehrlosen und zerbrechlichen Jüngling ohne Arme und werfe viele Fragen auf, so Comi. Etwa, ob er für die unvollendeten Menschen auf dem Weg zur Reife stehe oder eine Etappe in der persönlichen Verarbeitung der pädophilen Neigung des Künstlers darstelle. «Wir haben intern viele Diskussionen über diese Fragen geführt», schreibt Comi in der Medienmitteilung. Die beteiligten Personen seien ausnahmslos zum Schluss gekommen, dass man – da die hohe künstlerische Qualität der Skulptur feststeht und im Grundsatz von der Person des Künstlers zu trennen ist – diese Fragen in Zukunft im Wissen um Geisers Biografie und in Anwesenheit der Statue stellen und diskutieren werde. «Die Lehrer finden es wichtig, dass diese Diskussion geführt wird und dass sie am Objekt geführt werden kann», sagt Comi.
Deshalb wird ab übernächstem Montag die Bronzeskulptur wieder an ihrem angestammten Platz im Lichthof der Kantonsschule stehen.


10.11.2015
Schaffhauser Nachrichten
Damian Schmid

**Der Bronzejüngling «Franz» kehrt zurück in altem Glanz**

*Für Wirbel gesorgt hat die Entfernung einer Skulptur an der Kanti. Jetzt steht der Jüngling wieder im Lichthof.*

«Franz» ist wieder zurück an seinem alten Platz im Neubau der Kanti. Unscheinbar wie eh und je steht er da auf seinem Sockel, und nichts erinnert mehr an die Aufregung, für die der Bronzeknabe – oder die Entfernung ebenjenes – in den letzten Monaten gesorgt hat. «Ich habe noch nicht einmal gemerkt, dass ‹Franz› wieder hier ist», sagt die Kantonsschülerin Annina Stoll. Viel stärker aufgefallen sei ihr das Fehlen der Skulptur seit den Sommerferien. Vithya Shangar, ebenfalls Kantonsschülerin, findet es gut, dass «Franz» wieder da ist. «Er gehört einfach zur Kanti dazu», findet sie.

**Diskussion entfacht**
Aufgrund von Vorwürfen der Pädophilie gegenüber dem Schweizer Bildhauer Karl Geiser (1898–1957) war die Jünglingsfigur in den Sommerferien provisorisch entfernt worden. Die Demontage der Skulptur wollte die Schulleitung nutzen, um eine Diskussion über Künstler und Kunstwerk anzuregen. Dabei hatten sie allerdings kaum damit gerechnet, dass die Entfernung des Jünglingstorsos auch ausserhalb der Kanti zu kontroversen Diskussionen führen würde. Kunstverständige aus der Region waren sich einig: «Franz» gehöre zurück an seinen alten Platz, denn die Kunst müsse vom Künstler getrennt werden. Nach den Herbstferien entschied die Schul­leitung dann, in Absprache mit dem Erziehungsdepartement, den Jüngling wieder im Lichthof der Kanti aufzu­stellen.

#Allgemeines

18. September 2015 | Ein Freifach für 100 Franken

Schaffhauser Nachrichten
Zeno Geisseler

Wer in eine öffentliche Schule geht, bezahlt für den Unterricht nichts. Dieser Grundsatz gilt auch für die Kantonsschule Schaffhausen, künftig aber mit Einschränkungen: Das Basisangebot bleibt kostenlos, die Freifächer aber müssen unter bestimmten Bedingungen berappt werden. Mit 30 zu 23 Stimmen hat der Kantonsrat gestern dieser Massnahme aus dem Entlastungsprogramm 2014 zugestimmt. Die Regierung geht davon aus, dass der Nettoaufwand ab 2018 um nicht ganz 300 000 Franken jährlich sinkt. Unter anderem sollen 35 Lektionen wegfallen. Laut ­Regierung werden die Schülerinnen und Schüler voraussichtlich vor allem im Instrumentalunterricht zurückhaltender sein. Dieser soll künftig 500 Franken pro Jahr kosten, und die Bildungsspezialisten gehen davon aus, dass jede vierte Lektion gestrichen wird.
Von der Massnahme betroffen sind nicht alle Freifächer. Mit wenigen Ausnahmen, eben etwa dem erwähnten Instrumentalunterricht, soll ein erstes Freifach grundsätzlich kostenlos bleiben. Jedes weitere Freifach soll dann aber mit 100 Franken pro Jahr zu Buche schlagen (ein Freifach umfasst zwischen einer und drei Stunden pro Woche). Andere Freifächer bleiben auch künftig kostenlos, etwa, wenn sie für das obligatorische Grundangebot besonders bedeutend sind, wie ­Englisch im Ausbildungsprofil S.

**«Absurd und systemfremd»**
Im Rat regte sich von links und rechts Widerstand gegen die Massnahme. «Schüler von Eltern, die ein knappes Budget haben, werden eher verzichten müssen», warnte Kurt Zubler (SP, Schaffhausen). «Eine Massnahme, die Engagement, zusätzliche Leistung und Fleiss bestraft, ist absurd und völlig fremd in unserem Schul­system.» Auch Thomas Hurter (SVP, Schaffhausen) wandte sich gegen den Abbau. «Das ist eine kurzfristige Massnahme, die unseren Kanton schwächen wird», warnte er. «Freifächer sind zusätzliches Wissen.» Es könne ja auch sein, dass jemand ein Freifach besuche, um sich auf ein Studium vorzubereiten. Hurter räumte ein, dass er mit dieser Haltung nicht ganz seiner Fraktion folge. Deren Mehrheitshaltung drückte Markus Müller (SVP, Löhningen) aus: Der Rektor der Kantonsschule selbst habe ihn davon überzeugt, dass diese Massnahme vertretbar sei, sagte er. «Die Kanti hat hauptsächlich die Aufgabe, Schüler zur Hochschulreife zu bringen.» Dies sei immer noch gegeben. Im Übrigen gebe es für Härtefälle immer eine Lösung. Viel bedauerlicher sei es gewesen, dass der Rat seinerzeit die Gymnasialzeit gekürzt habe.
Erziehungsdirektor Christian ­Amsler machte deutlich, dass er im Grundsatz auch keine Freude an dieser Kürzung habe. «Die Regierung hat ­dieses Massnahmenpaket contrecœur geschnürt», sagte er. Aber Schaffhausen leiste sich eben auch das teuerste Gymnasium der Schweiz, «da ist ein massvoller Abbau möglich».
Definitiv entschieden ist die Gebühr für die Freifächer noch nicht. Der Rat muss der Gesetzesänderung in zweiter Lesung noch zustimmen. Ein einfaches Mehr reicht dabei nicht: Wie immer bei Gesetzesänderungen müssen vier Fünftel der Stimmen für die Anpassung sein. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, gelangt das Gesetz vor das Volk.


11. September 2015

**Freier Zugang zu Freifächern**

*Aus den Parteien: Die Juso wehrt sich dagegen, dass gewisse Freifächer an der Kanti nur noch gegen Bezahlung verfügbar sein könnten.*

Das Freifächerangebot an der Kantonsschule Schaffhausen ist gross und ­befasst sich mit inhaltlich wichtigen und spannenden Gebieten. Von musikalischem Unterricht über Religionen und Kulturen bis hin zu zeitgeschichtlichen Themen und sogar einem Einblick in die hebräische Schrift und Kultur steht all den Schülern, die aus ihrer Kantizeit mehr als nur die Abschlussnoten mitnehmen wollen, ein grossartiges Angebot offen. Neu soll aber Interesse nicht mehr die einzige Voraussetzung zum Zugang zu den Freifächern sein, sondern auch und vor allem die Dicke des Portemonnaies der ­Eltern. Eine Kostenbeteiligung bei Freifächern oder mit anderen Worten die Ein­führung einer einkommensabhängigen Bildungsmöglichkeit plant der Kantonsrat zur Ent­lastung des eher von Steuererleichterungen für Reiche belas­teten Kantonsbudgets einzuführen.
Wenn es nach einer Mehrheit des Kantonsrats geht, soll künftig zwar das erste Freifach gratis bleiben, danach aber für jedes weitere gewählte Freifach im Jahr 100 Franken bezahlt werden. Der Instrumentalunterricht, bisher eine rege genutzte Möglichkeit zum Ausgleich nach strapazierenden Schultagen oder Lernabenden und zum Kennenlernen von neuen Instrumenten, soll künftig sogar mit 500 Franken pro Jahr möglichst keine interessierten Schüler anziehen. Dieser Massnahme aus dem EP 14, besser bekannt unter ESH4, hat der Kantonsrat kürzlich in erster Lesung zugestimmt. Er stimmte damit nicht nur der Bestrafung von Schülern zu, die sich aus freiem Willen für gesellschaftlich und kulturell wichtige Themen interessieren, mit dieser Zustimmung brach er einen Grundsatz in unserem öffentlichen Bildungssystem, den Grundsatz der Chancengleichheit. Ein Schüler mit Eltern, die sich neben den bereits genug hohen Kosten für Bücher und sonstiges Material nicht auch noch ein Freifach leisten können, wird in Zukunft wegen der finanziellen Situation seiner Eltern nicht mehr den gleichen Zugang zu Bildung und Wissen haben, wie ein Schüler, dessen Eltern so etwas wiefinanzielle Sorgen gar nicht kennen. Konsequent weitergedacht führt dieses Verständnis des Bildungszugangs dazu, dass nur noch Schüler, die sich die Kanti auch leisten können, zur Aufnahmeprüfung zugelassen werden. So weit gehen glücklicherweise wohl nur die wenigsten Sparfantasien, doch nur weil ein Rektor und ein Regierungsrat unter Spardruck diese Massnahme für das Bildungsangebot in Schaffhausen für verkraftbar halten, heisst das noch lange nicht, dass sie es für die Chancengleichheit in unserem Kanton auch ist. Diese Massnahme ist nämlich genau genommen kein Abbau am Bildungsangebot, sondern an der Möglichkeit, dieses Bildungsangebot zu nutzen. Die Chance, sich mit gesellschaftlich und kulturell so wichtigen Themen auseinanderzusetzen, wie sie in den Freifächern der Kantonsschule Schaffhausen vermittelt werden, sollen aber nicht nur Schüler und Schülerinnen mit reichen Eltern haben, diese Chance soll auch in Zukunft allen offen stehen. Wir werden, weil es vermutlich zu keiner 4/5-Mehrheit im Kantonsrat kommen wird, die Chance haben, diese Massnahme in einer Volksabstimmung abzulehnen, damit es in Schaffhausen nicht bald heisst: «Bildung? Nur gegen Bezahlung!»
Mit dieser Zustimmung brach der Schaffhauser Kantonsrat mit dem Grundsatz der Chancengleichheit.

Für die Jungsozialisten SH, Sophie Schudel

#Allgemeines

12. September 2015 | Eine Dolde reicht für eine Mass Bier

Schaffhauser Nachrichten
Roland Müller

Hopfen- und Weinbäuerin Silvia Ulrich steht mitten in der Dreschhalle auf dem Unterstammheimer Hof Hopfengut. Stock um Stock hängt sie die rund fünf Meter langen Hopfenpflanzen in die Zugkette. Diese zieht die Pflanzen hoch und lässt sie in einer grossen Apparatur, die einer Dreschmaschine ähnlich sieht, verschwinden. Es ist die Zeit der Hopfenernte. «In diesem Jahr haben die Pflanzen unter dem Hagel am 13. Mai, aber auch unter der Trockenheit und Hitze gelitten», sagt Sohn Peter Ulrich. Er sorgt dafür, dass die Hopfen vom Aufzuchtgarten im freien Feld auf den Hof kommen.
Dazu zerrt ein am Traktor befestigter Ausleger die Ranken von ihren Drähten und lässt die mit unzähligen Hopfendolden behangenen Pflanzen in den Anhänger fallen. Danach geht’s damit in die Hopfenscheune zur weiteren Verarbeitung. Hier übernimmt Mutter Silvia Ulrich das Zepter. Während Pflanzenreste über Förderbänder wegtransportiert werden, verlassen die gepflückten Hopfendolden ebenfalls über ein Förderband die Maschine. Dabei werden sie nochmals einer Grobreinigung unterzogen. Eine Mitarbeiterin liest nicht sauber von der Pflanze abgetrennte Dolden heraus. Diese gelangen nochmals in die Maschine. Im Nebengebäude folgen nun die weiteren Arbeitsschritte, um die Dolden transportfähig zu machen. In einer speziellen Anlage werden die Hopfen schonend getrocknet. Erst einige Tage später erfolgt das Absacken mit einer speziellen Anlage. Rund 60 Kilo finden in den viereckigen Säcken Platz.
Für die weiteren Verarbeitungsschritte verlassen dann die abgesackten Hopfendolden das Tal und werden in einem der grossen deutschen Anbaugebiete rund um Tettnang nördlich des Bodensees weiterveredelt. Danach kommen sie in Form von Pellets in die Schweiz zurück, wo sie unter den Brauereien aufgeteilt werden.
Die Anbaufläche im Stammertal wurde in den letzten Jahren leicht reduziert. Es sind aktuell noch 65 Aren in Ober- und 615 Aren in Unterstammheim, welche mit dieser mehrjährigen Spezialkultur bepflanzt sind. Landesweit sind es rund 18 Hektaren, wobei weitere Hopfenanbaugebiete im Fricktal, in Wolfwil (SO) und bei der Kartause Ittingen zu finden sind. Im Vergleich zu Deutschland mit ihren weit über 16 000 Hektaren ist dies eine sehr bescheidene Fläche.

**10 Prozent des Inlandsbedarfs gedeckt**
In guten Jahren können gemäss Zahlen aus den deutschen Anbaugebieten 1700 bis 1900 Kilogramm Hopfendolden pro Hektare geerntet werden. Gemäss dem Fachverband reichen die inländischen Erträge aus, um rund zehn Prozent des Bedarfs der Schweizer Brauereien zu decken. Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz von den 483 erfassten Brauereien, welche biersteuerpflichtig sind, 3,43 Millionen Liter Bier gebraut. Zusammen mit den Importen ergab dies einen Pro-Kopf-Konsum von 56,3 Litern.
«Gemäss einer Faustregel reicht eine volle und schön ausgewachsene Dolde für das Brauen von einer Mass Bier», erklärt Silvia Ulrich. Denn für das Brauen von 100 Litern Bier brauche es gerade einmal 120 Gramm Hopfen. Am letztjährigen Oktoberfest in München seien 6,5 Millionen Liter Bier konsumiert worden. Dafür würden 7800 Kilogramm Hopfen benötigt – etwas mehr als die Hälfte einer Stammertaler Ernte.

#Allgemeines

4. September 2015 | Mit Schwung zur Schule

Schaffhauser Nachrichten
Fabienne Thöni

Lang und steil ist sie, und die Stufen scheinen oft kein Ende zu nehmen. Klar, die Rede ist von der Kantitreppe, welche schon seit Jahrzehnten das erste Hindernis des Schulalltags darstellt. Gestern war jedoch oben an der Treppe nur selten ein Keuchen und Stöhnen zu hören und oft ein Lachen oder ein freundliches «Danke» zu vernehmen. Der Grund: Rektor Pasquale Comi erwartete mit den Schulleitungsmitgliedern Rebekka Argenton und Georg Keller die wackeren Treppensteiger und verteilte gesunde Farmerriegel. Mit einer Bewegungskampagne unter dem Motto «Mit Schwung zur Schule – sitzen kannst du noch genug!» sollen sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrpersonen zu mehr Bewegung motiviert werden.

**Schülerschaft reagiert positiv**
Organisiert wurde die Kampagne von Chemielehrer Martin Schwarz, welcher gestern ebenfalls vor Ort Kohlenhydrate in Riegelform verteilte. «Es wäre toll, wenn sich die Schüler durch die Kampagne in Zukunft mehr bewegen würden», sagte er. Die Idee gründet in der «Bike to work»-Kampagne der Pro Velo Schweiz, an welcher die Lehrer der Kantonsschule jeweils teilnehmen.
So funktioniert die Kampagne: Schüler, welche zu Fuss oder mit dem Rad zur Schule kommen, werden an den Donnerstagen dieses Monats mit einem «Zückerli» oder einem Glas Most belohnt. Täglich können die Schüler ein Bild ihres Fortbewegungsmittels an eine Wand pinnen. Ziel ist, dass dort möglichst viele Rad- und Fussgängerbilder hängen. «Wir hoffen natürlich, dass die Schüler nicht nur am Donnerstag zu Fuss oder mit dem Velo zur Schule kommen, sondern dass manche ganz auf nicht motorisierte Transportmittel zurückgreifen», so Schwarz.
Die Schülerinnen und Schüler reagierten positiv auf die leckere Über­raschung am Morgen. «Heute sind wir zu Fuss vom Bahnhof zur Kanti gegangen, sonst nehmen wir manchmal auch den Bus», sagten Lea Guldimann und Marisa Grässli aus Schleitheim. «Cool» findet die Aktion auch die Viertklässlerin und Treppensteigerin Christina Maliakal, und die beiden Erstklässler Elijan Lötscher und Eric Rudischhauser freuen sich über den wohlverdienten Riegel: «Wir sind von Flurlingen mit dem Fahrrad gekommen.»

#Allgemeines

3. September 2015 | Weidlingspfosten: Weitergabe soll eingeschränkt werden

Schaffhauser Nachrichten, Titel
Robin Blanck

Wer bekommt künftig einen der begehrten Weidlingspfosten der Stadt, wie lange darf man ihn behalten, und an wen darf man ihn weiter­geben? Diese Fragen haben Stadtrat Simon Stocker länger beschäftigt, nachdem 2012 ein Vorstoss vom Grossen Stadtrat überwiesen worden war, der unter anderem eine Verkürzung der Wartezeit bei den Bootsliegeplätzen zum Ziel hatte. Die umfangreichen Abklärungen sind inzwischen abgeschlossen, und bald wird Stocker seine Vorschläge in den Stadtrat bringen. Eckwerte des Vorschlags zeichnen sich bereits jetzt ab: Zur Debatte steht nicht nur eine Bevorzugung von Kantonseinwohnern bei der Pfostenvergabe, sondern auch eine Beschränkung der Weitergabe innerhalb der Familie. Konkret: Die heutige Möglichkeit der Weitergabe zwischen engen Blutsverwandten könnte durch eine neue Regelung ersetzt werden, die eine Übertragung lediglich unter Ehepartnern erlaubt. Wichtig: Noch hat der Stadtrat die diversen offenen Punkte nicht im Plenum besprochen.
Das gilt auch für weitere Fragen, die unter Freizeitkapitänen intensiv diskutiert werden. Heute gilt an den städtischen Weidlingspfosten noch immer die Ausgleichsregel: Diese sieht vor, dass motorlose Weidlinge bei der Pfostenvergabe so lange bevorzugt werden, bis die städtischen Liegeplätze hälftig mit Motorbooten und motorlosen Wasserfahrzeugen belegt sind. Auch diese Regel könnte in naher Zukunft fallen: Wenn der Kanton seinen Richtplan angepasst hat und auf entsprechende Bestimmungen verzichtet, könnte der Stadtrat diese Regelung aufheben. Aber: Erst wenn der Bund den revidierten Richtplan gutgeheissen hat, böte sich die Gelegenheit für diesen Kurswechsel.


