Linksaussen formiert sich erneut über den Röstigraben hinweg

Schaffhauser Nachrichten, Region
Conradin Leeser

Die Linke steckt in der Misere: Sind in wirtschaftlichen Krisenzeiten traditionell Rezepte aus dem sozialistischen Lager gefragt, so präsentiert sich dieses heuer ungewohnt sprachlos, die Kräfte der radikalen Linken sind verzettelt und zersplittert. So weit die Erklärung der Alternativen Liste Schaffhausen und der Ansatz einer neuen, erstmals nationalen Linksaussenpartei: der Linken Alternative, die «La Gauche – Linke Alternative – La Sinistra». Das Credo der geplanten politischen Formation ist dabei ebenso einfach wie radikal: Angestrebt wird ein fundamentaler Kurs- und Paradigmenwechsel, eine antikapitalistische, ökologische und soziale Politik. Und das kommt an: Gegen 200 linke Aktivisten aus der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin trafen sich am vergangenen Samstag auf dem Schaffhauser Griesbach zum Grundsatzbeschluss der Gründung der neuen Linken Alternative. Ein Beschluss, der nach Programm im Mai des kommenden Jahres in Lausanne mit der formellen Gründung der Partei unterstrichen werden soll. Dass dabei gerade Schaffhausen als Geburtshelfer einer neuen nationalen Linkspartei fungiert, hat gemäss Florian Keller, Kantonsrat AL und Mitorganisator der Veranstaltung, zwar hauptsächlich logistische Gründe, ist aber auch als Tribut der Romands an die Deutschschweizer Minderheit zu werten: «Die Welschen haben uns damit Respekt entgegengebracht und gleichzeitig bewiesen, dass es ihnen mit der neuen Partei ernst ist.»

**Alte Idee neu aufgenommen**
Der Versuch, die linken Gruppierungen zu bündeln, ist nicht neu: Bereits vor zwei Jahren traten die radikalen Linken als Netzwerk «À gauche toute» zu den Nationalratswahlen an – und scheiterten. Keller ortet die Probleme damals wie heute in ideologischen Differenzen zwischen Deutschschweiz und Romandie: «Das sind riesige Unterschiede – diese zu bewältigen, das ist die grösste Hürde im ganzen Prozess.» Nichtsdestotrotz blickt der Jungpolitiker zuversichtlich in die Zukunft, unterscheidet sich das aktuelle Projekt doch in wesentlichen Zügen von früheren Vorhaben: Die Linke Alternative versteht sich als Zusammenschluss von Einzelpersonen und nicht wie «À gauche toute» als Konglomerat bestehender Parteien. «Uns alle verbindet eine starke Sozialpolitik, die Identifizierung mit Grundrechten und der Glaube an die gesellschaftliche Organisationsform», so Keller passioniert. Mit dem Verlauf des Gründungskongresses ist der Kantonsrat der Alternativen Liste entsprechend zufrieden, auch wenn er gewisse Uneinigkeiten in Bezug auf die Ausrichtung der Veranstaltung einräumt: «Meine Erwartungen sind erfüllt, aber es gibt wohl auch viele Personen, die denken, dass man heute ein Programm hätte definieren müssen.» Anstelle 37 aufgekommener politischer Forderungen standen während fünf Stunden entsprechend vielmehr Fragen der gegenseitigen Befindlichkeit im Mittelpunkt der hitzig geführten Debatten. Der Erarbeitung eines politischen Programms gestand man mit grosser Mehrheit mehr Zeit zu. Gewählt wurde hingegen ein 25-köpfiger Koordinationsausschuss, der nun die erste Parteiversammlung Ende Mai in Lausanne vorbereiten soll. Nebst Florian Keller gehört auch der Waadtländer PdA-Nationalrat Josef Zysiadis dem Komitee an.