Schaffhauser Nachrichten, Region
Robin Blanck
03.09.2015

**Stürmische Zeiten an der Pfostenfront**

*Noch hat der Stadtrat nicht entschieden, wohin die Reise bei den Bootspfosten künftig geht. Sicher ist: Die anstehende Debatte wird heftig.*

Erst am letzten Dienstag hat der Grosse Stadtrat sich mit den Aufträgen befasst, die das Parlament dem Stadtrat erteilt hat, die aber noch nicht abgearbeitet wurden. Darunter sind auch zwei Vorstösse zum Thema Rhein: zum einen ein Postulat von Thomas Hauser (FDP) aus dem Jahr 2010, zum anderen eines von Till Hardmeier (JFSH) von 2012. Zu beiden Vorstössen soll bis Ende des Jahres ein Vorschlag auf dem Tisch liegen. Und beide haben das Potenzial, für Aufregung zu sorgen.

**Das Ziel ist Gleichbehandlung**
Thomas Hauser hatte mit seinem Vorstoss verlangt, dass der Stadtrat eine Anpassung des Reglements über die Benützung der Bootsliegeplätze prüft. Das Ziel: die Aufweichung der heute geltenden Ausgleichsregelung, die besagt, dass motorlose Boote bei der Pfostenvergabe so lang bevorzugt werden, bis gleich viele Motorboote wie unmotorisierte Boote an den Pfosten der Stadt hängen. Konkret soll die Stadt abklären, ob Boote mit Elektroantrieb als motorlose eingestuft und bevorzugt werden. Im Hintergrund geht es aber um die Aufhebung dieser Regelung. Als Hauser den Vorstoss 2010 eingereicht hatte, wurde eine solche Aufhebung mit dem Verweis auf den geltenden Richtplan des Kantons noch abgelehnt. Inzwischen sieht die Situation anders aus: Der kantonale Richtplan wurde revidiert und enthält nun – nachdem sich in der Vernehmlassung verschiedene Gruppierungen für eine Streichung der Bevorzugung ausgesprochen haben – keine solche Vorgaben mehr. Damit wäre der Weg frei, um im städtischen Reglement die Ausgleichsbestimmung zu kippen. Doch noch harzt es beim Bund: Dieser muss den überarbeiteten Schaffhauser Richtplan erst noch gutheissen, erst dann kann sich die Stadt mit dieser Frage befassen. Oder genauer: Der Stadtrat muss entscheiden, ob er an diesem Passus festhalten will oder nicht. Auch hier könnte die neue bürgerliche Mehrheit im Stadtrat eine Kursänderung herbeiführen – das hofft zumindest Postulent Hauser auf Anfrage der SN: «Ich gehe davon aus, dass die bürgerliche Mehrheit den Passus streicht.»

**Weitergabe auf dem Prüfstand**
Nicht weniger brisant könnten die Auswirkungen des Postulats von Till Hardmeier sein: Schon früher hat der für die Liegeplätze zuständige Stadtrat Simon Stocker deutlich gemacht, dass verschiedene Optionen geprüft werden, um eine stärkere Rotation bei den Bootspfählen zu erreichen – von der Vererbungsfrage über Gebühren für den Verbleib auf der Warteliste bis hin zur Wohnsitzfrage stand alles zur Debatte.
Inzwischen sind die Arbeiten schon weit fortgeschritten, und es verdichten sich erste Hinweise, in welche Richtung der Vorschlag aus dem Referat Stocker gehen könnte: Künftig könnte eine Vererbung nur noch unter Ehepartnern möglich sein, wie gemunkelt wird. Stadtrat Stocker sagt dazu: «Ich persönlich finde, wenn eine Person einen Pfosten von der Stadt mietet, gibt es keinen Grund, dass deren Kinder den Pfosten erben dürfen», sagt Stocker, «das widerspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden.» Das heisst: Neu könnte ein Pfosten nur noch einmal in der Familie weitergegeben werden, danach würde er an den oder die Erstplatzierte/n der Warteliste vergeben. Eine solche Anpassung käme einer deutlichen Abweichung von der heutigen Praxis gleich, die sich in den letzten zehn Jahren ausgeprägt hat: Erlaubt ist eine Weitergabe an enge Verwandte – etwa vom Vater auf den Sohn, sofern der Junior auf der Warteliste ist. Allerdings muss der Gesamtstadtrat auch diese Idee erst noch diskutieren.

**Bevorzugung nach Wohnort?**
Das gilt auch für weitere Fragen wie etwa die Einwohnerbevorzugung: Längere Abklärungen waren zur Frage nötig, ob das Kriterium Wohnsitz in die Vergabepraxis einfliessen kann. Konkret: Sollen künftig nur noch Personen, die im Kanton Schaffhausen leben, sich um einen Pfosten der Stadt bewerben können? Was ist mit jenen, die ennet dem Rhein in der Zürcher Nachbarschaft wohnen? Dürfen sie auf der Warteliste bleiben, oder müssen sie, wenn sie bereits einen Pfosten haben, diesen zurückgeben? «Das sind rechtlich sehr heikle Fragen, zu denen es nur wenig Rechtssprechung gibt», blickt Stadtschreiber Christian Schneider auf die Abklärungen zurück. Diese seien aber inzwischen abgeschlossen und Empfehlungen daraus abgeleitet worden. «Die Entwürfe für eine Neuregelung liegen nun vor», sagt Schneider, «nun muss die Politik entscheiden.»

**Verein eher als Gemeinschaft**
Stadtrat Simon Stocker rechnet damit, dass vor allem die Bevorzugung von Kantonsbewohnern für Debatten sorgen wird. Geprüft wurde darüber ­hinaus auch die Frage, ob Weidlingsgemeinschaften das Problem der langen Wartezeiten entschärfen könnten. Doch Stocker ist skeptisch: Auch bei einer Vergabe an eine Weidlingsgemeinschaft würde der Liegeplatz kaum mehr an eine Person ausserhalb der Gruppe gehen. «Ein Lösungsansatz wäre ein Weidlingsverein, der sich selber organisiert», sagt Stocker. Die Stadt könnte einem solchen Verein mehrere Liegeplätze zur Verfügung stellen, die von den Mitgliedern genutzt werden könnten. «Das würde meiner Meinung nach rasch eine Verbesserung bringen», sagt Stocker, der keine weiteren Details vor der Beratung durch den Gesamtstadtrat öffentlich machen will. Nach dem Stadtrat bekommt der Grosse Stadtrat einen Bericht zum Thema, der auch behandelt wird. Aber die Entscheidkompetenz liegt letztlich beim Stadtrat.


Schaffhauser Nachrichten, Meinungen
Robin Blanck
05.09.2015

**Schiffbruch am Lindli vermeiden**

Soll die Stadt auch künftig bei der Vergabe ihrer Weidlingspfosten dafür sorgen, dass ein Gleich­gewicht zwischen Motorbooten und ­motorlosen Schiffen herrscht? Wer soll berechtigt sein, einen Pfosten zu mieten? Und wie steht es mit der Weitergabe? Noch stehen die Antworten des Stadtrates auf diese Fragen aus, er tut aber gut daran, bei seinem Entscheid ­bestimmte Grundsätze zu beachten:

1. In einer freiheitlichen Gesellschaft ist es nicht Aufgabe der Gemeinde, darüber zu entscheiden, ob ­jemand sein Wasserfahrzeug mit ­Muskel- oder Motorkraft bewegt. Auch ältere Menschen wollen auf das Rheinerlebnis nicht verzichten und sind daher teilweise auf einen Motor angewiesen. Ökologische Argumente für eine Beibehaltung stechen nicht: Heutige Schiffsmotoren erfüllen strengere Abgasvorschriften, als dies bei der Einführung der Regelung noch der Fall war.

2. Klar ist auch, dass nur im Kanton wohnhafte Personen berechtigt sein sollen, einen städtischen Pfosten zu besitzen: Kantonsgrenzen sind auch bei Abstimmungen und Steuern hermetisch, es gibt keinen Grund, das bei Bootsliegeplätzen anders zu handhaben.

3. Eine Weitergabe nur noch zwischen Ehepartnern – wie sie vorgeschlagen wird – würde all jenen, die schon seit Jahren diesem Hobby nachgehen und diese Leidenschaft an ihre Kinder weitergegeben haben, unrecht tun: Diese Familien würden den Pfosten mit dem Tod der Eltern auf einen Schlag verlieren und auf einem plötzlich unbenutzbaren Weidling sitzenbleiben. Bevor die Stadt eine solch einschneidende Massnahme auch nur ins Auge fasst, müsste sie zuerst abwarten, ob die anderen Ansatzpunkte – die erwähnte Beschränkung auf Kantonsbewohner und die Einführung einer Gebühr für den Verbleib auf der Warteliste – nicht ­Wirkung zeigen.

#Allgemeines

28. August 2015 | «Wohl bekomm’s» – aber nicht in der EU

Neue Zürcher Zeitung – Online
Christoph Eisenring, Berlin

Leutkirch ist eine schmucke Kleinstadt im Allgäu. Dort ist seit 1897 die Brauerei Härle zu Hause, die 30 Mitarbeiter hat. Schon seit Jahrzehnten preist sie ihre Biere als «bekömmlich» an. Dies spielt auf den Trinkspruch «Wohl bekomm’s!» an.
Der Chef, Gottfried Härle, war deshalb wie vom Blitz getroffen, als der Verband Sozialer Wettbewerb, ein Verein aus Berlin, eine einstweilige Verfügung erwirkte, die ihm die Verwendung des Begriffs verwehrte. Vor dem Landgericht Ravensburg strebte Härle eine Klärung an. Er ist nun in erster Instanz gescheitert. Die Richter verwiesen in der Begründung auf EU-Recht. Demnach sind «gesundheitsbezogene Angaben» zu Bier, das einen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent hat, verboten.
Dabei reiche es schon aus, wenn ein Zusammenhang des Lebensmittels mit der Gesundheit «suggeriert» werde, schreibt das Gericht. Der Brauer hatte die Rechnung also ohne die Bürokraten aus Brüssel gemacht. Da half auch nicht, dass im Duden als Beispielsatz steht: «Der Wein ist leicht bekömmlich.» Der Konsument wisse, wie die ziemlich neutrale Bezeichnung «bekömmlich» zu verstehen sei, argumentierte denn auch Härle vor Gericht. Und es dürfte sich auch herumgesprochen haben, dass übermässiger Konsum von Alkohol gesundheitsschädigend ist. Man sollte jedenfalls meinen, dass die Angabe des Alkoholgehalts dem mündigen Konsumenten genug Informationen liefert, um die Gesundheitsrisiken abzuschätzen.
Doch der gesunde Menschenverstand bleibt bei solchen Regelungen auf der Strecke. Härle wird in Berufung gehen. Und laut «Schwäbischer Zeitung» will die Brauerei nun Schüler engagieren, um auf Zehntausenden Bierflaschen das Wort «bekömmlich» zu übermalen. Besser – um nicht zu sagen bekömmlicher – wäre es allerdings, wenn solch unsägliche EU-Paragrafen geschwärzt würden.

#Allgemeines

24. August 2015 | Jugendliche und Alkohol: wenn, dann richtig

Migros Magazin Nr. 35
Yvette Hettinger

Die gute Nachricht zuerst: Schweizer konsumieren immer weniger Alkohol. 8,1 Liter reiner Alkohol pro Kopf waren es im letzten Jahr. Das zeigen die neusten Erhebungen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV). Dieser Tiefststand wurde mit 8?Litern zuletzt 1949 unterboten. Die schlechte Nachricht: Jugendliche ab 15 Jahren betrinken sich vermehrt.
Für Irene Abderhalden, Direktorin der Stiftung Sucht Schweiz, ist klar, warum: Alkohol ist in der Schweiz viel zu billig und rund um die Uhr erhältlich. Studien zeigen: Je teurer Alkoholika sind, desto weniger werden sie von Jungen konsumiert. Kommt dazu, dass Schweizer Jugendliche einfach an Getränke kommen, die sie noch nicht kaufen dürfen. Bei Testkäufen der EAV konnten sechs von zehn Jugendlichen unter 18 Jahren verbotenerweise Spirituosen kaufen – ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Allerdings fanden die Testkäufe neu in den Abendstunden und in Lokalen wie Bars und Restaurants statt, während die Stichproben bis anhin eher tagsüber und an Tankstellen gemacht worden waren. Die neue Erhebungsart könnte mit ein Grund für die höhere Zahl an Verkäufen sein.
Für Irene Abderhalden sind die Testkäufe eine Erfolgsgeschichte, zumal etwa die illegalen Verkäufe in Tankstellenshops zurückgegangen sind, seit man diese kontrolliert. Sorgen macht ihr aber das neue Alkoholgesetz, das gerade im Parlament behandelt wird. Im Interview sagt sie: «Ich fürchte, dass es ein Absatzfördergesetz wird, das die Prävention ausklammert.»


**Experteninterview**

Irene Abderhalden (43) ist Direktorin der Stiftung Sucht Schweiz.
«Je teurer der Alkohol, desto weniger trinken junge Menschen»

*Irene Abderhalden, die letzten Testkäufe der Alkoholverwaltung zeigen, dass Minderjährige ohne Probleme Alkohol kaufen können, den sie noch nicht konsumieren dürfen. Was läuft falsch?*
Eigentlich lassen mich die Testkäufe hoffen. Seit man beispielsweise die Tankstellen vermehrt kontrolliert, sind die illegalen Verkäufe dort stark zurückgegangen. Das Gleiche könnte man in Bars und den anderen Lokalen erreichen, die man neu abends testet. Deshalb müssen nun auch diese Angestellten verstärkt sensibilisiert werden.

*Kann es wirklich sein, dass Barkeeper die gesetzlichen Altersgrenzen für Alkoholika nicht kennen?*
Das glaube ich nicht, aber vielleicht gehen die Kontrollen unter. In gewissen Clubs rechnet man schon mal nicht mit Gästen unter 18 Jahren, weil die eigentlich gar nicht rein dürften. Dann ist es in vielen Ausgehlokalen laut und dunkel, die Kommunikation ist schwierig, die Ausweise sind schlecht lesbar. Und alles muss schnell gehen. Ein Barkeeper ist dann rasch überfordert. Besonders, wenn er selber jung ist und der Gast Druck macht.

*Immerhin, der Durchschnittsschweizer konsumiert mit jedem Jahr weniger Alkohol.*
Genau, und zwar hauptsächlich, weil Männer immer weniger täglich trinken, insbesondere weniger Wein. Der Rückgang betrifft die Jungen also nicht, sie konsumieren Bier und Spirituosen.

*Wie sieht es denn bei den Jugendlichen aus?*
Die ganz Jungen zwischen 11 und 15 Jahren trinken wesentlich weniger als früher. Seit 2010 hat sich ihr Konsum praktisch halbiert. Das zeigen anonyme, verlässliche Schülerbefragungen. Vielleicht färbt das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein der Erwachsenen auf sie ab. Bei den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren ist der Konsum aber leicht gestiegen – sie trinken sich öfter in einen Rauschzustand.

*Wie lässt sich das verhindern?*
Indem man Alkohol verteuert. Wenn ein Rausch zum Preis eines Sandwiches zu haben ist, ist der Alkohol viel zu billig. Jugendliche und
junge Erwachsene sind für tiefe Preise sehr empfänglich, weil sie noch ein kleines Budget haben. Man weiss: Je teurer der Alkohol, desto weniger trinken junge Menschen. Deshalb sind wir von Sucht Schweiz enttäuscht von der Entwicklung des neuen Alkoholgesetzes, welches das Parlament zurzeit behandelt.

*Was ist daran nicht gut?*
Es sieht keinen Mindestpreis für Alkoholika vor, wie es ursprünglich geplant war. Stattdessen sollen einheimische Alkoholikaproduzenten steuerlich entlastet werden. Es wird also eher ein Förder- statt ein Präventionsgesetz. Als fast einzige Handhabe ist die nationale Verankerung der Testkäufe noch vorgesehen.

*Welche Massnahmen bleiben Ihnen als Präventionsstelle noch?*
Wir richten uns zum Beispiel gezielt an Kinder aus sogenannten vulnerablen Familien, also an Kinder, die in schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Sie sind besonders anfällig für einen frühen Alkoholkonsum. Dafür unterstützen wir Schulen und Tagesstätten, damit Prävention in den Alltag der Kinder einfliessen kann. Das verhilft ihnen zu einem gesunden Aufwachsen.

*Neigen Kinder von Alkoholikern ebenfalls dazu, zu viel zu trinken?*
Ihr Suchtrisiko ist sechsmal so hoch wie das von anderen Kindern. Deshalb sind auch alkoholbelastete Familien im Fokus unserer Präventionsarbeit. Wir bieten betroffenen Kindern im Internet Informationen, einen Austausch und Hilfe an.

#Allgemeines

22. August 2015 | Willkommen draussen

Schaffhauser Nachrichten – Leitartikel
Robin Blanck

Die diesjährigen Maturprüfungen sind längst vorbei, die Zeugnisse verteilt, und doch bewegt die Matur – genauer: der Maturstreich – die Gemüter: Die Leitung der Kantonsschule hat angekündigt, dass die Dreifachhalle Munot künftig nicht mehr für den Maturstreich verwendet werden darf. Begründung: Die Feuerpolizei besteht darauf, dass sich maximal 300 Personen in der Sporthalle aufhalten dürfen. Jetzt ist die Schülerschaft auf der Suche nach einer neuen Unterkunft für den Anlass, der von der Schulleitung mit bestimmten Auflagen wie einem Mobbingverbot – gemeint sind Demütigungen einzelner Schüler – belegt wurde.
Es gibt sicher gute Gründe für manche Vorgaben, aber im Grundsatz besteht ein Streich in einem begrenzten und für andere unschädlichen Überschreiten von Regeln. Will heissen: Ein Streich mit Regeln ist kein Streich mehr, sondern Schule oder – um im Jargon zu bleiben – unterrichtsfreie Präsenzzeit. Aber: Es wirft mehr ein Licht auf uns, wenn wir jungen Erwachsenen, die zwölf Jahre beste Ausbildung und noch mehr Erziehung hinter sich haben, so wenig Vertrauen entgegenbringen. Der Schulleitung daraus einen Strick zu drehen, wäre zu einfach: Die Angst, bei einem Vorfall an den Pranger gestellt zu werden, ist gross und nicht ganz unbegründet. Am Ende muss man die Angelegenheit umgekehrt sehen: Junge Erwachsene sollten nach zwölf Jahren bester Ausbildung und noch mehr Erziehung in der Lage sein, eine Alternative zur Turnhalle zu finden und dort ihren Maturstreich abzuhalten. Mit etwas Kreativität und Engagement sollte das kein Problem sein. Und wenn alle Stricke reissen, befindet sich zwischen den Hallen und Gebäuden dieser Welt etwas, das man Natur nennt: Willkommen draussen, willkommen im Leben, liebe Maturanden.


21.08.2015
Schaffhauser Nachrichten – Nachgefragt
Interview Fabienne Thöni

**Maturastreich auf der Munotzinne**

Gemäss Brandschutzvorschriften darf der Maturstreich der Maturandinnen und Maturanden nicht mehr in der Turnhalle stattfinden (siehe SN von gestern). Als Alternative schlägt Kanti-Rektor Pasquale Comi die Munotzinne vor. Wir haben Munotvater Peter Uehlinger gefragt, was er davon hält.

*Wäre es grundsätzlich möglich, den Maturstreich auf dem Munot durchzuführen?*
Peter Uehlinger: Eine konkrete Zusage kann ich nur geben, wenn ich ein genaues Gesuch der Viertklässler erhalten habe.

*Welche Bedingungen müssten erfüllt werden?*
Uehlinger: Auch auf dem Munot gemäss den Brandschutzvorschriften ist die Anzahl Personen beschränkt. Es macht auch einen Unterschied, ob der Streich auf der Zinne oder beispielsweise in der Kasematte stattfindet, unten hat es mehr Ausgänge, und deshalb sind mehr Leute zugelassen. Des Weiteren darf natürlich nichts kaputt gehen und keine Verwüstung hinterlassen werden.

*Ist denn eine Anfrage der jetzigen Viertklässler bereits eingegangen?*
Uehlinger: Nein, bis jetzt wurde beim Munotverein noch kein Gesuch eingereicht.


20.08.2015
Schaffhauser Nachrichten
fth

**Abschlusstag der Maturanden nicht mehr in Turnhalle**

Nach einer Prüfung der Feuerpolizei wird der Maturstreich der Kantonsschule Schaffhausen in Zukunft nicht mehr in der Dreifachhalle beim Munot stattfinden dürfen. Laut Brandschutzvorschriften sind nur 300 Personen in der Halle zugelassen. Es sei nun den Viertklässlern überlassen, eine passende Alternative zu finden, sagt Rektor Pasquale Comi. Ansonsten gäbe es keine neuen Einschränkungen für die Gestaltung des letzten Schultages der Maturanden. Das einzige Verbot, welches Comi erneut betonte, ist, dass sich Schüler nicht auf Kosten anderer lustig machen dürfen.
In den letzten Tagen kursierte das Gerücht, dass Pasquale Comi, Rektor der Kantonsschule Schaffhausen, ein Verbot für den Maturstreich ausgesprochen habe. Der Maturstreich, der letzte Schultag der Viertklässler, an welchem sie sich zu einem bestimmten Thema verkleiden und Vorführungen und Spiele machen, hat eine lange Tradition. «Das stimmt nicht, es gibt kein Verbot», erklärt Comi. Neu sei lediglich, dass die Feuerpolizei nach dem Streich des letzten Jahres verboten habe, diesen in den Turnhallen durchzuführen. Gemäss Brandschutzvorschriften sind in der Dreifachhalle beim Munot maximal 300 Personen zugelassen, wie Roland Lüthi Leiter des baulichen Brandschutzes der kantonalen Feuerpolizei mitteilt.
«Klar sind die Viertklässler nun, was die Lokalität betrifft, eingeschränkt, ihre Kreativität ist jetzt gefragt», sagt Comi. Er habe ihnen vorgeschlagen, den Maturstreich beispielsweise auf dem Munot durchzuführen. Man könnte auch auf den Streich verzichten und am letzten Schultag beispielsweise mit dem Klassenlehrer einen Ausflug machen, meint der Rektor. Diesen Vorschlag hätten die Schüler aber nur belächelt. «Nun liegt es an ihnen, ein Konzept auszuarbeiten und dieses einzureichen», meint Comi. Sonst blieben die Vorgaben für den Maturstreich gleich wie in den letzten Jahren. «Ein einziges Verbot habe ich aber, wie schon in den letzten Jahren, klar erteilt: Die Schüler dürfen sich nicht auf Kosten anderer, jüngerer Schüler lustig machen», sagt Comi. Dies bedeute, dass beispielsweise keine Stempel in die Gesichter anderer Schüler gedrückt werden dürfen und keine Nominationen geduldet werden. «Diese Art von Mobbing wird nicht toleriert an der Kantonsschule», so der Rektor. So wird beispielsweise kein «goldiger Erstklässler» mehr gewählt. Auch müssten die Schüler eine Bewilligung einreichen, falls sie am Tag des Maturstreichs den Unterricht der Schüler aus tieferen Klassen stören würden, sodass die Lehrerschaft vorbereitet sei. «Eigentlich ist es eine Chance für die Viertklässler, nun etwas Neues und Kreatives auf die Beine zu stellen», sagt Comi und hofft auf konstruktive Vorschläge vonseiten der Abschlussklässler.

#Allgemeines

30. Juli 2015 | Unabhängigkeitspartei will Biersteuer abschaffen

news.ch
jz/sda

up! setzt sich als libertäre Partei ein gegen eine «Vollkaskomentalität» und fordert stattdessen mehr Freiheit, mehr Eigenverantwortung, weniger Staat und eben auch – weniger Steuern. Mit der Biersteuer-Petition will die Partei das sonst so abstrakte Thema Steuern anschaulich machen, wie Silvan Amberg, diplomierter Steuerexperte, Zürcher Nationalratskandidat und Co-Präsident der up!, am Donnerstag in Zürich sagte.
Die Biersteuer, die dem Bund jährlich mehr als 100 Millionen Franken in die Kassen spült, sei ungerecht und willkürlich, sagte Kampagnenleiter Andy Jenk. Sie werde nicht auf Wein oder Apfelwein erhoben, was eine Ungleichbehandlung sondergleichen bedeute.
Ausserdem sei sie eine Bevormundung der Bürger. Der Entscheid, ob man Bier oder Mineral trinke, müsse jedem selbst überlassen werden. Der Staat dürfe darauf nicht Einfluss nehmen, indem er den Bierpreis durch die Steuer anhebe.

**Gegen Regulierungswut**
Für die Brauereien schliesslich bedeute die Biersteuer einen unnötigen bürokratischen Aufwand. Die «Regulierungswut», die in Bern herrsche, müsse zurückgetrieben werden.
Die Einnahmen, die dem Bund durch die Abschaffung der Biersteuer entgingen, könnten einfach dadurch kompensiert werden, dass ein paar Gesetze abgeschafft würden, sagte Wahlkampfleiter Dominik Loew. Dann hätte man die 100 Millionen Franken schnell eingespart.
Ziel sei es, bis zur Wintersession 5000 Unterschriften für die Biersteuer-Petition zu sammeln und diese dann möglichst durch den eigenen Nationalrat zu überreichen, sagte Amberg. In ihrem Wahlkampf gehe es aber mehr darum, liberale Ideen in die Bevölkerung zu bringen und die Positionen der Partei zu kommunizieren, als darum, einen Nationalratssitz zu gewinnen.

#Allgemeines

28. Juli 2015 | Schweizer Biermanifest unterzeichnet

Schaffhauser Nachrichten
Mark Liebenberg

Mitglieder der aus dreizehn kleinen und mittelgrossen Schweizer Brauereien bestehenden Interessengemeinschaft unabhängiger Schweizer Brauereien (IG Bier) unterzeichneten vergangene Woche eine Grundsatzerklärung, in welcher sie sich verpflichten, eine gehobene Schweizer Bierkultur zu erhalten. Die Unterzeichner wollen «verlässliche Bewahrer gehobener Schweizer Bierkultur bleiben», wie es in einer Mitteilung der Schaffhauser Brauerei Falken heisst. Damit wollen die in der ganzen Schweiz regional tätigen Meisterbrauer Innovation ins Zentrum ihrer Arbeit rücken.
«Die gehobene Schweizer Bierkultur hat Zukunft», erklärte Alois Gmür, Präsident der IG Bier unabhängiger Schweizer Brauereien und Chef der Brauerei Rosengarten in Einsiedeln, anlässlich der Erstunterzeichnung des «Manifestes 2015» in Glarus. «Damit geben wir der Biervielfalt jene Identität, die sie von den globalisierten Angeboten abhebt. Eine Identität, die von der jeweiligen Braumeisterpersönlichkeit regionaltypisch geprägt ist.» Das fünf Punkte umfassende Manifest beinhaltet die Absicht, den «austauschbaren Massenbierproduktio- nen mit der Ursprünglichkeit echter Schweizer Brauer» zu begegnen. Dies wollen die Brauhandwerker der unabhängigen Brauereien mit der För- derung «kreativer Persönlichkeiten» unter den Braumeistern und einer Vielfalt an einzigartigen Originalbieren erreichen. Dabei wollen die Brauer insbesondere lokaltypische Sorten erhalten und neue Spezialitäten entwickeln. So soll der «Fortbestand der gehobenen Bierkultur garantiert werden», heisst es in der Mitteilung.

**Gütesiegelfeier mit Freibier**
Die Brauer verpflichten sich im Manifest zu regionaler Vielfalt und nuancenreicher Bierkultur. Die Hausmarken im Premiumbereich sollen sich «in Qualität und Geschmack von der Masse austauschbarer Produkte abheben», wie die Brauerei Falken in ihrer Mitteilung schreibt. In Glarus wurden IG-Brauer zudem für ihre Produkte mit dem Qualitätssiegel «Brau-Ring» ausgezeichnet, einem Gütezeichen der Kooperationsgemeinschaft privater Brauereien in Deutschland, der Schweiz und Österreich, die sich für den Erhalt privater Betriebe mit regionaler Verankerung einsetzt. Mit dabei ist auch die Brauerei Falken. «Die Auszeichnung ist für uns eine Bestätigung, dass unsere Biere die höchsten Ansprüche an Qualität und Genuss erfüllen», sagt Braumeister Zdzislaw Urbanczyk. Am Donnerstag, 13. August, zapft aus diesem Anlass der Braumeister persönlich im Restaurant Falken in der Altstadt von Schaffhausen von 17 bis 18 Uhr Freibier für alle.

#Allgemeines

24. Juli 2015 | In friedlicher Absicht zu erstürmen

Schaffhauser Nachrichten
Ursula Junker

**Sommergeschichte(n) Die Ruine Neuburg ob Mammern**

Auf rund 520 Metern über Meer thront eine imposante Ruine, die noch heute die ehemalige Bedeutung der Neuburg erkennen lässt. Wanderer erobern die weithin sichtbare Ruine Neuburg von Mammern herkommend über einen Weg, der sich auf halber Höhe dem Seerücken entlangwindet. Lange Zeit indes blieb die Burg im Walde verborgen. Erst im Zuge der Sanierungen von 2001 bis 2003 und 2009 wurde der sie umgebende Wald ausgelichtet. Allerdings hatte man schon Jahre zuvor von der Neuburg aus freie Sicht. Im Zweiten Weltkrieg nutzte man die Möglichkeit, den Untersee von Stein am Rhein bis zur Reichenau von einem Fliegerbeobachtungsturm aus zu überblicken.

**Die Handelswege kontrolliert**
Dem Bericht zur Sanierung von 2001–2003 ist zu entnehmen, dass die Neuburg als typisch für viele Burganlagen am Untersee zu betrachten ist. Sie liegt in einem steilen Tobel auf einer Rippe, links und rechts fliessen Bäche zu Tale. Die Anlage selber gruppiert sich auf drei Ebenen, zuoberst die Hauptburg mit dem Bergfried, den Ähnlichkeiten mit demjenigen der Burg Hohenklingen verbinden. Rund 20 Meter tiefer liegt die Vorburg, noch etwas tiefer die Bastion. Alles in allem erstreckt sich die Anlage über 150 Meter.

**Diverse Besitzerwechsel**
Die Burg wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts durch die Herren von Klingen errichtet und diente der Kontrolle der Handelswege auf und um den See. In den kommenden Jahrhunderten erfuhr sie aber etliche Besitzerwechsel. Nachdem 1699 ein Teil der Umfassungsmauer einstürzte, bauten sich die damaligen Besitzer, die Familie von Roll, ein neues Schloss in Mammern unter Zuhilfenahme der Steine der Neuburg. Schon ab 1690 gehörte die Burganlage für knapp 150 Jahre dem Kloster Rheinau, das während dieser Zeit die Anlage zur Ruine verkommen liess. Nach weiteren Wechseln erwarb sie 1930 Waldemar Ullmann; heute ist die Burgruine im Besitz eines seiner Nachfahren. Ullmann war es denn auch, der mit ersten restauratorischen Massnahmen für den Fortbestand der Burg sorgte.

**Es brauchte mehrere Anstösse**
Der jüngsten Sanierung Anfang unseres Jahrhunderts waren etliche Versuche vorausgegangen, das Bauwerk zu sanieren. So intervenierte Denkmalpfleger Albert Knöpfli be- reits 1957, wie 1987 der Präsident des Schweizerischen Burgenvereins Werner Meyer die thurgauische Denkmalpflege zum Handeln anmahnte. Mit der Zeit stellte die Burg doch teilweise eine Gefährdung für die Besucher dar, wie auch eine Schülerin in einem Leserbrief in der «Thurgauer Zeitung» im Jahr 1998 festhielt. Dazu trugen nicht zuletzt mutwillige Beschädigungen bei, die die Neuburg im Laufe der Jahre in Form von Nachtbuben- und anderen Streichen erdulden musste. Gesichert ist auch, dass in jüngerer Zeit die Mittelschulverbindung «Scaphusia» die Neuburg öfters aufsuchte und sich mit einem Beitrag an der Sanierung beteiligte. Sie war nicht die einzige Studentenverbindung, die die Neuburg aufsuchte, wie sich anhand der gefundenen Bierhumpen nachweisen lässt, wie Kantonsarchäologe Hansjörg Brem berichtet.

**Tatkräftige Maurerlehrlinge**
Die Ausgangslage für eine Sanierung war auch wegen der daraus entstehenden Kosten nicht ganz einfach. Es war deshalb ein Glücksfall, dass der Thurgauer Bauernmeisterverband gerade in dieser Zeit ein Objekt für die «Landwochen» der Maurerlehrlinge suchte. Zusätzlich wurden auch Strassenbaulehrlinge zur Erweiterung der Zufahrtsstrasse eingesetzt. Der Sanierungsbericht ist denn auch voll des Lobs für den unermüdlichen Einsatz der angehenden Berufsleute. Die Sanierung lieferte auch wesentliche Erkenntnisse zur Baugeschichte der Neuburg. So ist gesichert, dass im 13. Jahrhundert der Bergfried, die innere Zwingermauer und der Palas erstellt wurden. Im 16. oder 17. Jahrhundert wurde die Burganlage mehrfach repariert und auch umgestaltet, vermutlich, um die Wohnqualität zu verbessern. Mehrfach musste aus statischen Gründen auch die äussere Zwingermauer geflickt werden, zu unsicher war der Untergrund der Burganlage. Zahlreiche Funde von Ofenkeramik lassen sich datieren und zeugen davon, dass Kachelöfen damals auch Statussymbole und Repräsentationsobjekte waren. Sie befinden sich heute in den Depots des Kantons Thurgau. Die Neuburg hütet heute ganz andere Schätze. So dient sie als Brutstätte für eine seltene Vogelart. Ebenso haben sich in der Umgebung in verwilderter Form erstaunlich viele alte Pflanzen aus dem Burggarten erhalten. Grund genug, die Wanderschuhe zu schnüren und die Burg in friedlicher Absicht zu erstürmen.


**Schlösser am Untersee Ruinen, Umbauten und aktuelle Nutzungen**

Emil Reisser schreibt in seinem Beitrag «Burgen und Schlösser am Untersee». In: «Badische Heimat 13 (1926): «Ein reicher Kranz alter und neuerer Herrensitze umsäumt die Ufer des Untersees (…). Zunächst überrascht es, dass unter den vielen Bauwerken kein wirklich bedeutendes sich befindet (…). Die Erklärung gibt die Geschichte dieser Gegend. Das uralte Bistum Konstanz und die nur wenig jüngere Abtei Reichenau besassen fast alles Land an seinen Ufern und liessen dort keine andere Macht aufkommen. (…) Ihr Erbe trat im 14. Jahrhundert das Haus Österreich an. Für die österreichische Macht war aber das Unterseegebiet nur Grenzland gegen die feindliche Eidgenossenschaft.» Gleichwohl fallen die Schlösser und Burgen an den Hängen und den Ufern des Sees ins Auge. Ein paar der markantesten: die Burg Hohenklingen ob Stein am Rhein, der Turmhof in Steckborn, Schloss Arenenberg ob Salenstein. Nach einem kurzen Blick auf den alten Turm in Oberstaad (vgl. SN vom 14. Juli) und die aus dem Wald ob Mammern aufblitzende Ruine Neuburg (dargestellt auf dieser Seite) betrachten wir Schloss Marbach zwischen Wangen und Hemmenhofen. Es habe sich, so schreibt Gotthard End 1940 in seinem Werk «Die Burgen der Höri und ihre Besitzer» sein herrschaft- liches Aussehen bewahrt. Sein ursprüngliches Antlitz hat es 1924 verloren, als die ehedem pompöse Seefront einem Brand zum Opfer fiel. Dass dort eine Burg stand, beurkundete im Jahre 1291 der Abt des Klosters Reichenau, Albrecht von Ramstein, so: «in castro nostro quod Margbach dicitur.» Heute gehört das Anwesen der Jacobs-Stiftung und ist ein Tagungszentrum. Unweit davon liegt Schloss Kattenhorn, erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt. Damals gehörte es dem Stift Öhningen, und Mitte des 19. Jahrhunderts erwarb es «ein Herr Im Turn aus Schaffhausen», so Emil Reisser, und der liess die Anlage modernisieren, füllte Burggräben auf, brach den Turm ab sowie Nebengebäude und einen Anbau am Seitenflügel. Darüber habe Im Turn ein Buch geschrieben, so Reisser, der 1926 bilanziert: «Im Äussern hat das Schlösschen trotz allem noch viel Reiz bewahrt.» Dies gilt auch für die Sitze am Schweizer Ufer: Schloss Liebenfels ob Mammern zum Beispiel. Es ist die Stammburg des gleichnamigen Geschlechts und wurde 1254 erstmals erwähnt. Das Schloss sicherte den Weg von Pfyn über den Seerücken ans Bodenseeufer. Nach 1847, als es dem Dichter der Spätromantik, Adolf Ludwig Follen (1794–1855), gehörte, gab es viele Umbauten, «wobei viel alter Bestand zerstört wurde», so Reisser. Auch Hofmann von Fallersleben und Gottfried Keller kamen hierher. Heute wirbt die Familie Ebert aus Lanzenneunform, die das Anwesen 1992 erwarb, mit dem «Hochzeitsschloss» für eine «Oase der Geborgenheit und Sicherheit» auf www.schlossliebenfels.ch. (Wü.)

Literatur: Michael Losse, Hans Noll, Michael Greuter (Hrsg.): Burgen, Schlösser, Festungen im Hegau – Wehrbauten und Adelssitze im westlichen Bodenseegebiet. Verlag Michael Greuter, Hilzingen 2006

Legende



Einst von den Herren von Klingen als Burg errichtet, ist die Ruine Neuburg heute ein schönes Wanderziel.
Bild Margrith Pfister-Kübler



Sicht auf die Neuburg von Süden, aus der Chronik Meiss 1742 (Zentralbibliothek Zürich).
Bild zvg

#Allgemeines

22. Juli 2015 | Von Durstlöschern und langen Abenden

Schaffhauser Nachrichten
Mark Liebenberg

Dass entlang der touristischen Routen – am Rheinfall oder in Stein am Rhein – und in den Badis das Sommergeschäft der Schaffhauser Gastronomie boomt, ist kein Wunder. Aber auch die Wirte in der Stadt profitieren von mehr Fremdenverkehr und einer einheimischen Bevölkerung in Sommerlaune – und dies trotz Schulferien und rekordhoch kletterndem Quecksilber.
«Für das Personal sind diese Temperaturen schon anspruchsvoll», sagt «Güterhof»-Patronin Verena Prager. Durch die Bedienung des Aussenbereichs laufen die Mitarbeitenden auch beachtliche Strecken pro Schicht. Finanziell lohne sich aber der logistisch trickreiche Terrassenbetrieb allemal (die Wirte dürfen keine Zapfsäulen oder Kaffeemaschinen im Aussenbereich installieren). Prager meint, rund ein Viertel mehr Umsatz als im Ganzjahresdurchschnitt mache der «Güterhof» an der Schifflände in den Monaten Juni, Juli und August. Von einem runden Drittel mehr Umsatz schwärmt Tomislav Babic, «Falken»-Wirt und Präsident von Gastro Schaffhausen: «Das ist die beste Zeit im Jahr.» Dabei profitiere das Gastgewerbe nicht nur von den Touristen, sondern vor allem am Abend auch von «Daheimgebliebenen in Sommerfeierlaune», wie Babic sagt.

**Später essen, länger bleiben**
Gerade im Hochsommer findet nämlich in der Stadt eine Art Mentalitätswandel statt: von nordalpin zu quasimediterran. «Bei diesem Wetter essen die Leute gern etwas Leichtes zu Mittag, Salate, Vitello tonnato und so weiter», weiss Edal Ayalp, Geschäftsführer des Restaurants Santa Lucia am Fronwagplatz. Nachmittags sei Glace Trumpf, und der grosse Hunger komme bei vielen erst nach neun Uhr, wenn die Sonne weg sei und die Hitze allmählich nachlasse. «Aber dann darf es etwas Rechtes sein», sagt Prager. Man müsse nicht einmal die Karte auf sommerlich trimmen, ergänzt Babic: «Zum Znacht essen die Leute auch im Hochsommer gern deftige Sachen wie Cordon bleu oder Rindsfilet.» Ab Feierabend fliesse auch der Alkohol viel lockerer als in den übrigen Jahreszeiten, sagen die drei Gastronomen einhellig. «Die Gäste sind wesentlich konsumierlustiger», meint Babic. Nie im Jahr müsse man so viel Bier bestellen wie jetzt. Speziell im Trend liegen alle Arten von Apéros. «Im Winter verkaufen wir das kaum, jetzt wollen alle alkoholhaltige Erfrischungen am Feierabend», sagt Babic. Die Favoriten: Aperol Spritz und der gute alte «gschprützte Wiisse». Ein kleiner Wermutstropfen bleibt für den Wirtepräsident dennoch: «An Tagen wie den letzten paar sollte es spontan möglich sein, länger geöffnet zu haben», findet Babic. Manch eine Runde würde gerne bis über Mitternacht draussen sitzen bleiben und die Jahreszeit geniessen – für Ruhe und Ordnung wüssten die Wirte schon zu sorgen. Offenbar waren es auch so bisher ruhige Sommernächte in der Altstadt: Klagen wegen Lärmemissionen durch Gastbetriebe seien in der laufenden Saison keine eingegangen, sagt Patric Studer von der Verwaltungspolizei auf Anfrage.

**Falken-Brauerei Dreissig Prozent mehr Umsatz mit Mineral und Bier**
Der grösste Getränkehersteller, aber auch -lieferant im Kanton ist die Brauerei Falken. Den Hochsommer merkt man auch im Ebnat deutlich: «Man kann sagen, dass wir auf den Sommer hin unsere Produktion um einen Drittel erhöhen», sagt Markus Höfler, CEO der Brauerei Falken AG. Dreissig Prozent mehr Bier extra für den Sommer – das sei ein langjähriger Mittelwert. Schlechtes Wetter oder gutes Wetter spiele gar keine so grosse Rolle: «Im Sommer wird einfach mehr konsumiert.» Allerdings gebe es Schwellenwerte, erklärt Höfler: «Man hat errechnet, dass Temperaturen von 22 bis 25 Grad optimal für den Bierverkauf sind. Temperaturen von über 30 Grad sind für Bier fast zu heiss, da greifen die Leute viel lieber zum Wasser.» Als Getränkelieferantin müsse man in einem so heissen Sommer wie aktuell vor allem in der Auslieferungslogistik flexibel sein. «Das Bier ist ja bereit, wir können jederzeit auf Mehrbestellungen eingehen.» Die Brauerei Falken bringe als Lieferantin im Sommer etwa die gleiche Menge Mineralwasser wie Bier zu den Kunden, sagt Höfler. Das sind zum einen der Detailhandel (45 Prozent) und zum anderen die Gastronomie (51 Prozent, Tendenz sinkend): «Die Kunden kaufen offenbar ihr Bier vermehrt im Handel und konsumieren es individuell und immer weniger in der Beiz.» Was die Bierbrauer ebenfalls feststellen: Die Bierdose wird immer beliebter, Bierflaschen stagnieren.


**Expansionsdrang über den Rhein**

Dabei ist es erklärtes Ziel der Brauerei Falken, das Image des Bieres laufend aufzupolieren, erklärt Höfler. Mit einer Reihe von neuen Produkten wie etwa dem feinherben, naturtrüben Stammhaus-Bier oder dem Sommerdrink «Adam & Eva» versucht Falken, neue Kunden zu gewinnen. Mit dem erst letzten Frühling lancierten Apfel-Bier-Mischgetränk «Adam & Eva» wolle man die Nichtbiertrinker und das weibliche Publikum ansprechen. «Wir sind mit dem Start zufrieden, aber ‹Adam & Eva› hat noch Potenzial.» Beim Detailhandelsriesen Coop findet man das Getränk bereits im Regal, ein Ausbau ist nächstes Jahr auf den restlichen Handel geplant. Aber auch geografisch streckt die Brauerei ihre Fühler aus – über den Rhein hinaus. «Der Schaffhauser Markt wächst nicht mehr gross», sagt Höfler. Zu Hause hat Falken im Bereich Gastronomie einen soliden Marktanteil von 90 Prozent. Exklusive Partnerschaften hat Falken nun unter anderem in der Limmatstadt abgeschlossen (Vorderer Sternen, Filmfestival Zürich, Strandbad Tiefenbrunnen etc.). «Als Marke kann Falken überregional noch wachsen», sagt Höfler. (lbb)


**Boulevardcafés Die Stadt kassiert jährlich 80 000 Franken**

Will ein Restaurant, eine Beiz oder ein Café in der Schaffhauser Altstadt in der warmen Jahreszeit rausstuhlen und hat keinen Privatgrund vor dem Lokal, so muss es die erforderliche Fläche von der Stadt mieten. 70 Lokale in der Stadt machen derzeit von dieser Möglichkeit Gebrauch, wie Patric Studer von der Verwaltungspolizei erklärt. 1630 Quadratmeter, also ein halbes Fussballfeld Fläche auf öffentlichem Grund, vermietet die Stadt an die Beizer. Nicht jeder Quadratmeter kostet gleich viel. «Am teuersten ist mit 72 Franken pro Saison der Quadratmeter auf dem Fronwagplatz, in Seitengassen kostet er 40 Franken», so Studer. Insgesamt generiert die Stadt so Mieteinnahmen von rund 80 000 Franken. Die Verwaltungspolizei ist für die Bewilligung und Kontrolle der Umsetzung verantwortlich und hat überall für die Gewährleistung der Bewegungsfreiheit der Gassen, etwa für Rettungsfahrzeuge, zu sorgen. Ästhetische Auflagen zur Gestaltung des Aussenbereichs gebe es seitens der Verwaltungspolizei keine. In der Regel gelten für die Terrasse die gleichen Schliessungszeiten wie für das Lokal, also 23.30 Uhr wochentags und 00.30 Uhr am Wochenende. (lbb)

#Allgemeines

20. Juli 2015 | Genossen

Schaffhauser Nachrichten

**Glace für die ganze Klasse, lauter gute Biere und Avo orange**

Sommer ist, wenn in den Alpen die Gletscherzungen schneller schmelzen, als man zuschauen kann – und wenn in der Munotstadt die Schaffhuuser Züngli und Zungen nach einer kühlen Erfrischung lechzen. Hannah (Bild oben) hat für zwei Stammkunden bei El Bertin in der Unterstadt je ein Cornet mit der Kombination schwarze Schoggi mit Chili (oben) und Sauerrahm-Limette (unten) bereitgestellt. Ganze Schulklassen laben sich hier bei schönem, warmem Wetter am Glacestand (in Deutschland heisst so etwas Eisdiele, in Italien Gelateria). Kein Wunder, gibt es bei El Bertin doch ein Sortiment von mehr als zwei Dutzend Aromen, neben den Klassikern Vanille-Erdbeer-Schoggi auch ziemlich exotische Geschmacksrichtungen wie zum Beispiel Apfelstrudel, Espresso, Honig-Datteln, Erdnuss, Cheesecake, Lebkuchen, Sauerrahm-Limette, Zimt, Mandeln – und, wie eingangs bereits erwähnt, die schwarze Schoggi mit Chili – kühlt und heizt ein zugleich. (us)

Die Schweizer Bierkultur ist in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Ein neuer Bierführer, «Schweizer Biere 2015/2016», bildet diese Bierlandschaft ab. Er stellt 200 Biere vor, grosse Marken genauso wie Biere von Kleinbrauereien. Zudem wird erklärt, wie Bier hergestellt wird und wie man eine Bierdegustation durchführt. Enttäuscht wird allerdings, wer von diesem Werk eine kritische Einschätzung der Getränke erwartet. Alle 200 Biere werden ausschliesslich mit positiven Attributen umschrieben. Kein Wunder, wurde das Werk doch vom Schweizer Brauerei-Verband und von der Interessengemeinschaft der unabhängigen Schweizer Brauereien «grosszügig unterstützt», wie es im Impressum heisst. Weiter hinten steht dann explizit, «Ziel war die wohlwollende Beschreibung der Biere». Was die Hersteller freut, bereitet dem Leser Kopfschmerzen. Was nützt ein Führer, wenn alle Biere gleich gut sind? Fazit: Dieses Buch ist als Werbegeschenk geeignet, zum Kauf (29 Franken) empfehlen kann man es nicht. (zge)

Zu karibischen Temperaturen passt eine karibische Zigarre immer gut. Wenn der Kreislauf durch die Hitze belastet ist, empfiehlt sich etwas Leichtes, zum Beispiel die Avo XO Intermezzo aus der Dominikanischen Republik. Das Stück (13.50 Franken) kommt transportbereit im Tubo. Die Avo gefällt mit ihren sanften Leder- und Zedernaromen, gegen Schluss kommen dann noch erdige Noten dazu. Die Zigarre ist perfekt gerollt, mit einer Rauchdauer von fast einer Stunde muss man sich aber schon ein grösseres Intermezzo gönnen. (zge)

#Allgemeines

18. Juli 2015 | Hier braut sich Sommerliches zusammen

Schaffhauser Nachrichten
Mark Liebenberg

Was ist das beste Sommerbier? Ein Weizen, ein eiskaltes Lightbier, ein Fruchtbier? Oder gar das diesen Sommer stark im Trend liegende India Pale Ale? Manches davon hat man in der Brauerei mit dem wohl skurrilsten Namen der Schweiz schon lange ausprobiert: Die brauage du garage à la plage an der Fischerhäuserstrasse hat in ihrer 13jährigen Geschichte vieles vorweggenommen, was heute Trendtrinker umtreibt. «Wir haben India Pale Ale gebraut, als hierzulande noch niemand wusste, was das überhaupt ist», sagt Toni Kraner. Nebst Porter, Ingwer-Ale oder Quittenbier, versteht sich. Er ist Teil eines Hobbybrauerquintetts das mittlerweile weit über 100 Sude angesetzt hat. Und zwar, wie es der Name sagt, in einer Garage. Neben Velos, einem Auto, einer Werkbank finden sich hier die erstaunlich primitiven Gerätschaften, die man zum Bierbrauen braucht: Maischebottich, Sudpfanne, Schläuche, Metallfässer und eine Zapfanlage. Und vor allem Kühlschränke.

**«Brauer sind gemütliche Leute»**
Die Brauage steht an der Fischerhäuserstrasse und somit fast am Rheinufer. «Wir glauben daran, eines Tages wird dieser Abschnitt verkehrsberuhigt sein, und dann sind wir wirklich à la plage.» Den Traum vom Strand müssen die vier Freunde weiterträumen, den Traum vom eigenen Bier leben sie. Etwa viermal pro Jahr ist Brautag, da wird Neues ausprobiert und Altes neu zelebriert. Ein Brautag dauert rund 8 Stunden, 200 Liter aufs Mal kann man hier produzieren. «Brauen braucht Geduld», lacht Kraner. «Deshalb sind die meisten Hobbybrauer auch so gemütliche Leute.» Die Brauage-Leute brauen für den Eigenbedarf oder auf Bestellung: Vor allem mit der Kammgarn sind sie verbandelt (Jazzfestival, Hoffest, zwischendurch mal ein Monatsbier). Und Neukreationen werden meist an einem Gargenfest mit einem grossen Kreis von Freunden und Bekannten verkostet. Den ersten Sud vergisst hier niemand. «Der ging in die Hosen», sagt Kraner, «das Bier war viel zu sauer.» Zwar habe man die Gäste anfäng- lich trotzdem genötigt, das Eigenbräu zu trinken. «Aber am Schluss hatten wir Erbarmen und schenkten Falkenbier aus.»

**Eine grosse Sortenvielfalt**
Die Schaffhauser Heimbrauer sind gut vernetzt, und man schätzt die Biere der anderen. Die meisten der Klein- und Kleinstbrauereien sind als lockerer Bund Schaffhauser Hausbierbrauer in der Swiss Homebrewing Society (SHS) zusammengeschlossen. Alle zwei Monate gibt es ein Treffen, und der gemeinsame Auftritt am Kammgarn-Hoffest spornt alle an, ihre Spezialitäten herzuzeigen. Einer der Pioniere der Szene ist Thomas Müller von der Brauerei Hegaustross. Müller – oder «Wegge», wie ihn Insider nennen – hat auch die Brauage-Leute das Handwerk gelehrt. «Brauen erfordert viel Planung, vor allem wenn man es als Hobby betreibt», sagt Müller. Für das Schaffhauser Sommertheater hat er soeben das Festbier gebraut. Im Gegensatz zu einigen Kollegen kann er relativ grosse Mengen brauen und in Flaschen abfüllen. Sozusagen der Grandseigneur unter den regionalen Privatbrauern ist Urs A. Meier. In seiner Burggütli-Brauerei am Ölberg zwischen der Breite und Neuhausen stellt er ein Hukola («Hundskommunes Lager»), ein chüschtiges Amber, ein böhmisches Märzen («La Bohème») und, immer am Samichlaustag, ein Bier im Stile der belgischen Trap- pistenbiere her, mit viel Gewürz und langer Haltbarkeit. Mit dem Jahrgang 2013 hat er in dieser Kategorie sogar den 1. Preis der SHS gewonnen. Der Tüftler und seit zwei Jahren pensionierte Ingenieur gibt Brauseminare und braut auf Bestellung von Freunden. Er stehe gern einmal im Monat acht Stunden in der Brauerei, um seine Mengen Spezialbier zu brauen. «Es soll aber ein Hobby bleiben und kein Stress werden», sagt Meier. Überhaupt sei der Brauvorgang selber ja nur die Spitze des Eisbergs. «Bis man danach alle Geräte, den Raum und die Fässer gereinigt hat …»

**Ein Eigenbräu fürs Clubhaus**
«Mehr brauen als so wäre ja eigentlich schon Arbeit», sagt trocken Heiner Egli. Er steht mit Michael Rüedi für die einzige Brauerei Feuerthalens. Das heisst, eigentlich steht hinter der Brauerei Gambrinus ja ein Motorradclub, die Rain Riders. Die sich eigentlich schon lange in einen Club von Liebhabern zweiplätziger Sportwagen verwandelt haben. Was eigentlich wiederum nur der Anlass war, die Räumlichkeiten einer alten Metzgerei an der Adlergasse gleich ennet der Feuerthaler Brücke zu mieten und eine gemüt- liche Clubbar hineinzubauen. Was sich wiederum als besonders ideal für das herausstellte, was die «gestandenen Mannen» (Egli) eigentlich tun wollten: das eigene Bier brauen. Besonders der Kühlraum der alten Metzgerei erwies sich als hilfreich. «Wir haben dann vor zehn Jahren nach und nach die Instrumente gekauft und losgelegt.» Auch hier mag die Einfachheit der Anlagen überraschen. «Bierbrauen ist ja eigentlich keine Hexerei», sagt Egli.

**Wenig kommerzielles Interesse**
Obwohl Egli und Rüedi anfangs experimentierten und mal ein Stout, mal ein Pils brauten, kristallisierte sich heraus, dass die sieben festen Mitglieder der Gruppe – der harte Kern – im Grunde ein eigenes robustes, geschmackvolles Lagerbier wollten, das an den gemeinsamen Clubabenden getrunken und auch an Festen ausgeschenkt werden konnte. So entstand das «Rüedel’s» – und gewann rasch Verehrer. Jedes Jahr an Hilari öffnet der Verein seine Tore, und ganz Feuerthalen kann das Eigenbräu probieren. «Jetzt überlegen wir uns trotzdem, ein ‹Premium-Rüedel’s› zu brauen, in kleine Flaschen abzufüllen und in lokalen Geschäften zu verkaufen», sagt der Maschinenmonteur. Der Ramsemer Landwirt Bruno Gnädinger ist da einen Schritt weiter. Schon einige Jahre beliefert er Sommerfeste, Theaterproduktionen, Vereinsanlässe und sogar Hochzeiten mit seinem hausgemachten Bier. «Ich kann mich über die Nachfrage nicht beklagen, gerade im Sommer», sagt Gnädinger. Und liefert Kegs und Zapfanlage gleich dazu. Gnädinger ist aufgrund der grossen Mengen, die er aufs Mal brauen kann, vielleicht eher die Ausnahme unter der Heimbrauern. Bei den anderen steht der Eigenbedarf stärker im Zentrum. Und allenfalls nehmen sie Bestellungen von lokalen Gruppen oder Vereinen entgegen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass Brauen eine genaue Zeitplanung erfordert. Wenn man im Sommer Bier verkaufen will, muss man mindestens sechs Wochen vorher brauen. Zweitens, so die Hobbybrauer einhellig: Flaschenabfüllungen sind extrem arbeitsaufwendig. In der Garage neue Biersorten ausprobierende Freunde, ein akribischer Ingenieur, ein bierliebender Landwirt, ein Motorradclub, der sich aufs Bierbrauen verlegte – die Schaffhauser Kleinbrauereien sind fleissig und voller Ideen. Eine Nase voll (und einen Schluck) kann man am Hoffest der Kammgarn im August nehmen, wo die Heimbrauer ihre Produkte vorstellen.


**Sommerbiere**
Die Schaffhauser Heimbrauer beweisen mit einer äusserst vielfältigen Auswahl an Gerstensäften Sommerlaune

· Das Maiböckli ist eines der Aushängeschilder der Garagen-Brauerei am Rheinstrand: Die «brauage du garage à la plage» braut das preisgekrönte Bockbier seit ihren Anfängen. Farbe: Goldgelb bis bernsteinfarben, der Alkoholgehalt liegt bei circa 7 Prozent. Es ist ein sehr feines Bockbier, sehr ausgewogen, mit leckerem Geschmack. Durch Beifügung von Aromahopfen entsteht eine Ahnung von tropischen Früchten.

· Schleckmäuler kommen beim Sommerbier 2015 der Brauerei Hegaustross auf ihre Kosten: Karamell, so weit die Geschmackssinne reichen. Das dunkelbernsteinfarbige Gebräu zeigt sich schon in der Nase verschwenderisch, gebrannter Zucker, eindeutig! Dazu am besten Pouletflügeli vom Grill mit süsssaurer Marinade das gibt gute Laune. Zu haben in der Beiz des Schaffhauser Sommertheaters.

· Zedernholz mit floralen Obertönen: Bruno Gnädingers Dunkles IPA ist in der Tat ein sehr dunkles India Pale Ale mit dezenten Röstaromen und aromatischer, wenn auch zurückhaltender Hopfigkeit. Vergesst die Hitze! Ein Bier für die kühle Bar, Ledersessel, Zigarrenrauch, an der Decke dreht ein Ventilator. So was will mit Feierlichkeit getrunken sein, kein kommuner Durstlöscher für hitzige Köpfe.

· Ein Sommertrunk für die Frau und den Mann ist das Hukola PLUS von Burggütli-Bräu. Dem robusten Lager (Hukola steht für «Hundskommunes Lager») mit guter Kohlensäure werden im Fass frische Hopfendolden beigegeben, die während mehrerer Wochen ihr Aroma ins leichtfüssige Sommerlager abgeben: Akazienhonig, Zitrus und Lindenblüte. Ein Durstlöscher mit Köpfchen-Noten also!

· Keine Kompromisse, kein Chichi, keine Experimente: Das Feuerthaler Rüedel’s Naturtrüb ist ein geradeheraus ehrliches Lagerbier mit sehr robustem Körper und hat eine vorzügliche Bittere. Bei rund 5,2 Volumenprozent bleiben keine Wünsche offen. Ein echtes Männerbier. Was soll man da noch mehr sagen? Egal, welche Jahreszeit draussen vorherrscht: Ein gutes Bier ist und bleibt ein gutes Bier. (lbb/us)



«Es soll Hobby bleiben und nicht Stress werden» – Urs A. Meier [Print Fortuna] geniesst ein Amber-Bier in seiner kleinen Burggütli-Brauerei vor dem Logo der losen Vereinigung der Schaffhauser Hausbierbrauer.
Bild Begüm Ürek


Anarcho-Groove in der Garagenbrauerei: Toni Kraner zeigt, wie man mit bescheidenen Geräten Bier brauen kann.
Bild M. Liebenberg


Von der Metzgerei zum Clubhaus mit Hausbrauerei: Heiner Egli zapft ein «Rüedel’s» an der Bar in Feuerthalen.
Bild M. Liebenberg

#Allgemeines

11. Juli 2015 | Nicht mehr als ein schönes Märchen

Schaffhauser Nachrichten
Jean-Claude Goldschmid

Das Freilichtspiel rund um das «Kätterli vo Radegg» war ein voller Erfolg, der das Publikum drei Abende begeisterte (die SN berichteten). Doch wie sieht es mit der historischen Wahrheit rund um diese Geschichte einer Untoten aus? «Zur Sage, wie wir sie heute kennen, wurde uns vom Neunkircher Mundartdichter und Lehrer Otto Uehlinger fast ein fertiges Drehbuch geliefert», sagt der Wilchinger Mundartdichter, alt Gemeindepräsident und Ehrenbürger Hans Ritzmann. Die Burgruine kennt er seit Wochenendspaziergängen mit der Familie als Primarschüler.
In Uehlingers Sagensammlung liest man denn auch: «Und heute noch, wenn man in einer stillen, mondhellen Nacht durch das Wangental geht, kann man das Kätterli sehen, oben auf der Ruine. Dort sitzt sie und betet für ihre Brüder, weint und wartet auf Erlösung. Sie wartet auf einen Mann mit einem guten, reinen Herz, auf einen Ritter ohne Fehl und Tadel. Aber der muss zuerst die blaue Rose finden, die an der Radeggerhalde noch blüht. Erst so kann das Kätterli (Katharina) in die ewige Ruhe eingehen.» Ungewöhnlich war auch der Tod des Kätterlis. Als aufständische Bauern die Burg Radegg stürmten, brannte diese ab – und das Kätterli, das nicht rechtzeitig fliehen konnte, verbrannte in ihr. Uehlinger beruft sich in der Sage auf eine Osterfingerin, Barbara Ritzmann – keine Verwandte von Hans Ritzmann –, die ihm die Geschichte vor langer Zeit erzählt habe.

**«Sagen wandern von Land zu Land»**
So weit die Sage. Für Hans Ritzmann ist sie «ein schönes Märchen, aber im Bezug auf die historische Wahrheit nicht mehr als das». Es stecke auch viel Volkskundliches drin. Es gebe «Sagen, die wandern von Land zu Land, mit dem immer gleichen Stoff» – so auch diese. Die Sage vom Kätterli gab es laut dem Wilchinger Mundartdichter sicher schon lange vor Uehlinger. «Er hat diese alten Klettgauer Volkssagen bloss gesammelt und wohl auch ausgeschmückt», so Ritzmann. In Tat und Wahrheit weiss man nicht allzu viel über die Burg Radegg und ihren Untergang. Immerhin deuten laut Ritzmann zahlreiche Armbrustbolzen, die auf der Radegg ausgegraben wurden und die er uns im Ortsmuseum zeigt, auf ein kriegerisches Ende der Burg hin.

**Der Streit um die Rheinau**
Der Niedergang dieser Burg stand wohl auch im Zusammenhang mit einem Streit unter den Adelsgeschlechtern. Ein Grund der Zerstörung könnte sein, dass die Radegger um 1270 versuchten, das Kloster Rheinau vor den Ansprüchen der Vögte der benachbarten Herren von Krenkingen aus dem deutschen Engen zu schützen. Dies führte gemäss Ritzmann immer wieder zu Konflikten. Das Geschlecht erlosch im Laufe des 14. Jahrhunderts. Der letzte männliche Radegger soll laut Ritzmann Mönch und Chronist im Kloster Einsiedeln gewesen sein, die letzte Radeggerin soll in Schaffhausen gelebt haben. Massgebliche Quelle für die Geschichte der Ruine ist die Wilchinger Dorfgeschichte des Historikers und alt Ständeratspräsidenten Kurt Bächtold. Aus dem Besitz der Adelsfamilie von Fulach ging 1548 ein Grossteil der Waldungen Radegg und Trisberg ins Eigentum der Gemeinde Wilchingen über. Bereits um jene Zeit zerfiel am Südhang des Rossbergs die Burg Radegg. Die Felsenrippe, die ihre Ruine trägt, fällt steil gegen das Wangental ab und senkt sich westwärts gegen die Heusteig. Ums Jahr 1600 sah der Schaffhauser Chronist Johann Jakob Gmür noch «ein stock und gmür» – einen Turm und Gemäuer. Er stellte Vermutungen an über die Geschichte der Ritter von Radegg, die urkundlich erstmals 1188 in Erscheinung treten. Da es aber auch am Irchel im Zürcher Weinland eine Ruine Radegg und ein gleichnamiges Adelsgeschlecht gab, kam es immer wieder zu Verwechslungen. «Der Name Radegg stammt wohl von einem Rad, welches auch auf dem Familienwappen erscheint, und der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Eggens», glaubt Ritzmann. Gemäss Kurt Bächtold ist die Geschichte vom Kätterli nicht die einzige Sage, die sich um diese Ruine rankt. Eine zweite erzählt von einer feuerschnaubenden Schlange in der Radegg, die einen Schatz bewacht. Um diesen zu suchen, zogen aus der Umgebung immer wieder Schatzgräber aus, die die Ruine durchwühlten. Im Jahr 1717 versuchten es angeblich zahlreiche Wilchinger, sogar mithilfe schwarzer Magie. Aber statt eines Schatzes sollen sie nur Reitersporen und alte Schlüssel gefunden haben. Sechs Jahre später spielte sich unter der Leitung eines katholischen Kaplans gar eine eigentliche Geisterbeschwörung ab, im Beisein von Abenteurern aus Wilchingen und Hallau. Danach verbot zwar die Schaffhauser Obrigkeit das Schatzgraben formell. Dennoch versuchten es Wundergläubige immer wieder. Neuzeitliche, wissenschaftliche Ausgrabungen erfolgten 1924 und 1936. Die Funde sind im Schaffhauser Museum zu Allerheiligen und im Wilchinger Ortsmuseum zu sehen.

**Der letzte Radecke**
In den frühen 1980er-Jahren hörte Hans Ritzmann dann von einem gewissen, mittlerweile verstorbenen, Herrn Radecke in der südbadischen Nachbarschaft. Dieser behauptete, von den Radeggern abzustammen. Als ihn Ritzmann schliesslich einmal besuchte, hing im Haus ein grosses, um 1900 entstandenes Bild. Es zeigte angeblich Hermann von Radecke, 1885 pensionierter Generalleutnant in preussischen Diensten. Auch die Radeckes hätten ihre erste Tochter traditionellerweise immer Katharina genannt. Radecke habe sich als den letzten männlichen Nachfahren bezeichnet und dies auch im sogenannten «Gotha» belegt, dem deutschen Adelsverzeichnis. Tatsächlich heisst es dort, dass das Geschlecht aus dem süddeutschen Grenzbereich stamme und um 1400 im preussischen Osten aufgetaucht sei. Es waren offenbar ziemlich unbedeutende Landedelleute, vielleicht Freiherren.

*Burgen und Schlösser, historische Bauten und Ruinen finden sich in der Region zwischen Untersee und Klettgau, zwischen Thur und Hegau in einer aussergewöhnlichen Dichte. Während der Sommerzeit spüren die «Schaffhauser Nachrichten» bemerkenswerte Geschichten von einst und heute in den kühlen Gemäuern auf – mal an bekannten, mal an weniger bekannten Orten.*


*Aus der Historie*
**«Rudolf nobilis dictus Schade de Radegg» erscheint in einer Urkunde von 1225**

Genauso wenig wie über die Entstehung und die Zerstörung der Burg Radegg weiss man über ihren Erbauer, den Herrn von Radegg. Dessen Geschlecht wird mit Heinrich Scado 1188 erstmals erwähnt. Um 1225 wird ein Ritter «Rudolf nobilis dictus Schade de Radegg» urkundlich aufgeführt. Er soll Beziehungen zum Kloster Rheinau gepflegt haben. Die heute noch sichtbaren Mauerreste wurden nicht vor 1200 erbaut. Ob zuvor an dieser Stelle bereits ein hölzerner Vorgängerbau stand, ist nicht auszuschliessen. Die Burg umfasste von Osten nach Westen einen mächtigen Turm, einen Zwischenbau oder einen Hof mit Zisterne und einen zweiten Turm. Die östlichen Mauern der Angriffsseiten sind bis zu 4 Meter dick, die gegen das Wangental steil abfallende Südmauer jedoch nur 2,80 Meter.
Wanderwege führen von Osterfingen durch das Wangental zur Gaststätte Bad Osterfingen und weiter zur Radeggerhalde. Es folgt ein steiler Aufstieg direkt zur Ruine. Der zweite Weg verläuft weniger steil von Osterfingen durch das Haartel-Tal zur Gaststätte Rossberghof. Von dort braucht man noch etwa 30 Minuten. Die Anlage ist mit der nötigen Vorsicht frei begehbar. Bei der Ruine befindet sich ein Rastplatz mit einer Feuerstelle. (jcg)

#Allgemeines

11. Juli 2015 | «Eigentlich kann ich mich nicht beklagen»

Schaffhauser Nachrichten
Zeno Geisseler

Interview mit Urs Saxer, abtretender Rektor der Kantonsschule Schaffhausen

*Als Rektor haben Sie den höchsten Posten erreicht, den man als Kantilehrer erlangen kann. Nun geben Sie diese Funktion ab. Warum?*
Eigentlich bin ich sogar länger Rektor geblieben, als ich mir das ursprünglich vorgenommen hatte. Als ich 2003 das Amt übernahm, gab ich mir fünf Jahre. Ich dachte, dann hat man sich selbst bewiesen, dass man es kann.

*Jetzt sind ganze 12 Jahre daraus geworden.*
Ja. Die Aufgabe war sehr abwechslungsreich und faszinierend, ich konnte viel gestalten und umsetzen. Nun freut es mich sehr, dass ich den Fokus nochmals auf etwas anderes legen kann, speziell auf den Unterricht, aber auch auf die Vermittlung der Punkte, die ich in der Pädagogik und Didaktik als richtig erachte.

*Mussten Sie lange überlegen, bevor Sie für Ihre neue Stelle am Institut für Wirtschaftspädagogik an der Universität St. Gallen zusagten?*
Ich nahm mir in den Herbstferien zwei Wochen Zeit, mir die Sache zu überlegen. Als mein Entscheid gefallen war, sprach ich mit Erziehungsdirektor Christian Amsler.

*Wie reagierte er?*
Sehr gut. Ich hatte in ihm wirklich einen hervorragenden Chef. Er hatte zwar keine Freude an meinem Abgang, aber er hat mich dennoch ermutigt, diesen Schritt zu machen, was ich wirklich schätze. Ich denke auch, dass jeder ersetzbar ist, sogar ersetzbar sein muss. Die Frage war mehr, ob ein Wechsel in einem vernünftigen Zeitrahmen möglich sein würde, und das hat ja bestens geklappt.

*Sie haben Wirtschaft und Wirtschaftspädagogik studiert. Warum eigentlich?*
Ich machte die Wirtschaftsmatur (Typus E) und war fasziniert von unserem Wirtschaftslehrer. Ursprünglich wollte ich Volkswirtschaftslehre studieren, das war mir aber eine Spur zu mathematisch. Deshalb absolvierte ich das Wirtschaftslehrerstudium.

*Wir alle sind ja, ob wir wollen oder nicht, Teil der Wirtschaft. Gleichzeitig ist dieses Thema nicht unbedingt einfach zu vermitteln. Was ist das Wichtigste, das Sie Ihren Schülerinnen und Schülern mitgeben?*
Dass es in der Wirtschaft und in den Wirtschaftswissenschaften keine Naturgesetze gibt, die vom Himmel gefallen sind. Das ist also anders als etwa in der Physik. Mitgeben will ich den Jungen aber ganz grundsätzlich ein Vertrauen, die Wirtschaft mitzugestalten, ein Vertrauen, das sie befähigt, Zielkonflikte in einer optimistischen Art und Weise anzugehen.

*Wie meinen Sie das konkret?*
Es geht in der Wirtschaft häufig um Verteilfragen: Wer bekommt wie viel? Da geht es um Themen wie die Lohngerechtigkeit und den Konsum, um fairen Handel oder darum, wie man die Wertschöpfung eines Unternehmens gerecht verteilen kann. Wir alle sind mit diesen Themen ja täglich konfrontiert, deshalb ist es so wichtig, dass wir wissen, wie wir damit umgehen sollen. Am Herzen liegt mir weiter auch die Einsicht, dass Gleichheit nicht automatisch gerecht ist.

*Lohngerechtigkeit, Konsum oder fairer Handel sind alles auch brisante politische Themen, die man je nach Weltbild unterschiedlich beurteilen kann. Impfen Sie Ihren Schülern auch eine gewisse politische Haltung ein?*
Man kann nicht ohne politische Haltung unterrichten. Ich selbst bin dem liberalen Gedankengut verpflichtet und messe der Freiheit einen grossen Stellenwert bei. Das spürt man in meinem Unterricht, wobei ich immer deutlich mache, wenn es sich bei einer Aussage um meine persönliche Meinung handelt.

*Und wenn ein Schüler anderer Meinung ist? Sie können ihn ja nicht bestrafen, nur weil er links ist?*
Nein, natürlich nicht. Es gibt auch nicht nur richtig oder falsch. Wir wollen vor allem das Denken vermitteln: Wie kann ich schlüssig argumentieren? Dies ist von der politischen Haltung vollkommen unabhängig.

*Wie zufrieden sind Sie allgemein mit der Leistung der Schülerinnen und Schüler?*
Eigentlich kann ich mich nicht beklagen. Was ich bei meinen Schülerinnen und Schülern aber bedauere, ist, dass sie sich relativ früh mit einer durchschnittlichen Note zufriedengeben. Wenn es zum Viereinhalber reicht, dann strengen manche sich nicht weiter an, obwohl noch mehr möglich wäre.

*Ist es nicht eines der Grundprinzipien der Wirtschaft, dass man eben mit einem Minimum an Aufwand ein Ziel erreicht?*
Ja, schon. Aber ich wäre schon sehr zufrieden, wenn jeder sagen würde, er setze sich jetzt zweieinhalb Stunden zum Lernen hin, mit dem Ziel, an der Prüfung das Maximum herauszuholen. Das muss nicht der Sechser sein, bei manchen kann auch ein Fünfer oder Fünfeinhalber das Höchste sein. Ich wünschte mir weiter auch mehr Engagement im Unterricht. Ich spreche immer etwa mit einem Drittel der Klasse und zwei Drittel …

*…sind froh, wenn sie bloss nicht drankommen?*
Na ja, sie hören zwar zu, mehr bemerke ich von ihnen aber nicht. Die Kantonsschule hat das Ziel, die Schülerinnen und Schüler zur Universitätsreife zu bringen. Man hört aber immer wieder Klagen von den Unis, dass dieses Ziel nicht in allen Fällen erreicht werde. Was ist da dran? Saxer: Diese Klagen gibt es schon seit 150 Jahren. Wir hören auch andere Stimmen, zum Beispiel von Maturitätsprüfungsexperten aus den Universitäten, die uns bescheinigen, dass ein Teil der Kandidierenden sehr gut vorbereitet sei.

*Bloss ein Teil?*
Es ist eben auch so, dass ein weiterer Teil der Schüler sich in der Kantizeit noch andere Ziele setzt als schulische, in der Freizeit, im Sport, in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Und das ist durchaus auch gut so.

*Sie geben nicht nur Schüler ab, sie nehmen auch Schüler auf: diejenigen, die aus der Volksschule zu Ihnen stossen. Wie bereit sind diese für die gymnasiale Ausbildung?*
Sie sind sehr bereit. Von der Motivation her sogar ausserordentlich bereit. Fachlich würde ich mir da und dort noch eine bessere Koordination wünschen, wie es in einzelnen Fachschaften bereits erfolgt ist.

*Wer eine Matur in der Tasche hat, ist grundsätzlich berechtigt, von der Teilchenphysik über Wirtschaft und Theologie bis hin zu Medizin und Recht alle möglichen Fächer zu studieren. Entspricht dieser Freifahrschein in alle akademischen Disziplinen tatsächlich noch den realen Anforderungen der Universitäten?*
Ganz realistisch ist er in der Tat nicht. Das Maturitätszeugnis gibt allerdings auch Auskunft über eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit im Studium. Wer die Matur besteht, in Französisch aber einen Dreier erhalten hat, der darf zwar im Prinzip trotzdem Romanistik studieren, eine gute Idee wäre es aber wohl nicht.

*Könnte man im Gymnasium vorspuren und zum Beispiel auf gewisse Fächer schon früher verzichten, wenn klar wird, dass eine Schülerin oder ein Schüler diese im Studium sowieso nicht brauchen wird?*
Ein solches Modell lehne ich dezidiert ab. An der Kantonsschule kann man ein wirklich fantastisches Niveau an Allgemeinbildung erreichen, und das, was man hier lernt, kann einem später im Leben in einer verantwortungsvollen Gesellschaft dienen, ganz unabhängig davon, ob und was man studiert. Deshalb ist es wichtig, dass man einige Grundlagen mitnimmt, sei es Französisch, sei es Physik, Kunst oder Sport.

*Ganz verabschieden Sie sich von der Kanti Schaffhausen trotz Ihres Lehrauftrags in St. Gallen nicht: Sie bleiben der Schule mit einem 25-Prozent-Pensum als Lehrer für Wirtschaft und Recht erhalten. Können Sie sich als ganz gewöhnlicher Lehrer zurückhalten oder werden Sie versucht sein, dem neuen Rektor Pasquale Comi von den Hinterbänken aus dreinzureden?*
Ich werde ihm definitiv nicht dreinreden. Mit meinem 25-Prozent-Pensum habe ich ja auch keine Verpflichtung, an den Lehrerkonferenzen teilzunehmen. Ich werde selbstverständlich mit Interesse mitverfolgen, wie sich unsere Schule weiterentwickelt, aber ich habe nicht das Gefühl, als gäbe ich jetzt mein Lebenswerk ab.

*Nein?*
Nein, wirklich nicht. Rektor zu sein, war eine sehr schöne Aufgabe und ich habe den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und den Schülerinnen und Schülern geschätzt, aber ich glaube nicht, dass nun alles genau so bleiben muss, wie ich es getan habe. Jede neue Generation soll auch ihre Sichtweise der Schulführung umsetzen können. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich alleine ganz genau sagen sollte, wie eine Schule auszusehen habe.

*Sie sind in St. Gallen aufgewachsen, fanden danach aber in Schaffhausen eine neue Heimat, wurden hier sogar langjähriger Munotvater, ein Amt, das Sie erst kürzlich abgaben. Welcher Heimat geben Sie nun den Vorzug, der alten oder der neuen?*
Unsere Kinder sind ja inzwischen ausgeflogen, und unser Haus hier in Schaffhausen ist zu gross. Meine Frau und ich sind daran, wieder nach St. Gallen zu ziehen, aber nur schon durch mein 25-Prozent-Pensum an der Kantonsschule Schaffhausen werde ich der Munotstadt weiterhin verbunden bleiben.

*Herr Saxer, besten Dank für dieses Gespräch und alles Gute.*


**Kantirektor Urs Saxer bricht auf zu neuen Ufern**

*Urs Saxer hat seit dem 1. August 2003 stolze 12 Jahre lang die Schaffhauser Kantonsschule als Rektor geführt. 1995 wurde er als Hauptlehrer für Wirtschaft und Recht an der Kanti gewählt und bereits zwei Jahre später zum Prorektor bestimmt. Als Mitglied der Schulleitung mit Rektor Rainer Schmidig an der Spitze war er sodann fünf Jahre tätig, bevor er vom Regierungsrat zum neuen Rektor gewählt wurde.*

In seine Zeit fielen spannende Projekte, wie beispielsweise Entwicklung und Realisierung der Kantimensa von der Idee aus dem Wirtschaftsunterricht mit «Barackenstatus» bis hin zu einem heute florierenden Mensaunternehmen in Zusammenarbeit mit der Stiftung Impuls mit täglichen 400 Mittagessen im FMS-Neubau. Erwähnenswert sind auch das Kantientwicklungsprojekt 2010–2015, die Einführung des Immersionsunterrichts, das Förderprogramm Sport und Kunst, die Weiterführung des beliebten Weihnachtskonzerts der Schaffhauser Schulen, die Realisierung der Kindertagesstätte an der Kanti und auch das Anstossen einer Langzeitstudie der Wirksamkeit. Die Wirksamkeit der Bildungsausgaben auf der Gymnasialstufe ist bisher wissenschaftlich noch ungenügend untersucht worden. In einer Längsschnittstudie unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Wolter werden erstmals Ehemalige der Kantonsschule Schaffhausen während sechs Jahren über ihren Studienverlauf und den Nutzen der Lernleistungen an der Kantonsschule befragt. Die ersten Ergebnisse werden 2017 vorliegen und dann zeigen, welche Unterrichtsangebote der Kantonsschule Schaffhausen aus Sicht der Studierenden wichtig und welche Unterrichtsangebote weniger wichtig für den Studienerfolg waren. Urs Saxer, der eingefleischte FC-St.-Gallen-Supporter und eifrige Verteidiger der St. Galler Bratwurst mit Bürli ohne Senf, hat sich aber auch sehr rasch in Schaffhausen heimisch gefühlt und sich in der Region engagiert. Mit seiner Frau Tina hat er aktiv am Schaffhauser Leben teilgenommen, die beiden Kinder gingen hier zur Schule. Als langjähriger, umsichtiger «Munotvater» (Präsident des Munotvereins) hat er dem Schaffhauser Wahrzeichen mit seinem hoch motivierten Vorstand zusammen Leben eingehaucht, Neues gewagt, Innovation zugelassen, aber auch gut gewachsene Kultur und Bewährtes gepflegt und erhalten. Viele Klassenzüge an der Schaffhauser Kanti haben Urs Saxer als wohlwollenden, unterstützenden und klar führenden Rektor erlebt. Er hat das Kantischiff mit seiner ruhigen, überlegten Art und Weise stets auf Kurs gehalten und auch durch bewegte und stürmische Zeiten gelenkt. Sein persönliches Motto war «Professionell, gelassen und lustvoll». Die Meinung seiner Mitarbeitenden war ihm sehr wichtig. Bevor er Entscheide fällte, wollte er die Meinung der Lehrerkonferenz genau kennen. Die hohe Kompetenz der Schaffhauser Maturandinnen und Maturanden wird in den abnehmenden Hochschulen anerkannt. So war beispielsweise die Kantonsschule Schaffhausen in der Maturandenstudie der ETH Zürich (2008) das beste Gymnasium, welches alle Fächer angeboten hat. Dr. Urs Saxer ist nun an das Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen HSG von Prof. Dr. Dieter Euler berufen worden. Daneben wird er weiterhin als Wirtschaftslehrer tätig sein und dem von ihm ins Leben gerufenen und auch erarbeiteten Projekt «Gemeinsam transparent prüfen» schweizweit zum Durchbruch verhelfen. In diesen neuen Wirkungsfeldern kann Urs Saxer seine Erfahrungen und sein Netzwerk an der Schnittstelle zwischen Universität und Schulpraxis sowohl in der Lehrerbildung als auch in der Schulentwicklung optimal einbringen. Wir danken Dr. Urs Saxer sehr herzlich für die vielen Jahre Einsatz als Kantirektor und wünschen ihm und seiner Familie alles Gute beim Aufbruch zu neuen Ufern.
Regierungsrat Christian Amsler, Vorsteher des Erziehungsdepartementes


#Allgemeines

4. Juli 2015 | Wein, Schweiss und Tränen auf Burg Radegg

Schaffhauser Nachrichten
Theo Kübler

«Sie war das schönste junge Mädchen im ganzen Klettgau, mit wunderschönen blonden Haaren und strahlend blauen Augen. Die Wolken verzogen sich sofort, wenn sie in den Himmel schaute», schwärmt Köchin und Amme Gertrud (Yvonne Külling), die auf Drängen des Mädchens Reni (Alessia Schwyn) die Geschichte vom Kätterli von Radegg endlich richtig erzählt. «Es war vor 100 Jahren», beginnt sie. «Es war eine schwere Zeit damals. Mit dem Rittertum ging es zu Ende, und Ritter Diethelm wusste manchmal nicht, wie er seine grosse Familie mit seinen sieben Söhnen und all seinem Gesinde durchbringen konnte. Geld und Korn reichten bei Weitem nicht. Gewalt und Raub breiteten sich allmählich aus.»
Unter den Eichen neben der Burgruine richten Männer Brennholz für den Winter, Frauen waschen Kleider in hölzernen Zubern, eine andere reinigt Schafswolle, um diese später zu Faden spinnen zu können. «Gestorben sei sie, die gute Seele, bei der Geburt eines Töchterchens», wird unter den Männern gemunkelt. Eine laut weinende Frau eilt in die Szene. Sie tunkt ein blutgetränktes Laken in den Zuber bei den Waschweibern. «Da kam das Glück …», singt der Troubadour (Robert Meierhofer) und bringt die Sage dorthin, wo das Kätterli zu einer wunderschönen, überaus gutmütigen Maid herangewachsen war. Es war die Urgrossmutter von Amme Gertrud, die das Kätterli bis in diese Tage wohlbehütet hatte.

**Ritterschmaus bei sengender Hitze**
Unterdessen waltete Ritter Diethelm unter den Bauern rund um seine Burg immer gewalttätiger. «Mir hat er die Frucht gestohlen, und im Burgturm schmoren Gefangene während Monaten oder gar Jahren!», schimpfen die Bauern. Grauenhafte Schreie ertönen aus dem sich langsam verdunkelnden Wald. «Dieser verdammte Dieb – angezündet gehört diese Saubrut!», ereifern sich die Bauern, und Widerstand keimt auf. In den Zuschauerreihen wird eifrig ausgeglichen, was die sengende Hitze den rund 200 Besuchern abverlangt. Der vor der Aufführung servierte Ritterschmaus dürfte inzwischen in Wein, Bier oder Mineralwasser ertrunken sein. Da huscht doch unverhofft das Kätterli durch den Wald. Es pflegt nicht nur mit Leidenschaft den Garten seiner Mutter, es greift den Ärmsten in der Umgebung so gut es kann unter die Arme, gegen den Widerstand seiner verruchten sieben Brüder. Ein Bauer ruft: «Hört, der Ritter kommt!» Tatsächlich, ein Sportflugzeug dröhnt in tiefem Flug über den Rossbergwald, was lautes Gelächter auslöst. Doch dann erscheint der Peiniger leibhaftig hoch zu Ross, es wird langsam brenzlig für den Burgherrn. Der entstehende Disput wird in einem filmreifen Akt in Szene gesetzt, was dem Publikum einen spontanen Applaus entlockt. Eines Tages läuft ein junger Ritter aus Italien den bösen sieben Brüdern in die Hände. Er landet ausgeraubt im Turm, wo er verharren muss, bis ein gefordertes Lösegeld eintrifft. Das Kätterli ist bemüht, dem Edelmann die schwere Zeit etwas zu erleichtern. Nach vielen langen Monaten stimmt der Troubadour ein Lied an, das von Glück und Liebe erzählt. Trotz aller Liebe kommt es zum tränenvollen Abschied der beiden. Das Kätterli sieht seine Aufgabe bei den armen Menschen hier. Es weint ein ganzes Jahr, bis unverhofft ein Knappe herrlich duftende blaue Rosen aus Italien überbringt. Diese werden mit Gespött von den Brüdern zerzaust, und der Knappe flieht mit schlechter Nachricht zurück nach Italien. Das Kätterli setzt das Pflänzlein an einen versteckten Ort, wo es bei ihm sitzend noch viele Tränen verliert. Aufgebrachte Männer mit Heugabeln, Prügeln, Sensen und Fackeln stürmen plötzlich mit lauten Drohgebärden über den Platz, hinüber zur Burg, die kurz darauf in Flammen aufgeht. Im Eifer vergessen sie, das Kätterli zu retten. Es schreit um Hilfe, doch es ist zu spät … Sie sei zu Tränen gerührt gewesen, gesteht eine Zuschauerin, als eben der Vollmond über den Horizont steigt. Nicht zuletzt hat auch der wunderbare Rahmen zum grossartigen Erlebnis beigetragen, den die 25 Schauspieler, die Leute hinter den Kulissen und all die vielen anderen Mitwirkenden den Besuchern am Donnerstagabend geboten haben. Nicht ohne Grund sind auch die noch folgenden zwei Vorstellungen ausgebucht. Dieser und jener mag beim Rückmarsch durch den Wald Ausschau nach dem Kätterli gehalten haben. Es wird nämlich erzählt, es sei schon einige Male gesehen worden …

#Allgemeines

23. Mai 2015 | Die herausragendsten Maturaarbeiten

Schaffhauser Nachrichten
Claudia Härdi

16 Maturandinnen und Maturanden, deren hervorragende Maturaarbeiten nominiert wurden, waren am Donnerstagabend an der Kantonsschule Schaffhausen zur Prämierungsfeier geladen. Ebenfalls gekommen waren stolze Eltern und Familien, Freunde und Bekannte. Einige Maturanden rätselten kurz vor dem Beginn der Veranstaltung, wer von ihnen zu den Glücklichen gehören würde. Die Meinungen darüber, wer die beste Arbeit geschrieben hat, waren jedoch sehr verschieden. Kurz darauf – nach der offiziellen Begrüssung durch Prorektor Thomas Stamm und Erziehungsdirektor Christian Amsler – hatten die Maturandinnen und Maturanden die Gelegenheit, dem Publikum ihre Arbeiten kurz vorzustellen. Etwas detaillierter fielen dann die Berichte der Jurymitglieder aus, die die schwierige Aufgabe hatten, aus 16 Arbeiten 7 auszuwählen. Die Themen reichten von einer Analyse des Schaffhauser Tourismus über eine Arbeit über die Schlacht von Gallipoli in der Türkei und der Kosten- Nutzen-Analyse eines Pferdes bis zur Planung und zum Bau eines Multikopters. «Ein spannender Strauss an Themen, der mir zu einer vielseitigen Lektüre verholfen hat», sagte Jakob Walter von der Naturforschenden Gesellschaft, der am Donnerstag die Arbeiten im Fachbereich der Naturwissenschaften und der Mathematik präsentierte.

**Qualität und Vielseitigkeit**
Angeregt und inspiriert von den Arbeiten war jedoch nicht nur Walter. Auch Markus Landolt von der Migros-Bank, der die Sparte Sport und Kunst vertrat, zeigte sich begeistert über die Qualität und die Vielseitigkeit der Arbeiten. Auch Peter Scheck, der zwei Maturanden einen Preis des Historischen Vereins Schaffhausen überreichen durfte, lobte die Arbeiten in seinem Bereich – den Geistes- und Sozialwissenschaften. Georg Freivogel vom Bücher-Fass hatte zwar keine Arbeiten zur Auswahl, der Genozid an den Armeniern, das Thema der Arbeit im Bereich Sprachen, schien ihn jedoch derart gefesselt zu haben, dass er dem Maturanden – für den er nur lobende Worte hatte – eine ergänzende Leseliste zum Thema zusammengestellt hatte, die er dann in seiner Rede auch ausführlich erklärte.

**Trompeten und Alphorn**
Prämiert wurden in den Naturwissenschaften und der Mathematik die Arbeiten der Maturanden Andreas Gschwend und Elias Küng. Im Fachbereich Kunst und Sport erhielten Lisa Stoll und Viola Bierich einen Preis, der mit 500 Franken dotiert ist. In den Geistes- und Sozialwissenschaften wurden Hanna Engelhart und Julian Stoffel ausgezeichnet. Ebenso prämiert wurde im Fachbereich Sprachen die Maturaarbeit von Christapor Yacoubian, der seine Arbeit über den Genozid an den Armeniern in Französisch geschrieben hat, obwohl das nicht seine Zweitsprache ist. (Zu den Maturaarbeiten: siehe Kasten rechts.) An der Prämierungsfeier wurde nicht nur geredet und geklatscht. Das Trompetenensemble der Kantonsschule, das von der Alphornmusikerin Lisa Stoll begleitet wurde, sorgte mit «Villanelle und Serenade» von Jean Daetwyler und der «Alphorn Ballade» von Dennis Armitage für musikalische Unterhaltung. Nach der offiziellen Feier waren alle zum Apéro geladen.


**Ausgezeichnet Die nominierten und die prämierten Maturaarbeiten 2015**

*Kunst und Sport*
· Prämierte Arbeit: Lisa Stoll: Grosse Röhre – Unser Nationalsymbol, das Alphorn ·Prämierte Arbeit: Viola Bierich: Urwerk Oper. Berufe am Opernhaus: Buch und Arbeitsdokumentation

*Geistes- und Sozialwissenschaften*
· Valerija Rukavina: Die wichtigsten Faktoren für den Bevölkerungsschwund in Otocac 1900–2014 · Ömer Kafa: Die Schlacht von Gallipoli. Die Bedeutung der Schlacht in der Türkei · Dario Tomic: Zukunft peripherer Gebiete Kroatiens. Studie am Beispiel von Sveric und Vukara ·Prämierte Arbeit: Hanna Engelhart: Bootspfähle am Lindli · Sarah Germann: Wie viel ein Pferd tatsächlich kostet. Ein Vergleich von Kosten und Nutzen · Nora Hurter: Integration von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt ·Prämierte Arbeit: Julian Stoffel: Zwischen Zustimmung, Ablehnung und moralischer Gleichgültigkeit – eine Beurteilung der moralischen Situation meines Grossvaters zur Zeit des Nationalsozialismus · Sabrina Alvarez: Schaffhauser Tourismus. Förderung und Vermarktung der Region Schaffhausen

*Sprachen*
· Prämierte Arbeit: Christapor Yacoubian: Le génocide arménien

*Naturwissenschaften und Mathematik*
· Flurina Müller: Esel, Lamas und Herdenschutzhunde: Ein Vergleich der innerartlichen Interaktion zweier Herdenschutztiere · Lukas Heieck: Das a` im Kopf. Eine Arbeit zum absoluten Gehör · Nevio Liberato: Planung und Bau eines Y6-Multikopters zur Verwendung als fliegende Kameraplattform ·Prämierte Arbeit: Elias Küng: Die Entwicklung eines dreidimensionalen Open-World Survival Games mit der Game-Engine Unity ·Prämierte Arbeit: Andreas Gschwend: Manchester Triage System – Einführung und statistische Untersuchungen von Falldaten des Kantonsspitals Schaffhausen

#Allgemeines

22. Mai 2015 | Vom Mühlental in die weite Welt hinaus

Schaffhauser Nachrichten
Rolf Fehlmann

Für 94 Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht heute Freitag im Klostergut Paradies die Wirtschaftswoche der Kantonsschule Schaffhausen zu Ende. Während der ersten von zwei Wirtschaftswochen in diesem Jahr sahen sich die Kantischüler und Lehrlinge von regionalen Unternehmen für fünf Tage mit den Realitäten der Wirtschaft konfrontiert (siehe unten).
Für eine Woche hatten sie die Schulbank mit dem Chefsessel vertauscht: In der Rolle von Unternehmensleitungen mussten sie für die von ihnen gegründeten Wirtschaftswoche-Firmen strategische, taktische und operative Entscheide fällen. Das Ziel: Ihr Produkt muss am Markt Erfolg haben. Dessen Verhalten und die Entwicklung des Unternehmens simulierte dabei das computergestützte Lehrkonzept Wiwag. Nicht fehlen durfte auch der Bezug zum realen Wirtschaftsleben – am Mittwoch öffneten Bosch Packaging Systems, Storz Endoskope, Unilever Schweiz und Schäfli Umzüge den jungen Unternehmenslenkern für einen halben Tag ihre Türen.

**Umziehen heisst Dienen**
Beatrice Schäfli, Inhaberin der Firma Schäfli Umzüge & Transporte, machte am Mittwochmorgen ihren 23 Wirtschaftswoche-Gästen klar, was der Kern ihres Geschäftes ist: «Wir sind Dienstleister, und das kommt von ‹Dienen›», sagte sie: «Ich weiss nicht, ob Sie diesen Begriff noch kennen.» So seien zum Beispiel heikle Kunden für die etwas mehr als 25 Mitarbeitenden ihres Unternehmens ein zusätzlicher Ansporn, ihr Bestes zu geben: «Als KMU fallen falsche Entscheide nämlich unmittelbar auf Sie zurück.» Darum müsse die Führung der Mitarbeitenden eine Balance finden zwischen dem Erteilen von Anweisungen und dem Gewähren von Freiraum für das Handeln in eigener Verantwortung. Zudem sei es unabdingbar, dass sich die Mitarbeitenden ihres Unternehmens voll und ganz mit diesem identifizierten. Die Firmeninhaberin verschwieg gegenüber ihren Gästen nicht, dass es für KMU anspruchsvoll sei, sich auf immer neue Regulierungen und steuerliche Belastungen einzustellen. Ebenso sei es für ein Unternehmen aus dem Hochpreisland Schweiz schwierig, im internationalen Geschäft zu bestehen. Schäfli macht bereits zum dritten Mal bei der Wirtschaftswoche mit, wie sie den SN sagte. Ihr Engagement betrachte sie als Investition in die Jugend sowie als Chance, ihren Betrieb und die Branche vorzustellen und die grosse volkswirtschaftliche Bedeutung des Transportwesens aufzuzeigen.


**WirtschaftswocheIdee und Konzept**

Die Wirtschaftswochen wurden in den 1970er-Jahren von der Ernst-Schmidheiny-Stiftung ins Leben gerufen. Sie werden von der Industrie- & Wirtschafts- Vereinigung Schaffhausen unterstützt. Die Jugendlichen schlüpfen für eine Woche in die Rolle der Geschäftsleitung eines Unternehmens. Sie entwickeln Strategien für ihr Unternehmen und müssen dabei die Konkurrenz im Auge behalten und sich mit den Gegebenheiten des Marktes auseinandersetzen. Ein Besuch in einem regionalen Unternehmen vermittelt den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in den Führungsalltag. Für die Wirtschaftswochen stellen Unternehmen ihre Kaderkräfte zur Verfügung. Sie bringen den Teilnehmern Grundbegriffe der Betriebswirtschaftslehre bei.
(sbr/rf.)



Firmeninhaberin Beatrice Schäfli erläutert den Teilnehmern der Wirtschaftswoche das Umzugsgeschäft.
Bild Rolf Fehlmann

#Allgemeines

20. Mai 2015 | Erfolg braucht Glück und Durchhaltewillen

Schaffhauser Nachrichten
von Karl Hotz

Adrian Lochers Antwort auf eine Zuhörerfrage verrät vielleicht am meisten über seinen Erfolg: «Wenn sich der Charakter durch Geld verändert, ist in der Erziehung etwas falsch gelaufen.» Diese Bodenständigkeit teilte der Gründer der Firma DeinDeal mit Marcel Dobler (Gründer von digitec.ch), mit dem zusammen er am Montagabend an der 9. Wirtschaftsdebatte der Verbindung Commercia auftrat. Beide haben auch sonst viel gemeinsam: Sie begannen ganz klein, wuchsen sehr rasch und haben heute ihre Firmen verkauft.

**Firma in der Wohnung**
Dobler startete einst als Assemblierer, baute mit zwei Kollegen Computer zusammen – «nur so konnten wir unsere teuren Compis finanzieren, die wir fürs Gamen brauchten», lachte er. Bald sprach es sich herum, dass sie gute PCs bauten. Und als sich viele Kunden meldeten, gründeten sie in einer 25-Quadratmeter-Wohnung ihre Firma. Als sie nach zwei Jahren 700 Quadratmeter Fläche mieteten, verlegte Dobler eigenhändig die Telefonanlage, seine Mitarbeiter bauten die Bürotische selbst. Weil digitec immer sicher war, dass reiner Onlinehandel nur ein beschränktes Potenzial habe, weil Beratung und Service fehlen, wurde in Zürich der erste Showroom eröffnet, in dem Kunden ihre Bestellungen abholen konnten. Weitere folgten, und das Wachstum wurde rasant – der Umsatz stieg von 2005 bis 2012 von null auf fast 500 Millionen Franken. Migros engagierte sich und übernahm schliesslich digitec ganz.

**Von drei Firmen zwei erfolgreich**
Viel weniger gradlinig verlief die Unternehmerkarriere von Adrian Locher. Schon im zweiten Semester seines Studiums gründete er eine Firma für Webdienstleistungen. Sie besteht heute noch, hat 37 Mitarbeiter und ist erfolgreich. Salt, Swisscom oder die Zürcher Kantonalbank gehören zu den Kunden. «Als mir das zu langweilig wurde, zog ich mich in den Verwaltungsrat zurück», erzählte Dobler. In Berlin gründete er eine zweite Firma zur Beratung von Kunden im Social-Media-Bereich. Nach drei Jahren mussten er und seine Mitstreiter sich eingestehen, dass sie gescheitert waren. «Wir waren zu früh, die Zeit war noch nicht reif», sieht Locher einen der Gründe.

**Von Groupon inspiriert**
Zurück in Zürich gründete er DeinDeal, eine Firma, bei der Kunden Gutscheine für verbilligte Produkte und Dienstleistungen kaufen können. Ganz offen gab Locher zu, die Idee von Groupon geklaut zu haben. Diesmal (2010) stimmte der Zeitpunkt. Im Startjahr wurden bereits 5 Millionen Franken umgesetzt, 2014 waren es 83 Millionen. Ringier wurde auf das Unternehmen aufmerksam, stieg zuerst mit 60 Prozent ein und kaufte 2014 auch noch den Rest. Für Locher ist klar, dass er ein neues Unternehmen gründen will. Es folgte eine muntere Fragerunde – unter anderem mit der eingangs erwähnten Frage nach dem Geld. Sowohl Dobler wie auch Locher nehmen an, dass der Markt noch nicht konsolidiert ist. «Grosse werden weiter Kleine aufkaufen», so Dobler. Es sei, so Locher, nicht die Frage, ob Amazon in der Schweiz eine stärkere Stellung erhalten werde, sondern nur wann. Wer, so ergänzte Dobler, den Markt so stark dominiere wie digitec, sei allerdings auch von ganz Grossen schwer zu verdrängen, zumal Amazon als reiner Onlineanbieter im Bereich Beratung weniger bieten könne.


**Commercia Schaffhausen**
Verbindung der Kaufleute

commercio et amicitiae
«Dem Handel und der Freundschaft», so lautet die Devise der 1918 gegründeten Verbindung für angehende Kaufleute. Die Verbindung zählt heute 105 Mitglieder im Altherrenverband und vereinigt Absolventen der Handelsschule des Kaufmännischen Vereins sowie anderer kaufmännischer Lehranstalten. Stammlokal der Commercianer ist das Restaurant Adler in Schaffhausen. Ziele
Die Commercia Schaffhausen bezweckt die fachliche und allgemeine Aus- und Weiterbildung, die Schulung rhetorischer Fertigkeit und guter Umgangsformen sowie die Förderung einer besonderen Freundschaft unter den Mitgliedern. Weiter wird die Vermittlung kameradschaftlicher Kontakte zu Angehörigen anderer Verbindungen, insbesondere im Schosse des Bremgartenkartells, gefördert. (ple)

#Allgemeines

16. Mai 2015 | Alkoholkontrollen für motorlose Boot

Schaffhauser Nachrichten


06. Mai 2015

**Sache : … Sächeli Von Alkoholkontrollen auf dem Wasser, Drohnenhonig, Eisenhalder Zunftwy, Lob und Einkaufswägeli [Ausschnitt]**
(lbb)

Die Weidlingssaison hat schon wieder angefangen und die Frage der Alkoholkontrollen bewegt auch die Gemüter der Stachler. Hans Bendel, seit über 70 Jahren mit dem Stachelweidling auf dem Rhein unterwegs, ist kein Freund von Polizeikontrollen auf dem Wasser, seit er vor über 40 Jahren nächtens mit dem Weidlingen bei Diessenhofen kontrolliert wurde. Er hatte damals kein Licht an Bord, und ein Polizeiboot näherte sich dem Weidling: «Halten Sie mal an!» rief der Polizist Bendel zu. Geklärt wurde die Sache – logischerweise – dann erst am Ufer. Und Bendel musste am Ende des Gesprächs noch etwas mehr zahlen, wegen Beamtenbeleidigung … (rob) · Bei der enorm gut besuchten Vernissage zur Sonderausstellung «Bienen. Bedrohte Wunderwelt», des Museums zu Allerheiligen vergangene Woche im Kräutergarten der Klosteranlage Allerheiligen drohten die Wolken jederzeit zu brechen – was beinahe eine verregnete Festgesellschaft zur Folge gehabt hätte. Echte Bienen zeigten sich unter diesen Umständen an der Veranstaltung keine – abgesehen von den humanen, duften zweibeinigen. Zu Scherzen aufgelegt war dafür Stadtrat Urs Hunziker, der sich zu Beginn seiner Ansprache mit der Hand auf den Nacken schlug und behauptete: «Jetzt hat mich doch noch eine erwischt!


16. Mai 2015

**Immer langsam**

von Robin Blanck

Eine Frage beschäftigt die- ser Tage die Gemüter von Motorbootkapitänen und Stachlern: Sollen motorlose Boote von Atemalkoholtests ausgenommen werden, oder müssen alle Bootsführer gleichermassen ins Röhrli blasen? Bis vor Kurzem stellte sich die Frage nicht, denn die gelebte Praxis sah so aus: Alkoholkontrollen werden bei Führern motorloser Boote nur dann durchgeführt, wenn sie Verkehrsregeln grob verletzen oder sich ein Unfall ereignet hat. Weil der Bund künftig Atemalkoholtests auf dem Wasser zulassen will und dafür das Binnenschifffahrtsgesetz revidiert, wurde plötzlich auch die Frage nach der Kontrolltätigkeit neu aufgerollt. Den Stein ins Rollen brachte schliesslich die Schaffhauser Regierung, die sich in der Vernehmlassung dafür eingesetzt hat, dass Stachelweidlinge und andere motorlose Boote von den Kontrollen ausgenommen werden. Diese Unterscheidung, die noch nicht beschlossen ist, rief den Präsidenten des Motorboot Clubs Schaffhausen auf den Plan, der verlangte, alle Bootsführer zu kontrollieren, was wiederum die Stachler entschieden ablehnen.

**Gleiches Recht – aber nur bei gleicher Ausgangslage**
Gleiches Recht für alle: Nach diesem Grundsatz wird nun verlangt, dass auch Führer motorloser Boote kontrolliert werden. Gleichbehandlung ist an sich ein sinnvoller Grundsatz, der heute leider aber zu oft als oberstes Prinzip gesetzt wird – unabhängig davon, ob Äpfel mit Birnen verglichen werden. Das geschieht auch in dieser Diskussion: Es ist nicht dasselbe, ob man mit oder ohne Motor auf dem Wasser unterwegs ist. Der Unterschied ergibt sich aus dem höheren Tempo, mit dem auch mehr Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer verbunden sind – ein Grundsatz der gesamten Verkehrsgesetzgebung. Schon das allein rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arten von Schiffsführern. Unterstrichen wird die Differenz zwischen den beiden Kategorien zudem durch den Umstand, dass das Führen eines Stachelweidlings keinen Ausweis erfordert. Natürlich treibt ein motorloser Weidling gleich schnell flussabwärts wie ein Motorboot mit ausgeschaltetem Antrieb. Aber auch diese Argumentation greift nicht: Zum Anlegen wird der Antrieb des Motorbootes wieder eingeschaltet. Überdies gibt es ein weiteres Argument für die Ausnahmeregelung: die Stachler selbst.

**Stachler gaben bisher keinen Anlass zur Klage**
Die Personen, die Stachelweidlinge führen, zeichnen sich in der Regel durch zwei Eigenschaften aus: Sie sind meist nicht besonders risikofreudige Zeitgenossen und haben langjährige Erfahrung mit dem Rhein und dem Bootsverkehr. Mit selbst gewählter Bedächtigkeit drücken Stachler das Holzboot das flache Ufer entlang rheinaufwärts. Die Fortbewegung ist mit erheblichem Kraftaufwand verbunden, was den Wunsch nach unnötigen oder gar gewagten Manövern deutlich reduziert. Die erwähnte Vertrautheit mit dem Gewässer ergibt sich daraus, dass schon das Erlernen des Stachelns wiederholtes Üben zwingend erfordert. Weitergegeben wird diese Fertigkeit zudem unter Anweisung einer Person, die selber mit dem Stacheln und dem Rhein gut vertraut ist. Dies alles sorgt insgesamt dafür, dass die Stachler in der Regel erfahrene, berechenbare und unproblematische Verkehrsteilnehmer sind, wie die Kapitäne der URh werden bestätigen können. Das bedeutet: Aufgrund der bisherigen Erfahrungen gibt es keinen Anlass, von der Praxis, motorlose Weidlinge nur mit Grund zu kontrollieren, abzuweichen.

**Menschenverstand nicht einfach absaufen lassen**
Nun mag man trotzdem einwenden, dass mit Alkoholkontrollen aller Schiffsführer die Sicherheit auf dem Rhein weiter erhöht werden könnte – und hätte damit natürlich vollkommen recht. Wer aber so argumentiert, verkennt, dass der Zugewinn an Sicherheit in keinem sinnvollen Verhältnis zum damit verbundenen zusätzlichen Eingriff in die individuelle Freiheit steht. Denn wäre das der neue Standard, müssten auch bei weiteren potenziell gefährlichen Tätigkeiten Alkoholkontrollen eingeführt werden: Schwimmen, Grillieren, Fussball spielen, aber auch Gemüserüsten, Bedienen eines Rasenmähers oder Reinigen von Fenstern. Warum wir das nicht tun? Weil wir auf Eigenverantwortung und die Vernunft der Menschen setzen. Darauf sollten wir nicht ausgerechnet bei den Stachlern verzichten.


16. Mai 2015

**Gleichbehandlung aller Schiffsführer**

Peter Dörig, Schaffhausen
*Zu «Mit Muskelkraft gegen Atemlufttests», SN vom 13. 5.*

Ich bin für die Gleichbehandlung aller Schiffsführer und habe Mühe mit der Argumentation der stachelnden Juristen. Eine Wiffe kümmert keinen Deut, ob mit oder ohne Motor. Und kann jemand, der genug gebechert hat, einfach den Motor abstellen, sich den Rhein hinunter- treiben lassen und alsdann auch keine Fremdgefährdung mehr darstellen?


20. Mai 2015
**Einsame Spitze für Stachelweidlinge**

*Ein Herz für Stachler hat die Schaffhauser Regierung mit ihrer Stellungnahme gegen Alkoholkontrollen gezeigt. Mit ihrer Forderung ist sie aber allein auf hoher See.*

von Robin Blanck

Noch wartet man gespannt darauf, wie es mit der umstrittenen Teilrevision des Binnenschifffahrtsgesetzes weitergeht und wie sich die Frage entscheidet, ob der Bund Stachelweidlinge von Atemalkoholkontrollen ausnehmen will oder nicht. Klar ist, dass sich die Schaffhauser Regierung für eine solche Ausnahmeregelung eingesetzt hat, klar ist aber ebenso, dass das Bundesamt für Verkehr (BAV) auch die anderen Antworten aus der umfangreichen Vernehmlassung in die Beurteilung wird einfliessen lassen: Zur Stellungnahme eingeladen wurden 93 Körperschaften, vom Verkehrsclub der Schweiz bis zum Schweizerischen Verband für Frauenrechte. Besonderes Gewicht kommt aber den Stellungnahmen der Kantone zu. Aber wie haben die Schaffhauser Nachbarkantone, zu deren Hoheitsgebiet auch ein Teil des Rheins gehört, sich zum Thema geäussert?
Weil die südliche Hälfte des Rheins zwischen Paradies und Untersee zum Thurgau gehört, ist der östliche Nachbarkanton besonders stark involviert: Die Regierung in Frauenfeld hat es in ihrer Antwort grundsätzlich begrüsst, dass die Feststellung der Fahrfähigkeit für Schiffsführer den Regelungen auf der Strasse angepasst wird. Gleichzeitig hat die Regierung aber auch hervorgehoben, dass «Ausnahmen für bestimmte ‹motorlose Schiffe› klar geregelt werden müssen». Denn schon die Bezeichnung «motorlose Schiffe» sei eine neue Begrifflichkeit, welche bisher in der Gesetzgebung nicht verwendet werde und deshalb zu Unsicherheiten führen könne. Deshalb wurde beantragt, auf die Begriffsbestimmungen der Binnenschifffahrtsordnung zurückzugreifen, welche allerdings 21 Kategorien umfasst. Aber: Aussagen dazu, welche Fahrzeuge in den Augen der Thurgauer Regierung von den Kontrollen ausgenommen werden sollen, gab es nicht, auch Weidlinge werden nicht erwähnt: «Der Regierungsrat hatte bei seiner Stellungnahme zu den Ausnahmen keine bestimmten Fahrzeugarten im Auge, er wollte einfach klare Regelungen für den Vollzug», so Stephan Felber, Generalsekretär des Thurgauer Departements für Justiz und Sicherheit. Konkret: Für die Seepolizei müsse klar sein, bei welchen Fahrzeugen die verantwortlichen Personen unter die neuen Bestimmungen fallen. Diese Grenze zu ziehen, sei nun Sache des Bundesgesetzgebers. Zum Kanton Zürich gehört – mit gewissen Einschränkungen – die südliche Rheinhälfte zwischen der A4-Schrägseilbrücke in Schaffhausen bis nach Eglisau, von dort verläuft der Rhein ganz auf Zürcher Gebiet: Die Zürcher Regierung hat sich in ihrer Stellungnahme lediglich dafür ausgesprochen, dass gewisse Schiffsführer von der Überprüfung der Fahrfähigkeit ausgenommen werden sollen – detaillierter hat sich aber die Zürcher Exekutive nicht zum Thema geäussert. Das gilt übrigens auch für die weiteren Kantone entlang der Schweizer Rheinstrecke: In ihrer Stellungnahme begrüssen sowohl der Kanton Aargau als auch Basel-Stadt die Absichten des Bundes, überlassen es aber völlig der Weisheit des BAV, allfällige Ausnahmen zu gewähren. Mit anderen Worten: Mit seiner Forderung nach einer expliziten Ausnahmeregelung für Stachelweidlinge, wie sie auch in den erwähnten Rheinabschnitten vorkommen, steht der Kanton Schaffhausen bisher allein da.


20. Mai 2015

**Zuerst einmal die Gesetze kennen**

Hans Schärrer, Neuhausen am Rheinfall
*Zu «Stachler stellen sich gegen eine Ausweitung der Alkoholkontrollen», SN vom 13. 5.*

Wer sich lautstark über allfällige Blutalkoholproben für Weidlingsfahrer aufregt, sollte sich vorher über die gesetzlichen Grundlagen im Klaren sein. Auf dem Rhein zwischen Stein am Rhein und Rheinbrücke Schaffhausen gilt die Bodenseeschifffahrtsverordnung (BSO) und nicht die schweizerische Binnenschifffahrtsverordnung (BSV). In der BSO ist seit spätestens 2004 ein Alkoholgrenzwert von 0,8 Promille für Schiffsführer festgelegt (Art 6.01, Absatz 3). Eine Unterscheidung zwischen Schiffen mit oder ohne Maschinen- antrieb wird nicht gemacht. So weit zur Regelung für den Rhein oberhalb Rheinbrücke Schaffhausen. Interessant ist übrigens, dass im Schweizerischen Binnenschifffahrtsgesetz in Art 24b seit mindestens 2013 Folgendes geregelt ist: «Wer ein Schiff führt oder an dessen Führung beteiligt ist oder einen nautischen Dienst an Bord des Schiffes ausübt, kann einer Atemalkoholprobe unterzogen werden.» Auch hier: Keine Unterscheidung zwischen Schiffen mit Maschinenantrieb und solchen ohne Maschinenantrieb. Was soll das ganze Geschrei also? Für mich bedenklich ist die Tatsache, dass Bootsführer (ob mit oder ohne Motor unterwegs) auf dem Rhein anscheinend keine Ahnung über die geltenden gesetzlichen Regelungen haben.


20. Mai 2015

**Verlorene Flüssigkeit ausgleichen**

Max Zimmermann, Schaffhausen
*Zum Leserbrief «Gleichbehandlung von Schiffsführern», SN vom 16. 5.*

Diesmal ist der Schuss daneben «ghörig», von einem Schützen namens Dörig! Ein Vergleich zwischen Motorbootführer und Stachler oder Kanute ist nicht möglich und vor allem nicht politisch. Wer selbst einen Weidling bei mittlerem Wasserstand des Rheins zum Beispiel bis zum Schaaren gezogen und gestachelt hat, der weiss, wie viel eigene Muskelkraft dafür benötigt wird. Dasselbe gilt für Kanuten. Demgegenüber muss ein Motorbootführer für die Fortbewegung je nach Motorart lediglich einen Schalter betätigen oder den Motor ankicken und braucht für das Steuern kaum mehr Kraft. In beiden Fällen wird aber Flüssigkeit verbraucht, die allerdings nur bei Muskeleinsatz und speziell an heissen Sommertagen tüchtig ausgeglichen werden muss. Wer nach einer Fahrt den Weidling allein an seinem Pfahl festzubinden hat, weiss auch, dass dieses Unterfangen dann nur mit klaren Sinnen möglich ist. Wenn politisch eher linkslastige Leute sich dafür einsetzen, ein Alkoholverbot für Langsambootsführer zu verhindern, so hat dies kaum mit politischer Haltung zu tun. Es zeigt, dass sie irgendwie begriffen haben, was mit eigener Muskelkraft und ohne fremde Hilfe erreicht werden kann, auch wenn es sich hier nur um eigenes Vergnügen handelt.


23. Mai 2015

**Stachler gleich behandeln**

John Trapletti, Schaffhausen
*Zu «Regierung kämpft allein für Stachler», SN vom 20. 5.*

Führer von motorlosen Booten sollten gleich behandelt werden wie Velofahrer auf der Strasse. Auch diese müssen sich an die gleichen Alkoholgrenzwerte halten wie Autofahrer, darum ist es für mich naheliegend, dies bei Stachlern gleich zu handhaben.

#Allgemeines

13. Mai 2015 | Stachler stellen sich gegen eine Ausweitung der Alkoholkontrollen

Schaffhauser Nachrichten
Robin Blanck

Die Reaktionen aus der Stachlergemeinde fallen deutlich aus: Dass künftig auch Führer von Stachelweidlingen zum Atemlufttest antraben sollen, wird als «Unsinn», «übertrieben» oder gar als «Witz» bezeichnet. Nachdem sich kürzlich der Präsident des Motorboot-Clubs Schaffhausen für eine Gleichbehandlung aller Schiffsführer unabhängig von der Antriebsfrage ausgesprochen hat, nehmen nun Stachler zu dieser Idee Stellung.

**Selbstgefährdung erlaubt**
Tenor der Argumentation: Eine Gleichbehandlung von motorlosen und motorbetriebenen Booten sei nicht angemessen, weil Alkoholgrenzwerte dafür sorgten, dass Unbeteiligte nicht durch angetrunkene Lenker verletzt würden. Eine solche Fremdgefährdung – so etwa Weidlingsfahrer Werner Oechslin – sei bei einem muskelbetrieben Weidling aber kaum möglich, «wenn überhaupt, könnte sich der Bootsführer selbst gefährden – aber das ist nicht verboten», sagt Oechslin. Unterstützung erhält er von weiteren altgedienten Weidlingsfahrern: Auch Hans Bendel, Hans Bader, René Uhlmann, Rolf Baumann und Matthias Freivogel stellen sich gegen die mögliche Ausweitung der Alkoholkontrollen. Ausgelöst wurde die Debatte durch die Teilrevision des Binnenschifffahrtsgesetzes: Die Regierung hatte in der Vernehmlassungsantwort an den Bund verlangt, dass Stachelweidlinge vom Atemlufttest der Polizei ausgenommen werden.


**Mit Muskelkraft gegen Atemlufttests**
Robin Blanck

*Motorboote können andere gefährden, ein Stachelweidling aber nicht: Mit diesem und weiteren Argumenten treten Stachler gegen zusätzliche Kontrollen an.*

Sollen auch Führer von Stachelweidlingen auf Alkohol getestet werden können?, fragten die SN vorletzte Woche. Das Ergebnis fiel deutlich aus: 76 Prozent der Umfrageteilnehmer sagten Ja, nur knapp ein Viertel sprachen sich dafür aus, dass die motorlosen Schiffe von dieser Regel ausgenommen werden sollen. Hintergrund ist die laufende Revision des Binnenschifffahrtsgesetzes: Im April war bekannt geworden, dass sich die Schaffhauser Regierung im Rahmen der Revision für eine Ausnahmeregelung zugunsten von Stachelweidlingen starkgemacht hat; daraufhin meldete sich Kurt A. Bürki, Präsident des Boots-Clubs Schaffhausen, zu Wort und verlangte, dass nicht zwischen motorlosen und motorbetriebenen Booten unterschieden werden solle: «Diesem Regime sollten alle Bootsführer gleichermassen unterworfen werden», sagte er (siehe SN vom 23. April).

**Keine Fremdgefährdung**
Doch damit sind langjährige Stachler nicht einverstanden und lehnen die Kontrollen ab. «Alkoholkontrollen bei Führern motorloser Weidlinge wären ein absoluter Unsinn», sagt Stachler Werner Oechslin. Es müsse analog zum Strassenverkehr unterschieden werden: «Fussgänger werden nicht kontrolliert, Autofahrer, die unter Alkohol andere Personen gefährden können, hingegen schon.» Die Alkoholgrenzwerte im Verkehr sollen Fremdgefährdung verhindern. «Eine Fremdgefährdung ist mit einem motorlosen Weidling praktisch unmöglich; wenn überhaupt, könnte sich der Bootsführer selbst gefährden – was aber nicht verboten ist», sagt Oechslin. Es sei heute ja auch nicht verboten, betrunken auf eine Bergtour zu gehen, auch wenn klar argumentiert Oechslin. Dass in einem Weidling meist auch weitere Personen sitzen würden, ändere nichts an der Ausgangslage: «Diese Mitfahrer können ja entscheiden, ob sie ins Boot steigen wollen oder nicht.» Oechslin hat auch Zweifel am Sinn von Alkoholkontrollen bei Stachlern: «Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Stachelweidling in einen Unfall verwickelt war und Alkohol eine Rolle gespielt hat», sagt Oechslin. Für ihn ist klar, dass die grösste Gefahr auf dem Rhein darin besteht, dass ein Motorbootfahrer einen Schwimmer übersieht. Genau das – ein Motorbootunfall im Frühling 2010 – habe die Debatte um Alkoholgrenzwerte auf dem Wasser angestossen: Damals übersah ein Rentner auf dem Bielersee ein Gummiboot und verletzte beim Zusammenstoss die junge Frau tödlich – vermutlich unter Alkoholeinfluss. Hans Bendel bezeichnet die mögliche Ausweitung der Kontrollen auf motorlose Weidlinge als Witz: «Ich stachle seit 71 Jahren auf dem Rhein, aber einen solchen Seich habe ich noch nie gehört. Das ist völlig übertrieben.» Der Rentner, Jahrgang 1926, findet, dass kontrolliert werden soll, wenn sich ein Unfall ereignet hat, «aber eigentlich passiert ja vergleichsweise wenig mit Weidlingen, wenn schon, dann sind Gummiboote involviert». Für Bendel geht es auch um einen Grundsatz: «Die Kontrollen in allen Lebensbereichen haben sehr zugenommen.» Die Forderung nach «gleichem Recht für alle» kann der 84jährige Stachler Hans Bader nachvollziehen, «aber es gibt einen Unterschied: Beim Stacheln bekommt man ordentlich Durst», scherzt er, wird dann aber ernst: «Ich fände es gut, wenn die heutige Regelung beibehalten würde und Stachler nur bei Unfällen kontrolliert werden», sagt er und schliesst sich damit der Meinung der anderen befragten Stachler an. Er betont aber auch, dass die Ressentiments zwischen Stachlern und Motorböötlern jetzt nicht wieder hervorgekramt werden sollten.

**«En fertige Seich»**
René Uhlmann, der ebenfalls seit vielen Jahren auf dem Rhein stachelt, fände solche Kontrollen «en fertige Seich»: «Diese ewige Reglementiererei ärgert mich», sagt Uhlmann und meint damit wie Bendel die generelle Ausweitung von Kontrollen. Bei den Stachelweidlingen sei eine solche verstärkte Kontrolle besonders störend, zumal bei diesen Booten nie Unfälle zu verzeichnen seien. Uhlmann: «Ich finde das absurd.» Auch Rolf Baumann gehört zum Kreis der langjährigen Stachler und sieht nicht ein, weshalb hier eine Verschärfung nottut: «Wenn man im Schaaren oben ist und ein Feuer macht, wird natürlich ein Glas dazu getrunken», sagt Baumann. Die Führer von Stachelweidlingen zum Blastest antreten zu lassen, findet er angesichts der Zahl von unerfahrenen Freizeitkapitänen in Gummibooten lächerlich: «Mit einem Stachelweidling rammt man keine Personen oder andere Schiffe.» Rechtsanwalt Matthias Freivogel ist überzeugt, dass das Gefahrenpotenzial bei maschinenbetriebenen Fahrzeugen «ungleich höher ist» als bei muskelbetriebenen Weidlingen. «Deshalb rechtfertigt sich meiner Meinung nach auch die unterschiedliche Behandlung», sagt Freivogel, der eine Gleichbehandlung als «kleinlich» beurteilt.


**Binnenschifffahrtsgesetz Das soll sich ändern**

Bereits seit 2014 gelten für Bootsführer die gleichen Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Nun sollen auch klare Vorgaben für die Durchführung von Atemalkoholtests in das Binnenschifffahrtsgesetz (BSG)aufgenommen werden: In der enstprechenden Vernehmlassung hat der Bund die Kantone auch danach gefragt, ob gewisse Bootsführer von diesen Kontrollen ausgenommen werden sollten. Die Schaffhauser Regierung hat in der Folge präventiv erklärt, dass Stachelweidlinge ausgenommen werden sollten. Auf dem Rhein zwischen Untersee und Feuerthaler Brücke gilt primär die Bodenseeschifffahrtsordnung (BSO). In Bereichen, die von der BSO aber nicht detailliert geregelt werden, kommt in der Regel das Landesrecht zum Einsatz – eben das BSG